Und jetzt ist das einfach so vorbei? Ohne Konsequenzen? Niemals….

Wenn früher Bundeskanzlerin Angela Merkel einem Mitglied ihres Kabinetts versicherte, dass sie mit seiner Arbeit zufrieden sei und sie auch zukünfig mit ihm oder ihr plane, dann war höchste Vorsicht geboten. Denn oft war das ein sicheres Zeichen, dass da demnächst eine politische Karriere beendet wird.

Daran musste ich heute Morgen denken, als Kreml-Sprecher Dmitri Peskow über die russischen Nachrichtenagentur Interfax verkündete, Wagner-Chef Jewgenij Prigoschin sei nach Belarus ausgereist, er werde für den gestrigen bewaffneten Aufruhr und Marsch in Richtung Moskau mit seinen Kämpfern nicht strafrechtlich verfolgt. Und dann wörtlich: «Prigoschin hat das Wort des Präsidenten.»

Wenn ich der Wagner-Chef wäre und säße heute Morgen in Minsk beim Frühstück, würde ich mich am Kaffee verschlucken und husten.

Wir alle wissen nicht, was der – im Nachhinein – Zwergenaufstand gestern sollte. Ich habe nicht eine Sekunde daran geglaubt, dass Prigoschenko mit seinen Leute einfach so nach Moskau fahren, Putins Sicherheitsleute und Armee über den Haufen schießen und dann die Macht im Kreml übernehmen könnte.

Aber lustig dürfte Putin die Aktion gestern nicht gefunden haben. Am Vormittag sprach er über die Wagner-Leute  als „Verräter“,  die zur Rechenschaft zu ziehen seien. Und dann sind sie plötzlich alle wieder Freunde?

Wäre ich Prigoschin, ich wäre zukünftig vorsichtig, bevor ich scharzen Tee serviert bekomme im Exil von Belarus. Und in oberen Etagen – unbedingt aufpassen und nicht zu nahe ans Fenster treten…

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Dieser Artikel wurde 14 mal kommentiert

  1. Achim Koester Antworten

    Da kann ich Ihnen, lieber Herr Kelle, nur zustimmen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir von Prigoschin in nächster Zukunft noch hören werden, sicherlich im Zusammenhang mit seinem „mysteriösen“ Tod.
    „Vertrau mir“ sprach die Schlange zum Kaninchen.

  2. Günther M. Antworten

    Regime-change-Träume notorischer Putin Hasser, die ständig Probleme beim Nachdenken haben, geplatzt?

  3. Gerriet Kohls Antworten

    Ukraine Putsch Wagner

    Moskau läßt die Putschisten also laufen? Und wohin? Auf angebliches Betreiben Lukaschenkos nach Weißrussland. Dahin also, wo u.a. in den vergangenen Monaten sogar russische Atomwaffen aufgestellt worden sind.
    Haben sich die Gazetten doch überschlagen mit der freudigen Meldung, dass (endlich) der Krieg gegen Putin Wirkung zeigt. Tut er das wirklich? Ich empfehle dem Geneigten, das Buch „Die 36 Strategeme der Krise“ von Christian Rieck zu lesen.
    Zu viele Journalisten scheinen sich ihre kindliche Neigung, nämlich sich nur zu gerne in die Welt der Illusionen des Magiers und Zauberers im Zirkuszelt entführen zu lassen, bewahrt zu haben.
    Vieles deutet hingegen darauf hin, dass der Kreml sich vorgenommen hat, die aus seiner Sicht faschistischen Teile der Ukraine jetzt so richtig zu grillen. Die, die gemeint sind, werden es wissen. Dazu gehört auch ein großmäuliger Kriegstreiber, der nun als ukrainischer Botschafter für Brasilien ernannt worden ist. Ob in diesem Zusammenhang ein BRICS-Staat ein geeignetes Land für die Demissionierung und ein Exil ist, scheint fraglich. Aber vielleicht findet sich der Herr samt Anhang auch eines Tages in den abgeschiedenen Weiten Arizonas wieder.
    Interessant wäre es zu erfahren, wessen Familienmitglieder zudem schon im Ausland sind und wer von den ukrainischen „Entscheidungsträgern“ und Kriegsverbrechern gerade dabei ist, sich selbst in Sicherheit zu bringen, denn einen Zweifrontenkrieg wird die Ukraine nicht lange durchhalten. In der Zeit nach diesem Krieg dürften hunderte von russischen Festnahme- und Auslieferungsersuchen auch die deutsche Justiz erreichen. Die BRICS-Staaten dürften dabei kooperativ sein. Die weltweite Reisefreiheit könnte dann auch für manchen deutschen Politiker enden. Das käme dann allerdings dem angeblichen Klimaschutz und der politischen Hygiene Deutschlands zu Gute.

    Übrigens:
    Ich bin auf dieser Straße „nach Moskau“ schon gefahren. Da ist über weite Strecken nichts. Nur die Straße, nur die flache Landschaft, keine Stadt, kein Dorf noch nicht einmal eine Tankstelle.
    Eine einzige russische Bomberstaffel wäre in der Lage gewesen, diesen Zug im offenen Gelände von der Straße zu fegen. Die „Wagners“ hätten noch nicht einmal die Gelegenheit gehabt, sich irgendwo zu verstecken. Die „Gefahr“ war für den Kreml ziemlich übersichtlich.

    • Günther M. Antworten

      news ORF.at – 25. Juni 2023
      Beim Aufstand der Wagner-Söldner sind nach Angaben prorussischer Militärblogs mehrere Piloten der russischen Luftstreitkräfte ums Leben gekommen.
      Die Angaben zur Zahl der Todesopfer schwankten zwischen 13 und mehr als 20 Soldaten, wie das unabhängige Internetportal Currenttime berichtete.
      Insgesamt seien von der Privatarmee des Geschäftsmannes Jewgeni Prigoschin sechs Hubschrauber und ein Aufklärungsflugzeug abgeschossen worden.
      Alle Crewmitglieder seien ums Leben gekommen.
      Die Verluste der Luftstreitkräfte seien damit höher als während der ukrainischen Gegenoffensive an der Front.
      ???

  4. H.K. Antworten

    Alles merkwürdig.

    Nun geht also der nette Herr Prigoschin, der aus lauter Rücksicht „kein russisches Blut vergießen“ wollte, genau DA hin, wo der mindestens genauso nette Herr Putin einen Teil seiner Atomwaffen stationiert hat.

    Und der fast ebenso nette Herr Lukaschenko hat diese russischen Atomwaffen gerne in seinem Land aufgenommen.

    Jetzt nimmt er netterweise den netten Herrn Prigoschin, der ja gegen den netten Herrn Putin gen Moskau geritten war, ebenso in sein Land auf.

    Zusammen mit ca. 25.000 Mördern, Vergewaltigern, Folterknechten, Totschlägern, Vorschlaghammerschwingern, genannt „Wagner-Truppe“.

    Als kleiner, kindlich und naiv denkender Militär-Laie denke ich nun mal ins Blaue:

    Wenn der nette Herr Prigoschin in seinem neuen Domizil ( „Asyl“ kann man ja nicht wirklich sagen, aber vielleicht „Exil“ ? ) sich nun erst einmal etwas beruhigt und von den Strapazen des Ukrainekrieges erholt hat, seine Reihen aufgefüllt, vielleicht deutlich verstärkt, und dann – plötzlich und unerwartet – die in Belarus stationierten Atomwaffen ( oder welche, die beim Zusammenbruch der Sowjetunion „verschwunden“ waren ) gewissermaßen „an sich bringt“, selbstverständlich GEGEN den Willen und keineswegs mit irgendeiner „Billigung“ der netten Herren Putin und Lukaschenko, und davon sagen wir einen oder zwei A-Sprengköpfe in der Ukraine einschlagen lässt ( selbstverständlich bei für Rußland „günstigen“ Wetter- und Wind-verhältnissen ):

    WEN sollten die bösen Amerikaner oder die mindestens genauso böse NATO dafür „bestrafen“ ?

    Rußland ?

    Hat damit „nichts zu tun“.

    Belarus ?

    Hat „damit nichts zu tun“.

    Herrn Prigoschin ? DEN und seine „Wagner-Truppe“ mit einem atomaren Vergeltungsschlag „bestrafen“ ? Auf WELCHEM Territorium ??

    Ich frag‘ ja nur mal – „für nen Freund“ …

  5. Günther M. Antworten

    Nicht über Bande gespielt – sondern etwas Profanes …
    Der Vertrag des russischen Verteidigungsministeriums mit der Fa. Wagner war Ende Mai beendet und ist wohl nicht verlängert worden, aber Prigoschin hat den Sold für 25.000 Söldner zu bezahlen?

  6. Gerd_ Rau Antworten

    Das soll ein Putsch gewesen sein? Und Putin lässt einen, der gegen Ihn geputscht hat nach Weissrussland ziehen? Das glaubt doch kein Mensch! Ich glaube nicht das Prigoschin bald tot ist, wenn er Putin so geärgert hätte, wäre er das schon lange. Da steckt ganz anderes Kalkül dahinter, mal sehen was passiert.

  7. GJ Antworten

    Die ganze Aktion sowie die veröffentlichte, erstaunlich schnelle, geradezu harmonische Einigung gibt diverse Rätsel auf. Als wäre ein schräges Hollywood-Drehbuch nachgespielt worden. Ich bezweifle, daß hierzu jemals die Wahrheit rauskommt. Wer da jetzt meint, das alles eindeutig bewerten zu können, ist für mich unseriös. Eine Lebensversicherung würde ich Herrn P. nicht verkaufen. Fensterputzen im 5. Stock oder so sollte er in seinem Leben nicht mehr. Er ist aber wohl ohnehin nicht der Hausmanntyp. Aber es soll auch allerlei ungesunde Nahrungsergänzungsmittel geben. Treppen und Verkehrsmittel sind auch nicht ohne. Hört man ja immer wieder, daß Bremse mit Gas verwechselt wird.

  8. Angelika Antworten

    Natürlich agiert Putin äußert brutal. Aber er ist kein verrückter Diktator. (Sein Angriff gegen die Ukraine war allerdings nicht schlau.)
    Ich würde sein Herrschaftssystem mit dem mittelalterlichen Feudalwesen vergleichen: Putin übergibt Leuten, denen er vertraut, ein Lehen. Mit dem können sie sich bereichern. Aber er verlangt Loyalität. Sind sie das nicht mehr, entzieht er ihnen das Lehen.
    Dass Putin einen Deal mit Prigoschin gemacht hat, zeigt wie kühl kalkulierend er ist.
    Ob und wann Putin Prigoschin beseitigt, weiß ich nicht. Ich halte alle Optionen für möglich.

    • .TS. Antworten

      „Sein Angriff gegen die Ukraine war allerdings nicht schlau“

      Aus unserer Sichtweise. Aber schon damals wußte man, so wie heute bei diesem seltsamen Schauspiel, nicht was man in Moskau weiß. Oder zu wissen glaubt bzw. glauben soll..

      Von daher sollte man mit finalen Urteilen über das Geschehen vorsichtig sein.

  9. Angelika Antworten

    Ich glaube dieser gescheiterte „Protestmarsch“ wird schnell vergessen sein. Entscheidend ist, ob es die Ukraine schafft zum Asowschen Meer durchzustoßen oder nicht.
    Wenn es der Ukraine gelingt, würde ich die Reaktion Russlands als unberechenbar einschätzen. Hält die russische Verteidigungslinie, haben wir Ende des Jahres einen Waffenstillstand.

    • Günther M. Antworten

      27.06.2023 – Ukrinform (Multimedia-Plattform fremdsprachlicher Sendungen der Ukraine)
      „Die ukrainische Armee hat vom 24. Februar 2022 bis 27. Juni 2023 etwa 226.170 russische Soldaten getötet.
      In den letzten 24 Stunden wurden 590 Russen liquidiert, teilte der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte auf seiner Facebook-Seite mit.“
      > Für’s Protokoll:
      – Auf jeden „gefallenen“ Soldaten kommen 2-4 Verwundete.
      – Die Russen haben drei Verteidigungslinien, die Ukrainer stecken vor der ersten fest.
      – Bekanntlich haben Dyskalkuliker mit Zahlen oberhalb 100 Schwierigkeiten.

      * Und_Otto v. Bismarck hat seinerzeit das „Wort zum Sonntag“ hierzu gesagt.

    • Günther M. Antworten

      Die zweite Seite der Medaille vom 27.06.2023…
      > R u s s i s c h e s Verteidigungsministerium:
      „In den vergangenen 24 Std hat die ukrainische Armee an den Frontabschnitten…
      – Cherson – bis zu 30
      – Saporoschje – bis zu 115
      – Süd – bis zu 325
      – West – mehr als 30
      – Wremewka-Bogen – drei Offensiven abgewehrt (ohne weitere Angaben)
      – Zentrum – mehr als 100
      …Soldaten verloren.“
      *Addieren, staunen und_Otto v. Bismarcks Lebensweisheit beherzigen!

  10. renz Antworten

    Weißrussland: Jedes andere Land wäre geeigneter, um unterzutauchen. Nicht mal zu Fuß kommt man da weg. Die Grenze nach Westen ist dicht. Guter solider NATO Stacheldraht verhindert jede Migration. Ansonsten Ukraine und Russland. Ohne Hubschrauber geht da gar nichts. Und die Stinger hat schon in Afghanistan bewiesen, dass sie game-changer beim Einsatz von Hubschraubern ist. Das ist wie warten auf den Tod im Hausarrest. Allerdings: sollte er in den Westen gelangen dann überlebt er noch viele Jahre, und Putin kann ihn mal. Er sitzt dann nämlich im Knast wegen Kriegsverbrechen. Tja wo wird er bleiben wollen?

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