Warum ich nach 30 Jahren jetzt aus der CDU austrete

Ich kenne Gerd Stähling seit vielen Jahren, ich glaube, wir haben uns irgendwann entweder bei einem bürgerlich-konservativen Stammtisch in Niedersachsen oder bei einer der Schwarm-Kobferenzen in der Frühzeit in NRW kennengelernt.

Gerd ist konservativ und ein Christ, was nicht zwangsläufig passen muss, aber in diesem Fall passt es genau. Nach mehr als 30 Jahren ist er vorgestern aus der CDU ausgetreten. Es geht einfach nicht mehr für ihn, wie er in einem ausführlichen Brief an seinen Stadtverband begründet. Mit Gerds Erlaubnis zitieren wir hier aus seinem Austrittsschreiben:

„Ich entstamme einem Elternhaus, in dem einst aus ökonomischen Gründen die FDP gewählt wurde. Das habe ich auch so gemacht. Dann entschied ich mich aber sehr bewusst für ein Leben als Christ. Aus ökonomischen Gründen hielt ich dann die FDP immer noch für die bessere Wahl. Doch mein neues Leben als bewusster Christ hat es mir unmöglich gemacht, noch weiterhin eine Partei zu wählen, die offen für eine weitere Liberalisierung und Akzeptanz von Kindesabtreibungen eintritt. Da hatte dann für mich der Lebensschutz die höhere Priorität gegenüber der Ökonomie.“

„Später gab es dann einige Jahre, in denen die Parteien Republikaner und DVU politische Bedeutung bekamen und bei Wahlen beachtenswerte Erfolge erzielten. Ich habe mich politisch immer mit recht konservativen und rechten Standpunkten am politischen Diskurs meines sozialen Umfeldes beteiligt. Dabei wurde es mir nun sehr wichtig, dass ich zu den Republikanern und der DVU unterscheidbar blieb und ich einer politischen Heimat zu verorten bin. Das war für mich dann der letztendliche Grund, warum ich vor über 30 Jahren Mitglied der CDU wurde.“

„Die Politik der CDU hat sich in den Jahren seit der Kanzlerschaft von Angela Merkel bis zur Unkenntlichkeit verwandelt. Sehr viele ihrer politischen Entscheidungen konnte ich nicht akzeptieren, habe sie aber toleriert und bin der CDU trotzdem treu geblieben. Dass Friedrich Merz es dann tatsächlich für möglich hielt, Frauke Brosius-Gersdorf zur Richterin am Bundesverfassungsgericht zu wählen, kollidierte dann natürlich eklatant gegen meinen Grund, vor über 30 Jahren der FDP meinen Rücken zuzukehren. Wenn sich auch die Zeiten verändern, gewisse Prinzipien sollte man Zeit seines Lebens nicht aufgeben.“

„Der endgültige Grund, heute meine Mitgliedschaft in der CDU aufzukündigen, liegt in der Haltung des Bundeskanzlers gegenüber Israel. Jedem auch nur halbwegs reflektierten Menschen sollte klar sein, dass der Krieg in Gaza sofort beendet ist, wenn die Hamas ihre Geiseln freilässt und sie die Existenz des Staates Israel anerkennt. Das Leid in Gaza wird zu allererst von der Hamas selbst verursacht.“

Nicht zuletzt kann man die Geschichte, die Gegenwart und die Zukunft Israels nicht ohne die Existenz und das Wirken Gottes betrachten. Wer in der Causa Israel Gott ignoriert, der ist kein Realist. Dass es in 1948 wieder zu der Neugründung des Staates Israel gekommen ist, war für Christen zu erwarten, weil das in unzähligen Textstellen der Bibel vorausgesagt ist. Auch die Zukunft Israels ist absehbar. Die Bibel sagt voraus, dass jede Nation zu Geschlagenen wird, welche sich an Jerusalem und Israel vergreift. Das Christentum ist ohne die Geschichte Israels nicht erklärbar und daher ist meine Haltung zu Israel nicht verhandelbar und meine Prinzipien in dieser Angelegenheit unverrückbar.“

„Mit der Tatsache, dass der Bundeskanzler jetzt Israel die Lieferung von benötigten militärischen Waffen verweigert hat, ist eine Grenze überschritten, die mir eine weitere Mitgliedschaft in der CDU unmöglich macht. Wenn Friedrich Merz solche Entscheidungen im Alleingang und ohne Absprache mit seiner Fraktion durchsetzt, dann ist ihm ganz offensichtlich die Meinung seiner Parteimitglieder völlig gleichgültig. Merz kann nur durch das ihm geliehene Vertrauen seiner Wähler regieren. Nicht Friedrich Merz ist der Souverän der Bundesrepublik Deutschland. Dies ist immer noch das deutsche Volk.“

„Zu guter Letzt befürchte ich, dass auch Friedrich Merz bald Emmanuel Macron folgt und er gemeinsam mit der SPD unter der gegebenen Lage einen Staat Palästina anerkennen wird. Darauf möchte ich nicht warten und daher erkläre ich heute meinen Austritt aus der CDU.
Mit freundlichen Grüßen
Gerd Stähling“

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Dieser Artikel wurde 18 mal kommentiert

  1. Martin Ludwig Antworten

    Ich fasse mit meinen Worten zusammen: Dass Merkel und Merz deutschland verraten und verkauft haben war noch hinzunehmen, der „Verrat“ an Isreal ist jedoch unverzeihlich.
    Ich versteh entweder was falsch, oder der Autor dieser Zeilen hat den Hass auf Deutschland von A. Merkel bewusst oder unbewusst übernommen und mit der Zukunft dieses unseren Landes ohnehin bereits abgeschlossen. Da sollen es doch wenigstens die Juden in „ihrem gelobten Land“ gut haben und selbiges mit deutschen Waffen verteidigen dürfen, während deutschland selbst nichtmehr genug Waffen und Munition hat um auf den Truppenübungsplätzen eine anständige Ausbildung unserer Soldaten vor Ort zu garantieren.
    Im V-Fall hätten wir übrigens Waffen und Munition für ca. 1,5 Tage Verteidigung. Da kann man mal großzügig verteilen, finde ich.
    Unfassbar, ohne Worte, Kopfschütteln bis zur Gehirnerschütterung.

  2. H.K. Antworten

    Und ich hatte angesichts des Titels schon gehofft, auch Klaus Kelle sei nun endlich an dem Punkt angekommen, daß der letzte Tropfen das Faß CDU zum Überlaufen gebracht hätte …

    Im Ernst:

    Glaubt jemand tatsächlich, irgend einer bei der CDU würde den Text komplett lesen und irgend etwas würde dieser Brief verändern ??

    Das Ganze dürfte „abgelegt“ werden nach dem Motto „dafür tritt spätestens übermorgen ein Anderer in die CDU ein“.

    Diese CDU ist da, wo vor einigen Jahren die Democrazia Cristiana war.

    Wer gestern nicht „NIUS“ komplett gesehen hat, schaue doch da noch einmal rein.

    Das ist nicht mehr „meine“ CDU – und sie ist es unter Merz noch deutlich weniger als unter Merkel.

    Ich schrueb es hier letzte Woche und gestern wurde es bei „NIUS“ ausgearbeitet:

    WER oder WAS hat Friedrich Merz so in der Hand, womit ist er erpressbar, daß er all das tut, was er seit der Wahl tut ?

          • Günther M.

            @H.K.
            Lt. einer Antwort mir gegenüber erfolgte der Austritt aus der CDU nach ca. 42 Jahren Mitgliedschaft etwa 2019?
            Herr Ludwig wurde ebenfalls einmal darauf hingewiesen.

            Er müsste als Teilnehmer der Wertunion-Parteigründung am 17. Februar 2024 vorher in diese Partei eingetreten sein, denn zur Gründungsversammlung auf einem Rheinschiff waren nach meinen Informationen lediglich Parteimitglieder eingeladen/zugelassen?

    • Inge H. Antworten

      Ich bin ja meistens mit Ihnen einer Meinung, aber ich glaube, sie interpretieren in Merz bzw. seine Handlungen zuviel hinein. Niemand hat den in der Hand, er überschätzt sich einfach ständig und ist andererseits sehr feige. Die Hauptsache für ihn ist, dass „Bundeskanzler“ an seiner Tür steht, und dafür verrät er alles. Die Handlungen von Leuten haben meist einen sehr einfachen (persönlichen) Hintergrund und vieles liegt im Charakter eines einzelnen. Merz ist kein Kanzler, dafür ist sein Ego zu groß und sein Mut und seine Intelligenz viel zu klein. Er wird der SPD auf den Knien entgegenrutschen, wenn es sein muss.

      • H.K. Antworten

        Zunächst einmal danke für die Blumen !

        Ich gehe mitnichten davon aus, daß ich die Weisheit mit Löffeln gefressen hätte oder mit all meinen – mitunter sehr spekulativen – Ansichten immer richtig liege würde.

        Aber es erstaunt mich schon nachhaltig, wenn z.B. intelligente Menschen wie die „NIUS“-Macher genau diese Annahmen oder Meinungen dann auch vertreten.

        Bei Friedrich Merz bin ich nicht sicher, ob Enttäuschung oder Erstauntsein überwiegen.

        Und bei allem kommt mir immer und immer wieder der Satz von Christian Lindner in seiner letzten Rede im Bundestag in den Sinn:

        „SIE hier vorne: WER sind Sie und WAS haben SIE mit Friedrich Merz gemacht ?!“

        Und: glauben Sie mir: mir wäre NICHTS lieber als wenn Friedrich Merz mit der CDU ein überaus erfolgreicher Kanzler wäre, der dieses Lamd wieder vom Kopf auf die Füße stellt und wieder ans Laufen brächte.

        Leider ist all dem nicht nur nicht so, er tut das GENAUE GEGENTEIL von all seinen Ankündigungen.

        Und daher fühle ich mich als „Wählendes“ geradezu vera…..

        Daher auch meine erste Annahme, Klaus Kelle SELBST sei aus der CDU ausgetreten.

      • Dr. Hildegard Königs-Albrecht Antworten

        Gestern habe ich irgendwo gehört, Merz agiere wie ein CEO nicht wie ein Politiker.
        Das erscheint mir einleuchtend, wenn ich seinen Werdegang betrachte.

        Mitunter frage ich mich auch, ob Angela Merkel frühzeitig erkannt hat, Daß Friedrich Merz zwar große Töne spucken kann aber es bei der Durchführung seiner Projekte hakt.

  3. Johannes Antworten

    Herrn Stähling werden viele folgen – nur halt still.

    Die einsame Entscheidung von Herrn Merz, nicht mehr voll an der Seite Israels zu stehen, markiert einen politischen und wertemäßigen Kippppunkt.

    Hier muss übrigens auch die AfD Doppelspitze aufpassen…

    • H.K. Antworten

      Das ist bei „denen da“ eine Sache, die mich definitiv massiv stört:

      Selbstverständlich haben „die da“ recht mit der Aussage, Waffenlieferungen würden einen Krieg verlängern.

      Aber was wäre die Alternative ?

      Und da wiederum bin ich voll und ganz bei Klaus Kelle:

      Wir KÖNNEN doch nicht ernsthaft zusehen, wie ein Nachbarland, ob nun in der EU oder/ und der NATO oder nicht, brutal überfallen wird und uns dazu noch ein Schälchen Popcorn aus der Küche holen.

      Wenn ich irgendwo unterwegs bin und einer Omma, die ich noch nie im Leben vorher gesehen habe, wird die Handtasche geklaut oder weit Schlimmeres passiert, dann schaue ich auch nicht weg oder wechsle die Straßenseite.

      Selbst als alter ( weis(s)er ? ) Mann, der sich mit den Ganoven nicht mehr anlegen kann oder möchte, ist doch das Mindeste, auf das, was passiert, aufmerksam zu machen, die „bösen Bullen“ zu rufen und mich um die alte Lady zu kümmern – und dabei ist mir schnurzegal, ob es sich um eine weiße, schwarze, lila gestreifte oder dunkelrosa getupfte Dame handelt.

      Aber heutzutage wird man entweder selbst Opfer oder man neigt dazu, plötzlich etwas gaaaanz Wichtiges in einem Schaufenster gesehen zu haben und nichts von dem, was passiert, mitzubekommen.

      „Bloß kein Ärger !“

  4. gerd Antworten

    Wenn es ein konservativer Christ so lange in der Union ausgehalten hat, dürfte er in die Liste der Märtyrer aufgenommen werden. Warum Herr Stähling nicht spätestens 2015 die Reißleine gezogen hat, kann er nicht darlegen, könnte ja sein er ist ein hoffnungsloser Nostalgiker. Er hat alles mitgetragen bzw. toleriert. Er war ein Teil des Problems.

    • Dr. Hildegard Königs-Albrecht Antworten

      Da galt wohl das Sprichwort „Unter den Blinden ist der Einäugige König.“
      Welche Partei sollte Herr Stähling statt der CDU wählen. Es gab ja nur noch die von allen Seiten verfemten Blauen.

  5. Sobiech Christoph Antworten

    Der allergrösste Witz an der Geschichte mit Israel ist das die auf unsere Waffen/Teile überhaupt nicht angewiesen sind wir aber sehr wohl auf ihre.
    Und von Geheimdienstinformationen über anschläge von Islamisten in Deutschland fangen wir am besten gar nicht erst, jedes einzige mal wenn sowas mal wieder gerade so verhindert wurde kam die Information von *befreundeten * Dienst (unsere sind eh unfähige Zitatensammler), welcher das wohl gewesen war?

    • Dr. Hildegard Königs-Albrecht Antworten

      Natürlich der Mossad, der von dem Überfall der Hamas gar nichts gewußt haben soll aber es geschafft hat, in Teheran hochgestellte Militärs in einem Hochsicherheitsbereich zu liquidieren.
      Ich kann es nicht glauben.
      Und ich halte es nach wie vor für unverantwortlich, den Gaza-Krieg weiter zu führen und jetzt sogar Gaza-Stadt zu zerstören. Tausende werden vertrieben. Wohin sollen sie gehen?
      Viele werden getötet werden. Es sind nicht alles Hamas-Leute, es sind Frauen und Kinder. Es sind Menschen, die man zu Hamas-Anhängern macht.

      Es reicht. Es muß ein Ende haben und zwar jetzt.

      • H.K. Antworten

        Kriege, „Spezial-Operationen“ oder wie sonst man diesen Unfug nennen will: Alles, was auch nur so aussieht, müßte verboten und geächtet werden.

        Aber ich fürchte, daß ist genauso eine Fata Morgana wie die Vorstellung, „alle Menschen sind gut“.

        „Si vis pacem para bellum“ …

        Dummerweise sind es immer die Kleinsten, Ältesten, Unbewaffneten, die am meisten zu leiden haben.

        Ob wir jemals daraus lernen und schlau werden ?

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