
GASTSPIEL MARTIN EBERTS: Buona sera, Papa Francisco!
Einen würdigeren Abschied hätte man sich nicht denken können: Aus dem Krankenhaus kam er noch zurück in seine Wohnung im Domus Sanctae Marthae; trotz der Krankheit zum Tode, die ihn bereits gezeichnet hatte. Kein Sterben zwischen Apparaten und Medizinern, sondern daheim. Seine letzte Amtshandlung war es, den Ostersegen Urbi et Orbi zu erteilen, schon gezeichnet und schwach, aber präsent und seiner Mission treu. Schöner kann es am Ende für einen Papst nicht sein.
In seiner Autobiographie mit dem programmatischen Titel „Hoffe“, die Anfang dieses Jahres auch auf Deutsch erschien, schrieb Franziskus bescheiden, kaum noch als Pontifex, wieder einfach als Jorge Mario, von seinem letzten Wunsch: Gott möge ihm gewähren, am Ende nicht zu sehr zu leiden, der Herr wisse ja, dass er „nicht sehr tapfer“ sei, wenn es um körperliche Schmerzen geht. Auch diesen Wunsch hat ihm der Allmächtige erfüllt. Er war wieder sehr gut zu seinem Diener.
Natürlich ein Reformer
Viel wird nun geschrieben über Franziskus’ Pontifikat; es stand immer ein wenig im Schatten seiner beiden epochalen Vorgänger. Und es stand im grellen Licht aufgeregter Medien, die immer und immer wieder irgendetwas auf ihn und sein Wirken projizierten. Die Rolle als mutmaßlicher „Reformer“ wurde ihm mit aller Gewalt übergestülpt. Natürlich wollte er auch vieles reformieren, so wie noch jeder neue Papst. Und er hat es auch getan; aber oft nicht im Sinne der Erwartungen von außen.
Manchmal ließ er sich mitreißen von echter oder gespielter Begeisterung in seinem Umfeld: War es zum Beispiel wirklich nötig, für eine letztlich marginale Region wie Amazonien, in der quasi nur eine Handvoll Katholiken lebt, eine eigene Synode in Rom einzuberufen? Auch der übermäßige – und nicht immer konstruktive – Einfluss seiner Mitbrüder im Jesuitenorden wurde zu Recht mehrfach kritisiert. Aber wenn Franziskus merkte, dass man ihn instrumentalisieren wollte, dann wusste er gegenzusteuern und einen falschen Eindruck auch öffentlich zu korrigieren.
Pro-Life-Pope
So waren letztlich auch die Initiatoren jener Synode enttäuscht davon, dass der Pontifex Maximus für sie die Lehre der Kirche nicht ändern mochte. Und nicht den geringsten Zweifel ließ Franziskus jemals an seinem klaren Bekenntnis für das Leben; allen Abwieglern und Relativierern die Stirn bietend und mit voller Autorität des Lehramtes trat er stets für die Schwachen in der Welt ein, und ganz gewiss auch für die Schwächsten unter ihnen, die Ungeborenen, sehr zum Ärger vieler Progressisten.
Hirte mit Stallgeruch
Eine umfassende Würdigung seines Pontifikates und seiner langfristigen Wirkungen wird noch Zeit brauchen. Aber was für ihn in jedem Fall als typisch in Erinnerung bleiben wird, das ist seine unbefangene Art und seine Zugewandtheit, seine Rede vom Geruch der Schafe, den der gute Hirte mitbringen müsse, um ihr Vertrauen zu verdienen. Es war ihm egal, ob das manchmal Spott auslöste, oder ob seine oft spontanen, gar sorglosen Formulierungen zu Versuchen führten, ihn für politische Agenden einzufangen. Am Ende blieb er sich und seinem Amt als Nachfolger Petri immer treu.
Die Crux mit den Deutschen
Zur Kirche in Deutschland blieb Franziskus’ Verhältnis problematisch. Den kaum verhüllten Ungehorsam aus den Reihen der Bischofskonferenz nahm er mit wahrhaft bewundernswerter Ruhe hin. Keine stoische Ruhe war das, sondern die der christlichen, brüderlichen Nächstenliebe. Das wurde leider von den Betreibern politischer Programme im Rahmen des „synodalen Wegs“ kaum gewürdigt. Franziskus mag das als typisch deutsche, romkritische Obsession verstanden haben, aber in Kenntnis der abnehmenden Bedeutung der Kirche in Deutschland betrachtete er es mit Geduld. Er hat jedenfalls nie versucht, den gordischen Knoten dieser kindischen Widerständigkeit einfach durchzuhauen.
Maria Knotenlöserin
Apropos Knoten. Der junge Priester Jorge Mario Bergoglio kannte Deutschland von einem Studienbesuch in der Achtziger Jahren. Dabei hat er wohl das berühmte Marienbild „Maria Knotenlöserin“ in der Kirche St. Peter am Perlach in Augsburg gesehen; er soll sogar eine Kopie mit nach Hause genommen haben. Franziskus’ intensive Marienfrömmigkeit ist unbestritten, und sie dürfte jenen selbsternannten Modernisten, die ihn immer für sich einspannen wollten, ein arger Dorn im Auge gewesen sein. In jedem Fall ist dieses Bild der Muttergottes, die mit himmlischer Geduld und überirdischer Intuition unlösbare Knoten löst, wie gemacht für Papst Franziskus. Und wie viele hoffnungslos scheinende Verknotungen und Verdrehungen musste er in seinem Pontifikat lösen!
Die Fürbitte zur Muttergottes war für Franziskus eine Konstante seines Lebens, eine unerschöpfliche Quelle der Zuversicht und des Trostes. Und deshalb hat er auch bestimmt, nicht im Petersdom, sondern in jener anderen großen Papstbasilika im Rom beigesetzt zu werden, der Marien-Kirche Santa Maria Maggiore. In seiner erwähnten Autobiographie schreibt er, der Vatikan sei der Ort seines letzten Dienstes gewesen, nicht seine ewige Wohnung.
Demut und Hoffnung
Demütig war der erste Auftritt Jorge Mario Bergoglios als Papst; sein einfacher Abendgruß „Buona sera“ an die begeisterten Gläubigen auf dem Petersplatz ist in Erinnerung. Und demütig ist es auch von ihm, und nicht etwa ein Akt der Distanzierung von den Ruhestätten seiner Vorgänger, dass er seine letzte Ruhestätte nicht im Petersdom sucht – und ein Zeichen seiner großen Liebe zur Gottesmutter Maria.
R.I.P.
Das von Papst Franziskus ausgerufene Heilige Jahr der Hoffnung dauert an. Es ist in gewisser Weise sein schönstes Vermächtnis; nutzen wir es und lesen wir nach, was der Papst damit bewirken wollte, denn das wäre die schönste Art ihn zu ehren und seinem Pontifikat Reverenz zu erweisen! (Vgl. die Eröffnungsbulle „Spes non confundit“: https://www.vatican.va/content/francesco/de/bulls/documents/20240509_spes-non-confundit_bolla-giubileo2025.html ). Die christliche Hoffnung gründet in der Auferstehung Jesu Christi, die wir in dieser österlichen Zeit feiern. Es ist ganz im Sinne des heimgegangenen Papstes, das Heilige Jahr in diesem Sinne weiter zu begehen.
„So waren letztlich auch die Initiatoren jener Synode enttäuscht davon, dass der Pontifex Maximus für sie die Lehre der Kirche nicht ändern mochte.“
Kein Papst kann die Lehre der Kirche ändern. Die einzige Aufgabe des Pontifex ist es die Lehre, prägnant im Credo zusammengefasst, zu verkünden und die Schafe zu weiden. Dazu bedarf es die unerschütterliche Liebe zum Herrn, eindrucksvoll in dem Gespräch Jesu mit Petrus am Kohlenfeuer nach seiner Auferstehung aufgezeigt. „Liebst Du mich mehr als diese?“
Wir haben die Gewissheit, dass die Kirche des Herrn, nämlich seine Kirche, nicht von den Toren der Hölle überwunden wird. Der Papst hat das persönliche Gericht vor den Augen des Allmächtigen nun hinter sich. Wir haben es noch vor uns. Wir alle stehen als Bettler vor dem höchsten Richter, ohne Ausflüchte und im reinen Licht der Wahrheit. Möge Gott unserem Papst ein barmherziger Richter sein.
Ihren Worten kann ich mich nur anschließen!
Papst Franziskus hat Maßstäbe gesetzt.
Nicht nur in kleinen Äußerlichkeiten wie den roten Schuhen, dem Hermelin, dem Prunk und teilweise Protz, den alle seine Vorgänger gern annahmen. Das alles lehnte er ab.
Er lebte, aß und schlief nicht in seinen noblen Gemächern, sondern zog ins Gästehaus des Vatikans, aß das, was alle dort aßen und schlief in einem einfachen Zimmer.
Er fuhr – zeitweise selbst – in einem kleinen, einfachen Fiat durch die Gegend, ohne große Blaulichteskorten und sonstigen „Staatsschnickschnack“, den die Großen der Welt allesamt so sehr schätzen.
Er baute Unterkünfte für Obdachlose im Vatikan, Duschen, richtete einen „Friseursalon“ für sie ein.
Er war ein Papst „zum Anfassen“. Aber er konnte auch anders, wenn ihn eine zu inbrünstige Gläubig*/-/:/_/•/In an der Hand riß und ihm offenbar wehtat. Da konnte der Papst auch schon mal verärgert zuschlagen.
Auch, wenn er nicht alles geschafft hat, was er sich vorgenommen hatte und doch an vielen innerkirchlichen Intrigen gescheitert ist:
Dieser Papst hat Maßstäbe gesetzt. In jeder Hinsicht.
Selbst im Tod wollte er keinen „Pomp and Circumstances“. Ein schlichter Holzsarg. Kein Grab im Petersdom.
Gerade diese ihm innewohnende Bescheidenheit und Demut waren seine Größe.
Es ist zu hoffen, daß die katholische Kirche katholische Kirche bleibt und nicht den „synodalen Weg“ einschlägt, auch nicht den Weg der protestantischen Kirche.
Es ist zu hoffen, daß sein Nachfolger nicht aus München kommt und die Bätzings dieser Welt nicht zum Maß der Dinge macht.
Auch, wenn viele „Fachleute“ und „Vatikanexperten“ kaum ein gutes Haar an ihm lassen:
Selbst die letzten Stunden seines Lebens hat er sich gegen den Rat der Ärzte nicht etwa geschont, sondern mit 88 Jahren alles gegeben, um seinen letzten Ostersegen persönlich zu erteilen.
Danke, für Alles, Heiliger Vater.