Von der totalen Ohnmacht am Hudson River
Wäre das nicht schön? Eine Weltorganisation, die Willen und genug Kraft hat, Frieden und Menschenrechte global durchzusetzen? Unterstützt von den großen, reichen und militärisch starken Nationen? Alle Menschen werden Brüder, sozusagen? Die Vollversammlung der Vereinten Nationen (UN) heute hat eindrucksvoll dokumentiert, wie weit entfernt die Menschheit von diesem Zustand der Vernunft wirklich ist. Lippenbekenntnisse von allen Seiten, nichts Konkretes. Obama und Putin unversöhnlich, ein gemeinsames Vorgehen zur Bekämpfung des IS, ja zur Befriedung des Nahen Ostens insgesamt, ist nirgendwo in Aussicht. Es ist ernüchternd zu sehen, dass es das große gemeinsame Ziel der Weltgemeinschaft nicht gibt. Der IS wird weiter köpfen, Assad wird weiter Fassbomben auf Zivilisten abwerfen lassen, und Millionen Menschen werden sich weiter zu Fuß auf die große Reise nach Europa machen. Es ist zum Weinen.
Hallo Herr Kelle, Sie sind ja genauso ein Träumer wie ich.
Es geht niemals um die Befriedung der Welt und ging es auch nie. Es geht stets um Bankkonten, um die Bestimmung über Ressourcen und um Besserwisserei. Religion ist Besserwisserei und alle Einmischungen in den derzeitigen Krisenländern sind motiviert von Gier. Unsere Freunde auf der anderen Seite des großen Teiches sind definitiv die Taktgeber des heutigen Zeitgeschehens.
Heute bin ich mal kurz aufgewacht von meinen Illusionen. Morgen glaube ich wieder an das Gute im Menschen.
Ich mag Dokumentarfilme, welche unsere tierischen Mit-Lebewesen, all die wunderbaren Geschöpfe auf diesem Planeten, zum Thema haben, ganz besonders. Ein Film, der vor vielen Jahren im Fernsehen gesendet wurde, befasste sich mit den Mantelpavianen auf der arabischen Halbinsel. Dass es sich ausgerechnet um eine Primatenart der arabischen Halbinsel handelte, ist dem Naturfilmer geschuldet; keinesfalls will ich dies als ironische Anspielung auf die politische Lage verstanden wissen.
Wenn man diesen Film aufmerksam und mit bewusster Vertiefung in die Verhaltensweisen der Primaten verfolgte, musste sich dem Zuseher der Vergleich mit der Spezies Mensch unweigerlich aufdrängen. Krieg und Frieden, Machtgehabe und Unterwerfung, Machismus und Fürsorge, kurzum, eine Vielzahl, wenn nicht gar die Mehrzahl aller auch bei uns Menschen vorhandener Eigenschaften und Aktionsmuster kamen in diesem Film über Paviane vor. Die erstaunlichen Parallelen haben mich damals ungeheuer beeindruckt. Sie haben meine Sichtweise auf die Probleme in der Welt nachhaltig verändert, ja sie haben mich mit der Welt ein Stück weit versöhnt. In dem Film wurde für mich klar und eindeutig erkennbar, warum es auf Erden so schwierig ist, über längere Zeit in Frieden zu leben und eine möglichst andauernde Harmonisierung unterschiedlicher Interessen zu erreichen. Dabei ist der Mensch eine clevere Spezies, er ist das vielleicht intelligenteste aller Lebewesen, aber ist er auch vernunftbegabt? Nein, das ist er sicher nicht. Zu viele Male hat er es bewiesen. Am besten, wir verabschieden uns von unseren viel zu hoch gesteckten Erwartungen an menschliche Einsichtsfähigkeit und ethischen Progress. Homo sapiens sapiens(?) wird sie doch nie erfüllen können.
Es ist nicht auch damit zu rechnen, dass den Menschen mit dem Tier – besonders dem Primaten – verbindende Eigenschaften und Verhaltensmuster, die vor Hunderttausenden von Jahren angelegt wurden, alsbald der Vergangenheit angehören werden. Keiner von uns wird dies je erleben. Also ist es wohl ratsam, die Menschheit – so wie sie nun mal ist – zu akzeptieren und im persönlichen Umfeld das Bestmögliche daraus zu machen. Mein tröstliches Mantra lautet: wenn alles nicht so sein sollte wie es ist, wäre es gewiss nicht so. Dem zumindest kann nicht widersprochen werden, oder?
Der Mensch ist ein Tierlein und sein Ehrentitel heißt Mensch, wenn er moralisch geworden ist.