Das gedemütigte Mädchen und die „Internetwache“

In Schleswig Holstein ist ein 13-jähriges Mädchen von einer Gruppe gleichaltriger Mädchen geschlagen und gedemütigt worden. An irgendeinem Weg am Waldrand wird sie von den anderen bedroht, ins Gesicht geschlagen. Es sind Bilder absoluter Gefühlskälte. Das Mädchen weint und fleht darum, gehen zu dürfen. Stattdessen schütten die anderen ihr Cola über den Kopf.

Als das Mädchen versucht aufzustehen, schreit sie eine ihrer Peinigerinnen an: „Bleib sitzen, während du mich anflehst.“

„Ich lass dich nicht so einfach gehen“. Immer wieder schlagen sie dem weinenden Mädchen ins Gesicht, sie wird angespukt, man zündet ihre Haare an. irgendwann bettelt das Opfer darum, enigstens ihre Nase zu verschonen und erhält von einer der anderen direkt einen Schlag darauf.

Das Video, das inzwischen von über 100.000 Menschen angeschaut wurde, dauert etwa fünf Minuten. Inzwischen ist bekannt, dass das Martyrium MEHRERE STUNDEN DAUERTE.

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Als ich vorhin das Video sah, wendete ich mich sofort an die „Internetwache“ der Polizei in NRW, um Anzeige zu erstatten. Das Formular war völlig ungeeignet für diesen Fall. Ich sollte angeben, ob ich die Täterinnen oder das Opfer kannte, den Ort und den Zeitpunkt, sonst könne das nicht aufgenommen werden. Ich kannte nix davon, ich wolle einfach nur die Polizei darauf aufmerksam machen, dass da irgendwo ein Mädchen gequält wird und Hilfe braucht. War nicht möglich.

Wenn ich nicht Ort, Zeit und Täter nennen kann, dann kann auch wahrscheinlich der unbekannte Tote am Fahrbahnrand nicht bearbeitet werden…

Ich habe eben auf t-online gelesen, dass das Kind in Sicherheit ist. In einem Krankenhaus. Ein zufällig vorbeikommender Passant hatte die Situation sofort begriffen und das Mädchen befreit und nach Hause gebracht. Die Polizei hat die sechs Angreiferinnen ermittelt, sie werden jetzt befragt und – ich nehme an – dann auf freien Fuß gesetzt. Volljährig waren sie sicher alle nicht.

Ich weiß jetzt aber, dass der brutale Überfall in Heide, Kreis Dithmarschen, in Schleswig-Holstein stattfand. Jetzt kann ich wenigstens endlich das Formular der Internetwache ordnungsgemäß ausfüllen…

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Dieser Artikel wurde 21 mal kommentiert

  1. H.K. Antworten

    „Brutale Mädchenhewalt in Heide

    „Das hinterlässt seelische Wunden, die kein Pflaster heilt“ “

    Focus online, 21.03.2023, 13:53 – NACH dem Artikel auf dem Kelle-Blog.

    Ich hatte den focus-Bericht gerade gelesen, und stieß dann auf den Artikel hier.

    Zunächst dachte ich, entweder der focus oder ich hätte sich „vertan“ – das 13-jährige Mädchen war doch ERMORDET worden, von „Freundinnen“, 12 und 13 Jahre alt.

    Nein, niemand hat sich „vertan“ – offenbar ist es in diesem Land inzwischen „normal“, daß Derartiges jeden Tag passiert.

    Und die Berichte darüber dürften nur die Spitze des ( gemeldeten ) Eisbergs sein.

    WAS LÄUFT SCHIEF IN DIESEM LAND ?

    Es ist doch nicht „normal“, daß inzwischen nicht nur „junge Männer“, sondern sogar „junge Mädchen“ mit einem Messer herumfuchteln und damit nicht etwa nir drohen, sondern tatsächlich MORDEN !

    Die mittlerweile losgetretene Debatte um die „Schuldfähigkeit ab 14“ wurde auch von unserem freidemokrazischen Justizminister aufgenommen.

    Wie gestern zu lesen war, sieht der oberste Justizler Deutschlands „keinen Handlungsbedarf“.

    Ach, Herr Buschmann: Da wir doch immer so gern zu unseren europäischen Nachbarn schielen: Schielen SIE doch mal nach Großbritannien, nach Irland oder nach Holland.

    Und: wenn „Heranwachsende“ oder „Jugendliche“ mit 12 oder 13 vergewaltigen und morden können, dann können sie auch dementsprechend bestraft werden.

    Aber: Hauptsache, wir haben „Verständnis“ für die – sicherlich „traumatisierten“ – Täter*/-/:/_/•/Innen – mehr als für die Opfer.

  2. S v B Antworten

    Eine unfassbar brutale moralische Verwahrlosung ist es, sich die in diesem Land immer mehr Raum zu greifen scheint. Ach, was sag‘ ich, die sich zunehmend Raum greift. Zu beschönigen oder gar zu entschuldigen gibt es hier wirklich nichts mehr. Auch wenn man in solchen Zusammenhängen immer wieder gern von „Kindern“ spricht, sollte man die kaum, bzw. gar nicht vorhandenen Möglichkeiten einer empfindlichen Bestrafung auch von Personen besagter Altersgruppen endlich auf den Prüfstand legen. Das Gefühl, ja das Wissen darum, was Recht und Unrecht ist, ist beim Menschen schon früh ausgebildet.Die brutale Mädchenbande muss also sehr genau gewusst haben, was sie dem anderen Mädchen antat.Und dass es sich bei dem, was sie ihm antat, um eine sträfliche, im Grunde also um eine strafbare Tat handelte. Falls solche schockierenden „Vorkommnisse“ unter Kindern und Jugendlichen auch zukünftig ungeahndet bleiben sollten, kann sich die Gesellschaft wahrlich „auf was gefasst machen“. Will heißen, auf nichts Positives. – Man könnte meinen, dass der im Internet gezielt entfachte und stetig weiter befeuerte Wettbewerb zwischen jungen Leuten, besonders jungen Mädchen und Frauen, zumindest zu einem erheblichen Teil mit schuld an solchen Gewaltexzessen sein dürften. Die Diskussion darüber wäre wohl mehr als abendfüllend. Vielleicht wäre das Thema geeignet, beim TV-Zappelphilipp der Nation, Markus Lanz , zur Diskussion gestellt zu werden? Sozusagen als Anfang einer öffentlichen, sprich politischen Debatte. Auch hier sollte es doch heißen: Wehret den Anfängen! Da der berüchtigte Anfang jedoch längst schon gemacht wurde, sollte zumindest Sorge getragen werden, dass sich der Schrecken einer hohen Gewaltbereitschaft bei Kindern (und Jugendlichen) wenigstens nicht unkontrolliert und unbeschränkt ausbreiten kann. Auch hier besteht nicht nur erhöhter, sondern auch dringender Handlungsbedarf. Übrigens ein Problem, das bei seiner Lösung etliche, höchst unterschiedliche Bereiche mit einbeziehen muss. Sonst wird das nix.

    • Tina Hansen Antworten

      „Man könnte meinen, dass der im Internet gezielt entfachte und stetig weiter befeuerte Wettbewerb zwischen jungen Leuten, besonders jungen Mädchen und Frauen, zumindest zu einem erheblichen Teil mit schuld an solchen Gewaltexzessen sein dürften.“

      Das ist auch mein Gedanke bei diesem schrecklichen und traurigen Thema! Vor nicht langer Zeit las ich im „Berliner Kurier“ von einer britischen Studie, wonach fast die Hälfte der jungen Männer glaubt, Mädchen würden beim Sex „erwarten“, geschlagen und gewürgt zu werden. Ich zitiere:

      „Jedes zehnte Kind in England hat im Alter von neun Jahren schon Pornos gesehen, bei 18-Jährigen sind es bereits 79 Prozent, die mit Gewaltpornos im Internet vertraut sind. Mit verheerenden Folgen: Viele Jugendliche glauben, Gewalt beim Sex gehöre dazu.
      Sie werde niemals die Geschichte eines zwölfjährigen Mädchens vergessen, deren Freund sie beim ersten Kuss gewürgt habe – weil er das so in Pornos gesehen hatte und dachte, es sei normal, sagte die Kinderbeauftragte Rachel de Souza bei der Vorstellung des Berichts. Sie warnte eindringlich davor, den Einfluss von Pornografie im Internet zu unterschätzen, zumal diese immer gewalttätiger würde.
      In einer repräsentativen Umfrage im vergangenen Jahr unter rund 1000 Heranwachsenden im Alter von 16 bis 21 Jahren in England waren 47 Prozent der Auffassung, dass Mädchen Gewalt beim Sex wie etwa Schläge oder Würgen „erwarten“. 42 Prozent glaubten, dass Mädchen dies „mögen“. Bei den über 18-Jährigen haben 47 Prozent schon einmal Gewalt beim Sex erlebt.“

      usw. usw.

      (Berliner Kurier, 31.1.23)

      Ich komme mir gerade sehr, sehr alt vor… aber unsereiner fand es schon ziemlich gewagt, in den seligen 90ern „9,5 Wochen“ zu gucken… mit dem Lebenspartner, versteht sich.
      Es kommt was auf uns zu….

      • S v B Antworten

        Gewagte These…
        Vielleicht erfüllt das Internet ja eine ganz besondere Funktion in der Geschichte der Menschheit? Eine Funktion, in der man zumindest einen Katalysator, wenn nicht sogar das Vehikel für deren sukzessiven – zunächst sittlich-moralischen – und nachfolgend auch deren biologischen Verfall bzw. Untergang erkennen könnte? Eine extrem(!) steile These, ich weiß, aber in letzter Konsequenz könnte es sich vielleicht einmal genau so oder so ähnlich darstellen. Weder eine verlässliche, effiziente Steuerung dieser immer dynamischeren Entwicklung zum Wohle der Menschen, noch eine gerade noch rechtzeitig erfolgende, „rettende“ Zäsur, dürfen im Bereich des Möglichen liegen. Wie nur sollte man den massenhaften, bitterbösen Geistern, welche sich im Worldwide Web heimisch fühlen, sich dortselbst ausgesprochen lustvoll tummeln und dabei nichts anderes im Sinne führen, als die ganze Menschheit mit Haut und Haaren für ihre fragwürdigen Ideen und sinistren Moralvorstellungen zu gewinnen, je das Handwerk legen? Gerade in einer globalen Welt wie der unseren dürfte dies ein schier hoffnungsloses Unterfangen sein.

  3. H.K. Antworten

    Man kann sich des Eindrucks, daß zum Einen gefühlt nahezu rund um die Uhr verfügbare Gewaltszenen in allen möglichen TV-Filmen und zum Anderen eine ( ebenso gefühlt ) extrem lasche und „verständnisvolle“ Justiz ihre Spuren bei ( oftmals unbeaufsichtigten, unbetreuten, sich selbst überlassenen ) Jugendlichen und auch zunehmend Kindern ihre Spuren hinterlassen, nicht erwehren.

    Daß „junge Männer“, die mit Messern & Co durchs Land ziehen und bei erstbester Gelegenheit meinen, ihre Argumente aufgrund sowohl fehlender Intelligenz als auch mangels hinreichender Sprachkenntnisse mittels mitgeführter Schneidwerkzeuge äußern zu müssen, dafür jedoch zumeist statt saftiger und drakonischer Strafen eher „Verständnis“ zu erwarten haben, befeuert ohne Zweifel die Annahme, daß derartiges Vorgehen wohl erlaubt sei.

    Auf der Strecke bleiben dann die, die „zur falschen Zeit am falschen Ort“ waren.

    DAS zu lösen, wäre mal eine echte Aufgabe unserer Politik – insbesondere unserer Innenministerin und unseres Justizministers – aber auch von uns allen.

  4. HeikMeyk Antworten

    Kann es sein, dass diese anschwellende Flut von Horrormeldungen unseren Regierenden sogar ganz recht ist? Zum einen lässt sich damit wohl ganz hervorragend ablenken von der unverändert weiterlaufenden Transformation unserer Gesellschaft, und vielleicht kann man daraus ja sogar noch weiteren Nutzen ziehen, so wie die Argumente „dark net, Waffenhandel, Pädophilie, etc.“ ja auch herhalten müssen für die Begründung des EU Digital Services Act DSA, welcher die anlasslose, dafür aber lückenlose Überwachung und Speicherung aller Internet- bzw. Social-Media-Aktivitäten der Bürger vorsieht.

    • H.K. Antworten

      Zumindest sieht unser Bundesjustizminister „keinen Handlungsbedarf“.

      Und Frau Bundesinnenministerin macht die Tore nach Deutschland nicht weiter auf, sie reißt sie gleich ganz raus.

      Alles mit Billigung der „Freien Demokraten“ …

  5. H.K. Antworten

    Große Aufregung nun in Heide:

    Man habe „ein Problem mit kriminellen Jugendbanden“, stellt der Bürgermeister plötzlich fest.

    Und nun: „Wir warten auf den Einsatz eines Streetworkers“.

    Aaah ja.

    Immer wieder gibt es Vorfälle – so die denn veröffentlicht und bekannt werden – daß Schüler, ja auch Schülerinnen, auch selbst Lehrer beleidigen, bespucken, sogar zusammenschlagen, gar ermorden.

    Und, was passiert ? Nichts.

    Halt: doch ! „Wir warten auf den Einsatz EINES Streetworkers“ …

    • S v B Antworten

      Die erschreckende Gewaltbereitschaft von Jugendlichen, ja schon von Kindern, hat m. E. längst eine solch erstaunliche Eigendynamik entwickelt, dass Maßnahmen wie der Einsatz von Streetworkern wohl kaum noch auf Verbesserungen oder gar eine Rückentwicklung hoffen lässt. Die Ursachen dieser traurigen Entwicklung sind vielfältig, ja im Grunde so komplex, dass es kaum möglich sein dürfte, sich diesen in ihrer Gesamtheit auch nur annähernd intensiv genug zu widmen, geschweige denn, sie zu beheben. Wieder einmal wurde versäumt, einer in höchstem Maße besorgniserregenden Entwicklung beizeiten die Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die ihr zwingend gebührt hätte. Kurzum, auch in dieser Sache konnte man sich nicht rechtzeitig dazu durchringen, das viel zitierte, doch allzu oft sträflich vernachlässigte Wehret den Anfängen konsequent zu beherzigen. Und jetzt sollen’s eben eine Handvoll Sozialarbeiter richten. Ach, lieber H.K., wenn man derlei nicht schon gewohnt wäre…

      • H.K. Antworten

        Was soll ich sagen …

        Daß in diesem Land in ( Regional-) Zügen irgendwelche Menschen „mit einer Axt“ auf andere losgehen, daß irgendwo jeden Tag junge Mädchen und Frauen vergewaltigt ( und umgebracht ) werden, daß nahezu überall „der Täter polizeibekannt“ ist, daß auch Intensivstraftäter mit Bewährungsstrafen wieder auf die Gesellschaft losgelassen werden, an all das hat man sich mittlerweile gewöhnt.

        Daß aber zunehmend “Heranwachsende“, Jugendliche, ja, Kinder von 12, 13 Jahren sich gegenseitig umbringen, wie aktuell „mit 75 Messerstichen“, daß 12-jährige Mädchen Lehrer „bespucken und blutig schlagen“, ist offenbar ein bislang wenig verbreitetes Phänomen gewesen. Zumindest wurde so gut wie nicht darüber berichtet.

        Am meisten erstaunt mich jedoch, wenn unser freidemokratischer Justizminister trotz alledem „keinen Handlungsbedarf“ sieht und bei Lanz ein „kriminalpolitischer Sprecher der SPD“, Sebastian Fiedler, in munter über das Unfaßbare diskutierender Runde herumschwurbelt und plötzlich auch daran, daß Kinder zunehmend kriminell werden, Corona und die Lockdowns schuldig sein sollen.

        Und wenn in Wuppertal vier „junge Männer“ unter Vorschub eines 12-Jährigen eine Tankstelle überfallen und dann festgestellt wird, daß dieses „nicht strafmündige“ Früchtchen bereits 34 ( ! ) Einträge wegen Raub- und Gewaltdelikten aufweist, werden auch 10 „Streetworker“ nichts mehr ausrichten können.

        Geradezu erschreckt hat mich die Aussage unserer GJ, daß bei einem Intensivtäter z.B. mehrere Straftaten zu EINEM Verfahren zusammengefasst und entsprechend als EINE Straftat gezählt werden.

        Kein Wunder, daß „immer weniger Verbrechen“ geschehen.

        Wer‘s denn glaubt …

  6. S v B Antworten

    „…und entsprechend als EINE Straftat gezählt werden.“

    Bevor ein Prozess aufgrund Fachpersonalmangels am Ende auf die lange Bank geschoben werden müsste, könnte man die Angelegenheit organisatorisch vielleicht doch so handhaben wie von Ihnen, bzw. unserer lieben GJ, geschildert. Allerdings müsste gewährleistet sein, dass sich das Strafmaß in solchen Fällen unabdingbar an der schwersten aller begangenen Straftaten des Delinquenten orientiert. Und dass dem Angeklagten keinerlei mildernde Umstände zugestanden werden können. Was seinerzeit die Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig geradezu verzweifelt anmahnte, ja forderte – nämlich jeder Tat die Strafe möglichst auf dem Fuße folgen zu lassen, will heißen, die Zeit zwischen Tat und Strafe auf ein Minimum zu reduzieren, sollte der Justiz mittlerweile eigentlich Gebot sein. Heute wie zu Heisigs Lebzeiten jedoch scheint, bzw. schien, dies allerdings nur sehr selten – oder gar nicht – der Fall gewesen zu sein.

    • GJ Antworten

      Ich habe in den letzten Wochen total den Anschluß und den Überblick verloren. Zu viele schlimme Straftaten auf einmal, zu wenig Zeit und Bereitschaft, das alles zu lesen, ich kann es nicht mehr auseinanderhalten, überall 12/13- jährige Mädchen, die quälen, schlagen, stechen, zum Opfer werden. Gruppenvergewaltigungen, axtähnliche Utensilien mitsichführende Bahnfahrende. Die Strafverfolgungsbehörden kommen schon mit Strafmündigkeit ab 14 nicht hinterher. In zig Fällen, die mir bekannt sind, laufen in kurzer Zeit zig Strafanzeigen zur selben Person ein, bevor zur ersten Tat eine konkrete Konsequenz gestartet wird. Die Gerichte sind offenbar derart überlastet, daß zunächst eine tüchtige Anhäufung nötig ist, bevor der Tatverdächtige priorisiert und die Taten katalogisiert werden. Zur Entlastung der Justiz werden dann oft geringerwertige Tatgeschehen ganz fallen gelassen. Da sieht die Strafprozessordnung eine ganze Palette an verfahrensökonomischen Instrumenten vor. Es wird nicht nur gebündelt und zusammengeführt zu einem größeren Verfahren, das sich dann federführend am schlimmsten Delikt orientiert, es wird auch oft ganz von der Verfolgung abgesehen aus unterschiedlichen Gründen: kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung oder „Vor dem Hintergrund der im Verfahren xy zu erwartenden Strafe fällt die Zuwiderhandlung z nicht ins Gewicht“ oder Einstellung wegen Geringfügigkeit etc. Es breitet sich dann auch eine spürbare Abstumpfung aus bei allen, die das tagtäglich auf ihren Schreibtischen und Bildschirmen haben. Man kann nicht ständig im Aufregungs- und Alarmmodus arbeiten, man hat nur 2 Hände und einen Kopf und den will und muß man ja auch vor dem Durchdrehen schützen. Je nach Statistikvorgabe kann da Vieles ungezählt bleiben. Die Diskussion um die Herabsetzung des Alters der Strafmündigkeit greift viel zu kurz. In der nächst größeren Stadt meines Wohnortes diskutiert man seit über 10 Jahren darüber, ein Haus des Jugendstrafrechts errichten zu wollen, ja zu müssen. Alle sind sich – angeblich – einig, daß die Strafe in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zur Tat folgen müsse. Daß es hierbei eine funktionierende Vernetzung und Personalbündelung braucht mit Hand in Hand-Arbeit von Polizei, Jugendamt, Jugendgerichtshilfe, Psychologen, Sozialarbeiter, Staatsanwaltschaft, Jugendrichter, Einrichtungen der Jugendpsychiatrie, Jugendgefängnis, betreuten Wohngruppen, sonderpädagogischen Maßnahmen etc. braucht. Daß es die Außen- und Innenwirkung braucht, daß alle an einem Strang und in dieselbe Richtung ziehen. Es scheitert bisher am politischen Willen, den fehlenden Immobilien, dem Geld, und weil nicht an einem Strang gezogen wird, sondern teils gegeneinander. Was das Justizressort will, wird vom Sozialressort oder dem Finanzressort torpediert und umgekehrt. Und die jungen Täterinnen und Täter testen ihre Grenzen aus. Zuhause, in der Schule, auf der Straße. Bis wirklich gegengesteuert wird, haben sich schädliche Neigungen oder/und krankhafte Entwicklungen manifestiert. Inhaftierung verschlimmert dann oft eher, als daß Läuterung oder Reue eintritt. Was im Internet an filmischem Material an Grausamkeiten kursiert ist bodenlos. Fiktion und Realität verschwimmen. Nötige regulierende, erdende Faktoren oder Mitmenschen, gute Vorbilder fehlen. Da wird sich gegeneinander überboten mit Gräuslichkeiten, Videos gedreht und hochgeladen, gemobbt, Challenges veranstaltet und so weiter. Horrorfilme gestreamt, Ballerspiele, Killerspiele veranstaltet bis der letzte Emphatiefunken und die natürliche Hemmschwelle verschwindet. Die Coronazeit und die Kontaktsperren haben das natürlich noch befördert. Ohne persönliche Interaktionen und Austausch kann sich keine soziale Kompetenz entwickeln. Der böse Gangster-Rapper, Dschungelcampmobbing oder die Influenzerin-Bitch sind da vielleicht auch die falschen Vorbilder.

      • H.K. Antworten

        Na, dann ist es doch gut, wenn sich die Bundesregierung, hier der Bundesjustizminister mit seiner Behörde, um extrem wichtige, alternativlos dringende Dinge wie das jährliche Wechseln der Geschlechter, die Aufklärung von Kriegsverbrechen in der Ukraine und die Festnahme von Herrn Putin kümmert. Von Klagen gegen auch zum 3. mal abgelehnte Asylentscheidungen ganz zu schweigen.

        Da müssen Kinkerlitzchen wie Straftaten in Deutschland halt warten …

    • S v B Antworten

      Danke, liebe GJ, für Ihren ausführlichen Kommentar. Frohgemut oder auch nur zufrieden haben mich Ihre pessimistischen Ausführungen natürlich nicht gestimmt. Ganz im Gegenteil. Es wird einem angst und bange, wenn man bedenkt, wo das alles zukünftig noch hinführen könnte, bzw. wird. Seit Kirsten Heisigs Zeit als Jugendrichterin in der Bundeshauptstadt hat sich demnach wenig, eher gar nichts geändert. Im Gegenteil, es sieht ganz danach aus, als habe sich die Lage noch erheblich verschlechtert. Auch was die Personaldecke in diesem Bereich angeht. Ach, warum sollte ausgerechnet dieser eine Ausnahme bilden? Soweit ich mich an Heisigs Abhandlung erinnere, war in dieser keinerlei Rede von weiblichen Jung-Delinquenten, sondern ausschließlich von männlichen. Dass auch Sie den sozialen Medien und anderen, teils mehr als fragwürdigen, Seiten des Internet einen Großteil der Schuld an der schrecklichen Entwicklung junger Menschen anlasten, bestätigt meinen Verdacht, bzw. meine Annahme, die ich in einem weiter oben stehenden Kommentar vorbrachte. Eine oberbayerische(!) Gymnasiallehrerin aus meinem weiteren Bekanntenkreis erwähnte, nein, beklagte mir gegenüber den geradezu erschreckend harten Konkurrenzkampf schon unter den jüngsten Schülerinnen bezüglich ihrer äußeren Erscheinung und ihrer Popularität. Ich kann mich wahrlich nicht erinnern, dass es Ähnliches zu meiner Schulzeit (die zugegebenermaßen schon „eine ganze Weile“ zurückliegt, gegeben hätte. Äußerlichkeiten spielten bei weitem(!!!) nicht die prominente Rolle, die sie inzwischen offenbar eingenommen hat. Auch Mobbing war, jedenfalls in meiner Klasse, völlig unbekannt. Bis heute(!) sind wir Schüler und Schülerinnen von damals einander in inniger Freundschaft verbunden. Wenn ich junge Mädchen beobachte, wenn ich sehe, wie sie sich sogar bei einem Gang durch die Straßen der Stadt mit ihrem Smartphone total selbstverliebt wieder und wieder in eitlen Posen ablichten, drängt sich mir unwillkürlich die Frage auf, wie und wohin sich wohl eine Gesellschaft entwickeln wird, die sich zu einem ganz erheblichen Teil aus offenbar narzisstischen weiblichen Egomanen zusammensetzt. Wahrhaftig eine Besorgnis erregende Vorstellung von der Zukunft einer Gesellschaft. Sehr gedeihlich dürfte sich Letztere wohl nicht mehr präsentieren. Bleibt zu hoffen, dass die jüngsten Verbrechen von Minderjährigen, ja Kindern, Politik und Gesellschaft endlich wachgerüttelt haben. Leider stehen die Institutionen im Land diesen Verbrechen noch immer recht hilflos gegenüber. So traurig es klingen mag, der Staat wird sich endlich etwas einfallen lassen, was kurzfristig zumindest einen Beitrag zur Verhütung grausamer Verbrechen, begangen von Kindern an Kindern, von Jugendlichen an Jugendlichen, leisten kann. Daneben sollte man sich der Ursachenforschung und -behebung verschreiben; dies allerdings mit Leib und Seele. Eine ernsthafte und intensive präventive Beschäftigung mit dem grausigen Phänomen duldet keinen Aufschub mehr. Bisher stehen die Gesellschaft und ihre Institutionen diesem zwar noch relativ neuen, doch umso grauenhafteren Phänomen noch ziemlich rat- und hilflos gegenüber, wie Ihnen, mir und Millionen anderer gerade jüngst wieder schmerzlich bewusst wurde. Also muss etwas geschehen – weil etwas falsch läuft, und zwar grundlegend falsch.

  7. S v B Antworten

    Korr. Reihe 12 von unten:

    „…der Staat wird sich endlich etwas einfallen lassen MÜSSEN, was kurzfristig…“

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