Kirche? Nur dann, wenn wir sie plötzlich brauchen
In der Stadt Meppen im schönen Emsland sind 30.000 Bürger aufgerufen, unsere Demokratie mit Leben zu füllen. Der Stadtrat beschloß am vergangenen Donnerstag mit 18 zu 17 Stimmen, eine Bürgerabstimmung über die Frage zu veranstalten, ob eine geplante Kindertagesstätte in städtischer oder katholischer Trägerschaft geführt werden soll. Nun macht mich erst einmal das knappe Ergebnis von 18:17 stutzig, denn wer kann etwas dagegen haben, wenn mal die Bürger, um die es ja irgendwie geht, direkt befragt werden? Ich habe die Diskussion der Ratsherren und -frauen nicht verfolgt, nehme aber an, die Grund für die Nein-Stimmen sind in den Kosten von 50.000 Euro für Einwohnerbefragung zu finden. Demokratie kann teuer sein.
Im Internet können die Meppener übrigens jetzt schon abstimmen, und der Stand ist, dass die Befürworter der katholischen Trägerschaft der Kita mit über 50 Prozent klar vorn liegen. Katholisch…. da war doch was… Ist das nicht diese Kirche alter Männer mit völlig überholten Ansichten? Ist das nicht dieser Prunk-Laden, wo die Zentrale in Rom Goldschätze hortet und Dan Brown den verschollenen Schatz der Templer vermutet? Werden da nicht Frauen ständig unterdrückt und Messdienser missbraucht? Zwingt man da nicht die armen Priester zur Ehelosigkeit und einem freudlosen Dasein? „Niemand will heute mehr heiraten“, sagte mir mal ein Geistlicher in Köln, „aber die Priester, die sollen jetzt müssen…“ Gefällt mir der Satz, der geistreich aufspießt, dass man in diesem Land gegenüber jeder Form von Lebensgestaltung tolerant sein muss. Swinger-Club und SM-Studio, schwarze Messen auf dem Friedhof, Metallringe durch Nase und sonstwo – alles ganz prima im modernen bunt-grünen Deutschland. Aber wenn sich ein junger Mann, der an Gott glaubt, freiwillig dafür entscheidet, Priester oder Ordensmann zu werden, 24 Stunden am Tag für seine Gemeinde und seinen Glauben zu leben und dafür auf Familie, Sex und Malle-Urlaube zu verzichten – dann wollen ihn alle erretten. Schon irre, oder?
Was will ich aber sagen? Viele katholische Kindergärten in Deutschland haben lange Wartelisten. Katholische Krankenhäuser erfreuen sich auch großer Beliebtheit bei evangelischen und sogar muslimischen und zweifellos auch atheistischen Patienten. Ist schon schön, wenn man da so im Krankenbett liegt und nicht nur die Schwester mit der Pillenschachtel kommt vorbei, sondern auch die alte Schwester in der Ordenstracht. Die, die sich Zeit nimmt für den oder die Kranke, die zuhört, die Händchen hält, wenn die Angehörigen keine Zeit dafür haben. Barmherzigkeit und Nächstenliebe sind der größte Trumpf der Christenheit. Wussten Sie, dass die Caritas, also der Sozialverband der katholischen Kirche mit rund 600.000 Arbeitnehmern der zweitgrößte Arbeitgeber in Deutschland nach dem Staat ist? Ist auch ein großes Geschäft, keine Frage, ein Konzern. Aber auf was und wen baut das alles auf? Nicht auf das Bodenpersonal von ZdK und Bischofskonferenz, das mir in Deutschland zunehmend Missvergnügen bereitet. Sondern auf diesen Mann, der vor rund 2000 Jahren mit einer Handvoll Männer im Nahen Osten unterwegs war und von Liebe und Barhmherzigkeit gepredigt hat.
Immer weniger Menschen gehen in unserem Land – anders als rund um den Erdball – regelmäßig zum Gottesdienst. Beten? Nur kurz vor der Abi-Prüfung oder wenn Oma krank ist. Mal etwas in der Bibel lesen? Geht nicht, „Wer wird Millionär“ fängt gleich an. Wir nutzen, die großartigen sozialen Einrichtungen der christlichen Kirchen, die nicht nur Kirchen, sondern Essenausgabe, Hospize, Kindergärten, Altenheime, Drogenberatungsstellen und vieles mehr betreiben. Und wir schimpfen auf ihre Priester, wenn sie zu Demut, Gebet oder – ganz furchtbar – Enthaltsamkeit mahnen. Und wir wollen von ihrer Lehre nichts wissen, die manchmal mühsam ist und uns immer auch mal den Spiegel vorhält. Das ist es, was mir heute morgen zu Meppen einfällt…
Irgendwo habe ich gelesen, dass gerade konfessionsgebundene Kindergärten bei jungen Eltern wieder beliebter werden. Anscheinend werden die Zeiten als immer turbulenter empfunden (was sie ja durchaus auch sind), was letztlich die Sehnsucht nach Orientierung verstärkt. Je prekärer das Leben scheint, desto eher sucht der Mensch eine Religion, also etwas, an dem er sich innerlich ausrichten kann und das ihm – zumindest „im Bedarfsfalle“ – auffängt. Hier eignet sich der christliche Glaube, zudem mit mit seinen „irdischen“ Institutionen und vielfältigen Angeboten, vielleicht doch besser als das ansonsten recht bunte und schier unüberschaubare Kaleidoskop anderer Formen der Orientierung und Tröstung (einschließlich aller materieller und/oder exotischer Angebote).
Auf der anderen Seite bin ich jedoch von beiden großen christlichen Kirchen maßlos enttäuscht. Beiden (insbesondere jedoch der evangelischen) werfe ich vor, auf Biegen oder Brechen eine fast schon ökumenisch anmutende Verbindung zum Islam herzustellen. Sie setzen sich dabei – für mich völlig unverständlich – mehr als nonchalant über den Willen unzähliger Christen hier – wie auch Orient! – hinweg. Viele Christen fühlen sich von den Oberhäuptern ihrer Kirchen schmählich hintergangen, ja verraten.
Ich bin neugierig, ob und wie die fast unerträgliche Spannung zwischen dem Wunsch bzw. dem Bedürfnis, sich zu einer christlichen Kirche zu bekennen einerseits und der Ablehnung der geradezu unterwürfigen Anbiederung der Kirchenoberen an den Islam andererseits (mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen!) von den Christen hierzulande auf Dauer auszuhalten ist.
Eine liebe Freundin, Pfarrerstochter aus Norddeutschland und protestantisch bis in den kleinen Finger hinein, lebte vor einigen Jahren mit Mann und Kind vorübergehend im katholischen Baden. In dem kleinen Ort war die Auswahl bezüglich Kindergärten nicht sonderlich hoch: Es gab zwei Einrichtungen, beide katholisch. Meine Freundin war unglücklich bei dem Gedanken, ihr evangelisches Kind in die Hände von Katholiken zu geben, aber sie tat es. Und schwärmt bis heute von dieser altmodischen Halbtagseinrichtung ohne Mittagessen, die allerdings im Bedarfsfall sehr flexibel schon Zweijährige aufnahm und Hilfestellung bei der Suche nach Nachmittagsbetreuung, Babysittern etc. bot. Ein liebevolles, entspanntes Klima; Kinder, die überwiegend gern in den Kindergarten gingen.
So richtig schätzen lernte sie diese Einrichtung dann nach dem Umzug der Familie nach Hamburg, der aus beruflichen Gründen nötig geworden war. Die städtische Kita, in die der nun vierjährige Sohn wechselte, hielt keinem Vergleich mit dem katholischen Dorf-Kindergarten stand. Am Ende der ersten Hamburger Kita-Woche erzahlte meine Freundin mir scheinbar leichthin, aber doch aufgewühlt: „…. und dann liegt da morgens um acht ein Kind auf dem Tisch, nur braune Zahnstumpen im Mund, und murmelt immer wieder: ´Ich hasse meinen Vater!` Meinst Du, irgendjemand hätte sich darum gekümmert?!?“
Der katholische Kindergarten hat – gerade im Vergleich – bis heute einen festen Platz im Herzen der ganzen Familie.
Weil ich wertschätze, was die Kirchen für das gesellschaftliche Leben leisten, zahle ich gerne Kirchensteuer. Weil ich mit vielen menschlichen Schwächen von Mitgliedern und Würdenträgern unzufrieden bin, gehe ich in die Kirche. Nicht um zu beten, sondern um zu diskutieren. Heute geht das ja, weil man nicht sofort als Ketzer für Vogelfrei erklärt wird. Auch deswegen bleibe ich hier Mitglied.
Die Vorwürfe, die sich Katholiken und Protestanten gegenseitig an den Kopf werfen, können sie sich getrost selber an den Kopf werfen, denn allesamt sind sie nicht heilig. Außer jene, die ungeachtet solcher Eitelkeiten einfach nach der Lehre Christi leben. Dazu gehört u.A. auch das Beten. Wer Frömmigkeit heucheln will, kniet auf der Kirchenbank und bekreuzigt sich zig mal. Darauf pfeift der Herr. Wer es ernsthaft tut, der tut es still, für sich und bemüht sich, ein aufrechter, ehrlicher, bescheidener Mensch zu sein.
Und zuletzt: Dafür braucht man keine Religion, dafür braucht man Herz und Verstand. Die findet man sogar unter den Muslimen. Mit ihnen komme ich sehr gerne in ein Gespräch. Ich frage sie über Ethik, Moral, über die Wahrhaftigkeit ihrer Lehre. Siehe da, es gibt Übereinstimmungen und der Wunsch, dass auch der Islam sich den Zeiten anpassen sollte. So sagt ein schwarzer Sohn eines Imam aus Nigeria, den ich mal als Anhalter mitnehmen durfte. Arbeitet bei einer Filiale einer Fastfoodkette mit dem großen M in Brüssel. Ein gebildeter, bescheidener und aufrechter Mensch, der sich tapfer auf Deutsch abmühte, obgleich seine Landessprache sicherlich eine afrikanische ist und französisch. Auch sprach er Englisch und Niederländisch. Ein Mann, zwei Kopf kleiner als ich, aber, obwohl Muslim, zwanzig Herzen und Geister größer als der kleingeistige Durchschnittsdeutsche.
Großherzigkeit, Gerechtigkeit, Nachsicht, Verzicht und Bescheidenheit, Offenheit, Barmherzigkeit und so weiter, das alles sind Tugenden, die der eine Jude vor 2000 Jahren nicht erfunden sondern angemahnt hat. Er hat sie vorgelebt und Mut gemacht, es nachzutun. Er hat durch seinen qualvollen Tod gezeigt, was Treue und Aufrichtigkeit ist. Niemals hat er irgendwem geschadet außer Frevlern im Tempel. Jawohl, dieser Mann soll mein Meister sein. Dafür brauche ich keine kleinliche Diskussion um Kindergarten hier oder da. Schon die Anspruchshaltung dahinter ist unchristlich. Christlich wäre es, einen zu gründen, wenn Mangel und Bedarf bestehen und ohne Ansehen einer Herkunft Kinder aufzunehmen. Das heißt nicht, dass man hier Kultur und Traditionen verleugnen muss, wie es staatlicherseit neuerdings verordnet wird. Und gerade davor schützen konfessionelle Kindergärten und Schulen. Dafür bin ich dankbar und zahle Kirchensteuer.
Ich vergaß zu erwähnen, dass ich gerne großmäulig auftrete und doch offen dafür bin, Kritik an der Fehlerhaftigkeit meiner Gedanken anzunehmen. Der Herr möge mir meine Unbescheidenheit verzeihen, wenn ich sie auf diesem Wege wieder gut machen kann.
Wer ist eigentlich „der Herr“ in diesem Zusammenhang? Das ist die Gesellschaft der Mitmenschen! Sonst niemand. Eventuell ist es ein Name, an den man sich erinnert. Dann ist die Erinnerung an einen Namen in der Gesellschaft der Herr. Die Erinnerung an den Namen Abraham ist der Herr. In Neuguinea sagt er niemandem etwas. Und diejenigen werden von Gott nicht verflucht. Erst besserwisserische Missionare und brutale Eroberer rächen diese Unkenntnis und vernichten diese ungläubigen Wilden.
Gehe ich in den Wald und benehme mich wie der letzte Mensch, kräht kein Hahn danach. Ich kann da fluchen und übelste Sachen von mir geben. Niemanden interessiert es. Höchstens der Wald rächt sich beizeiten durch seine Abwesenheit, wenn ich ihn zerstöre. Tue ich es aber in der Gesellschaft, so wird die Rache „des Herrn“ fürchterlich.
Gerade auch derjenige, welcher im stillen Kämmerlein vor sich hin betet, hat eine Religion. Hier verwechseln Sie vermutlich die Religion eines Individuums mit der Zugehörigkeit zu einer kirchlichen Gemeinschaft, der Institution also.
Was Ihre flüchtige Bekanntschaft mit dem jungen Nigerianer, der angab, Sohn eines Imams zu sein, betrifft, wundert mich Ihr – wenngleich auch positives – Vorurteil doch ein wenig. Binnen solch kurzer Zeit ist es wohl nicht wirklich möglich, einem Fremden Offenheit, Großherzigkeit und zudem besondere geistige Fähigkeiten zu attestieren. Das klingt mir dann doch ein wenig nach Exotik-Euphorie, zumal Sie im selben Atemzug ihren deutschen
(Durchschnitts-)Mitbürgern all diese guten Eigenschaften rundweg absprechen. Prinzipiell möchte ich vor voreiligen Bewertungen warnen. Selbst nicht beim Vergleich mit dem Ihrer Ansicht nach ja so schrecklich kleingeistigen Durchschitts-Deutschen.
Ist Ihnen im Verlaufe der Unterhaltung mit Ihrem fremden Fahrgast – oder zumindest bei der späteren Reflexion desselben – nicht einmal der Gedanke gekommen, dass der junge Mann Ihnen vielleicht nach dem Mund geredet haben könnte? Könnten Sie bereits auf jahrelange Erfahrungen mit den meist sehr freundlichen und zuvorkommenden Bewohnern Schwarzafrikas zurückgreifen, wäre Ihnen sehr wohl bewusst, dass dies durchaus im Rahmen des Möglichen gelegen haben könnte. Afrikaner sind oft faszinierend lebendige Gesprächspartner und dazu sehr begabte Redner. Ich schätze und bewundere sie für diese besondere Fähigkeit sehr.
Obwohl unsere Landsleute in vielen Regionen der Erde oft als „bis in die Nähe der Unhöflichkeit direkt“ und wenig zimperlich in ihrer Aussage empfunden werden, dürfen wir ein vergleichbare Attitüde in der Konversation nicht unbedingt auch bei anderen voraussetzen. Diese Einsicht könnte unter Umständen ein etwas anderes Licht auf Ihren vergleichenden Diskurs über Fragen des Glaubens und der Ethik werfen, welchen Sie mit Muslimen hier in Deutschland führen.
Ein durchaus berechtigter Einwand. Ich glaube aber nicht, dass der junge Nigerianer mir nach dem Mund geredet hat, da ich ihn zu seiner Haltung zu dies oder jenes befragt habe. So hat er seinen Standpunkt dargelegt, der gegenüber den orthodoxen, konservativen Muslimen sehr fortschrittlich war. Ob er dabei tatsächlich Sohn eines Imam ist, kann ich nicht nachprüfen und war mir eigentlich auch egal. Er wusste jedenfalls gut bescheid.
Die freundliche und zuvorkommende Art der Afrikaner kann man gerne einmal mit der an Unhöflichkeit grenzenden Direktheit der Deutschen aufwiegen (wir brüskieren damit sehr häufig Menschen anderer Länder). Beide Qualitäten haben ihre Berechtigung und sind wertvoll. Ich wünschte mir, die Menschen würden beides gleichermaßen beherrschen und zu angemessenen Anlässen anwenden und bei gewitzter Schlagfertigkeit Fairness walten lassen. In Ihrem Fall bin ich da völlig sicher. Vielleicht hilft ja der Humor über manche Hürden hinweg. Höfliche Zurückhaltung ist eine friedensstiftende Haltung. Bei dem Mitfahrer, dessen Gegenwart ich an die zwei Stunden genießen durfte, fühlte ich eine glaubwürdige Aufrichtigkeit. Ich hoffe, dass sie mit Ihrem Zweifel nicht Recht haben. Zumindest aber bestand eine wohltuende Vertrauensbasis.
Wie es überhaupt dazu kam, dass er sich von mir mitnehmen ließ, ist eine bemerkenswerte Geschichte. Er harrte bereits seit der Nacht auf einem Rasthof aus, zu dem ihn eine Polizeistreife nach einer Panne geschleppt hatte. Er suchte Hilfe. Obwohl auf solch einem Rasthof ein ständiges Kommen und Gehen herrscht, sprach mich der junge Mann am frühen Nachmittag an mit der Aussage, dass er sich bisher nicht getraute, irgendwen anzusprechen. Seine Körpersprache und Mimik waren, wenn nicht gut gespielt, glaubwürdig. Er erzählte mir dann alles über seine Freundin in Polen, die er besuchte, die Panne und der Hilfestellung durch die Polizei, für die er sich dankbar äußerte. Könnte ja alles erfunden sein. Nun, bei allem gebotenen Misstrauen, das ich anfangs auch hatte, würde ich auch jetzt noch sagen, dass meine Einschätzung nicht gänzlich naiv ist.
Spiritualität ist nicht das Selbe wie Religion. Die Kontemplation im stillen Kämmerlein macht für mich den frommen und gläubigen Menschen aus. Die Zugehörigkeit zu dieser oder jener Religion nicht. Es stellt sich immer wieder heraus, dass ein Bekenntnis zu dieser oder jener zwar gemeinschaftsbildend und Identität stiftend ist, gleichzeitig aber die Ab- und Ausgrenzung anderer impliziert, was in der Vergangenheit wie Gegenwart unheilige Effekte hat. Ob die eine Frau sich weigert auf eine Toilette zu gehen, weil da vorher eine andersgläubige Frau gesessen haben könnte oder ob der Andersgläubige kurzerhand geköpft wird. Wenn Katholiken über Protestanten abfällig herziehen und umgekehrt, wenn Sunniten Shiiten mit Bombenanschlägen bedenken; beenden kann man diesen Spuk nur mit Zurückhaltung, Interesse und Fairness. Religion wird als Machtinstrument missbraucht. Das lehne ich ab, weil anmaßend. Religion ist für mich eine Hilfestellung zu Spiritualität und mehr darf sie nicht sein. Spiritualität wiederum ist eine individuelle Angelegenheit.
Die Trennung von Staat und Religion hat genau diesen Anspruch. Ethik und Moral als Folge von Spiritualität fließen in die Normierung gemeinschaftlicher Regeln ein. Aber die Religion macht sich selbst zur normierenden Instanz. Damit wird der/die/das Andersseiende zu sehr benachteiligt. Das ist etwas, worüber wir nun mit Atheisten, mit unseren muslimischen Mitbürgern und unseresgleichen diskutieren können, finde ich. Das endet meiner Einschätzung nach nicht in Beliebigkeit, sondern in eine Verfassung wie der der unseres Staates mit einem Regelwerk, das von allen akzeptiert werden kann.
Nachgeschoben zu der Geschichte mit dem Afrikaner. Die Hilfestellung meinerseits sollte einzig darin bestehen, ihn zum nächst größeren Bahnhof zu bringen, damit er nach Brüssel fahren und von dort aus die Abschleppung seines Wagens organisieren konnte (nur um die Geschichte zu vervollständigen).
Lieber Herr Droste, Respekt. Sie brauchten offenbar nur zwei Stunden, ich hingegen habe bisher mehr als 20 Jahre lang daran gearbeitet, Menschen aus völlig anderen Kulturkreisen einigermaßen treffend einschätzen zu können; einigermaßen, wohlgemerkt. Dabei bin ich meinem Ziel, diese Menschen wirklich zu (er-)kennen, zwar um einiges näher gerückt, wirklich erreicht habe ich mein Ziel jedoch noch immer nicht; allen intensiven Bemühungen zum Trotz. Aber ich bleibe dran.
Vernehme ich da irgend eine Ironie?
Ich denke, auch in Afrika wird nur mit Wasser gekocht. Ein Einzelner ist noch keine Kultur und Mensch ist Mensch. Der eine mehr robust, der andere mehr zart. In Gruppen sieht eine solche Begegnung schon wieder anders aus. Absichten und Ziele von Menschen sind gewiss höchst unterschiedlich, manchmal spontan oder gar ungut. Die Methoden ans Ziel zu gelangen sind vielfältig. In obigem Fall gab es, glaube ich, keinen Grund sich zu verstellen um zu einem Ziel zu gelangen. Das Ziel war klar. Und ich glaube auch, dass meine Art mit Menschen umzugehen zumindest bei arglosen Menschen ein Gefühl von Vertrauen schafft. So war es bisher. Manipulierernaturen werden irgendwann entlarvt. Dieser Mann hatte keinen Grund dazu Geschichten zu erfinden um mich zu irgendetwas zu bewegen. Ich bewegte mich ja bereits für ihn. Ich hätte mich vielleicht nach den zwei Stunden noch ein bisschen mehr für ihn bewegt. Er wollte es jedoch nicht. Für mich ist es in diesem Zusammenhang unerheblich, was an den Geschichten wahr ist oder nicht, ich gehe davon aus, dass sie für ihn wichtig waren. Nennt man das Empathie, Respekt? Umso mehr erfreut es mich, wenn er für mich vernünftig erscheinende Ansichten vertritt. Wenn nicht, lasse ich sie ihm. Ist das Toleranz? Hätte er von IS geschwärmt, hätte ich ihn gefragt, ob er wisse, was da vor sich geht. Dann hätte ich ihn gefragt, ob es ihm was ausmacht, wenn man mit ihm so verfährt, wie die IS-Leute verfahren. Wäre er uneinsichtig, hätte ich ihn ausgeladen oder er hätte mich gelyncht. So spielt dann halt das Schicksal. Ein Bankräuber auf der Flucht hätte sich sicherlich auch gleich zu Anfang anders verhalten. Ein Mann, der sich irgendetwas von mir erhofft hätte, was über einen Transport hinausginge, wäre irgendwann von meinerseits gebremst worden. Unsere Unterhaltung war jedenfalls unverdächtig etwaiger Hintergedanken. Er hat mir von sich erzählt.
Seit 40 Jahren treibt mich die Frage um, was denn der Mensch im Kern für ein Wesen ist. Dabei habe ich die Menschheit zeitweise verachtet. Mein derzeitiger Schluss ist, dass der Mensch und seine Menschin gewitzte Viechelchen sind, ganz niedlich. Von Trieben und Begierden geleitet. Zumeist mit dem Bedürfnis nach Frieden und Wohlstand, manchmal aber recht bedrohlich aggressiv. Viecher sind durchschaubar. Und die Vielfalt der menschlichen Charaktere ist so mannigfaltig wie die Welt der Viecher insgesamt. Man braucht einige Minuten um ein wenig über das Tierlein herauszufinden. Wer sich also wie ich mit ebensolchen lange, unbefangen und intensiv auseinandersetzt und dabei die Wesensverwandtschaften mit den Menschen entdeckt, der lernt auch ein Stück weit etwas über Menschen. Dabei bin ich weit entfernt, etwas über Kulturen oder Volksmentalitäten zu wissen. Das ist ein anderes Blatt und muss auch anders beleuchtet werden. Außerdem liegt mir nichts daran, zu manipulieren, ich bin Beobachter. Das spüren die Mitmenschen. Das Geflecht der Beziehungen innerhalb von Gesellschaften ist ein Djungle, den man nicht ohne weiteres durchdringt. Kulturen wiederum sind göttlich inspiriert, jedoch durchdrungen von triebhaften Egoismen.
Jetzt habe ich die Krone der Schöpfung degradiert. Die, die sich bemüßigt fühlt, die Erde Untertan zu machen, indem sie sie ausquetscht und ausraubt um dabei keinen Stein auf dem andern zu lassen und weiterhin, wo es geht, seinesgleichen mit Ungemach zu bedenken mit dem irrigen Vorwandt, dass das von Gott so gewollt wird und dass es die Welt verbessert. Alles triebhafte Verhaltensweisen, die durch Kultur und Religion gezähmt werden sollten. Da aber zur Zeit all das von weiten Kreisen dieser unserer technisierten Zivilisation abgeschafft wird, wird der Mensch wieder zu einem Viechelchen; bedrohlich oder bedauernswert, je nach Temperament und Lebenslage.
Ist es nicht wunderbar, ein Tierlein zu sein und es auch noch zu wissen? Und diesem Tierlein sollte die Kultur ein wenig gerecht werden, wenn es nicht krank werden soll. Ich hoffe, meine unkonventionellen Gedanken sind nicht zu abgedreht. Naiv sind sie, glaube ich, nicht.
Ich kapiere das nicht. Wir öffnen die Grenzen und lassen Leute mit anderen Religionen massenhaft rein. Da muss es selbstverständlich sein, dass man solche Kindertagestätten in städtischer Trägerschaft errichtet. Oder wollen Sie Ihr Kind in eine muslimische Kindergruppe geben?
Momentan herrscht leider in unserem „rot-grünen Gutmenschenparadies“ teilweise ein großer Haß gegen Kirchen und Träger von Ordenskleidung, die oft als fadenscheinige Begründung für das Tragen von Kopftuch und Vollverschleierung herhalten muß.
Deshalb werden Aktionen offenbar linker Chaoten wie der Anschlag gegen eine Berliner Kirche kommentarlos von Politik und Öffentlichkeit hingenommen: http://www.bz-berlin.de/berlin/kolumne/berlin-schweigt-zum-anschlag-auf-eine-kirche
Und (einmal mehr) Aufmerksamkeit der anderen Art: http://www.bz-berlin.de/berlin/kolumne/berlin-schweigt-zum-anschlag-auf-eine-kirche
Da haben wir es doch. Die katholische Kirche bestätigt die Vorgehensweise von Frau Merkel: http://www.focus.de/politik/deutschland/fluechtlingspolitik-merkel-bekommt-von-katholischer-kirche-weiter-rueckendeckung_id_5999764.html
Damit wird diese Position immer unklarer. Wieso prokatholisch auf der einen Seite und gegen Merkel auf der anderen?