Am unteren Rand…

Viele Läden im Potsdamer Hauptbahnhof sind morgens um 7 Uhr noch geschlossen. Außer die Fressbuden, vornehmlich Bäckereien, vor denen Menschen Schlange stehen, um ein Frikadellen-Brötchen für 3,50 Euro oder eine Laugenecke mit Kräuterquark zu erwerben.

Ich muss gestehen, ich mag diese Art urbaner Verpflegung, die wie vieles andere in Amerika erfunden wurde. Fast Food, nennt man das neudeutsch. Und, bitte verstehen Sie mich nicht falsch, ich bevorzuge natürlich einen gemütlichen Platz an einem Tisch mit gekochtem Ei und Aufschnittplatte. Aber manchmal ist es einfach nicht möglich, wenn sie zu Hause im Stehen zwei Espressi eingeworfen haben und dann ins Auto, um rechtzeitig das Parkhaus des Bahnhofs zu erreichen. In leichtem Trab die Stufen/Rolltreppen hoch, acht Minuten noch…

Und dann leuchtet da Le Crobac, Wiedemann oder Kamps auf. 1 Minute anstellen, belegtes Brötchen ziehen mit viel zu viel unnötigen Salatblättern und Remoulade und weiter zum Gleis 4… Facebook-Freunde wissen bereits, dass dort die Regionalbahn nach Frankfurt/Oder leider heute ausfällt.

Beim Eingang zum Bahnhof bemerkte ich einen Mann, der ziemlich heruntergekommen neben einem Stand-Aschenbecher an einer Kippe zog. Keine Jacke an, sah ungewaschen aus, wirre Frisur. Junge, was ist mit Dir, denke ich, während ich weiterlaufe. Im Bahnhof dann ein älterer Typ mit einem Einkaufswagen und seinem vermutlich ganzen Besitz an Wäsche und Habseligkeiten in Plastikbeuteln.

Wir nehmen das so im Vorbeigehen wahr, denken, warum kümmert sich keiner darum? Und, bevor mich wieder jemand maßregelt, warum ich denen nicht 20 Euro zugesteckt oder sie eingeladen habe, am Wochenende bei mir einzuziehen: Warum gibt es diese Leute überhaupt im besten Deutschland im Universum aller Zeiten? Wie ist es möglich, dass wir Geld für 120 GenderGaga-Schwachsinns-Lehrstühle haben und für feministische Außenpolitik aber nicht für unsere Landsleute am alleruntersten Rand dieser Gesellschaft?

Wie ist es möglich, dass die SUV-Dichte in unseren Städten beharrlich steigt, aber Menschen, Deutsche, Mitbürger in S-Bahnhöfen oder vor Sparkassen-Geldautomaten ihre Schlafsäcke fürs Nachtlager ausrollen müssen? Weil sich niemand für sie interessiert?

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Dieser Artikel wurde 6 mal kommentiert

  1. Johannes Antworten

    „Wie ist es möglich…“

    Weil wir „im besten Deutschland“ aller Zeiten leben, werter Herr Kelle.

    Allein deshalb, weil bei maßgeblichen Polikern aller Couleur (die AfD und Teile der FW ausgenommen) toxische Illusion die Realität permanent verdrängt.

  2. Martin Ludwig Antworten

    Herr Kelle, lassen Sie sich bitte nicht von einer traurigen Erscheinung auf der Straße blenden. Ich arbeite in einer deutschen Behörde und habe Kontakt zu diesen Menschen. Ich kann ihnen versichern, dass jeder, der in Deutschland auf der Straße lebt, dieses Leben so für sich gewählt hat. Diese Leute wollen kein Dach über dem Kopf und zu großen Teilen auch kein Bürgergeld o. ä. Sie wollen genau in dieser Situation verweilen und seitens der Behörden, Polizei etc. in Ruhe gelassen werden. Wenn Sie als Bürger helfen wollen, geben Sie diesen Menschen bitte kein Geld. Die meisten sind Suchtkrank und werden von dem Geld keine lebensnotwendigen Anschaffungen machen. Auch Decken, Schlafsäcke etc. sind in der Regel nicht sinnvoll weil dank sehr gut funktionierender Sozialarbeit und Streetworkern reichlich vorhanden. Woran es jedem Obdachlosen fehlt, mit dem ich im Laufe meines Berufslebens zu tun hatte ist einfach – Socken! Wenn Sie also wirklich helfen wollen, verschenken Sie dicke, trockene Socken und denken Sie nicht darüber nach, weshalb diese Menschen ein Leben wählen, für das Sie und viele Anderen kein Verständnis haben. Das Schicksal wurde selbst gewählt und Hilfe seitens des Staats ist regelmäßig unerwünscht.
    Sollte dennoch jemand Hilfe suchen, erklären Sie diesem Menschen, dass die letzte Gemeinde, in der ein ständiger Wohnsitz gemeldet war, für die Unterbringung zuständig ist und diese in jedem Fall unverzüglich ermöglicht werden muss. Wir haben zu diesem Zweck schon 3-Sterne Hotelzimmer angemietet! Darüber hinaus gibt es natürlich genügend andere staatliche Stellen, die sich kümmern. Wärmeräume, Heilsarmee, Drogenkonsumräume etc.

    • Gerd_ Rau Antworten

      Das die Behörden genug Hilfen anbieten glaube ich Ihnen. Allerdings werden ja selbst im „normalen“ Leben viele Hilfen die der Staat gibt, nicht abgerufen weil vieles viel zu kompliziert ist. Am besten erklärt das ja die Tatsache das es in Deutschland inzwischen eine App gibt die Behördensprache in verständliches Deutsch übersetzt.

  3. renz Antworten

    Was bitte hat ein SUV mit den Obdachlosen zu tun. Als Konservativer stellt man doch fest, dass die Obdachlosen Schlafsäcke, Alkohol, Kippen und massig Zeit haben. Hungerödeme kann man nicht erkennen und in Stuttgart gibt es Werbung der Johanniter für Kranke ohne KKKarte. Sind die Tippelbrüder schon mal zu einem Asylantenheim gegangen und haben einen Schlafplatz verlangt? Wieso haben die keine NGO die sowas einklagt? Wo sind die Linksanwälte, die hier gleiche Rechte für Eindringlinge wie Obdachlose fordern? Diese Ungleichbehandlung verstößt doch garantiert gegen die Würde des Menschen und einige andere Artikel.

    • GJ Antworten

      In eine Asylbewerberunterkunft kommen keine Obdachlosen rein. Allerdings gibt es eine steigende Zahl von Obdachlosen auch unter Ausländern. Die Anerkennungszahlen z.B. unter Syrern und Afghanen sind zahlenmäßig enorm. Wenn sie Aufenthaltserlaubnis haben, haben Sie in Asylewerberunterkünften nichts mehr verloren, sie sind dort „Fehlbeleger“. Wohnungen sind bekanntermaßen knapp. Wenn sie vor die Tür gesetzt werden, sind die Kommunen des letzten Meldeorts rechtlich verpflichtet, eine Obdachlosenunterkunft zu stellen, wenn nicht vorhanden werden Hotelzimmer angemietet. Etliche stranden aber auch in realer Obdachlosigkeit, weil sie nicht bereit oder in der Lage sind, sich regelkonform an die Hausordnung zu halten. Drogen- und/oder Alkoholsucht spielen oft eine Rolle, oft gepaart mit psychischen Erkrankungen. In Bahnhöfen und Bahnhofumgebung bündelt sich das dann. Auch viele Unionsausländer stranden hier in Obdachlosigkeit, teils aber auch in organisierten Bettlerbanden und vorgetäuschter Obdachlosigkeit. Bei der unübersichtlichen Gemengelage meide ich Bahnhöfe wann immer möglich.

  4. Nordlicht Antworten

    Zu: „… warum kümmert sich keiner darum?“

    Gegenfrage: Warum gehen sie nicht zu einer der Sozialstellen, lernen nicht vom Bürgergeld in einer der Sozialwohnungen, sondern schlafen unter freiem Himmel?

    Und warum sind sie überhaupt alkohol- oder drogensüchtig?

    Das gehört zu einer freien Gesellschaft, in der Menschen nicht in festen sozialen Bindungen auf dem Dorf leben. Man kann erwachsene Menschen nicht umerziehen, nur drangsalieren.

    In der DDR waren diese „Typen“ mehr versteckt, aber es gab sie auch.

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