Brasilien-Wahl: Stichwahl und erneutes Desaster für die Meinungsforscher

Die erste Runde der brasilianischen Präsidentschaftwahlen ist vorbei. Der Sozialist Lula da Silva hat knapp die Nase vorn vor dem amtierenden Präsidenten Jair Bolsonaro, einem Konservativen, der für Familienwerte und wirtschaftliche Freiheit steht. Lula entschied die erste Runde mit 48 gegen 43,6 für sich. Entschieden ist damit aber noch nichts, die Stichwahl findet am 30. Oktober statt.

Was man allerdings jetzt schon feststellen kann: Demoskopen und Medien haben erneut massiv versagt. Die Berichterstattung war, wie 2016 vor der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten, eher vom eigenen Wunschdenken der Mainstream-Journaille als vom Willen zu unparteiischer und fairer Berichterstattung geprägt. Wenn es gegen Konservative geht, Rechtspopulisten gar, ist anscheinend jedes Mittel erlaubt. Bis kurz vor der Wahl noch wurde Lula ein Vorsprung von mehr als 15 Prozent gegenüber Bolsonaro prognostiziert. Am Ende waren es vier. Und in vier Wochen kann noch viel passieren. Bolsonaro ist volkstümlich, ein Präsident zum Anfassen. Seine Kundgebungen bringen bisweilen Hunderttausende Anhänger auf die Straßen. Seine Motorrad-Korsos mit Zehntausenden Bikern rund um ihren Präsidenten sind legendär.

Bolsonaro hat eine Wahlschlacht nur knapp verloren, was an sich schon einer Sensation gleichkommt. Aber es ist noch nicht vorbei.

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Dieser Artikel wurde 11 mal kommentiert

  1. Matthias Leder Antworten

    Glückwunsch an Klaus Kelle für diesen informativen Bericht! Der Bericht hebt sich wohltuend von den vielen Artikeln ab, die Bolsonaro bereits nach dem ersten Eahlgang in der Versenkung verschwinden sahen. So wurde in deutschen Medien, etwa der Bild-Zeitung, der Frankfurter Allgemeine Zeitung oder auch dem Rundfunk wie hr-info Lula bis zum 2. Oktober mit einem Vorsprung von 17 Prozentpunkten vorzeitig zum klaren Sieger ausgerufen. Diese Fehlprognoden bedürfen der Erklärung. War vielleicht der Wunsch Vater des Gedanken?

    Aber auch die Anhänger Bolsonaros müssen sich die Augen reiben und nachdenken. Was bringen Massendemonstrationen, wenn sie nicht in entsprechende Stimmen umgesetzt werden? Wie ist es zu erklären, dass Bolsonaro nahestehende Gouverneure wie z.B. in Minas Gerais gewählt wurden, Bolsonaro aber dort unterlag? Beide Seiten werden sich darüber hinaus Gedanken machen müssen, wie die 20 Prozent der Wähler erreicht werden, die trotz Wahlpflicht nicht zur Wahlurne gegangen sind.
    Die nächsten 4 Wochen werden spannend. Es wäre zu wünschen, dass die deutschen Medien objektiver über die Geschehnisse und die Stimmung in Brasilien berichten würden. Nicht Haltung, sondern Informationen sind gefragt.

  2. Zorn Dieter Antworten

    Nicht zu vergessen unseren Linksfunk! Der seit Tagen den lieben Bürgern mit identischen Bildern klarmacht, dass Bolsanaro der Böse ist und vom Wahlvolk abgestraft werden wird. Er ist der Präsident der Reichen, er rodet die Wälder, verseucht die Landwirtschaft und ist allein Schuld an den vielen Coronatoten. Dabei waren Argentinien und Brasilien mit die ersten Länder, die um den zwanzigsten März 2020 ihre Grenzen schlossen. Ich weiß das so genau, weil dadurch unsere Südamerikareise ins Wasser fiel. Ein Teil der Reisegruppe war schon los geflogen und saß dann drei Wochen in Buenos Aires in Quarantäne…. Da ließ der Hamburger SPD Bürgermeister Tschentscher noch sechs Wochen lang Fluggäste aus China völlig unbehelligt nach Hamburg einreisen… Der Linksfunk halt… ich mach mir die Welt wie sie mir gefällt…

  3. Ruth Antworten

    Besonders ulkig finde ich die Formulierungen mancher Schreiberlinge, auch die *innen, die Wahl wäre eine Gefahrt für die Demokratie!

    Das sind die gleichen, die den Schotten das nächste Scottish Referendum einreden wollen, gleichzeitig aber andere Volksabstimmungen in anderen Ländern als undemokratisch und inakzeptabel beschreiben. Gerade wie es passt.

  4. Achim Koester Antworten

    Wenn ich in Brasilien die Prognosen mit dem Wahlergebnis vergleiche, ist kein großer Unterschied zur deutschen Mainstreampresse festzustellen. Das gibt mir die Hoffnung, dass auch bei der Vorhersage in Niedersachsen eine von den Medien hochgeschwurbelte Partei letztlich 17% weniger Stimmen erhält als prognostiziert. Schaun mer mal, dann seh’n mers scho.

    • H.K. Antworten

      Wer gestern abend z.B. das heute journal gesehen hat, konnte lernen, wie objektiv die Öffentlich Rechtlichen den Wahlkampf in Niedersachsen „begleiten“.

      Die ausführliche Berichterstattung über eine bestimmte Partei war völlig eindeutig.

      Interessant in dem Zusammenhang ist ein Video bei youtube.

      „Neuer ARD-Chef gesteht Manipulation gegen die AfD ein“ …

      Alles, was nicht links-grün ist, ist entweder „rechtsradikal“, „rechtsextrem“ oder zumindest „rechtspopulistisch“.

      Merkwürdig, daß das zumeist die Positionen sind, die vor noch gar nicht so langer Zeit von der CDU vertreten wurden …

  5. S v B Antworten

    Die Überschrift eines Artikels zum Thema in der Passauer Neuen Presse schien mir auf Anhieb symptomatisch für die Berichterstattung der hiesigen Medien. „Das Ende des Tropen-Trumps?“ lautete diese. Das dazugehörige Foto Bolsonaros war unterschrieben mit „Präsident Jair Bolsonaro fiel in seiner Amtszeit vor allem durch die Rodung von Regenwäldern und rechtspopulistische Rhetorik auf.“ Das deutlich freundlicher wirkende Foto seines linken Herausforderers Lula da Silva hingegen schien dagegen einen eher liebenswerten älteren Herrn abbilden zu wollen. Hier schien mir auch die Unterschrift zumindest sehr viel neutraler, ja sogar irgendwie sympathischer gewählt „Ex-Präsident und Herausforderer Lula da Silva ist Gewerkschafter und geht für die Arbeiterpartei ins Rennen.“ Wie so langweilig oft ganz dem Motto folgend „Dieser böse, jener gut.“ Inzwischen kennt man diese Art der Einteilung nun wirklich zu genüge. Allerdings könnte Lulas im Artikel ausgeplauderte Position, Selenskyj sei ebenso schuld am Krieg in der Ukraine wie Putin, manchem Leser zumindest etwas übel aufstoßen. Dass Lula bereits wegen Korruption in Haft saß, wurde zwar erwähnt, scheint in Brasilien aber niemanden weiter zu stören. Wenn ich mich recht entsinne, wurde Lula seinerzeit sogar vom damaligen EU-Parlamentspräsidenten und späteren Gott-Kanzler-Kandidaten Marin Schulz im Gefängnis besucht. Dass Schulz damals die weite Reise zu seinem „Bruder im Parteigeiste“ auf sich nahm, fand ich schon damals bemerkenswert. Da beide zur Wahl stehenden Kandidaten bei den Brasilianern ohnehin wohl ähnlich beliebt, bzw. unbeliebt sind, wird ihnen vielleicht schon fast gleichgültig sein, wer letztlich als Sieger aus der Wahl hervorgeht. Allzu sehr grämen braucht sich das brasilianische Wahlvolk ob der eher mittelmäßigen Auswahl an Kandidaten, welche es als Wahl zwischen Pest und Cholera begreifen könnte, indes nicht. Schließlich können Konstellationen wie diese keinesfalls als Alleinstellungsmerkmal Brasiliens betrachtet werden. Andere Länder können das nämlich genauso gut. Mindestens!

    • H.K. Antworten

      Ach, liebe SvB,

      wenn SIE aus Würselen kämen, würden Sie auch gern mal „nach Brasilien fahren“ …

      😂

      Gute Nacht, Deutschland !

      • S v B Antworten

        Ja klar, aber dann doch bitte in Brasiliens grandiose Natur (oder so), aber gewiss nicht ins Kittchen. Na ja, vielleicht hat der Gott-Kanzler-Anwärter seinen Knastbesuch mit einer ohnehin schon lange gebuchten Dienst- oder gar Urlaubsreise verbinden können. Was den Besuch natürlich entsprechend relativieren, wenn nicht gar abwerten würde.

        😉

        • H.K. Antworten

          Merkwürdig, daß man ( jaaaa, frau auch … ) von diesem 100%-Vorsitzenden in diesen turbulenten Zeiten nicht einen Ton hört. Zu nichts. ( Wahrscheinlich schaut er sich die Urlaubsfotos aus Brasilien an … )

          WIE hieß der nochmal ??

  6. Martin Ludwig Antworten

    Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang auch immer wieder, dass konservative Politiker in den Leitmedien häufig mit sehr unschönen andjektiven beschrieben werden. So titelte der Spiegel beispielsweise kürzlich erst wieder „Neymar wirbt für rechtsextremen Präsidenten Bolsonaro“. An anderer Stelle ist immer wieder von „Rechtspopulisten“ die Rede. Weshalb werden diesen Bezeichnungen ausschließlich für das konservative Lager genutzt? Wer spricht denn in Deutschland endlich aus, dass unser Bundespräsident ein Linkspopulist ist und Bärbock und Habeck eindeutige Öko-Sozialisten oder gar Maoisten sind.
    Dieses „Wording“ erzeugt ein gewisses Meinungsbild in der weniger kritisch denkgenden Gesellschaft, die in Deutschland leiter die breite Masse darstellt. Es sollte jedem konservativen Politiker möglich sein, gegen diese Art der Verunglimpfung vorzugehen und sie juristisch untersagen zu lassen… nur wer soll ein solches Urteil sprechen?` Unsere in weiten teilen linksradikalen Richter? Wohl kaum!

  7. Erwin Stöcker Antworten

    Nun, die brasilianischen Umfrageinstituten bzw. „Mainstream-Journaille“ haben wieder nicht unpateisch berichtet. Wo doch Bolsonaro, für „Familienwerte und wirtschaftliche Freiheit“ steht. Das sieht man z. B. an seiner Verehrung des Coronel Alberto Brilhante Ustra, den er schon mal als Nationalheld bezeichnet. Eben jener Alberto Brilhante Ustrader damals die spätere pol. Konkurrentin Dilam Rousseff persönlich gefoltert hat, und nachdem sie nicht die „Wahrheit“ erzählt hatte, er deren damals minderjährigen Kinder (6 & 8 Jahre alt) in das Gefängnis holte und ihnen ihre Mutter zeigte, die von der Folter sich blutend erbrochen, Urin und Stuhlgang nicht mehr kontrollieren konnte, hämisch darauf hinweisend, welche eine „beschissene“ Mutter sie doch hätten. Hoffentlich wurden aus den Kindern dann Menshcen, welche die „Familienwerte“ hochhalten. Und für „wirtschaftliche Freiheit“ steht er natürlich auch, wurden doch die Gesetze zur Rodung des Regenwaldes praktisch ausser kraft gesetzt, es rodet jeder wie und wo er will, weil es keine Strafverfolgung mehr gibt, legal, illegal, scheißegal. Passt wieder zu den Familienwerten, denn die Ureinwohner werden vertrieben, und ihrer Existenz beraubt, aber wer hat schon jemals davon gehört, dass die Ureinwohner christliche Familienwerte pflegen? Also weg damit, muss ja nicht immer gefoltert werden. Und dass das Abtreibungsrecht sogar nach Vergewaltigung soweit verschärft wurde, dass dass Abtreibung nahezu unmöglich ist, passt auch zu den „Familienwerten“. Denn wer soll über eine Abtreibung entscheiden, doch nicht die junge Dinger die vergawaltigt wurden, das können alte Männer wie Bolsaro und Pfarrer und Bischöfe doch bedeutend besser mit ihren Lebenserfahrungen, oder?
    Also kann man nur hoffen, dass Bolsonaro entgegen dem ´Maistream woken Linken mit ihrem Wunschdenken baden gehen. Bolsonara hat auch erkannt was sich da wieder zusammenbraut, denn sollte er verlieren, wurde die Wahl gefälscht, das weiß er und Gott jetzt schon.

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