Zu viele Köche verderben nicht nur den Brei, zu viel Gequatsche macht auch politisch alles kaputt

In einem freien Land darf jeder sprechen mit wem er oder sie will. Da sind wir uns wahrscheinlich alle einig. Und nach der Entscheidung beim CDU-Bundesparteitag mit Armin Laschet weiterzuwurschteln wie unter Merkel und Kramp-Karrenbauer ist der Gesprächsbedarf in bürgerlich-konservativen Kreisen extrem hoch.

Drei Tage danach ist die Sachlage in der – neudeutsch – bürgerlichen Crowd wie folgt:

  • Zunehmend melden sich Freunde, die beschlossen haben, in und bei der CDU zu bleiben. Laschet sei ja besser als Merkel, Merz kommt nach der Wahl ins Kabinett und hat immerhin 47% bekommen. Ergo: da könnte noch was gehen. (Ich glaube das nicht)
  • Jetzt alle zur AfD, damit die endlich durchgehend bürgerlich und eine anerkannte Oppositionspartei wird, bereit für später und dann ohne die Verfassungsfeinde vom Geflügelhof. (Glaube ich auch nicht dran)
  • Die WerteUnion steigt aus der großen Unions-Familie aus (wo sie genaugenommen gar nicht drin ist als Parteivereinigung) und wird zu einer eigenständigen Partei. Hans-Georg Maaßen übernimmt (endlich) den Laden, fünf Prozent sind kein Problem – ein neuer Stern am Abendhimmel für die Konservativen. (Glaube ich nicht dran, schon, weil ich nicht daran glaube, dass HGM das auch nur in erwägung ziehen würde)
  • WerteUnion, Kleinparteien und wichtige bürgerlich-konservative Netzwerke fusionieren, ein paar Tausend Mitglieder wären schnell beisammen. Aber: Woher  kommt die Kohle, um eine bundesweite Struktur und die ersten Wahlkämpfe zu finanzieren? Wer sind die sichtbaren Köpfe aus dem Mitte der Gesellschaft, bekannt, angesehen, keine schmutzigen Flecken auf dem weißen Hemd? O.k., wenn Helene Fischer und Markus Lanz zusagen, könnte es doch klappen. Vielleicht.

Wenn Sie mich fragen: die Voraussetzungen für einen Aufbruch 2021 sind im Augenblick eher mau. Aber reden kann man über alles, und allein bei mir hier haben sich inzwischen 300 Leute angemeldet, die bei der nächsten Videokonferenz mitreden wollen. Der Druck auf dem Kessel ist hoch.

Aber wissen Sie, was die größte Gefahr für solche Pläne, etwas Neues zu machen, ist? Die Einzelspieler, Egoshooter, die ohne Auftrag und Mandat wild hin- und hertelefonieren und – nennen wir es mal – Individualverhandlungen führen. Unabgesprochen, ohne Konzept, einfach mitspielen. Der eine versucht Mitglieder aus verbündeten Organisationen abzuwerben. Der andere ruft einfach mal einen Parteivorsitzenden an, dessen Handynummer er zufällig erhascht hat, und schlägt unabgesprochen eine Strategie vor, von der aber seine Organisation gar nichts weiß. Der Chef eines großen Netzwerkes führ Individualgespräche mit einem anderen großen Netzwerk – doch sein eigener Vorstand weiß nichts davon. Dann gibt es Leute aus einem bösen-bösen Netzwerk, mit denen man überhaupt nicht sprechen darf, aber die schärfsten Protagonisten des Sprechverbots treffen sich dann heimlich selbst mit den Ausgestoßenen, um Deals zu machen. Und andere folgen der einzigartigen Heide Simonis und führen Gespräche mit allen möglichen Netzwerken nach dem Motto: Was wird denn dann aus mir?

Toll ist auch, wenn man eine Einladung zu einem geheimen Treffen bekommt, und – gefühlt – wissen es am nächsten Tag Alle in Deutschland. Da werden Leute zu Geheimtreffen eingeladen, die gar nicht auf der Gästeliste standen und nur dabei sind – AfD-Schnack – „um anschließend dem FHQ zu berichten“. Und dann soll ein Papier beschlossen werden, was aber keiner der Eingeladenen zu sehen bekommen hat. Und dann…wird das Treffen endlich richtigerweise abgesagt.

Leute, es ist völlig irre, was hier gerade abgeht. CDU, CSU und AfD lachen sich schlapp über das geballte Dilettieren derjenigen, die mit guten Vorsätzen etwas Neues  beginnen wollen. Wie gesagt: Eine Idee, ein gutes Konzept, Helene Fischer als Spitzenkandidatin – ja, das schaue ich mir gern an. Vielleicht schreibt sie mir ein paar nette Worte auf die Autogrammkarte. Aber so, wie es gerade läuft, formiert man keine neue politische Kraft.

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