Ich kann nicht sagen, was mich in dieser Woche mehr überrascht hat: der Rücktritt vom ewigen FIFA-Boss Sepp Blatter vier Tage nach seiner erneuten Wahl in dieses Amt, oder die Aussage der saarländischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer zur Forderung nach der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften zur Ehe. Die CDU-Politikerin lehnte in einer Eindeutigkeit die sogenannte Homo-„Ehe“ und ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare ab, dass es mir kurz den Atem verschlug. Zum einen, weil nach der Aufforderung von Präsidiumsmitglied Jens Spahn am Vortag, doch die Lesben und Schwulen nicht weiter zu verärgern, alles darauf hindeutete, dass die CDU das nächste Umfallen strategisch vorbereitete. Zum anderen, weil Frau Kramp-Karrenbauer – kurz AKK – stets zum liberalen Flügel einer spürbar sozialdemokratisierten Union gezählt wird. Damit ist es nun wohl vorbei. Liebe Frau Ministerpräsidentin: Willkommen im Kreis der Schmuddelkinder, willkommen bei den homophoben Rechtspopulisten! Bereits unmittelbar nach Bekanntwerden ihres Interviews in der Saarbrücker Zeitung ergoss sich der inzwischen unvermeidliche „Shitstorm“ über ihr aus, auf ihrem Facebook-Profil ebenso wie beim Shitstorm-Medium Nummer 1, auch Twitter genannt. Die Freunde der Toleranz zogen alle Register, beschimpften und beleidigten die Politikerin, übelster Sexismus inklusive. Ja, wenn es um Toleranz geht, kennen sie keine Gnade, da wird auf jeden, der auch Toleranz einfordern könnte, draufgehauen, dass die Schwarte kracht. Jeder, der – und sei es noch so feinfühlig und sachlich begründet – gegen die Gleichstellung argumentiert, kennt das und hat es schon erlebt. Dieses Mal hat es allerdings eine andere Qualität, denn AKK ist gewählte Ministerpräsidentin eines Bundeslandes. Sie kann man nicht ohne weiteres zur Aussätzigen und zum Paria erklären, wie das ja sonst bei Konservativen und Christen immer so wunderbar klappt. Rechtspopulist, Fundamentalist, Homphob – Klappe zu, Affe tot. Mit Annegret Kramp-Karrenbauer hat die Diskussion um die Homo-„Ehe“ noch einmal an Fahrt aufgenommen und eine – wie ich meine – im Grundsatz richtige (über Formulierungen oder Vergleiche kann man immer streiten) Haltung auf die etablierte Agenda gefunden. Dafür bin ich ihr dankbar, egal, in welcher Partei sie ist und für welche Politik sie sonst steht.

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Dieser Artikel wurde 16 mal kommentiert

  1. Uwe_aus_DO Antworten

    Hoffentlich war das nicht nur ein taktischer Schachzug, sondern ernst gemeint, hoffentlich bleibt sie auf Kurs.

  2. Gisbert Britz Antworten

    Da ich nicht schwul bin, ist mir die Homo-Ehe egal.

    Andererseits, wenn die Ankündigung von AKK einen Shitstorm hervorgerufen hat …

    Shitstorm ist Stimme des Volkes, und Politiker sind Volksvertreter.

    Angela Merkel wird das Thema schon aussitzen.

  3. heribert joppich Antworten

    das Verhalten dieses Klientels ist einfach eine Zumutung. Ich habe nichts gegen Schwule und Lesben. Nur will mir nicht einleuchten, warum eine Sexpraxis diese Aufmerksamkeit erfährt. Mit dem Christopher – Street – Day zeigen diese Leute -nicht alle Homosexuellen sind hiermit gemeint, da es noch genug gibt, die vernüpnftig sind und sehr sypatisch- dass sie nicht akzeptabel sind. Was mich stört, dass wir wiederum an einem Punkt angekommen sind -wie bereits vor einigen Jahren schon-, wo nicht homosexuelle in der Presse als unnormal eingestuft werden. So empfinde ich es wenigstens. Ich stehe voll zu den Aussagen der saarländischen Ministerpräsidentin. Zumal man den gesamten Text gelesen haben muss. Es wird wie meistens nur ein Auszug erwähnt.

  4. Dr. H. J. Blumbach Antworten

    Der Schritt in die Dekadenz entwickelt sich zum Marathon. Einen Dank an AKK!

  5. Susanne von Belino Antworten

    Bemerkenswert ist, dass – wenn man sich mit Schwulen über das Thema „Homo-EHE“ unterhält – diese den Status der Eingetragenen Lebenspartnerschaft für sich als völlig ausreichend und zufriedenstellend erachten. Wem, so frage ich, nützt dann das ganze Theater? Am Ende frönen gewisse Kreise einfach nur wieder ihrer Lieblingsbeschäftigung, der Provokation?

  6. St.Ex Antworten

    Ich bin ihr auch dankbar, nicht nur in dieser konkreten Sache, sondern dafür dass sie nicht wie (fast) alle anderen im Strom mitschwimmt, sondern Stellung bezieht, auch wenn es dafür Gegenwind gibt.

  7. Alexander Droste Antworten

    Was für ein Hype! Nur weil so ein paar „Andersartige“ Rechte genießen wollen, die ihnen verfassungsgemäß zustehen (Ehe war bisher nicht definiert als heterospezifisch).
    Ich verstehe gar nicht diese Kampfstimmung gegen Homo. Es gibt keinerlei Nachteile für irgendwen, wenn die Eherechte erhalten würden. Die Kommentare hier wiederum lassen durchblicken, dass es eine Randgesellschaft gibt, die eine andere Randgruppe verächtlich herabgewürdigt, was beschämend ist.
    Würden die Medien und auch dieser Block hier nicht einen solchen Wind um die Sache machen, wäre das einfach nur eine Formalie, mehr nicht.
    Vielleicht sollte man einfach für die Homoehe ein neues Wort kreieren, damit der Friede wieder hergestellt ist. Also einfach nur rückwärtsgeschrieben ist es dann die Ehe für die „Normalen“ und rechtlich gleichgestellt Eheomoh für die Ausgestoßenen.

    AKK hat eben nicht recht mit ihrer Äußerung. Sie ist ausschließlich und nur provokant. Inzestehen gehen aus rein medizinischen Gründen nicht und Vielehe ist für manche Kulturkreise kein Problem, wenn materielle Sicherung der Eheleute gewährleistet ist. In unsrer Kultur wurde die Vielehe einmal abgeschafft, was nicht weiter schlimm ist. Jeder Pott bekommt schon seinen Deckel. Und wenn nicht, na dann scheiden wir uns eben und heiraten zum zweiten, dritten, vierten …. mal.
    In der heutigen Zeit wird die Ehe ohnehin abgeschafft, denn ein Treuegelübde reicht allenthalben für ein Paar Jahre, dann wird sich zu 50% geschieden. Andere Paare heiraten erst gar nicht. Und wenn, dann aus steuerlichen Gründen.
    Die Ehe als Institution hat sich längst überholt. Daher ist sie ohnehin beliebig geworden. Lasst also doch den Homos ihre Steuergleichstellung.

    • Klaus Kelle Antworten

      Lieber Herr Droste,

      die Abschaffung des Inzestparagraphen wird seit 2012 in Deutschland diskutiert. Bekanntester Protagonist ist Herr Ströbele von den Grünen. AKK hat absolut recht, denn wenn man die Definition, was Ehe ist, verändern kann, gibt es keinen logischen Grund mehr, andere Lebensmodelle nicht auch zur Ehe zu erklären. Dann ist der Art. 6 GG überflüssig. So, nun können Sie sagen: Ist doch egal, lasst doch alle und jeden heiraten, der und die möchte. O.k., wenn die Gesellschaft das so will, kann man das so machen. Meine Vorstellung ist das allerdings nicht.

      Beste Grüße, Klaus Kelle

      • Alexander Droste Antworten

        Hallo Herr Kelle,
        wenn es nach der Katholischen Kirche geht, darf jeder nur einmal und nur einen heiraten. „Was Gott zusammen geführt hat, soll der Mensch nicht trennen.“ Wer demnach geschlechtlich verkehrt hat, vielleicht sogar nur geflirtet hat, den hat Gott schon zusammengeführt. Ein solches Paar ist schon verheiratet und bedarf nur noch des Segens durch den Pastor oder einen autorisierten Vertreter. Diese Ehe kann und darf nicht mehr getrennt werden. Die Vergangenheit hat uns die Unfreiheit und das Leid tausendfach vor Augen geführt. Ehen wurden verordnet, arrangiert und befohlen. Meistens zum Leidwesen der Frau, deren Rolle häufig die einer Produktionssklavin für Stammhalter war. Manchmal hat eine solche Heirat auch Sinn und Segen gebracht. Wenn sich ein Paar auseinandergelebt hat, wenn einer der Partner ein Despot, Sadist oder was auch immer war, so musste der andere es bis zum Tod aushalten. So hat es die katholische Kirche gern. Erste Liebe schon möglich aber nebensächlich. Wer nach jahrzehntelanger Knechtschaft die Liebe neu entdeckt, ist ein Ehebrecher. Ja auch Jesus war dagegen. Wer nur ein Auge nach des anderen Weibe wirft, begeht schon Ehebruch. Der solle das Auge lieber ausreißen anstatt in die Hölle geworfen zu werden.
        Heute werden Beziehungen in gegenseitigem Einverständnis geschlossen. Wer den Bund fürs Leben sucht, hat Gelegenheit sich und den Partner zu testen und zu üben, bis es passt. Funktioniert auch nicht immer, weil dazu immer noch die Selbstbeschränkung nötig ist, damit eine Ehe von Bestand ist. Das ist der katholischen Kirche alles zuwider. Aber der Mensch ist frei. Und er ist inzwischen so frei, dass er sich auch über die Hürde des Geschlechts hinwegsetzen kann. Ehe ist das Bekenntnis von Menschen füreinander in Respekt und Vertrauen. Fürsorge und Sicherheit sind ihre Grundpfeiler. Das Geschlecht ist ausschließlich von biologischer Relevanz, nicht aber bei methaphysischen Angelegenheiten wie Freiheit, Liebe, Moral, Verantwortung, Respekt, Vertrauen. Kein Ehekonzept schließt diese Tatsachen oder Werte aus, wenn sie auf freier Wahl der Beteiligten beruhen. Zwangsheirat oder Kinderehen sind ebenso auszuschließen wie Inzestuöse Ehen, bei denen die Gesundheit der entstehenden Nachkommen auf dem Spiel stehen. Sie führen in die Unfreiheit. Keine Ehe darf in die Unfreiheit eines der Pertner führen. Ehe ist ein Bekenntnis und ein Vertrag. Ein Vertrag, der im Notfall auch wieder aufgelöst werden können soll.
        So ist also Ehe zu definieren: Das Bekenntnis zweier mündiger Personen für eine dauerhafte Verantwortung füreinander in Liebe und Vertrauen und in Hinblick auf das Wohl weiterer Personen, die in die eheliche Beziehung aufgenommen werden, durch Geburt, Adoption oder anderer weise. Die Freiheit des Menschen ist sein höchstes Gut und nur der jenige darf sie selber einschränken, wer sich in eine Beziehung begibt. Das heißt : Meine Freiheit opfere ich für dich. Ich vertraue dir.
        Ich bin seit 25 Jahren verheiratet mit einer Frau und habe es genau so gelebt. Ich bin sicher, dass auch mein homosexueller Nachbar so leben kann.

        • Klaus Kelle Antworten

          Hallo Herr Droste,

          Sie schreiben „So ist also Ehe zu definieren: Das Bekenntnis zweier mündiger Personen für eine dauerhafte Verantwortung füreinander in Liebe und Vertrauen und in Hinblick auf das Wohl weiterer Personen, die in die eheliche Beziehung aufgenommen werden, durch Geburt, Adoption oder anderer weise.“

          darf ich Sie fragen, wieso nur zweier mündiger Bürger? Glauben Sie nicht, dass ein Muslim, der zwei Frauen oder drei liebt – und das nach den Geboten seiner Religion auch darf – genau so ein Recht hat, hier die Anerkenntnis als Ehe zu fordern? Oder wie moderne Menschen heute sagen würden: wenn sie sich doch lieben und Verantwortung füreinander übernehmen….

          Gruß, Klaus Kelle

          • Alexander Droste

            Guten Tag, Herr Kelle,

            es war ja die Rede von der Homo-Ehe. Da geht es zunächst um zwei. An anderer Stelle schrieb ich etwas von anderen Kulturkreisen, in denen eine Vielehe möglich ist, wenn die materielle Versorgung der Mitglieder dieser Ehe gewährleistet ist. Für mich ist das kein Problem, wenn das im Einverständnis aller Beteiligten liegt. Ich begnüge mich aber mit einer heterosexuell angelegten Einehe. Anderes reizt mich nicht oder wäre mir auf Dauer zu anstrengend. In unserer Kultur und Zivilisation ist es wiederum ganz und gar nicht unüblich, seine Lebenspartner zu wechseln wie ein Paar Socken. Wen stört die Beliebigkeit sexueller Beziehungen so sehr wie das hier angeführte Diskussionsthema?

            Neulich habe ich an einen Muslimischen Geistlichen die Frage zu diesem Thema gestellt. Muslime sind da ganz und gar auf Ihrer Linie. Sie sagen, eine Ehe zweier Männer oder Frauen macht keinen Sinn, denn sie soll der Zeugung und Erziehung von Kindern dienen.

            Nun ja, man kann das so sehen. Dann sind wir als Menschen eben noch sehr dem Tierreich verhaftet. Das „wie“ unterscheidet uns dann noch. Vielleicht sind wir als Menschen schon etwas weiter und sehen noch mehr als nur den Kindersegen. Meine platten und wirren Ausführungen zu Freiheit der Menschen mögen ggf. den erhellen, der sie versteht. Gewiss ist die „normale“ Ehe wichtig, schutzwürdig und heutzutage sogar förderungsbedürftig. 90% der Menschheit wird dem auch gerecht, so wie ich selber. Die 10% Andersartigen, die eben die gleichgeschlechtliche Beziehung wählen, wünschen sich eine rechtliche Gleichstellung. Ich sehe darin ebenfalls kein Problem. Ich bin sicher, dass dadurch niemand in irgendeiner weise beeinträchtigt ist außer in seinem althergebrachten Denken.

        • Friedrich Albrecht Antworten

          Sehr geehrter Herr Droste,
          Ihren Argumentationen kann ich bei bestem Willen nicht zustimmen; sie sind mir zu wirr und in vielem zu platt. Auf Ihre Beiträge im Kelle-Blog „Keine Entschuldigung“ vom 28.05.2015 habe ich Ihnen am 01.06. zur gleichen Thematik bereits geantwortet und habe dem nichts weiter hinzuzufügen.
          Mit freundlichen Grüßen

          • Alexander Droste

            Sehr geehrter Herr Albrecht,
            sofern es Sie noch interessiert, habe ich dort ausführlich und völlig klar verständlich geantwortet. Ich hoffe, dass es Sie nicht stört, dass ich Partei ergreife für eine von manchen ausgestoßene Gesellschaftsgruppe, obwohl sie mir ja schnuppe sein könnte. Ich kenne mehrere jener Paare, die allesamt liebenswürdig sind. Deren Andersartigkeit zu respektieren sehe ich als notwendig an.
            Ebenso freundliche Grüße zurück.

  8. Jürgen Backhaus Antworten

    Den Äußerungen von Frau Kramp-Karrenbauer kann ich nur zustimmen, hoffentlich steht sie weiterhin dazu und läßt sich nicht von dem allgemeinen Mainstream mitreißen!

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