In Bad Salzuflen ist was los: Der Stadtrat will morgen die Wahl der AfD-Vizebürgermeisterin rückgängig machen
Zugegeben, es kommt nicht oft vor, dass ich schon morgens früh mit WhatsApp-Nachrichten – sogar aus dem europäischen Ausland – überflutet werde, in denen Freunde von mir wissen wollen, was denn da in meiner Heimatstadt los ist. Denn Bad Salzuflen ist in aller Munde, seit der Stadtrat in der vergangenen Woche versehentlich eine AfD-Frau zur stellvertretenden Bürgermeisterin wählte. Das war natürlich anders geplant, aber drei Stadträte anderer Fraktionen – die Grünen werden es nicht gewesen sein – stimmten für Sabine Reinknecht, und jetzt ist sie nun mal da, weil auch noch andere Ratsmitglieder aus irrigen Gründen mit Nein oder Enthaltung stimmten.
Sie werde ihr Amt verantwortungsvoll ausüben versicherte Frau Reinknecht nach der überraschenden Wahl, aber daraus wird wohl nichts. Denn morgen kommt der Stadtrat erneut zusammen, und dann wird über die Abwahl der AfD-Kommunalpolitikerin entschieden.
Da aber genau fangen die Probleme an
Wahlen mit unerwartetem Ausgang rückgängig zu machen – das sollte in einem demokratischen Rechtsstaat nicht einfach so durchlaufen.
Wir haben das damals nach der unerwarteten Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten von Thüringen erlebt, wo eine Bundeskanzlerin aus Südafrika verfügte, dessen Wahl müsse umgehend „rückgängig“ gemacht werden, weil er seine Mehrheit nur mit den Stimmen der Höcke-AfD geschafft habe. Und, wie das dann so war bei Frau Merkel, alle machen mit, alle machen rückgängig.
Für mich war das damals eine der schwärzesten Stunden der deutschen Demokratie seit 1949. Die Wahl in Thüringen war rechtsgültig und ist formal einwandfrei zustande gekommen. Weil einem das Ergebnis nicht gefällt, wird neu gewählt? Ernsthaft?
Bad Salzuflen ist ein liebenswertes Städtchen, in dem ich die ersten 25 Jahre meines Lebens gut und gerne verbracht habe. Tatsächlich wurde ich 1979 unmittelbar nach dem Abitur in den Stadtrat gewählt auf dem Ticket der CDU. Ich war damals 19 Jahre jung und damit der jüngste Stadtrat in ganz Nordrhein-Westfalen, was mir eine ganze Seite in der „Lippischen Landeszeitung“ und sogar eine Würdigung in der BILD einbrachte, die allerdings meinen Namen falsch schrieb. Schwamm drüber!
Damals gab es im Stadtrat nur drei Parteien: die CDU, die mit Kurt Dröge den Bürgermeister stellte, die SPD und die FDP. Beim Schnittchen-Essen nach einer Ratssitzung sprach mich mal der SPD-Fraktionschef an und versicherte mir, dass ich ja ein netter Kerl sei, aber dass ihn störe, dass ich nicht im Anzug, sondern in Jeans und ohne Krawatte zu den Ratssitzungen erscheine. Gute alte Zeit, oder?
Heute ist die Situation in Bad Salzuflen, sagen wir, unübersichtlich, denn der Wähler hat sich für bunte Vielfalt entschieden
Dem Rat der Stadt gehören heute neben CDU, SPD, Grüne und – Achtung, festhalten! – der FDP, auch die AfD, die Freien Wähler und die USD an, eine Abspaltung der CDU, die auf respektable 5,07 Prozent kam. Bürgermeister ist Dirk Tolkemitt, den ich noch aus der Jungen Union (JU) kenne, und der im Rathaus einen guten Job macht, was ihm bei der jüngsten Bürgermeisterwahl fast 75 Prozent der Stimmen einbrachte. Hat er verdient. finde ich.
Aber Tolkemitt ist auch sauer über die Entscheidung für eine Vizebürgermeisterin von der AfD, und das völlig zurecht
Denn die „Lippische Landeszeitung“ hat mal recherchiert, was denn diese Frau Reinknecht so von sich gibt. Und da findet sich – oder fand, weil sie es inzwischen auf Facebook gelöscht hat, – all das, was alle anderen Parteien in Deutschland davon abhält, mit der AfD zusammenarbeiten.
Kostprobe? Die „Lippische Landeszeitung“ fand ein sogenanntes „Reposting“ von ihr, wo sie unter dem Foto eines dunkelhäutigen Mannes von „eingewanderten ,Zuchtbullen’“ zu lesen war. Und ein Foto von ihr mit Björn Höcke darf auch nicht fehlen. Aber die Frage ist nicht nur, warum die AfD diese Frau nach vorne stellt, die so drauf ist wie Frau Reinknecht offenbar, sondern auch, ob die Salzufler Senioren demnächst bei den Weihnachtsfeiern in allen Ortsteilen bei Kerzenlicht und Butterkuchen die Festansprache ausgerechnet von ihr hören wollen.
57 Mitgliedern des Stadtrates haben den Abwahlantrag gegen die Vizebürgermeisterin von der AfD unterschrieben. 48 Stimmen reichen zur Abwahl, das dürfte morgen glatt durchgehen. Aber ist dann alles gut? Nein, ist es nicht. Wenn jemand gewählt wird durch „Denkzettel“-Verteilen, Unaufmerksamkeit oder gar Doofheit Einzelner, dann ist diese Kandidatin dennoch demokratisch gewählt worden.



Im Wetteraukreis gab es im Herbst 2019 die Abwahl eines einstimmig (!) gewählten Ortsvorstehers. Bei der Wahl fehlten 2 Wahlberechtigte, trotzdem war die Wahl rechtmäßig durchgeführt worden. Auch hier war der Gewählte nach Ansicht von Landes- und Bundespolitikern von der FALSCHEN Partei, obschon der Mann über Jahrzehnte in den örtlichen Vereinen bestens vernetzt und beliebt war. Es gab solange Saures von oben, bis er abgewählt wurde und alles in der Versenkung verschwand.
Wird wohl langsam zur Tradition,nicht genehme Wahlergebnisse wieder rückgängig zu machen. Da wird man als gebürtiger DDR- Bürger ja direkt nostalgisch,wenn man sich das konsequente ignorieren des Wählerwillens durch irgendwelche Listenplatzgeilen Parteihengst ‚inninnen(nein,kein Schreibfehler) so anschaut. Und das ganze auf kommunaler Ebene passiert,zeigt nur dass solche Vorgehensweisen mittlerweile auch in den Gemeinden normal sind. Der Rückendeckung durch ihre jeweiligen höheren Parteikader dürfen sich die Abwähler gewiss sein,von denen wird kein böses Wort kommen. Höchstens der Punkt der 3 unbekannten Abweichler wird in internen Scherbengerichten geklärt werden. War leider auch schön blöd von der AfD,eine solche Person ins Rennen zu schicken und nicht vorher wenigstens die social Media- Profile zu checken. Diese Form von Hausaufgaben sollte man im heutigen Deutschland mindestens gemacht haben. Auch so ein Punkt,der mich an vergangene Zeiten erinnert. Von unserem Haus aus konnte ich früher die Grenze sehen,bis ’89 sind dort auf Geheiß der SED Flüchtlinge erschossen worden. Die heutigen Rechtsnachfolger,auch bekannt als Linke,hat sich von den Verbrechen der SED nie distanziert. Und wird das auch nie tun. Und erklärt regelmäßig,die freiheitlich- demokratische Grundordnung zugunsten des Sozialismus abschaffen zu wollen. Und die Altparteien halten diese Klientel für Koalitionswürdig.
Na denn man tau…
Mir kommt unwillkürlich das gerade heute erst verlautbarte Credo Lars Klingbeils in den Sinn, das da – zumindest sinngemäß – lautete: „Man muss MIT mit China reden, nicht ÜBER China reden“. Verdammt klug, der Mann. Aber… warum sollte dies nur im Zusammenhang mit einem problematischen Wirtschaftspartner in Fernost möglich sein, nicht aber mit einem politischen Mitbewerber? Diese (Un-) Logik mag sich mir irgendwie nicht erschließen. – Klingbeil trat die Reise quasi als Ersatz, sorry, in Vertretung Minister Wadephuls an, der sich im Vorfeld zu seinem geplanten Besuch von chinesischer Seite offenbar nicht mit dem nötigen Respekt wahrgenommen fühlte (von Wadephul erwünschte Gespräche mit bestimmten chinesischen Gesprächspartnern wurden ihm nicht zugestanden). Stattdessen darf nun Lars Klingbeil eine besonders weite und hochinteressante Dienstreise machen. – Au weh, hoffentlich geht mit seinen Flügen alles klar…