Die Ukraine hat nie eine Chance gehabt – aber wer hätte überhaupt eine?

Seit Russlands Führer Wladimir Wladimirowitsch Putin beschlossen hat, die Ukraine unter Kontrolle zu bringen und dem gesammten Westen eine Lektion zu erteilen, ist die Angelegenheit entschieden gewesen. Umso tragischer, dass mindestens 5.000 Menschen dafür mit ihrem Leben bezahlen mussten. Die Annektion der Krim und die Unterstützung der „Separatisten“ durch die Streitkräfte der Russischen Föderation mit Soldaten und militärischem Nachschub – das war nur möglich, weil sich Putin absolut sicher sein konnte, dass der Westen weitgehend untätig zusehen würde. Klar, ein paar russische Millionärsgattinnen können derzeit in Paris keine Schuhe mehr kaufen, aber eine kraftvolle Reaktion sieht anders aus. Dass die Sanktionen Russland wenigstens ein bisschen zu schaffen machen, hängt damit zusammen, dass die Energiepreise weltweit so niedrig sind. Alles zusammen schadet Russland, die Staatsrücklagen schrumpfen, der Rubel hat fast die Hälfte seines Wertes verloren. Aber all das wird auf die Situation in der Ukraine keine Auswirkungen haben. „Der Drops ist gelutscht“, nennt der Volksmund sowas, oder „die Messe ist gelesen“. Würde Putin morgen beschließen, auch die Westukraine einzukassieren – was würden wir, was würde die EU, der Westen oder die Weltgemeinschaft tun? Ich prognostiziere: Nichts! Null! Nada! Ein paar Proteste, ein paar nutzlose Konferenzen und noch ein paar Reisebeschränkungen für Oligarchen und Politiker. Aber keiner wäre bereit, einen Finger für die Ukraine zu rühren. So nüchtern, so empathiefrei muss man das leider beurteilen.
Ich bin übrigens auch dagegen, dass der Westen in irgendeiner Form militärisch in der Ukraine eingreift. Ich sage das nur, weil man heutzutage leicht zum Kriegstreiber ernannt wird, wenn man für das Recht eines souveränen Staates plädiert, sich gegen eine Aggression zu verteidigen. Aber ich möchte empfehlen, dass sich „der Westen“ und damit insbesondere auch Deutschland jetzt einmal selbstvergewissern: Was sind wir bereit, überhaupt noch zu tun? Würden wir tatsächlich für Lettland in den großen Krieg ziehen, wenn der NATO-Verteidigungsfall einträte? Ja, ja, ich weiß, wir müssten ja wegen des Beistandsvertrages. Aber würde die Bundeswehr in einem solchen Fall gegen Russland aufmarschieren? Wären die Franzosen dabei und die Italiener, die Holländer und die Norweger? Das Versagen des Westens in der Ukraine-Krise wirft die Grundsatzfrage auf: Würden wir für überhaupt etwas Krieg führen? Würden wir unser eigenes Land noch mit Waffen verteidigen wollen? Könnten wir es überhaupt – mit fünf einsatzfähigen Marine-Hubschraubern? Oder würden wir uns jedem und allem unterwerfen, um nur bloß einen Krieg zu vermeiden? Das ist eine Frage, um die sich alle Verantwortlichen herumdrücken. Wir haben uns an Dolce Vita gewöhnt, wir streiten uns um „Ampelmännchen“ und Kita-Plätze, wir wollen gute Geschäfte mit Ländern wie Russland machen. Aber um welchen Preis? Was wird die Lehre aus dem entschlossenen, ja zynischen Vorgehen Putins in der Ukraine sein? Werden wir unsere Streitkräfte modernisieren? Werden unsere gewählten Vorturner den Deutschen sagen, dass Freiheit einen Preis haben kann? Werden wir der Propaganda-Offensive aus Moskau medial etwas entgegen setzen? Werden wir wenigstens über diese Dinge sprechen? Oder werden wir unseren Sommerurlaub planen und hoffen, dass schon nichts mehr passieren wird?

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Dieser Artikel wurde 17 mal kommentiert

  1. Andreas Schneider Antworten

    „Der Westen“ hat sich m. E. ohne Not in eine absurde Lage gebracht: der Kalte Krieg wurde nicht i. e. S. „gewonnen“; vielmehr war es der maroden Sowjetunion nicht mehr möglich, dessen Weiterführung zu finanzieren. Pure Spekulation, ob ein Michail Gorbatschow mit einer starken Wirtschaftsleistung im Rücken ebenfalls zum Held des „Westens“ (insbesondere der deutsche „Gorbi“) geworden wäre.

    Ob nun vertraglich abgesichtert oder nicht: aus der bequemen Position des Stärkeren heraus war es dem „Westen“, insbesondere den USA, möglich, die heutigen geostrategischen Positionen aufzubauen. Welche Möglichkeiten hätten die Sowjetunion bzw. die Nachfolgestaaten konkret gehabt, sich gegen die Ausbreitung der NATO über den ehemaligen „Eisernen Vorhang“ hinweg zur Wehr zu setzen? Ab er war das westliche Vorgehen auch zwingend notwendig?

    Nein, Putin ist nicht mein Freund, er ist mir als Person zutiefst unsympathisch. Was jedoch seine – aus unserer Sicht – expansive und aggressive außenpolitische Linie angeht, so hat er tatsächlich mein Verständnis.

    Das 20. Jahrhundert war für die Sowjetunion bzw. Russland durch enorme Menschenverluste und massive Zerstörungen im eigenen Land gekennzeichnet. Betrachten wir in der Rückschau, wie es seinerzeit Stalin gelang, die unterjochten Völker der Sowjetunion durch den „Großen Vaterländischen Krieg“ zu einen (obwohl doch anfangs die deutschen Invasionstruppen häufig genug als Befreier empfangen wurden), so wirft dies ein deutliches Licht auf russische Befindlichkeiten. Die „Einkreisung“ durch die Osterweiterung der NATO mag nicht beabsichtigt gewesen sein (aus solcher Deutung halte ich mich heraus), aber einer vorausschauenden Politik hätte klar sein müssen, dass dies von russischer Seite durchaus als Provokation gedeutet werden konnte, vielleicht sogar musste.

    Nun kommt eine russische Retourkutsche – aber kann das ernsthaft verwundern? Versetze ich mich in Putins Lage, so wäre mein Vertrauen in den „Westen“ massiv gestört. Und ich würde, so die Möglichkeit besteht, eigene Interessen verfolgen, auch wenn dies anderen Nationen nicht passt. Haben diese in der Vergangenheit nicht ebenfalls nur eigene Interessen verfolgt, unter Hintanstellung jeglicher Vertrauensbasis?

    Der Wehrwille der Bundesrepublik bezeichnet ein völlig anderes Problem. Mit dem Ende des Kalten Krieges war das Feindbild abhanden gekommen, das (mehr oder weniger unterschwellig) unser damaliges Leben prägte. Der Bundeswehr, im Grundgesetz eindeutig als Verteidungsarmee definiert und dort entsprechend eingebunden, fehlte somit der Gegner, was zu einer massiven Abrüstung führte. Die Abschaffung der Wehrpflicht war, wenn auch verspätet, nur eine konsequente Folge. Aber was bleibt?

    Die „Verteidungsarmee“ führt mittlerweile Kriege Gott weiß wo auf dem Globus – und dies bei nie geänderten, sie betreffenden Artikeln des Grundgesetzes. Der Begriff „Verteidigung“ wurde völlig verwässert. Kann das sein, darf das sein?

    Was für eine Streitmacht unterhalten wir also? Ich habe dereinst das Gelöbnis abgelegt, „der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen“. Und heute?

    Schon der Dammbruch von Belet Huen 1993 stieß bei meinen früheren Kameraden und mir auf Unverständnis. In Erwartung weiterer Aushöhlung des Grundgesetzes habe ich in der Folge meine Söhne dahin gehend erzogen, dieser (!) Bundesswehr tunlichst aus dem Wege zu gehen. Zu meiner Dienstzeit wäre mir das unvorstellbar gewesen!

    Der Wehrwille eines „Bürgers in Uniform“ ist zuförderst davon abhängig, dass seitens der Regierenden Gesetze unbedingt und uneingeschränkt eingehalten werden. Wie man in diesem Zusammenhang aber mit dem Grundgesetz umgegangen ist (und weiterhin umgeht), halte ich für über alle Maßen bedenklich. Ich stehe auch heute noch zu meinem Gelöbnis – aber einen „treuen Dienst“ und ein „tapferes Verteidigen“ kann ich nicht mit pervertierten Brunnenbohr-Einsätzen und Guerillakriegen auf fremden Kontinenten in Einklang bringen. Wie diene ich dabei der Budnesrepublik, wie verteidige ich bspw. in Afghanistan das Recht nund die Freiheit des deutschenVolkes? Insoweit ist die Stellung innerhalb und zur NATO bzw. ihrem Auftrag (wie sieht der nun eigentlich aus??) über alle Maßen fragwürdig – und damit auch die Haltung gegenüber einem Unsympathen wie Putin.

    Kann man diesem Mann wirklich übel nehmen, wenn er uns und unsere Glaubwürdigkeit mit kritischen Augen sieht?

    • Friedrich Albrecht Antworten

      Sehr geehrter Herr Schneider, einigen Ihrer Argumente kann ich durchaus zustimmen, Ihrem Putin-Verständnis jedoch nicht. Völkerrechtsbruch ist nunmal Völkerrechtsbruch und sonst nichts. Im übrigen hindert niemand Putin daran, Rußland so anziehend zu machen, daß die Nachbarstaaten sich zu diesem Land hingezogen fühlen, statt sich davor zu fürchten.

      • Andreas Schneider Antworten

        Herr Albrecht, als Bürger eines Landes, dessen Regierungen die eigene Verfassung (ich nenne das Grundgesetz der Einfachheit halber einmal so) scheinbbar beliebig auslegen und dubiose Kriege in fremden Ländern führen, beweist es ein gerüttelt Maß an Chuzpe, fremde Staatsoberhäupter – wenn auch vielleicht berechtigt – des Völkerrechtsbruchs zu bezichtigen.

        Vor unserer eigenen Haustür liegt genug Schmutz, den es wegzuräumen gälte.

    • Friedrich-Wilhelm Giroud Antworten

      Sehr geehrter Herr Schneider,
      ursprünglich hatte ich auch vor einen Kommentar zu schreiben. Dies ist nun nicht mehr notwendig : ich stimme Ihnen voll und ganz zu, jede Ihrer Zeilen kann ich unterschreiben!!!
      Aber noch etwas: Letztendlich werden wir Europäer, wenn wir denn ernst genommen werden wollen, unsere Verteidigungsanstrengungen deutlich ( !! ) erhöhen müssen. Das politisch durchzusetzen ist allerdings sehr schwierig.
      Denn über eines müssen wir uns klar werden: es ist nichts mehr so wie es vor „Krim und Donbas“ war.

  2. Alexander Droste Antworten

    Ich habe nun sehr zahlreiche Versionen zu diesem Ukraine-Konflikt gesehen, gehört und gelesen. Ich glaube keinem davon. Da wird sogar der 3. Weltkrieg heraufbeschworen, der natürlich in einem atomaren Krieg mündet.

    Wären nicht alle Nationen egoistisch, gäbe es so etwas gar nicht. Und es hätte ganz einfach sein können: Prüfen, die Wahrheit suchen und objektiv berichten, aufklären und ansonsten konstruktive Gespräche führen. Da unsere Welt ohnehin ein großes Dorf geworden ist, dank moderner Techniken, ist es müßig, sich voneinander abzugrenzen. Trotz aller Schwierigkeiten, genau aber aus oben genannten Gründen, ist Europa ein Schulbeispiel, wie aus seit Jahrtausenden verfeindeten Völker eine Interessengemeinschaft wird. Nach allen Gräueln des I. u. II. WK: Schwamm drüber!

    Dieser ganze Ukraine-Konflikt ist dilettantische Stümperei auf höchstem Niveau. Was interessiert uns eigentlich die Ukraine? Uns interessiert ein weiterer militärisch Verbündeter gegen Russland? Das kann Russland nicht gefallen! Dann ist deren Reaktion nur zu verständlich. Wir wollen uns wirtschaftlich weiter nach Osten ausweiten? Das geht auch ohne Krieg. Russland hätte nichts dagegen, weil Waren-, Gas- und Öltransfers wären leichter, billiger, schneller und sicherer. Das kann aber den USA nicht gefallen, da dieses Land kurz vor der Pleite steht. Daher wird eine Ost- Westannäherung selbstredend gestört, wo nur möglich. So war es mit Afghanistan, Irak und auch mit Libyen. Das kommt so niemals zur Sprache, weil Deutschland Vasall der USA ist.

    Die deutsche Presse ist Vasall der Vasallen, daher kann es auch nur die eine Version geben, die vorgeblich wahr ist. Was interessiert uns die Ukraine? Dort sind keine Engelchen. Durch tölpelhafte Taktiererei hat uns die Ukrainische Regierung in große Bedrängnis gebracht. Die Krim wurde angeblich annektiert, nachdem sie als Schnaps einmal (1959 bin nicht sicher) von Kruschtschow an die Ukraine geschenkt wurde. Die Bevölkerung dort war immer (seit dem 17. Jhdt.) russisch, vormals osmanisch. Sie haben sich russisch gefühlt, durften aber nach der Maidanrevolution plötzlich nicht mehr russisch sprechen (als Amtssprache). Sie wollten zu Russland und bekamen Russland. Punkt.

    Was wollen wir in der Ukraine bekämpfen, wenn Separatisten von dem (verhassten, warum auch immer) Mutterland weg wollen. Russland hat gar nicht diesen Einfluss darauf, wie man das denen unterstellt. Das kann man jetzt nach den letzten Verhandlungen deutlich sehen. Alle Punkte wurden unterschrieben und akzeptiert. Die Rebellen machen trotzdem, was sie wollen. Das sind Russen in der Ukraine, die von der neuen Regierung nichts Gutes vernahmen. Die Revolution auf dem Maiden ist der Wille zu einem westlichen System von Marktwirtschaft und Demokratie. Sie wollten zur EU und sie wollten weg vom bösen Russland, das sie Jahrzehnte lang unterdrückt hatte in der Sowjetunion. Zunicht mehr. Zuletzt war der ewige Streit um Transitpipelines und Bezahlung. Daher hätte man das Begehren auch anders einstielen können. Dann war da dieser Janukowitsch, der Demokratie und Marktwirtschaft unterbinden wollte. Warum? Weil das Volk eventuell noch nicht reif dazu ist? Ein befreundeter Ukrainer, der hier in Deutschland lebt, charakterisiert das so: „Was kann man erwarten von Leuten, die nur Rauben und Morden gelernt haben? Dort ist Anarchie.“

    Was auch immer wir in der Ukraine hätten anstellen wollen, es konnte nur schief gehen, es sein denn, man hätte mit Moskau ein Agreement, einen gemeinsamen Plan ausgearbeitet – im Sinne der Ukraine, zum Nutzen aller. Nun sind da viele Tote und ein ziemlicher Stunk auf allen Ebenen.

    Trotz aller Kritiken an unserer Kanzlerin: Sie hat es mit ihrem Kollegen in Frankreich so gerade noch einmal hingekriegt, dass sich dieser Schwachsinn nicht zu einem ernsthaften kollateralen Krieg ausgewachsen hat. Den Amis hat sie eine Abfuhr erteilt und sie hat Putin noch einmal Umstimmen können. Sie hat auch Poroschenko darauf einstimmen können, dass er von gewissen Gebieten abstriche macht. „Nicht mit Gewalt macht man Politik“ ist völlig richtig!

  3. heribert joppich Antworten

    wenn ich hier zwei Kommentare lese, wunder ich mich nicht, dass den Deutschen lt. verschiedener Unfragen die Freiheit nicht viel Wert ist. Sie liegt bei Umfragen bei Platz 10 oder schlechter. – Ferner ist immer wieder festzustellen, dass weder die Politiker in Deutschland noch die Bevölkerung sich mit der Geschichte beschäftigt. Das Verhalten Putins weist eklatante Ähnlichkeit mit dem Vorgehen Hitlers auf. Auch da hat die Politik dadurch versagt, dass sie ihn walten lies. Chamberlain wurde von Hitler durch ganz Deutschland gefahren. Die Zugstrecke war mit Waffen „geschmückt“, die Reaktion der freien Welt ist bekannt und war falsch.
    Ich hoffe, dass wir nicht wieder diesen Fehler begehen.

  4. Torsten Antworten

    Ich finde den Artikel ein klein wenig einseitig geschrieben. Warum versucht man ständig Russland den „schwarzen Peter“ zu zu schieben? Die Poroschenko-Regierung in Kiew hat bedeutend mehr Dreck am Stecken, es sind Faschisten, die Swoboda & Co. Der Völkermord der ukrainischen Armee und die zahlreichen Kriegsverbrechen der Ukraine werden bereits in den gleichgeschalteten Systemmedien ARD/ZDF oft verharmlost oder gänzlich geleugnet.

    Hier sieht man deutlich, worum es eigentlich geht, das Vorantreiben amerikanischer Interessen in Sachen Rohstoffe, eigentlich wie immer, wenn Kriege der USA medial vorbereitet werden. Die britischen Elitesoldaten müssten thematisiert werden, genau wie der schlichte Fakt, dass es gar keine sogenannte „Annexion“ der Krim gab, sondern eine Rückführung bzw. eine Art „Wiedervereinigung“. Die Krim war schon immer russisch, rein geschichtlich betrachtet- abgesehen vom damaligen Chrustschow-Deal.

    Die Bundesregierung ist hilflos und planlos im Schatten der USA und spielt das perfide Spiel „Feindbild Russland“ mit. Putin ist der Stabilitätsfaktor dieser Region! Er wurde vom Westen schon einmal belogen, als es um die NATO-Osterweiterung ging …

  5. Fritz - Ulrich Hein Antworten

    @Herr Droste, @Herr Torsten, Sie haben beide mit Ihrer Sichtweite recht.
    Zu den neuesten „Waffenstillstandsbrüchen“: Wieso fallen in Donezk noch Schüsse? Nun, die Antwort ist einfach: Solange beim Militär und Parlament der Ukraine nicht der braune Sumpf ausgerottet ist, wird es dort keinen Frieden geben. Und dass sich unsere Regierung zum Fürsprecher des braunen Sumpfes macht, ist verachtenswert und Verrat an der Bevölkerung Deutschlands.

  6. Klaus Kelle Antworten

    Bei allem Respekt, aber wenn nach Vereinbarung eines Waffenstillstands russische Separatisten mit russischen Waffen unterstützt von der russischen Armee weiter kämpen, das dann der Ukraine anzulasten, halte ich nun wirklich für ausgesprochen blauäugig.

    Und, lieber @Torsten, selbst wenn die Ukraine ein korrupter Staat mit faschistischen Bösewichtern im Hintergrund ist, bleibt es ein Problem der Ukraine und ist keine Rechtfertigung für einen militärischen Feldzug und die Eingliederung der Krim in russisches Territorium.

  7. Alexander Droste Antworten

    Wladimir Putin mit Hitler zu vergleichen, halte ich für maßlos übertrieben. Er macht schon mal keinen rassistischen Genozid. Auch macht er keinen Eroberungskrieg wie Hitler. Er hilft den Separatisten „ein wenig“.
    Nun, der Separatistenkrieg ist gewiss mit russischem Kriegsgerät und Soldaten unterstützt worden. Aber ich glaube Putin sogar, wenn er sagt, er sei nicht an einem Krieg mit dem Westen interessiert. Er hat die Separatisten unterstützt. Und wenn nicht aktiv, so doch durch Billigung. Er hat den Krieg nicht verhindert. Und er hat erlaubt, Kriegsgerät in die Ukraine zu schaffen. Ich glaube aber nicht, dass er befohlen hat, die Ukraine zu erobern.

    Angesichts der Dinge, die wir eben nicht wissen über die Ukraine, war das vielleicht sogar richtig. Ich lehne Gewalt strikt ab und will das Vorgehen von Russland nicht schönreden oder unterstützen. Es ist besser, man sucht das Gespräch und eine Lösung, mit der alle leben können. Dass die Separatisten so entschlossen und verbittert kämpfen, muss ja einen Grund haben. Den habe ich angedeutet.

    Man stelle sich einmal folgendes Gedankenspiel vor: Nachdem also die Maidanrevolution vollzogen ist, hätte die neue Regierung sofort Gespräche mit dem Westen UND Russland aufgenommen. Man hätte die Russen in der Ukraine erstmal Russen sein lassen und deren Rechte so gelassen wie sie waren. Man hätte klar und offen seine Visionen verkündet, wie man gedenkt, wirtschaftlich mit der EU zu kooperieren. Man hätte keinerlei Verdacht aufkommen lassen, welches Militärbündnis man anstrebe, wenn überhaupt. Ein militärisch neutraler Staat wie die Schweiz würde auch der Ukraine gut stehen. Welchen Anlass sollte es dabei gegeben haben einen Separatistenkrieg vom Zaun zu brechen? Welchen Anlass für Russland hätte es geben sollen, an einer bilateralen Beziehung der Ukraine als Bindeglied von EU und Russland zu zweifeln? Die Geschäfte mit Europa waren doch gut. Als Poroschenko gewählt wurde, war seine erste Amtshandlung, den Separatisten den Krieg zu erklären anstatt einmal herauszufinden, wie man dort von der Palme wieder herunter kommt.

    Nun wollen die Separatisten sich von der Ukraine abspalten und wenn sie einen eigenen Staat anstreben, so benötigen sie natürlich zusammenhängende Gebiete und funktionierende Infrastruktur. Wenn sie das nicht zugesprochen bekommen, dann eben gewaltsam. Ganz logische Sache. Wenn die Abspaltung vollzogen ist, so können sie auf die Unterstützung Russlands zählen, auf die des Westens pfeifen sie, was nachvollziehbar ist.

    Das alles ist für mich kein Grund für einen Wirtschaftskrieg gegen Russland, wie er jetzt vom Zaun gebrochen wird, weil die Separatisten sich nicht an die Waffenruhe halten. Sie sind hat noch nicht fertig mit ihrem neuen Staatsgebiet. Traurig aber wahr, das hätte alles anders von statten gehen können. Und der Westen hat es selber ziemlich verbockt. Es wird hier zu Lande gewaltig die Kriegstrommel gerührt und gegen Putin gehetzt, was ich für einseitig und gedankenlos halte.

    Das ist also meine Meinung. Ich hoffe, es wird niemals zum heraufbeschworenen dritten Weltkrieg kommen. Die Schuld dafür trüge der Westen mindestens so sehr wie der Osten.

    • Klaus Kelle Antworten

      Was genau wäre die Schuld des Westens? Einfach, dass er existiert und für jeden ersichtlich das bessere System ist? 2008 wollte die Ukraine in die NATO. Die hat abgelehnt, übrigens besonders auf Betreiben von Merkel und Deutschland. Was sollen wir noch machen? Niederkniene vor Herr Putin und fragen, was er sonst noch für Neurosen hat? Die Wahrheit ist, dass es nichts gibt, das der Westen getan hat, aus dem sich eine Rechtfertigung für Russlands Vorgehen in der Ukraine ableiten ließe.

  8. Alexander Droste Antworten

    Was gut war oder ist, soll nicht unerwähnt bleiben. Danke dafür. Dass Herr Putin kein Engel ist, will ich auch nicht abstreiten. Sein Vorgehen ist strategisches Kalkül. Mit Osten ist auch die Ukraine gemeint. Und mit Westen ist das maßlose Kriegsgeschrei gemeint, das in den letzten Wochen angestimmt wurde und auch das lange Zögern sowie der anschließende Aktionismus. Krieg ist ja jetzt hoffentlich vom Tisch. Ich plädiere für Besonnenheit und Augenmaß, auch wenn die Ukraine selbstredend das Recht auf Selbstbestimmung hat.

    • Klaus Kelle Antworten

      Lieber Alexander Droste,

      ich will echt nicht nerven, abwer was meinen Sie damit „Und mit Westen ist das maßlose Kriegsgeschrei gemeint, das in den letzten Wochen angestimmt wurde“? Ich lese wirklich viel und lasse keine Nachrichtensendung aus, aber ich habe das nicht gehört. Merkel und Hollande werden zu Peacenicks und verhandeln bis zur Erschöpfung, Obama macht wie üblich….nichts und Putin zieht sein Ding durch. Wo, um alles in der Welt, ist denn im Westen „maßloses Kriegsgeschrei“?

  9. Alexander Droste Antworten

    Auf einen gefährlichen Aufwiegeler in Russland muss man achten: Alexander Dugin
    Der hat faschistische Anwandlungen, hetzt gegen den Westen, will ein großrussisches Reich von Lissabon bis Wladiwostok und hat als Professor viel Einfluss. Putin ist ihm zu zögerlich. Kann man ihn in Russland entlarven und stoppen?

  10. Henning Pettenberg Antworten

    Es ist erstaunlich wie in manchen Kommentaren die Effizienz der Putinschen Propaganda erkennbar ist.
    Und der teuflische Trend zum Appeasement.
    Putin führt einen Eroberungskrieg.
    In Europa.
    Und der Westen träumt von Brückentagen und Frühverrentung.
    Und irgendwann hofft man, dass der Amerikaner wieder in die Bresche springt.
    Ich mag die bekannte lateinische Empfehlung überhaupt nicht,
    aber die Vorstellung, dass wir als ein reifes und harmloses, einfach einzunehndes Objekt Herrn Putin offeriert sind, noch viel weniger.
    Si vis pacem para bellum
    (Wörtlich: „Wenn du den Frieden willst, bereite den Krieg vor“)
    Es wird allerhöchste Zeit, dass wir wieder wehrhaft werden.

  11. Josef Clemens Artzdorf Antworten

    Völlig einverstanden, Herr Kelle und Herr Pettenberg! Mir ist es absolut unerklärlich wieso ein eiskalter Usurpator, der der Bundeskanzlerin und Präsident Hollande offen ins Gesicht gelogen hat, (und das nicht zum ersten Mal) hierzulande eine solche Anhängerschaft findet. Und wenn die Krim hundertmal russisch ist, man hat sie einem souveränen Staat nicht einfach zu entreißen. Um vom Donbas erst einmal gar nicht zu reden. Russland ist dort, wo russisch gesprochen wird? Wir sehen uns in Estland und Lettland! Mit dem gleichen Recht könnte Österreich morgen Südtirol annektieren!
    Ich stelle jetzt keinen Vergleich an, wie er Helmut Kohl in den Achtzigern rausgerutscht ist. Tastsache allerdings ist, dass da einer die Klaviatur der Propaganda und der Irreführung so genial beherrscht wie schon lange niemand mehr! Dennoch, man muss schon energisch die Augen vor den Tatsachen verschließen um diesem Diktator auf den Leim zu gehen. Ich frage alle Freunde und Verteidiger dieses Mannes, ob sie auch nur eine Woche unter seinem „Zepter“ zu leben bereit wären. Man ist doch nicht „russenfeindlich“ wenn man gegen einen Gewaltherrscher ist. Eben so wenig wie man „russenfeindlich“ war, wenn man seiner Zeit der Sowjetunion Einhalt geboten hat. Wobei durch einseitige Information derzeit im Volk durchaus eine „Westfeindlichkeit“ zu verspüren ist, wie ich sie bei vielen (beruflichen) Besuchen in der UdSSR in dieser Form nie wahrgenommen habe. Kürzlich wurde ich in St.Petersburg gefragt, wieso eigentlich ausgerechnet Deutschland kritiklos an den „Kriegsvorbereitungen“ der USA teilnehmen würde. Man war ehrlich erstaunt, als ich erklärte das es gerade Deutschland (und Frankreich) sind, die unter allen Umständen Waffenlieferungen an die Ukrainer zu verhindern suchen. Die Verbreitung dieser Tatsache hatte die Putinzensur offensichtlich erfolgreich zu verhindern gewusst.

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