Wie ist das mit der Demokratie in der EU?
Carles Puigdemont darf Ende Mai nicht als Spitzenkandidat seiner Partei „Gemeinsam für Katalonien“ zur Europawahl antreten. Das hat die Wahlkommission in Spanien entschieden. Auch Toni Comin und Clara Ponsati, zwei weitere Anführer der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung, werden nicht zugelassen.
Zur Erinnerung: Nach einem erfolgreichen Referendum hatte Puigdemont die Unabhängigkeit der nordostspanischen Region Katalonien erklärt. Die Regierung in Madrid setzte ihn danach als Regionalpräsident ab. Um einer Verhaftung wegen Rebellion zu entgehen, floh er 2017 ins Exil nach Belgien. In Spanien liegt weiter ein Haftbefehl gegen ihn vor.
Das Wahlrecht in Spanien schreibt nun vor, dass gewählte EU-Abgeordnete bei Antritt ihres Mandats in Madrid auf die Verfassungs schwören müssen (schöne Idee auch für Deutschland, finde ich). Würde Puigdemont gewählt und anschließend nach Madrid reisen, würde er zweifellos festgenommen und vor Gericht gestellt. Aber er wird ja nicht gewählt, weil er gar nicht auf den Wahlzettel kommt.
Warum schreibe ich Ihnen das? Weil wir immer mal über die EU und ihr Verständnis von Demokratie und Meinungsfreiheit sprechen. Was hat Puigdemont eigentlich gemacht? Volksvermögen gestohlen und nach Panama transferiert? Kinderpornos auf seinem Laptop gespeichert?
Nein, Puigdemont hat sich als politischer Anführer an der Spitze der Unabhängigkeitsbewegung in Katalanien einem Referendum gestellt. Danach wollte er Katalonien aus Spanien herauslösen. Das hat nicht funktioniert, aber wir reden hier über einen zutiefst demokratischen Prozess. Nicht so wie auf der Krim mit der besonderen Art und Weise wie Putin „Referenden“ abhält, sondern offen und fair. Spaniens Standpunkt ist dabei nachvollziehbar, es will seinen Laden zusammenhalten. Aber lösen wir politische Meinungsverschiedenheiten in dieser supertoleranten, hippen EU im Jahr 2019 wirklich mit Haftbefehlen und Ausschluss unliebsamer Politiker von demokratischen Wahlen?