Vater zu sein, das ist mit nichts zu vergleichen

Kennen Sie diese dreilagigen Tupperdosen (heißen wahrscheinlich anders, aber sie wissen, was ich meine)? Ihr Zweck ist es, den heimischen Kühlschrank etwas zu strukturieren oder, wie meine älteste Tochter eben sagte: „Damit diese ranzige Plastikschale endlich mal auf den Müll kommt, die Du schon hattest, als Michael geboren wurde.“ Dazu muss man wissen: Michael ist 30 und heiratet dieses Jahr…

Nachdem wir vor wenigen Tagen die Mütter zurecht haben hochleben lassen, ist heute unser Tag. Vatertag! Den feiern Männer auch, die gar keine Kinder haben, denn es ist ein guter alljährlicher Anlass dafür, Bier zu trinken und zu grillen. Und beides ist wichtig für Männer. An einem Grill zu stehen und schweigend dabei zuzuschauen, wie sich die Glut ganz langsam durch die Holzkohle frisst, das ist nahe dran am Paradies. Nix reden, nur ab und zu ein Schluck Bier. Und wenn es regnet? Männer interessiert Wetter nicht. Und Kima auch nicht.

Ich liebe es wirklich, Zeit mit meinen (unseren) Kindern zu verbringen. Einfach nur alle um mich herum zu haben von Zeit zu Zeit, auch wenn die meisten schon „aus dem Haus“ sind. Aber Weihnachten, Ostern, Vatertag, da sind wir wirklich mal alle zusammen. Und wir erzählen uns Geschichten, wir quatschen einfach, jedes Mal essen wir viel – sicher wegen der DNA ihrer Mutter, die aus Siebenbürgen stammt. Wenn sich die Sippe trifft, ist üppiges Essen und selbstgebrannter Schnaps Programm.

Die Kinder geben sich jedes Mal Mühe, etwas „Praktisches“ zu finden und zu kombinieren mit etwas Sinnvollem, etwa Steakgewürz oder Erdbeermarmelade aus dänischer Produktion. Aber erst die Tupper-Konstruktion befüllen, gut sortiert, hier die Salami, da der Bergkäse und ganz unten die schwarzen Oliven. Ich muss immer wieder lachen, weil manche Verhaltensweisen unserer Kinder sind unverkennbar der ordnenden Hand ihrer Mutter geschuldet. Etwa wenn unsere Jüngste (12) genervt an mir vorbeigeht, um den laufenden Wasserhahn abzudrehen, während ich Geschirr abspüle. „Papa, verbrauch‘ doch nicht so viel Wasser“, schimpft sie dann mit wirklich strengem Blick.

Ich liebe das, wirklich, und es berührt mich total. Die Kids haben – natürlich – eine ganz andere Erlebniswelt als ich. Was in welchem Marvel-Film demnächst passiert, da kann ich nicht mithalten. Und Frau Merkel interessiert sie nicht, außer dass sie wissen, dass man diese Frau besser nicht wählen sollte. Aber das ist völlig egal, denn wir alle sind total happy, wenn wir zusammenkommen, gern auch mit den inzwischen drei Partnern. Wir mögen uns einfach, wir halten zusammen, und ich bin natürlich der Alte, Retro, der wenn er einen gemeinsamen Film vorschlägt, automatisch von meinem eigen Fleisch und Blut mit dem Satz konfrontiert wird: „Papa, ist der schwarz-weiß oder schon in Farbe?“ Währenddessen der Jüngste mit dem Handy genervt kurz googelt und dann einwirft: „Der ist von 1987“, woraufhin alle anderen die Augen verdrehen. Der Papa wieder, voll Retro.

Glauben Sie mir: Ich habe einen tollen Job, ein paar Ideale, die ich nach Kräften vorantreibe, einen Glauben und einen chaotischen  Fußballverein. Aber Vater zu sein – das ist mit nichts zu vergleichen…

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GASTSPIEL RAFAEL JOCKENHÖFER: Vom Vatertag und meiner ersten selbstgekochten Orangenmarmalade

„Ab in die Röhre“ –  hieß es für mich am 23. April. Also morgens auf zum Kudamm ins MRT-Center, so wie mir mein Kardiologe geheißen hatte. „Wir wollen da mal einiges ausschließen, bevor ich eine Diagnose stelle“, seine Begründung. Da kommt man als über 60-Jähriger in Grübeln – über Gott und die Welt. Doch ich habe vor allem meine Kinder im Kopf und die seit Monaten grassierende Corona-Epidemie. Wie wäre es, wenn ich jetzt plötzlich abtreten würde? Was habe ich ihnen alles noch nicht gesagt? Und vielleicht sie mir nicht?

Während die Maschine ihren Dienst verrichtet und Bilder meines Kontrastmittel-durchfluteten Herzens im 3-D-Format erstellt, habe ich nur die beiden „Kleinen“ im Kopf. Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse wie zuletzt vor einem Jahr in Nürnberg … drei Tage nur wir. Ferienwohnung wie in Kindertagen … „Wir müssen das jetzt öfter machen“, hieß es unisono. Dabei ist es geblieben. Selbst Weihnachten kriegen wir zuletzt nichts auf die Reihe, das liegt aber hauptsächlich an meiner eigenen Planung. Um es mit dem Sänger zu sagen: „Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“. Auch darüber muss ich dringend persönlich mit den Kindern reden – vorzugsweise ohne Maske! Ups! Blick in den Kalender … heute in vier Wochen ist Vatertag ;))

Aber jetzt erstmal Maske auf zum … Einkaufen. „Stop!! Nicht ohne Wagen!!“ Der schwarz gekleidete und maskierte Security-Mann am REWE-Eingang, in anderen Zeiten hätte ich gleich an einen Terrorakt gedacht, streckt mir den ausgestreckten Arm entgegen. Meine Erwiderung „bin mit dem Fahrrad gekommen“ wird ignoriert bzw. nicht verstanden, aber diese Einschätzung ist für einige links-grün Gestrickte schon rassistisch. Brav befolge ich die Anweisung des Uniformierten mit objektiv südländischer Herkunft. Rolle den Einkaufswagen mit verächtlichem Blick und gerauntem „wollte nur ´ne Milch“ an IHM, der mir noch einen „Schönen Einkauf“ wünscht vorbei. Prompt hatte ich „o tempora, o mores“ im Sinn. Cäsar, Cicero oder Axterix – wer auch immer – eine treffende Beschreibung der Situation.

Der Blick auf das überdimensionierte Angebotsschild in der Obst- und Gemüse-Abteilung vertreibt mir umgehend alle schlechten Gedanken. „3 kg Orangen 99 Cent“ – da muss sich jemand vertan haben! Doch der Scanner an der Kontrollkasse bestätigt das mir unglaublich erscheinende Angebot. Jetzt oder nie denke ich! Ein langgehegter „to-do-point“ auf meiner imaginären Liste „was ich immer schon in der Küche ausprobieren wollte“ strahlt mir förmlich entgegen – ORANGENMARMELADE! Flugs wandern zwei Säcke Appelsinen – wie wir im Pott zu sagen pflegten – in den Einkaufwagen, der plötzlich eine Daseinsberechtigung erlangt. Dann, dem Smartphone sei Dank, einige gelesene Rezepte später noch Gelierzucker, ein paar Zitronen und ein Flasche Grand Marnier-Likör dazu und ab zur Kasse. Der Plan steht fest: Sch… auf Homeoffice – heute geht’s nur in die Küche.

Aus „heute“ werden dann ungefähre 48 Stunden. Alleine das schälen, putzen und schneiden der Orangen nimmt einen halben Tag in Anspruch. Während der ungewohnten Tätigkeiten an der Arbeitsplatte musste ich immer wieder an die Kinder denken, die ich jahrelang als alleinerziehender Vater bekochte. Und an die vielen Kritiken, die mir meine (nur gedacht) undankbaren Blagen (Pottsprache) entgegen schleuderten. Mein angedachter Plan: Sobald die Marmelade fertig ist, rufst du sie an und versuchst eine Verabredung hinzubekommen. Aber vier Sorten (mit Zimt, mit Grand Marnier, mit Rum und mit Honig), 36 Gläser und zwei Tage später bleibt es bei den guten Vorsätzen. „Erstmal noch das Ergebnis der ärztlichen Untersuchungen an der Pumpe abwarten, dann lässt es sich leichter reden“, lautet meine Selbstbeschwichtigung.

Unter diesen kriegsähnlichen Zuständen (pflege ich des Öfteren in Gegenwart von ängstlichen Zeitgenossen zu sagen) vergeht die Zeit ja wie im Fluge. Plötzlich sind es nur noch ein paar Tage bis Vatertag … Zuerst schreibe ich an meine Tochter, sie wohnt ja nur 20 Kilometer entfernt. „Und wo guckst Du am Samstag Bundesliga?“ Antwort: „Gar nicht! Muss arbeiten … ;(( – aber nächsten Donnerstag sehen wir uns auf alle Fälle – oder!?! Scheinheilig schreibe ich zurück: „Warum ausgerechnet Donnerstag??“ – Julia (schon mehr als 20 Jahre alt): „Paaaappiiiii! Schau in den Kalender!“ Wau – sie hat daran gedacht! Das ist gefühlt seit 10 Jahren das erste Mal wieder. Jetzt muss auch den Großen anfunken. Christian wird bald 30 und ist noch unverheiratet. Höchste Zeit, dass ich ihm die Tradition seiner Geburtsstadt Bremen näherbringe: Unverheiratete müssen dort an ihrem 30. Geburtstag die Stufen zum Rathaus kehren und zufällig vorbeikommende Passanten mit Getränken und Häppchen bewirten. Also kurzes Gespräch unter Männern: „Was machst Du nächsten Donnerstag?“ – „Ich schaff nur bis Mittwoch – dann frei bis Montag.“ „Dann komm ein paar Tage nach Berlin!“ „Gut Vatta! Du buchst den Zug. Es gibt seit neustem einen durchgehenden ICE von Heilbronn in die Hauptstadt.“ „Juut mach icke!“

Jetzt hoffe ich noch darauf, dass die beiden bis morgen nicht zusammen chatten – wegen der Überraschung!!

Zwei Dinge haben für mich Premiere: Einen bewussteren Vatertag hatte ich bislang nicht und selbstgemachte Marmelade habe ich meinen Kindern noch nie geschenkt.

Und: Ich freue mich riesig darauf.




Liebe Väter, Ihr macht einen guten Job!

Übrigens heute ist Vatertag! Allein dieser Satz wird mir am Donnerstag 50 bis 60 Zuschriften mit dem schnoddrigen Hinweis einbringen, das Christi Himmelfahrt ist. Liebe Freunde, das weiß ich.

Dennoch finde ich es absolut geboten, wenigstens einmal im Jahr auch die Väter zu würdigen, die im Haushalt keineswegs nur für Fußball, Pommes und Fersehen zuständig sind, wie Spötter(Innen) meinen. Im Zeitalter von Muttertag, Girl’s Day, Frauenförderung und GenderGaga ist in unserem Land die Leistung von Männern, die sich liebevoll um ihre eigenen Kinder und Enkel kümmern und damit auch ihren beruflich engagierten Frauen den Rücken freihalten, viel zu sehr in den Hintergrund gerückt. In Werbespots im Fernsehen werden Väter in der Regel als liebenswerte Trottel dargestellt. Liebenswert…aber Trottel. Und im Übrigen zu doof, ein Konto ohne Hilfe der Gattin zu eröffnen. Bemüht aber untalentiert. Männer eben…

Die Lebenswirklichkeit in vielen deutschen Haushalten – sicher nicht allen – sieht heutzutage anders aus. Ich bügle seit 25 Jahren meine Hemden selbst, schmiere unseren Jüngsten morgens Schulbrote, bevor ich sie zu Schule fahre. Dafür erwarte ich keinen besonderen Dank, es ist in vielen Familien eine Selbstverständlichkeit. Weil sich auch die Familien entwickelt haben und weil es kein Ding ist, dass Mama die Glühbirne austauscht und Papa die Wäsche aufhängt. Das ist eine ganz andere Art von Vielfalt, als sich die politischen Schreihälse unserer Zeit das vorstellen.

Ich finde Ehefrauen und Mütter großartig. Aber ich erlaube mir, leise anzumerken, dass wir auch nicht schlecht sind.