Von der Verwahrlosung der deutschen Hauptstadt

Nach zwei arbeitsintensiven Tagen bin ich gestern am späten Abend aus Berlin zurückgekommen. Ich mag Berlin, habe selbst sieben Jahre in dieser pulsierenden Metropole gelebt und als Journalist gearbeitet. Mittags eine Currywurst auf dem überschaubaren Weihnachtsmarkt direkt am Potsdamer Platz – Panzersperren angucken. Nach dem verheerenden Terroranschlag am 19. Dezember vergangenen Jahres auf den Wehnachtsmarkt am Breitscheidplatz, neben der Gedächtniskirche, hat die Hauptstadt aufgerüstet… so wie die meisten Städte in Deutschland, die Weihnachtsmärkte veranstalten oder zulassen. Kurz vor Weihnachten 2016 war der Tunesier Anis Amri mit einem LKW in die Menge gerast. Elf Besucher des Weihnachtsmarktes, die zum Feierabend noch einen Glühwein trinken wollten, starben. 55 wurden verletzt, einige von ihnen überlebten nur knapp. Ja, Deutschland ist bunter geworden, das merken wir alle inzwischen.

Aber nicht nur Angst vor dem Terror und wenig tauglich erscheinende Maßnahmen, Anschläge zu verhindern, sind das Problem, auch Politik und Justiz. Gerade wurden in Essen sechs Terrorverdächtige festgenommen, die tagelang Weihnachtsmärkte in der Ruhrmetropole ausgespäht hatten, um dort einen Anschlag zu verüben. Staatsschützer hatten sie im Visier, griffen zu, verhörten die aus Syrien stammenden Gäste unseres Landes…und seit gestern sind sie wieder auf freiem Fuß.

In Berlin unterwegs fiel mir die grassierende Verwahrlosung der Stadt auf. Natürlich, verdreckte Ecken gab es auch früher. Aber es wird immer schlimmer. Und es breitet sich aufs ganze Stadtgebiet aus. Sofas herrenlos am Straßenrand, wild geklebte Plakate, Autowrachs in der Grünanlage, überall Müll, wohin man schaut. Der Bezirk Neukölln fand mit diesem Thema immerhin das Interesse der Medien. Nach Angaben des SPD-geführten Bezirksamtes belief sich die Menge illegal abgelagerten Mülls im vergangenen Jahr 2016 auf fast 4.200 Kubikmeter, das entspricht dem Volumen von 52 Omnibussen.

Bezeichnend ist, dass die SPD-Bürgermeisterin erst handelte, als die Presse das Thema aufgriff und skandalisierte. Da Mitarbeiter des Ordnungsamtes nicht in Zivil tätig werden dürfen und zudem wegen ihrer festgeschriebenen Arbeitszeiten in der nächtlichen Haupttatzeit nicht eingesetzt werden können, sind nun sogenannte Müllsheriffs eines privaten Sicherheitsdienstes unterwegs in der Hoffnung, die Verursacher auf frischer Tat zu erwischen. Besondere Erfolge sind bislang nicht bekannt geworden.

Ein anderes leidiges Thema sind die illegalen Zeltlager. In Wilmersdorf campierten Rumänen und Bulgaren mitten in der Stadt mehr als zwei Jahre lang auf eine Brache, bis das zuständige Bezirksamt endlich die Räumung durchsetzte (die bezeichnenderweise von Protesten aus dem linken politischen Lager begleitet wurde). Weitere Lager hatten sich im Tiergarten etabliert, und auch hier sah die Politik keinen Grund, einzugreifen. Erst als im Sommer eine Berlinerin im Park von einem Bewohner dieser Lager ermordet wurde, wachten die Zuständigen auf und ließen die Camps räumen.

Ein besonders schlimmes Zeichen der Verwahrlosung ist der Zustand vieler Schultoiletten in Deutschlands Hauptstadt. Weil seit Jahren, zum Teil seit Jahrzehnten, nicht in den Erhalt der Schulen investiert wurde, sind die WCs an vielen Schulen in einem beklagenswerten Zustand. Eltern erzählen von Kindern, die in der Schule nicht essen oder trinken, um nur ja nicht die Toiletten der Lehranstalt aufsuchen zu müssen.

Und so verstetigt sich die Verwahrlosung der Hauptstadt immer mehr, geduldet von einer gleichgültigen linksgrünen Politikkaste, für die Begriffe wie Recht und Ordnung aus dem Wörterbuch des Unmenschen zu stammen scheinen.

Dass es auch anders geht, dass man selbst in einer Stadt, die schon längst verloren schien, für Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit sorgen kann, hat der New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuliani bewiesen, der ab 1994 die Stadt, die seit den 70er-Jahren zusehends verwahrlost war, mit einer strikten Null-Toleranz-Strategie von Grund auf umgekrempelte. Die linksliberalen New Yorker wählten den knallharten Konservativen als Stadtoberhaupt, und der lieferte. 3.000 zusätzliche Polizisten auf die Straßen, die Polizeiführung gemanagt wie einen Konzern, und Richter, die durchgriffen.

Es geht also. Oder besser: Es ginge, wenn man denn wollte. Berlin allerdings hat keinen Macher wie Giuliani, sondern den grauen und profillosen Michael Müller, der an der Leine seiner radikalen Koalitionspartner Linkspartei und Grüne hängt und sich um die Zufriedenheit linker Milieus kümmert. Es ist ausgerechnet die AfD im Berliner Abgeordnetenhaus, die das Thema Verwahrlosung der Hauptstadt immer wieder zum Thema macht. Die CDU? Wahrscheinlich noch in der Nach-Wahl-Therapie…

In wenigen Wochen jährt sich der Terroranschlag vom Breitscheidplazu zum ersten Mal. Dieser Tage fiel Medien auf, dass an der Stelle, an der Menschen durch einen wahnsinnigen Terroristen zu Tode kamen, alles lieblos zusammen gekehrt worden war. Der Ort, an dem der Toten und Verletzten gedacht werden sollte. ein Müllberg aus Unrat und abgebrannten Kerzen. Auch das ein Zeichen der Verwahrlosung. Aber das soll demnächst ja schön hergerichtet werden…