Von Entschleunigung kaum noch eine Spur
Weihnachten, also das Fest der Geburt Jesu, ist für mich jedes Jahr auch ein besonderer Quell der Ruhe. Keine Termine, keine Anrufe, nichts außer meiner Familie. Doch Jahr für Jahr stelle ich fest, dass die Ruhepause kürzer wird. Selbst am Heiligen Abend finden sich zwischen Weihnachtskarten und bisweilen Geschenkpäckchen für die Kinder Geschäfts- und Behördenbriefe und am Morgen des 24. Dezember gab es in diesem Jahr einen geschäftlichen Anruf – so, als wäre ein ganz normaler Tag. Ich muss zugeben, dass mich diese Banalisierung des Weihnachtsfestes zunehmend nervt. Das beginnt bei lieblosen Weihnachtsmärkten, die ja mancherorts inzwischen „Wintermärkte“ genannt werden, auf denen man mir Pfannen und Holzlöffel verkaufen will. Das setzt sich fort in den nachmittäglichen Gottesdiensten, die zu Versammlungen von Menschen werden, die ihren Glauben längst verloren haben aber traditionell oder „wegen der Kinder“ alljährlich einmal eine Stunde in der Kirchenbank „absitzen“, Handklingeln und Dauergequatsche inklusive. Und das endet beim Ausflug am zweiten Weihnachtstag zum Beispiel in einen Vergnügungspark im rücksichtslosen Gedränge um die besten Plätze in der Achterbahn. Meiner Schwiegermutter, die uns gestern in einen solchen eingeladen hatte, wurde dabei das Handy geklaut. Frohe Weihnachten.
Am Besten, man geht an diesen Tagen gar nicht mehr raus, außer vielleicht sehr früh am Morgen oder sehr spät am Abend in eine Messe, wenn der Anteil der Gläubigen deutlich überwiegt. Gott sei Dank ist das Fernsehprogramm an diesen Tagen durchgehend dermaßen belanglos und unattraktiv, dass man dann wirklich einfach ein wenig SkipBo mit den Kindern spielen, ein gutes Buch lesen und die ein oder andere Flasche Rotwein öffnen kann, ohne abgelenkt zu sein. Ich frage mich nur, wann, wenn nicht an diesen Tagen, wollen Menschen in unserer Gesellschaft überhaupt noch zur Ruhe kommen?