Teil 1 Die Liebe

Im heutigen Tagesevangelium erfahren wir, wie Jesus Christus uns auffordert, es ihm nachzutun. „Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe“, sagte er, und das sind Worte, die wohl fast jeder unterschreiben könnte. Der Alltag sieht leider anders aus, auch und gerade bei den Christen hierzulande. Wer wie ich viel unterwegs ist unter gläubigen Christen und in christlich inspirierten Zirkeln, kommt nicht umhin, festzustellen, dass da wohl Einige nicht richtig zugehört bzw. gelesen haben. Mitunter erlebt man dort Intrigen und einen Zynismus, wie ihn keine Partei und kein Verein besser bieten könnte. Menschen, die sich als gläubig empfinden, die aber hartherzig sind, besonders gegenüber Schwachen und Menschen am Rande der Gesellschaft. Ich glaube, das ist einer der Gründe, warum das Christentum in Deutschland auf Talfahrt ist. Die Kirche ist wichtig, weil sie den Glaubenden hilft, ihren Bezug zu Gott zu entwickeln und zu pflegen. Aber attraktiv wird die Kirche Jesu nur, wenn sich alle, die dazu gehören, bemühen, ein gutes Beispiel gelebten Glaubens und echter Nächstenliebe abzugeben. Christen, die im Alltag nicht anders sind und handeln alls alle Anderen, braucht man nicht.

Teil 2 Die Sichtbarkeit

Ich liebe Rom, eine ganz wunderbare Stadt. Das Lebensgefühl der Römer, der Pulsschlag dieser Metropole, in der an jeder Ecke spürbar ist, dass man sich im Zentrum einer Weltkirche befindet, geben eine einzigartige Symbiose ab. Was dazu beiträgt, sind die Priester und Ordensleute, die das Leben auf den Straßen prägen. Kein Restaurant, kein öffentlicher Platz, an dem man nicht Frauen und Männer in Ordenstracht oder mit weißem Kragen sieht. Diese weißen Kragen sind eigentlich auch in Deutschland für die Kleriker der katholischen Kirche vorgeschrieben. Doch sieht man sie im Bild unserer Städte? Köln ist das Zentrum des größten Bistums in Deutschland mit rund zwei Millionen Katholiken. Man kann in dieser Stadt tagelang unterwegs sein, ohne einen einzigen Priester zu erkennen. Ich habe es früher auch in meine Gemeinde erlebt. Das Abschlusslied der Gemeinde war noch nicht beendet, da hatte sich der Pfarrer bereits umgezogen, um bloß auf der Straße nicht als Priester erkannt zu werden. es könnte einen ja jemand ansprechen. Auch das trägt zur Marginalisierung im Alltag bei. Ich würde mir wünschen, dass auch hierzulande gilt: Priester tragen weiße Kragen.

Teil 3 Die Besserwisser

Begleitet von einer wohlmeinenden Medienschar erleben wir seit einigen Monaten die Kampagne von an sich innerkirchlich bedeutungslosen Organisationen und Einzelpersonen, jeden Gläubigen, der noch das Vaterunser auswendig aufsagen kann und überzeugt ist, dass Jesus nicht so eine Art erster Sozialist der Menschheitsgeschichte war, als „Rechtskatholiken“ zu brandmarken. Wer Christus‘ Lehre ernst nimmt, wer die Familie aus Mann, Frau und Kindern als natürliche Gemeinschaft ansieht, soll an den Rand gedrängt werden. Ein Unterfangen, das allein deshalb schon aussichtslos ist, weil die gewaltige Mehrheit der Deutschen dies genauso sieht – übrigens auch die, die religiös nicht musikalisch sind. Ich habe mich entschieden, die Deutungshoheit über mein Leben und meinen Glauben nicht einer Handvoll Besserwissern zu überlassen, die mir sagen wollen, was ich denken und glauben und neuerdings auch, was ich als Christ für Zeitungen lesen darf. Sie sind es nicht einmal wert, ignoriert zu werden.

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Dieser Artikel wurde 6 mal kommentiert

  1. Pfr. L. Heckmann Antworten

    Sehr geehrter Herr Kelle,

    Ihr Artikel hätte auch bei Kath.de erscheinen können.
    Ich gebe Ihnen ja so recht. Auch ich habe am vergangenen Sonntag an die Aufforderung des Herrn genannt: „Liebet einander!“
    Vielleicht habe ich aber doch in eine andere Richtung gedacht.
    Bei dem, was auf kath.net und ähnlichen Seiten über „die Anderen“ steht, finde ich, fehlt oft auch ein liebender Blick im Geiste des Herrn auf jene, die anderer Meinung sind.
    Ich liebe meine Kirche und leide im Augenblick mit meiner Kirche, weil es sehr lieblose Grabenkämpfe gibt. Ich glaube, der Hl. Geist hat heute gar keine Chance mehr zu wirken, weil aus allen Richtungen aufeinander eingeschlagen wird.
    Es ist nicht alles schlecht, was vom ZDK kommt!
    Es ist nicht alles schlecht, wenn die Bischöfe miteinander um einen richtigen Weg für die geschiedenen Wiederverheirateten ringen.
    Es ist nicht nur schlecht, wenn es immer wieder Stimmen gibt, die den Zölibat hinterfragen.
    Es ist nicht alles schlecht an der hl. Messe, die nicht in Latein gehalten wird.

    Ich möchte, wie Sie, auch für mich sagen: „Ich habe mich entschieden, die Deutungshoheit über mein Leben und meinen Glauben nicht einer Handvoll Besserwissern zu überlassen, die mir sagen wollen, was ich denken und glauben soll“ und die z. B. auf kath.net regelmäßig über meinen Glauben herfallen.

    Ihnen alles Gute und Gottes Segen.

    Pfr. L. Heckmann

    • Klaus Kelle Antworten

      Sehr geehrter Herr Pfr. Heckmann,

      eine Volkskirche sollte unterschiedliche Auffassungen der Gläubigen ertragen können – übrigens ebenso wie eine Gesellschaft unterschiedliche Auffassungen ertragen können sollte. Leider entwickelt sich das in der jüngeren Vergangenheit zunehmens dahin, dass unerwünschte Positionen desavouiert werden sollen, indem man deren Protagonisten persönlich angreift. Ich gebe Ihnen allerdings gern recht, dass da auf beiden Seiten auch Leute unterwegs sind, die wohl frei hatten, als die Bergpredigt in der Bibelstunde dran war. Mit besten Grüßen, Klaus Kelle

  2. Arne Bruhn Antworten

    Guten Tag!
    Ich kann mit einer Kirche nichts anfangen, die sich auf Jesus beruft und das Gegenteil tut. Dazu drei Beispiele:
    1. Kardinal Marx schließt das Studenten-Johannes-Kolleg – die Martktmieten sind dort höher.
    2. Bischof Trelle /Hildesheim verbaut im Dom 42 Mio, gibt für das Domschatzmuseum (sein Goldenes Kalb) 10 Mio aus, für das Kinderheim Henneckenrode aber kann er keine 2,2 Mio. (angeblich benötigt) auftreiben.
    3. ERZbischof Heße in Hamburg läßt durch die Konzernfiliale ‚Caritas‘ die Bewohnerinnen des St. Franziskus-Heimes auf Nordstrand deportieren (zwangsweise umsiedeln. Begründung: Das Heim ist ein ZUSCHUSSGESCHÄFT!!!
    Ich kann mir bei aller Anstrengung nicht vorstellen, dass Jesus in dieser Kirche zu finden ist! Christ kann ich auch ohne Kirche sein!

    • Friedrich Albrecht Antworten

      Bei allem Verständnis für Ihre Kritik an manchen Vorgängen in der deutschen, katholischen Kirche sollten Sie jedoch eines bedenken: Christ sein ohne Kirche geht auf Dauer nicht, ist bestenfalls ein frommer Selbstbetrug.

  3. Dieter Krüll Antworten

    Lieber Herr Kelle,
    ich möchte Pfr. Heckmann im Grundsatz zustimmen, obwohl Ihre Kritik in manchen Punkten ihre Berechtigung hat.
    Es gibt keine ideale Kirche, die allen gleichzeitig gefällt. Weiße Krägen der Priester in der Öffentlichkeit kann auch etwas Abweisendes in sich tragen, Hürden, die den Ratsuchenden fern halten.
    Das ZDK hat eine fürchterlichen Namen und produziert auch Mist. Wer die Kämpfe um die Posten im Vorfeld der Wahlen zum ZDK unter den katholischen Organisationen kennt, kann sich nur schütteln. Hier sind die Modernisten jeglicher Sondermeinung überaus eifrig und daher erfolgreich.

    Allerdings: Eine Beteiligung der Laien in der katholischen Kirche ist sehr wohl wichtig. Es kann nicht sein, dass der Papst und die Bischöfe die Glaubensmeinung und Glaubensanwendung (oder besser Anwendung der rein kirchenpolitischen Gesetze) erst durch Umfragen erfahren, die theologisch so unlesbar und komplex formuliert sind, das dies ein Laie niemals verstehen kann.
    Für mich ist wichtig der suchende und leidende Mensch/Gläubige, dessen Probleme und Schwierigkeiten von der Kirche Jesu „in caritate“ gelöst werden sollten ohne die Lehre Jesu zu verlassen. Dabei sein Fähnchen in den Wind derer zu stellen, die weniger glauben als Freude an der Beschädigung der Kirche haben, ist dabei nicht meine Sache, ganz im Gegenteil.

    Dieter Krüll, Neuss

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