Was vor 2022 im Donbass wirklich geschah – und was nicht

Wie bei jeder Ehekrise, so gibt es auch bei Konflikten zwischen oder innerhalb von Staaten meistens zwei Seiten zu berücksichtigen. Das gilt natürlich auch für die Ukraine und die Donbass-Region. Dort lebten vor Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 sechseinhalb Millionen Menschen, davon waren fast 40 Prozent ethnische Russen. Es gab damals auch noch kleinere Volksgruppen von Griechen, Belarussen und Tataren, die aber für diese Betrachtung unerheblich sind.

Bis zum Jahr 2014 war Russisch die dominierende Alltags-, Wirtschafts- und Mediensprache im Donbass. Die Region verfügte über ein dichtes Netz an russischsprachigen Schulen, Zeitungen und lokalen TV-Sendern. Und, wichtig: Noch zwei Jahre vorher hatte die Regierung in Kiew unter Viktor Janukowytsch ein Gesetz verabschieden lassen, das Russisch als regionale Amtssprache in Gebieten mit hohem russischsprachigen Anteil anerkannte.

Alles änderte sich im Jahr 2014, als Janukowytschs vom Volk gestürzt wurde und sich mit seiner Familie nach Russland absetzte.

Denn schon im Februar 2014 entschied das ukrainische Parlament, dieses Sprachengesetz von 2012 aufzuheben. Übergangspräsident Turtschynow hatte wohl so eine Ahnung, was nun passieren könnte und legte sein Veto ein. Aber es gab nur eine kurz Verzögerung, bevor Russisch als Amtssprache wieder abgeschafft wurde. Und die Spannungen in der Bevölkerung nahmen sofort deutlich zu.

Betrachten wir es mal ganz unaufgeregt

Wenn in einem Landesteil der Ukraine 60 Prozent Ukrainer und 40 Prozent Russn leben – vereinfacht – dann muss man die Amtssprache nicht ändern, weil ein kleinerer Teil der Bevölkerung das fordert, oder?

Die „Kellesche Lösung“ wäre gewesen, zwei Amtssprachen zu belassen – Ukrainisch und Russisch. Das ist doch sowieso dasselbe, werden nun einige Leser denken, aber mitnichten ist das dasselbe.

Russisch und Ukrainisch sind zwar beide ostslawische Sprachen, unterscheiden sich jedoch deutlich stärker, als viele annehmen. Es gibt zwar ähnlich geschriebene Wörter, die aber eine ganz andere Bedeutung haben, und unterschiedliche spezifische Buchstaben.

Warum also nicht einfach zwei Amtssprachen zulassen?

Das funktioniert doch nicht, werden jetzt einige von Ihnen denken. Aber Irrtum, es funktioniert sehr gut. Schauen Sie mal nach Belgien, die haben sogar drei offizielle Amtssprachen: Niederländisch, Französisch und Deutsch.

Doch Amtssprach hin oder her – auf gar keinen Fall rechtfertigt ein solcher Streit zwischen Volksgruppen einen großflächigen Angriffskrieg, der bis heute Hunderttausende Menschen das Leben gekostet hat.

Ja, aber Selenskyj hat doch…

Ich kann es echt nicht mehr hören. Selenskyj und die Ukraine haben gar nichts. Internationale Organisationen wie die UN, die OSZE und der Internationale Gerichtshof (IGH) haben bis heute keinerlei Beweise für einen Völkermord oder eine systematische Vernichtung russischstämmiger Menschen im Donbass durch den ukrainischen Staat gefunden. Nichts, null!

Die immer wieder genannten 14.000 Toten bis 2022 resultierten ausschließlich aus Kampfhandlungen zwischen von Russland mit schweren Waffen unterstützten „Separatisten“ und der nach Ausbruch der Kampfhandlungen gegen die Zentralregierung in Kiew. Und die Opfer starben auf beiden Seiten in den Kämpfen.

Es gab keine staatliche Verfolgung oder physische Bedrohung der russischsprachigen Bevölkerung vor 2014. Was es gab, waren tatsächliche Sorgen der ethnischen Russen im Donbass um Sprachrechte und Identität. Und was es bis heute gibt, ist die russische Desinformationskampagne im Westen, um Putins völlig unnötigen und idiotischen Krieg gegen das Brudervolk irgendwie zu rechtfertigen.

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Dieser Artikel wurde 21 mal kommentiert

  1. Dr. Hildegard Königs-Albrecht Antworten

    „Wie bei jeder Ehekrise, so gibt es auch bei Konflikten zwischen oder innerhalb von Staaten meistens zwei Seiten zu berücksichtigen.“

    Wollen Sie allen Ernstes behaupten, die Abschaffung der Amtssprache Russisch sei der alleinige Auslöser für den Angriffskrieg Putins gewesen?

    • Klaus Kelle Antworten

      Nein, aber um sich diese Frage selbst beantworten zu können, müssten Sie meinen Text lesen, verehrte Frau @Dr. Königs-Albrecht

      Da steht auch über die gewalttätigen Ausinandersetzungen etwas drin.

      • Dr. Hildegard Königs-Albrecht Antworten

        Ach, Herr Kelle, Sie wissen hoffentlich, daß es einen langen Vorlauf gab. Wir haben über etliche Punkte schon oft mit Ihnen gerungen. Sie weisen alles von sich, das können Sie auch weiter tun. Aber es sieht so aus, als ob Sie hier keinen von der absoluten Unschuld der Ukraine und den USA überzeugen können.

        Generell sollte man versuchen, eine so schwierige Lage nicht mit Emotionen sondern mit kühlem Kopf zu beurteilen.

  2. Achim Koester Antworten

    „ Niederländisch, Französisch und Deutsch.“
    Einspruch Euer Ehren, sagen Sie nie einem Flamen, er spreche niederländisch, flämisch und niederländisch sind sehr verschieden.

  3. S v B Antworten

    Jeder bastelt sich eben eine eigene Wahrheit zusammen. Bei Herrn Kelle liest man’s so (siehe oben), und woanders so, in jedem Falle jedoch entschieden detaillierter. Als Georg Restle vom WDR vor Jahren sein – wohl für immer im journalistischen All verschwundenes – leidenschaftliches TV-Plädoyer an den Westen richtete, zeichnete er ein ganz anderes Bild von den Verhältnissen im Donbass. Längst schon liest sich Herrn Restles Geschichte jedoch grundlegend anders. Und überhaupt… es gäbe bezüglich weiterer, gravierender Umstände, die letztlich (nicht wenige würden wohl von „in letzter Konsequenz“ sprechen) zu dem vermaledeiten, nimmer enden wollenden, Krieg geführt haben, etliches zu ergänzen. Ohne Nennung all dieser Umstände bleibt das Bild unvollständig. So auch Herrn Kelles‘. Er hat sich die ihm passenden Teile sorgsam herausgepickt, alle anderen Aspekte jedoch außen vor gelassen. Deren Berücksichtigung ist für ein vollständiges Bild, gar für eine eigene, möglichst ausgewogene Urteilsbildung allerdings unverzichtbar. NB: Soweit ich mich entsinne, sprach Georg Restle seinerzeit tatsächlich von der Bombardierung russischer(!) Wohngebiete durch ukrainische Kräfte. Und nicht umgekehrt. Also wie nun…?

    • H.K. Antworten

      Wenn bei den Medien jemand recht hat, dann ganz bestimmt Georg Restle.

      Der Mann könnte aufgrund seiner Glaubwürdigkeit und seiner Objektivität der geistige Vater von Hanns Joachim Friedrichs sein.

      Ääähemmm …

    • Klaus Kelle Antworten

      @S v B,

      So auch Herrn Kelles‘. Er hat sich die ihm passenden Teile sorgsam herausgepickt, alle anderen Aspekte jedoch außen vor gelassen.

      Ich finde diese Bewertung von Dir nicht fair. Also dann Butter bei die Fische…

      Welche anderen Aspekte? Genz konkret bitte! Was hat der schlimme Herr Kelle wieder nicht erwähnt?

      • S v B Antworten

        Fast schon ermüdend, immer wieder auf die die unselige Vorgeschichte des – tragischerweise – nimmer enden wollenden kriegerischen Konflikts zu verweisen. Von heute auf morgen kam das alles bekanntlich nicht. Das sage ich, obwohl auch ich kein Putin-Fan bin (was Du, wie ich Dich kenne, mir im nächsten Schritt nur allzu gerne unterstellen würdest).

        Aber nix für ungut. Ich wünsche Dir und Deinen Lieben einen entspannten, friedlichen und besinnlichen 4. Adventssonntag.

        • Klaus Kelle Antworten

          @S v B,

          einen gesegneten 4. Advent wünsche ich Dir und Deinen Lieben natürlich auch!

          Aber ich unterstelle Dir und den meisten anderen Menschen auch nichts. Die Ukraine-Thmatik ist infach zu 100% klar in Bezug auf die Frage, wer Schuld an dem Leid und Wahnsinni trägt. Es ist ganz einfach, niemand hat die Russen dort eingeladen, zu töten und zu vergewaltigen. Das Land wehrt sich seit bald vier Jahren gegen das scheinbar übermächtige Russland, das eben doch nur eine Regionalmacht ist, wie sich inzwischen gezeigt hat.

          Da jetzt zu sagen, Merz ist irgendwie schuld oder Selenskyj – dass der es wagt, sich zu wehren – und die EU und Amerika und die Bio-Labore und das Casino auf Zypern. Ganz ehrlich, ich kann diesen Schwachsinn nicht mehr hören. Und wenn die gleichen Leute – nicht Du – dann kein Wort über Putin verlieren, dann geht mir die Galle über. Aber es gibt ja auch heute noch Leute, die meinen, Hitler habe selbst von der Konzentrationslagern und Gaskammern nichts gewusst. Wahrscheinlich waren das alles Fake News von der ARD…

          Schönen Abend!

          Klaus

  4. gerd Antworten

    „..haben bis heute keinerlei Beweise..“

    Das mit den „Beweisen“ ist so eine Sache. Sieht man ja, off Toppic, an der aktuellen Diskussion in verschiedenen Enquete-Kommissionen, die sich mit der Aufarbeitung des Corona-Maßnahmen-Terrors beschäftigen. Da setzt sich z.B. ein Herr Spahn vor eine Kommision und behauptet, niemals von einer Pandemie der Ungeimpften gesprochen zu haben und wehrt sich vehement gegen die, daraus resultierende richtige Schlussfolgerung, dass er damit gegen Ungeimpfte gehetzt hat. Da liegen die Beweise auf den Tisch, Videos aus der BPK, und der Beschuldigte behauptet steif und fest, dass bis heute keine Beweise vorliegen.

    • H.K. Antworten

      Videos, Videos …

      Beweise, Beweise …

      Alles FAKE und KI-generiert !

      ( Genau wie bei den angeblichen früheren Aussagen von Friedrich Merz. In seiner ersten ( und letzten ) Neujahrsansprache wird er wahrscheinlich auch sagen, daß er „Muttis“ Politik in der Migration ebenso wie in der Atomenergie für „schon immer alternativlos“ gehalten und beschrieben hat. )

  5. Teide Antworten

    Eine etwas andere Sichtweise.

    „Die Ukraine „erklärt feierlich ihre Absicht, ein dauerhaft neutraler Staat zu werden, der sich keinen Militärbündnissen anschließt“. So steht es in der Erklärung zur staatlichen Souveränität der Ukraine vom 16. Juli 1990. Wir wissen heute, was aus diesem hehren Versprechen geworden ist und dass der Westen maßgeblich an seinem Bruch beteiligt ist… 14.000 Zivilisten, ukrainische Staatsbürger, fanden den Tod wegen des brutalen Beschusses in und um Donezk. Da musste Russland eingreifen, um das wahllose Morden zu beenden. Nein, das ist kein Angriffskrieg, es ist eine Rettungsaktion.“(anderwelt)

    https://www.anderweltonline.com/klartext/klartext-20252/reparationen-fuer-die-ukraine-und-die-logischen-konsequenzen/

    • Klaus Kelle Antworten

      „14.000 Zivilisten, ukrainische Staatsbürger, fanden den Tod wegen des brutalen Beschusses in und um Donezk. Da musste Russland eingreifen, um das wahllose Morden zu beenden. Nein, das ist kein Angriffskrieg, es ist eine Rettungsaktion.“(anderwelt)“

      @Teide,

      Genau wegen solchem Schwachsinn habe ich den Beitrag geschrieben. Warum sollten die Ukrainer einfach so grundlos 14.000 Russn be- und erschießen, mit denen sie vorher weitgehend problemlos zusammengelebt haben? Das ergibt überhaupt keinen Sinn.

      Die Vereinten Nationen (UN) haben bis zum großem Kriegsausbruch im Donbass im Februar 2022 14.400 Tote bei Kampfhandlungen zwischen ukrainischer Armee und schwer bewaffneten russischen Separatisten gezählt:

      Zivilisten: ca. 3.404 (auf beiden Seiten der Frontlinie).
      Ukrainische Streitkräfte: ca. 4.400 Gefallene.
      Pro-russische Kämpfer / Separatisten: ca. 6.500 Gefallene.

      Bei KÄMPFEN, nicht weil die Ukraine die armen friedlichen Separatisten beschossen haben….

      Erlauben Sie mir noch eine Anmerkung zu Ihrer „Quelle“…

      Das von Ihnen zitierte Portal verbreitet häufig russische Narrative, die der offiziellen russischen Position entsprechen, insbesondere in Bezug auf den Ukraine-Krieg, die NATO und die Energiepolitik.

      Es ist – so weit ich weiß – nicht belegt, aber vieles spricht dafür, dass AnderweltOnline existiert, um pro-russische Standpunkte in der deutschen Öffentlichkeit zu verbreiten.

      Der Betreiber Peter Haisenko tritt wiederkehrend in russischen Staatsmedien als „deutscher Experte“ auf, um Positionen zu stützen, die westliche Institutionen oder Berichterstattungen zu kritisieren. Aus meiner Sicht ist das Portal ein Instrument der russischen hybriden Kriegsführung, ob aus Moskau finanziert oder aus Doofheit, weiß ich nicht. Aber allein seine Behauptung bzgl. des Abschusses vom Flug MH17 ist nichts als russische Desinfomation.

      Ich hoffe, ich langweile Sie nicht, aber vergessen Sie anderweltonline einfach!

      Klaus Kelle

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