Putins große BRICS-Show in Kasan: Viele Staaten haben kein Interesse an Stress mit dem Westen

In Kasan, ganz weit im Osten, genau 800 Kilometer östlich von Moskau, treffen sich heute auf Einladung des russischen Präsidenten Wladimir Putin mehr als 20 Staats- und Regierungschefs zum BRICS-Gipfel. BRICS – das steht für die Anfangsbuchstaben der Gründungsmitglieder Brasilien, Russische Föderation, Indien, China und Südafrika. Inzwischen ist der Club aufstrebender Volkswirtschaften durch Südafrika, Ägypten, Äthiopien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) erweitert worden. Andere Staaten wollen folgen.

Einen Rückschlag gab es im Dezember vergangenen Jahres, als Argentinien die Einladung zum Beitritt ablehnte. Der frisch gewählte libertäre Präsident Javier Milei teilte den Mitgliedsländern Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika formell in einem Brief mit: „Wie Sie wissen, unterscheidet sich die außenpolitische Haltung der Regierung, der ich seit einigen Tagen vorstehe, in vielen Fällen von der der Vorgängerregierung“.

Das kann man wohl sagen

Denn insbesondere Russland und China versuchen aus dem BRICS-Bündnis eine antiwestliche Waffe zu schmieden. Mit überschaubarem Erfolg. Mitgliedsländer, aufstrebende Wirtschaftsgiganten wie Indien, haben andere Interessen. Sowohl andere Wirtschaftsinteressen als zum Beispiel China, als auch ganz eigenständige Interessen. So sagte Indiens Außenminister Subrahmanyam Jaishankar Anfang dieses Jahres, sein Land sei zwar „nicht-westlich“, aber auf gar keinen Fall „anti-westlich“. Man sei darum bemüht, die politischen und ökonomischen Beziehungen zu den westlichen G7-Staaten weiter auszubauen.

Die BRICS-Staaten haben keine eigene politische Charta wie etwa die G7, es ist ein informelles Treffen zum gegenseitigen Ausbau wirtschaftlicher Beziehungen.

Eine wichtige Rolle spielt dabei die New Development Bank in Shanghai

Über einen von BRICS aufgelegten Notfallfond wird versucht, die Dominanz des amerikanischen Dollar im Welthandel anzugreifen. Bisher ohne nennenswerten Erfolg. Zumindest haben BRICS-Staaten vereinbart, ihren bilateralen Handel in den jeweiligen Landeswährungen zu bezahlen, was besonders für das mit Sanktionen im internationalen Zahlungsverkehr (SWIFT) überzogen ist.

Auch Brasilien hat klargestellt, es sei an einer Konfrontation mit dem Westen nicht interessiert.

Der heutige BRICS-Gipfel ist dennoch ein Erfolg für Putin, dessen Berater Juri Uschakow das Treffen das „wohl größte außenpolitische Ereignis, das es je in Russland gab“ nennt. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine zeigt Putin, dass sein Land, obwohl von der westlichen Welt als Aussätziger behandelt wird, keineswegs aber in der globalen Völkergemeinschaft isoliert ist. In diese Kategorie der Putinschen Imagepflege gehört zweifellos auch das aktuelle Zusammentreffen mit UN-Generalsekretär António Guterres.

Interessant ist, dass die Türkei als einziges NATO-Land am Gipfel in Kasan teilnehmen wird. Dessen Präsident Erdogan pflegt trotz der russischen Barbarei in der Ukraine ebenso wie Ungarns Präsident Viktor Orban nach wie vor ein intensives Verhältnis zum Kreml-Chef. Gut möglich, dass die Türkei in Kürze als BRICS-Mitglied aufgenommen wird.

Erdogan: „Wir haben unseren Blick gen Westen ausgerichtet. Das heißt aber nicht, dass wir dem Osten den Rücken kehren, ihn vernachlässigen. Wir leben nicht mehr in einer Welt, die schwarz-weiß ist, in der man sich für eine von zwei Blöcken entscheiden muss…“

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Dieser Artikel wurde 12 mal kommentiert

  1. Martin Ludwig Antworten

    Ich hätte ja nicht gedacht, dass ich diesen Satz mal so schreiben werde, ABER: Erdogan hat voll und ganz Recht. Die Welt ist nicht in Gut und Böse oder Schwarz und Weiß zu unterteilen, auch wenn die Tagesschau und viele andere Akteure uns das immer schmackhaft machen wollen.
    Ich finde es gut, dass Gespräche zwischen Ländern stattfinden und es ist die Natur der Sache, dass die Interessenlagen unterschiedlich sind. Am Ende geht es jedoch darum, gangbare Kompromisse zu finden OHNE die Fronten zu verhärten.
    Das Aussetzen des Dollar als dominante Fakturierungswährung wurde im Westen als riesiger Schlag gegen Russland dargestellt. Die Realität ist, diese Maßnahme hat vorrangig dem Dollar geschadet und dem internationalen Handel keinerlei spürbaren Abbruch getan.
    Wir müssen endlich aus unserer westlichen Moralblase raus und mit allen wichtigen Entscheidungsträgern dieser Welt Gespräche auf Augenhöhe führen. Keine Beserwisserei, keine Belehrungen – einfach nur ein zivilisiertes Miteinander.

    Seleskyj hat sich natürlich sofort über das Treffen zwischen Gutterres und Putin echauffiert, was für mich nur zeigt, dass diese Gespräche offensichtlich wichtig sind und manche Akteure ganz klar kein Interesse an einem Ende dieses Kriegs haben.
    Ich für meinen Teil bin der Meinung, ein Gespräch kann nur von Nutzen sein, da eine weitere Verschlimmerung auf beiden Seiten kaum möglich sein wird. Insofern auch hier die Überraschung, dass Gutterres auch mal etwas richtiges tun könnte. (Ja, ich habe eine Abneigung gegenüber dieser Personalie)

  2. S v B Antworten

    Prinzipiell und generell…
    Wo bitte findet man das verbriefte(!) Recht des „Westens“ sich – wo immer „etwas“ entgegen seinen ureigensten Wünschen und Vorstellungen geschieht, sich umgehend „reinzuhängen“. Durch was scheint eine solche, von gewohnter Hybris durchtränkte, Attitüde überhaupt gerechtfertigt? Dem Westen fällt es offenbar immer noch schwer, von seinen über Jahrzehnte – und länger – verinnerlichten Privilegien, Gewohn- und Sicherheiten zu lassen, um sich endlich der Realität einer neuen Weltordnung „in the making“ zu stellen. Gänzlich andere Optionen werden für ihn ohnehin nicht mehr verfügbar sein. Zukünftige Hintertreibungen jedenfalls dürften sich für ihn kaum mehr auszahlen.

  3. H.K. Antworten

    Oh, heute ( zumindest: vorläufig – auch wieder ) ein Artikel ohne Titel ?

    Macht das Lesen erst einmal etwas spannender …

    😉

    Die Bevormundung der Welt durch den Westen mit seinen „Werten“ schmeckt nicht jedem Land dieser Erde ohne Weiteres.

    Einige Westler, darunter insbesondere auch Deutschland, meinen immer noch, sie allein seien der Nabel der Welt und alle Anderen müßten bitteschön ganz genau so ticken, wie sie.

    Mit welcher Rechtfertigung wir uns einbilden, anderen Ländern ihre Denk- und Lebensweise vorzuschreiben, erschließt sich mir nicht ansatzweise.

    Die Türkei ist ein muslimisch geprägtes Land und „passt“ einfach nicht zu Europa und zum Westen insgesamt.

    Das wird nicht nur dann deutlich, wenn der türkische Herrscher – trotz Mitgliedschaft im westlichen Verteidigungsbündnis – einen erklecklichen Teil seiner Waffen in Rußland kauft.

    Die Türkei „tickt“ einfach anders. Dieses „Anders“ hat nichts, aber absolut gar nichts, mit „richtig“ oder „falsch“ zu tun.

    ( Die Türkei, die immer wieder Scharmützel mit dem NATO-Nachbarn Griechenland anzettelt, wird m.E. nur deshalb nicht aus dem westlichen Bündnis expediert, weil insbesondere die USA nicht auf ihre Militärbasen in Incirlik verzichten wollen ).

    Wir bilden uns zwar ein, es müßte gefälligst alles so sein, wie wir es gern hätten und „richtig“ finden, aber wenn ein Land entscheidet, daß dort Frauen mit grünkariertem Schlapphut und Baströckchen auf der Straße herumzulaufen haben, so ist das doch DESSEN Sache, und zwar AUSSCHLIESSLICH.

    Wir mögen das „richtig“ oder „falsch“ finden, aber dummerweise haben auch andere Länder eine Sicht auf UNSERE Lebens- und Denkweise.

    Und wenn insbesondere weiter östlich von uns gelegene Staaten mit unserer woke-grünen Gender- und Geschlechterkorrektheit und Lebensweise ( die auch hier bei weitem nicht Jeder mit Applaus bedenkt ) nichts anzufangen wissen und sie ablehnen, ist das doch nicht „falsch“, nur weil WIR das anders sehen ( wollen ? müssen ? ).

    Dazu ist ausdrücklich anzumerken, daß – nach meiner bescheidenen Ansicht – gerade aus den immer und überall so hochgelobten USA jede Menge „Ideologie, Sitten und Gebräuche“ zu uns herübergeschwappt sind ( oder besser: importiert wurden ), die nun wirklich nicht die ganze Welt gutheißen muß.

    Wir sollten Andere RESPEKTIEREN und nicht drangsalieren, bevormunden und erziehen, sondern vielleicht etwas mehr unsere eigene Haustür und deren Umfeld im Blick haben und insgesamt etwas zurückhaltender mit unserem ( gerade aktuell: am liebsten ausgemerzten, aber deutlich vorhandenen ) „geistigen Kolonialismus“ durch die Weltgeschichte sausen.

    Aber gerade weil die Welt so dermaßen „unterschiedlich tickt“, ist es schlicht pure Notwendigkeit, verteidigungs-FÄHIG und -WILLIG zu sein.

    • S v B Antworten

      Lieber H.K., bitte klären Sie mich auf, was Sie – zum wiederholten Male – mit „Artikel ohne Titel“ meinen. Bin i goar scho deppert…?

      Ansonsten, wie so oft, volle Übereinstimmung mit Ihren Ausführungen. Es ist anmaßend, unredlich und muss auf der Gegenseite zwangsläufig auf Ablehnung stoßen, wenn man im Westen alles daransetzt, anderen Völkern und Kulturen ihre Entwicklung, will heißen ihren Weg, vorzugeben, ja geradezu vorzuschreiben. Schließlich mussten, bzw. durften, auch die Völker des Westens ihre individuellen Wege in die Zukunft nehmen. Dabei handelt es sich gewissermaßen um eine Art von Perpetuum, welches jedoch irgendwann einmal eine mehr oder minder überraschende Wendung nehmen, gewissermaßen einen Kontinuitätsbruch erfahren könnte. Wie alles Schicksalhafte im Leben ist natürlich auch dieser Bruch nicht einmal hinreichend treffgenau vorherzusagen.

        • S v B Antworten

          Ach sooo!. Bin wohl etwas später als H.K. im Netz unterwegs. Bei mir kamen die Artikel bisher ausnahmslos „formvollendet“ an. Danke für die klärenden Worte. LG S

        • H.K. Antworten

          „vergessen“ ??

          Das ist gaaanz sicher ein Marketing-Trick, um die Leseneugier zu erhöhen …

          ( Und bei zweimal ist von Vorsatz auszugehen – quasi von einem „Serientäter“

          🤣

  4. Dr. Hildegard Königs-Albrecht Antworten

    Die Attitüde des angeblich überlegenen und aufgeklärten Westens hat schon viel Unheil angerichtet.

    Unter dieser Vorgabe haben die USA etliche Kriege geführt.
    Die arabischen Staaten wurden lange Zeit als rückständig angesehen. Diese Haltung schürt den Hass auf die westliche, in großen Zügen dekadente Lebensart und führt zu entsprechenden Übergriffen. Erst ihre wirtschaftliche Stärke hat dazu geführt, sie zumindest im wirtschaftlichen Bereich als Partner auf Augenhöhe zu akzeptieren.

    Daß muslimisch geprägte Staaten eine völlig andere Gesellschaftsordnung haben und die Religion dort eine ganz andere Bedeutung als im „aufgeklärten“ Westen hat, haben die meisten westlichen Politiker immer noch nicht begriffen. Es gibt keine Trennung zwischen Staat und Religion. Der Islam durchdringt und bestimmt alle Lebensbereiche.

    Ein bezeichnendes Beispiel für die Unbedarftheit der deutschen Politik ist die neueste Kapriole im „Asylwettbewerb“: die Scharia als Asylgrund!
    Offensichtlich macht sich niemand im Außenministerium einen Kopf, wie eine solche Ankündigung bei Muslimen ankommt.

  5. Angelika Antworten

    Es zeigt, wie egal den Staaten außerhalb Europas der Ukraine-Krieg ist.
    Interessant finde ich, wie zurückhaltend die USA bezüglich des Ukraine-Kriegs und bezüglich eines Angriffs gegen den Iran sind. Die USA wollen möglichst keine großen Konflikte.

  6. Peter Zinga Antworten

    Geehrte Herr Kelle,
    von 8 Jahren dauernde ukrainischen Barbarei im Donbas haben Sie nicht gehőrt?Und von Nazimärschen auch nicht? Und von Huldigung der tausendfachen Mőrder auch nicht?

    • Klaus Kelle Antworten

      Nazimärsche gibt es auch in Russland und Sachsen. Darf man dann 700.000 Leute umbringen, Frauen vergewaltigen, Kleinkinder von ihren Eltern verschleppen?

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