ZDF-„Schlagabtausch“: „Es war so gesehen nicht wirklich repräsentativ“
Dass es einen Berufszweig Crowd-Management gibt, habe ich erst irgendwann im Jahr 2005 erfahren. Da war ganz Deutschland im Jagdfieber, als RTL „Deutschland sucht den Superstar“ ausstrahlte. Und als guter Vater bin ich dann mal zu einer Live-Sendung in Köln mit einem unserer Kinder gegangen. Nicht Presseplätze mit Catering, sondern mittendrin im Publikum, frei nach Mao Tse-Tung: Der Reporter muss im Volke schwimmen, wie ein Fisch im Wasser.
20 Minuten vor Beginn der Livesendung kamen mehrere sympathische junge Leute mit T-Shirts „Crowd Management“ und einem Agenturnamen aufgedruckt heraus und rockten das Auditorium, sprachen mit Besuchern, herzten aufgeregte Kinder, rissen Witze. Kurzum: Bevor die Sendung begann, war das Publikum in allerbester Laune, klatschbereit und erwartungsvoll. Mit sowas kann man heute Geld verdienen.
Denn bei Fernsehsendungen kommt es auch natürlich auch ganz stark aufs Publikum und seine Reaktionen an. Nicht ein paar Dutzend oder auch 3000 Menschen in der Halle können Wahlen oder Verkaufserlöse beeinflussen, das große Spiel findet bei den Millionen „da draußen an den Geräten“ statt.
Und so ist das, was sich jetzt im sogenannten ZDF-„Schlagabtausch“ abspielte, überhaupt kein singuläres Ereignis. Der Skandal, das Vortäuschen von Pluralismus im öffentlich-rechtlichen System – nennen wir es Staatsfunk – ist latenter Dauerzustand.
Als 25-Jähriger war ich zwei Jahre Pressesprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion in Bremen. Und Radio Bremen ist Rotfunk in Reinkultur. Irgendwann, es muss 1986 oder 1987 gewesen sein, gab es eine der berüchtigten Talksendungen „3 nach 9“ mit zwei bekannten Politikern, einer war der junge Edmund Stoiber von der CSU aus Bayern. Eine Diskussion, bei der auch das Studiopublikum einbezogen wurde. Mein Job war dabei, mit dem Sender zu verhandeln, dass möglichst viele Unionsfreunde live im Publikum dabei sein konnten. Dann trommelte ich im Landesverband 50 gute Leute dafür zusammen. Vorher treffen in einem Parteibüro, kurzes Briefing und für jeden hatte ich einen kleinen Zettel mit einer Anregung für eine möglichst fachkundige Frage dabei.
So läuft das, ich hoffe, nicht in allen Polittalk-Formaten, aber in vielen
Seit Jahrzehnten.
Gerade fällt mir auch eine Diskussion vor Jahren bei ARD-Maischberger über Feminismus ein, zu der auch Alice Schwarzer eingeladen war. Maischberger eröffnete ihre Sendung mit einer Umfrage. Jeder im Publikum hatte einen Schalter mit einem Ja- und einem Nein-Knopf in der Hand. Und die Moderatorin wollte vom unvoreingenommenen Publikum wissen, ob die Gleichberechtigung in Deutschland schon erreicht sei. Erwartungsgemäß war das Ergebnis zu über 80 Prozent (in meiner Erinnerung) NEIN.
Eine andere Teilnehmerin aus der Gesprächsrunde erzählte mir am Tag danach, dass sie nach der Sendung beim gemeinsamen Häppchen-Essen festgestellt hatte, dass Frau Schwarzer Mitglieder der „Emma“-Redaktion mitgebracht hatte und Frauen aus der Feminismus-Industrie, was Maischberger ganz offensichtlich gewusst habe, da sie diese Leute ja eingeladen hatte. Von wegen, wir befragen mal ganz normale Frauen…
Aber zurück zum ZDF-„Schlagabtausch“
Zur Diskussion versammelt waren beim ZDF der FDP-Vorsitzender Christian Lindner, Sahra Wagenknecht vom BSW, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, dann der Grünen-Chef Felix Banaszak und Tino Chrupalla von der AfD, der kurzfristig für Alice Weidel eingesprungen war, und dann noch der Linken-Bundeschef Jan van Aken.
Und wissen Sie was? Schon bei der Vorstellung der Diskutanten gab es nur Beifall für den Grünen Banaszak und den dunkelroten van Aken. Für die anderen rührte sich im Publikum keine Hand.
Und dachte man zu Beginn, dass das vielleicht ein Zufall gewesen ist – mitnichten.
Immer wenn zum Beispiel der Linke kräftig gegen Chrupalla austeilte, jubelte das Publikum stürmisch. Die ganze Sendung war das übliche in Deutschland beliebte Talkskow-Format: „Alle gegen den von der AfD!“ Hier wurde ganz offensichtlich nicht im geringsten Wert darauf gelegt, auch nur einen Hauch von Fairness zu dokumentieren. Da war ein Auditorium zusammengepuzzelt worden, das an den richtigen Stellen brav den Jubelperser gab. Als etwa der Linke van Akten Chrupalla über den Mund fuhr: „Jetzt halten sie mal Ihren rechten Rand“, herrschte Volksfeststimmung auf den Rängen. Das linksgrüne Jubel-Prekariat hatte einfach nur Spaß an dem Abend. Auffällig viel, wie vielen TV-Zuschauern zuhause und auch Politikern auffiel.
So kritisierte Jan-Marco Luczak (CDU)auf X: „Merkt Ihr noch was? So macht ihr die AfD erst richtig groß.“
Und FDP-Urgestein Wolfgang Kubicki sagte gegenüber der BILD: „Ich fordere das ZDF auf, sich zur linken Publikumsauswahl in der Sendung ‚Schlagabtausch’ zu erklären. Es ist offensichtlich, dass Grüne und Linke ihre Claqueure zielgerichtet in diese Sendung geschleust haben, um das Meinungsbild der Fernsehzuschauer zu beeinflussen.“
Tatsächlich gab ZDF-Hauptstadtkorrespondent Dominik Rzepka dann offen zu, dass sich das vom Sender generierte Studiopublikum hauptsächlich aus direkt eingeladenen Studenten der notorisch linksgerichteten Freien Universität (FU) und der Humboldt-Uni (HU) zusammensetze. Sie haben viel von diesen „Bildungsstätten“ gelesen im Zusammenhang mit Palästinenser-Randale und der Unfähigkeit von Berliner Hochschulleitungen, damit umzugehen. Rzepka resümierte: „Es war so gesehen nicht wirklich repräsentativ.“ In der Tat.