Wie man einen Parteitag ruhig über die Bühne bringt
Die WerteUnion (WU) hatte die Gründungsmitglieder der neuen Partei am Vorabend zum gemeinsamen Abendessen eingeladen. Nachdem einzelne Medien, darunter der nicht ganz unbedeutende „Spiegel“, bereits Tage vorher berichtet hatten, dass es eine Rhein-Sause der Bürgerlichen geben werde und sogar den Namen des Schiffs veröffentlicht hatte – nebenbei bemerkt, was nur möglich sein kann, wenn ein Mitglied aus dem engeren Vorstandskreis das an Journalisten „durchgestochen“ hat – war man perfekt vorbereitet.
Morgens die Teilnehmer in Privatautos und einem Kleinbus zu einer anderen Stadt auf der anderen Rheinseite gefahren, Kaffee getrunken, zum Anleger geschlendert. Dann kommt das Schiff, legt an, alle steigen ein, und fünf Minuten später sind alle auf „hoher See“. Kein Gekreische pubertierender Kinder mit bunten Haaren, keine selbsternannten „Correctiv“-Enthüller. Einfach los zur Sacharbeit.
Ich war schon auf vielen Parteitagen in meinem Journalistenleben
CDU, SPD, FDP – da fahren Sie hin, da stehen drei gelangweilte Polizisten am Eingang, man zeigt den Presseausweis oder die Akkreditierung vor und ist drin. Bei diesen Parteien stehen manchmal auch 200 Verdi-Demonstranten mit orangefarbenen Fähnchen vor der Tür, dann sind halt acht gelangweilte Polizisten da. Aber die Frage: Wie komme ich da rein, stellt sich bei den „Etablierten“ gar nicht.
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Bei der AfD ist das andere Extrem
AfD-Parteitage sind für Journalisten (und Delegierte) eine Herausforderung. Zum einen finden Sie – wie einst in Berlin – eineinhalb Jahre keinen Wirt, der ihnen Räumlichkeiten vermieten würde. Nicht, weil die Wirte grundsätzlich AfD-feindlich wären und kein Geschäft machen wollen, sondern weil antifa-Kriminelle Wirte bedrohen, Servicepersonal bedrohen, Hauswände besprühen, also all den Terror veranstalten, der in den 30er Jahren zum Standardrepertoire der SS-Horden gehörte.
Und wenn sich die AfD dann irgendwo einen Raum erklagt hat, dann müssen sie da erstmal reinkommen. In Braunschweig, beim AfD-Landesparteitag als Dana Guth gestürzt wurde, habe ich 75 Minuten gebraucht, um in die Halle zu kommen. 3000 linke Demonstranten vor dem Haupteingang, ein Fußpfad zum Hintereingang, wo 10 Mannschaftswagen der Polizei standen. „Ich würde Ihnen nicht raten, jetzt hier weiterzugehen“, sagte mir ein gut meinender Bereitschaftspolizist damals und verwies auf 20 schwarzgekleidete Vermummte 100 Meter weiter auf meinem geplanten Weg. So wartete ich eine Viertelstunde, bis die Idioten weiterzogen, um bedrohlich zu wirken, und kam dann unversehrt rein.
Gestern bei der WerteUnion war…nix
Die linke Demo-Community hatte keine Ahnung und wartete an Anlegern, wo keine Konservativen zum Beschimpfen waren. Kamerateams und Fotografen standen irgendwo im Nirgendwo, und die Teilnehmer des Parteitages hatten ein paar schöne und arbeitsintensive Stunden auf dem Wasser. Es gab wohl bei der Organisation eine ganze Reihe von Alternativplänen. Selbst am Samstagmorgen wussten die Teilnehmer noch nicht, welche Route zu welchem Anleger in welcher Stadt führte. Alles perfekt, viele Security-Jungs (ja, ja, auch Mädchen), Polizei, das Rheinschiff wurde von Polizeibooten begleitet. Alles perfekt, den Leuten von der Organisation und den Sicherheits-Profis kann ich nur größten Respekt zollen.
Und was lernen wir aus all dem? Demokratie ist machbar, Herr Nachbar. Zurückweichen vor dem gewaltbereiten Mob kann keine Option mehr sein. Dass eine demokratische Partei so hohe Sicherheitsstandards braucht, um in Deutschland einen Parteitag abzuhalten, das zeigt, wie nötig eine solche Partei und wie nötig andere Mehrheiten in Deutschland sind.