Bundesverfassungsgericht erschwert die Arbeit der Polizei bei Abschiebungen erheblich

Wenn Sie im Internet etwas Unbotmäßiges schreiben, kann es ihnen heutzutage im besten Deutschland aller Zeiten passieren, dass Dutzende vermummte Polizisten morgens vor Ihrer Tür stehen und Einlass begehren. Der deutsche Popsängr Crow hat das in einem Lied mal schön formuliert:

„Und neulich häng ich so allein in ihrer Bude ab
Da komm′n die Cops durch die Tür und sagen: „Wir suchen was“
Ich sag: „Superkrass, ich bin hier eingesperrt…“

Gute Party-Mucke, aber bitterer Ernst, wie wir in den vergangenen Monaten (Elsässer, Bolz) immer wieder faesungslos zur Kenntnis nehmen mussten. Einige Kollegen aus den freien Medien haben schon so einen Dauerzynismus entwickelt, dass sie bei jedem Gespräch darauf hinweisen, ich solle meinen Bademantel stets griffbereit haben, wenn ich den Staat und die Herrschenden in Deutschland hart kritisiere.

Dass in Deutschland keine Rechtsgleichheit mehr herrscht, ist wenig überraschend. Heute haben wir das aber auch noch schriftlich vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe bekommen.

Dort hatte ein Mann aus Guinea geklagt, der im September 2019 nach Italien abgeschoben werden sollte. Er war vorher mehrfach nicht in seiner Unterkunft angetroffen worden, war auch nicht zu einem Termin bei der Ausländerbehörde erschienen. Und so nahm der Rechtsstaat seinen Lauf – dachten wir jedenfalls. Polizeibeamte liefen morgens früh gegen 8 Uhr in der Flüchtlingsunterkunft dieses Herrn auf und klopften an seine Zimmertür. Trotz eindringlichem Klopfens, wurde nicht geöffnet, doch die Beamten vernahmen Geräusche aus dem Zimmer und nahmen an, dass sich da einer verstecken will. Also, Rammbock raus, und Tür aufgebrochen. Das ging schnell, und in der Tat – im Zimmer lagen zwei Männer in Unterwäsche in ihren Betten. Die Polizei stellte die Personalien der beiden Herren fest und identifizierten den einen als Abschiebekandidaten. Sie wiesen ihn an, seine Sachen zu packen für seine anstehende Reis nach Italien.

Die fand aber gar nicht statt, denn unser Gast aus Guinea klagte, nachdem er vor dem OVG Berlin-Brandenburg und dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig abgewiesen wurde mit seiner Klage auch noch vor dem Bundesverfassungsgericht – das ihm nun Recht gab.

Die Karlsruher Richter fällten in Urteil, das – bei allem Respekt – nicht zu fassen ist und Abschiebungen in Deutschland praktisch unmöglich macht. Es ist keine Verschwörungstheorie, wenn man da politischen Willen zu erkennen vermag. Denn die Richter urteilten, dass auch ein Zimmer in einem Asylbewerberheim als eine vom Grundgesetz geschützte Wohnung gilt. Ganz besonders, weil die Bewohner in einer solchen Gemeinschaftsunterkunft keine andere Rückzugsmöglichkeit hätten, sei „das zugewiesene Zimmer ein elementarer Rückzugsort und damit besonders schutzwürdig“.

Die Richter weiter: Vor jeder Festnahme müsse vorher ein Richter entscheiden, auch bei Abschiebungen.

Die Richter konkret: Wenn die Polizei nicht sicher wisse, wo sich der Gesuchte aufhält und dann in einen Raum eindringe, bräuchte es grundsätzlich immer die Genehmigung eines Richters. Sonst würde das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nicht genügend geschützt.

Das bedeutet: Nur wenn Gefahr im Verzug ist, also das polizeiliche Vorgehen besonders eilig ist, kann darauf verzichtet werden. Das ist bei geplanten Abschiebungen normalerweise aber nie der Fall.

Für die Polizei, die ohnehin mit dauernder anwachsender Bürokratie kämpfen muss, ein weiterer schwerer Schlag. Jochen Kopelke, GdP-Bundesvorsitzender, sagte gegenüber BILD: „Das Bundesverfassungsgericht erschwert unsere Polizeiarbeit. Zwar schafft das Gericht Klarheit in Abschiebesituationen, aber eben mit einem zusätzlichen Aufwand und Richterbeschlüssen, wenn es schnell gehen muss. Ich denke, diese Entscheidung verlangsamt alle politischen Abschiebeinitiativen und zwingt die Ausländerbehörden zu noch mehr Aufwand.“

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Dieser Artikel wurde 5 mal kommentiert

  1. Johannes Antworten

    Sie Lösung ist recht einfach: „UnsereDemokraten“ müssen dass nur richtig anpacken: mit einem entsprechenden Gesetz, dass klarstellt und regelt, welchen Status (Wohnung???) und der Aufenthalt in einer solchen Unterkunft hat (ist es eine temporäre Lösung, wie z.B. eine Hotelunterkunft?)

    Denn demnächst könnte ein Straftäter, der in Stadt A seinen Wohnsitz hat und in Stadt B die 500 km entfernt liegt und der in Stadt B z.B. einem Mord begeht und sich in einem gemieteten und bezahlten Hotelzimmer aufhält, darauf bestehen, dass ein Richter für dieses Hotelzimmer einen entsprechenden Beschluss ausstellt.

    Aber werden die Vertreter von „UnsereDemokratie“ diese Klarheit schaffen wollen? Ich vermute mal nicht.

    Und ihre Vermutung „Es ist keine Verschwörungstheorie, wenn man da politischen Willen zu erkennen vermag.“ rafft wohl voll ins Schwarze!

  2. EH Antworten

    „Vor jeder Festnahme müsse vorher ein Richter entscheiden, auch bei Abschiebungen.“ Nein, das Urteil ist für den Normalbürger nicht unbedingt nachvollziehbar. Es bedeutet in praxi, Abschiebekandidaten sind in ihrem Zimmer ziemlich sicher und können womöglich (durchs Fenster?) verschwinden. Keine Ahnung, wie lange es dauern kann, bis ein Richter Polizeiaktionen genehmigt.

    Wichtig vor allem: Die Klage wurde von Pro Asyl und der linken NGO Gesellschaft für Freiheitsrechte GFF (arbeitet gerade an einem umfangreichen Gutachten zum AfD-Verbot) durchgefochten. „Strategie“ der GFF-Juristen ist die „strategische Prozessführung“ vor deutschen und europäischen Gerichten. Heißt: Man gibt sich nicht mit Einzelklagen ab, sondern schafft grundlegende Präzedenzfälle, die dann auf viele Klagen automatisch angewendet werden (wie eben auch das jüngste BVerfG-Urteil). Die Organisationen Campact, Volksverpetzer, innn.it, Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV), Postmigrantischer Jurist*innenbund, FragDenStaat und Bleibt stabil unterstützen derzeit das Anliegen der GFF: Prüfung des AfD-Verbotsverfahrens.

    Zu den Themen der sehr klagefreudigen und finanziell offenbar gut situierten GFF zählen: Etappensieg vor den Vereinten Nationen: Deutschland muss Geflüchtetem Existenzminimum sichern (30.10.2025), GFF klagt gegen Stopp der Aufnahmeprogramme aus Afghanistan vor dem Bundesverfassungsgericht (30.09.2025), Deutscher Pass darf nicht vom Einkommen abhängen – GFF klagt für gleiches Einbürgerungsrecht/Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt die heute eingereichte Klage eines Ehepaares aus Palästina vor dem Verwaltungsgericht Cottbus, um für alle dauerhaft in Deutschland lebenden Menschen einen gleichen Zugang zur deutschen Staatsangehörigkeit zu erstreiten (05.08.2025), Erfolg im Eilverfahren gegen verfassungswidrigen Leistungsausschluss von Geflüchteten (17.04.2025), usw. usf.

    Man darf die GFF wohl als migrationsfreundlich und links orientiert bezeichnen. Und selbstbewusst im Hinblick auf Zielsetzungen, auch weil sie so viel Unterstützung erfährt. Die Liste der institutionellen Zuwender ist lang und umfasst zahlreiche relevante Stiftungen bis hin zur Open Society Foundations. Immerhin soll das AfD-Gutachten am Rande – was in der Öffentlichkeit bislang wohl kaum bemerkt wurde! – „das Gemeinnützigkeitsrecht sowie Fragen der öffentlichen Förderung“ hinterfragen. Heißt m. E. übersetzt: Es soll wohl argumentiert werden, dass direkte Auseinandersetzungen von Vereinen und NGOs mit der AfD (= der Kampf gegen Rechts) „gemeinnützig“ sind, nicht gegen das Neutralitätsverbot verstoßen und mit Steuergeld finanziert werden dürfen. Unter dem Strich bleibt festzuhalten, dass die GFF ein wichtiger und vermutlich unterschätzter „Player“ im Kampf um die Auslegung von Verfassungsrecht ist.

  3. Eva Antworten

    Der Urteilsbegründung kann ich folgen. Die eigene Wohnung ist ein hohes Gut und sollte nicht ohne richterliche Einwilligung von Vertretern des Staates betreten werden dürfen. Seit 1848 eines der Grundrechte, die immer wieder gefordert wurden. Im konkreten geschilderten Fall müssen die Behörden nun nacharbeiten und der Polizei bei Ausübung ihrer Aufgabe die notwendige Schützenhilfe per richterlichem Beschluss geben oder das Parlament kommt zu einem grundlegenden Beschluss, der für Wohnheime in Flüchtlingsunterkünften gilt. Das Grundgesetz bezüglich der Unverletzlichkeit der Wohnung müsste dann entsprechend geändert werden.

  4. GJ Antworten

    Der dem Urteil zugrundeliegende Sachverhalt ist 6 Jahre her. Richterliche Beschlüsse einholen zu müssen zwecks Öffnung und Durchsuchung einer Wohnung zur Sicherung der geplanten Abschiebung ist schon länger Stand der Dinge. Man weiß nie, wie sich die Situation entwickelt. Ohne Beschluß hinzufahren ist leichtfertig.

    • GJ Antworten

      Das Ganze wäre indes ungleich praktikabler, wenn vollziehbar Ausreisepflichtige nicht mehr in Wohnungen oder offenen Unterkünften untergebracht wären, sondern in speziellen Aisreisezentren. Da ließe sich dann auch sicher der Wohnungsbegriff anders definieren und andere Auflagen wären möglich.

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