Nach vielen Jahren habe ich vergangene Nacht wieder in einem Maritim-Hotel übernachtet. In der fränkischen Metropole Würzburg (130.000 Einwohner), die eine bewegte Geschichte hat, wie ich auf wikipedia lese. Am 7. Juni 1156 haben hier Friedrich I. Barbarossa und die „noch sehr junge“ Beatrix von Burgund geheiratet erfahre ich, und dass von 1631 bis 1634 Würzburg von den Schweden besetzt war. Ich persönlich mag besonders die Atmosphäre in der Stadt, die fränkische Küche, den Bocksbeutel, die massige Burg und das Käppele. Relevant war die Entdeckung der Röntgenstrahlung durch Wilhelm Conrad Röntgen 1895 hier im Physikalischen Institut der Universität Würzburg, der dafür im Jahr 1901 den ersten Nobelpreis für Medizin erhielt.

Zugegeben, persönlich denke ich bei der Würzburger Uni in allererster Linie an eine Freundin, die ich hier im zarten Alter von 21 Jahren mal hatte. Sie stammte aus meiner Heimatstadt Bad Salzuflen, und da schließt sich der Kreis. Denn die Maritim-Hotelkette hat ihren Sitz in Bad Salzuflen. Vom ostwestfälischen Kurort betreibt das Unternehmen (rund 400 Mio Euro Umsatz in 2018) 33 Hotels in Deutschland und 14 weitere in sieben Ländern. Das bekannteste Maritim-Hochhaus steht wie ein Fels in der Brandung am Timmendorfer Strand, und ich glaube ehrlich, hier hat jeder Deutsche schon mindestens einmal übernachtet.

Warum erzähle ich Ihnen all diese Belanglosigkeiten? Weil ich, während ich mein Brötchen mit Salami und ein gekochtes Ei esse, an meine Heimat denke. An die ersten 25 Jahre meines Lebens in dem beschaulichen Kaff am Teutoburger Wald mit dem herrlichen Kurpark, der Himbeertorte im Kurhaus, den Salinen, die dem Spaziergänger für ein paar Meter das Aroma von Salzwasser entgegensprühen. An liebenswerte Ortsteile,  die Schötmar, Retzen oder Sylbach heißen.

Und an diese wunderbare Studentin. Dieser kleine Text, falls Sie es noch nicht gemerkt haben, ist die zutiefst sentimentale Erinnerung an meine Heimat. Und es ist wirklich wichtig, dass wir alle unsere Wurzeln niemals vergessen.

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Dieser Artikel wurde 3 mal kommentiert

  1. Tina Hansen Antworten

    Diese Gedanken haben und brauchen wir alle hin und wieder.
    Wenn ein Kuckuck ruft, denke ich bis zum heutigen Tage reflexartig an die guten Stunden meiner Kindheit, die ich im Haus meiner Großeltern im westfälischen Minden verbrachte. Ich denke an den großen Garten mit den Himbeersträuchern hinterm Haus. An die „Freisitz“ genannte Terrasse. An die „Grütze“, die meine Oma manchmal sonntags zum Frühstück zubereitete – ein deftiges Fleischgericht aus der Pfanne, das mit Graubrot gegessen wurde und das ich seither nie wieder gesehen und gerochen habe. An die Fahrradtouren mit Opa. An unendlich langweilige Abende mit der jährlichen Dia-Vorführung – gefühlte 5000 Fotos vom letzten Urlaub im verschneiten Oberstdorf. An die Zuflucht, die das alles für meinen Bruder und mich bedeutete; im Alltag durften wir früh „genießen“, was das bunte Patchwork-Leben der Eltern für Kinder bedeutet. Nach Bad Salzuflen sind die Oma und ich tatsächlich auch mal gefahren, und ganz vage erinnere ich den Kurpark…
    Vielleicht sollte man mal – nur zur Freude – einen Sammelband machen mit kleinen Texten von Zeitgenossen zum Thema „Heimat“? Ich wäre dabei!

    Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

  2. Inge Paul Antworten

    Was für ein anrührender kleiner Text. Es steigt ein Gefühl hoch als ob man gleich losheulen müsste….
    Es scheint so als wäre das alles unwiederbringlich verloren…Und wahrscheinlich scheint es nicht nur so….

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