Heute vor fünf Jahren starb der FDP-Politiker Guido Westerwelle

Genau heute vor fünf Jahren starb in Köln einer der profiliertesten Liberalen der deutschen Nachkrieggeschichte: Guido Westerwelle.

Geboren 1961 in Bad Honnef als Sohn des promovierten Rechtsanwalts und Volkswirts Heinz Westerwelle und der Rechtsanwältin Erika Westerwelle, beiden aus Bad Salzuflen stammend.

Einen Onkel von Guido Westerwelle kannte ich persönlich, er lebte im Salzufler Ortsteil Holzhausen, wo ich damals meinen Wahlkreis als junger CDU-Kandidat für den Stadtrat hatte. Ich meine mich zu erinnern, dass der Onkel sogar Mitglied in meiner CDU war, so wie ich selbst oft in den Merkel-Jahren die FDP gewählt habe – meistens aus Verzweiflung. In dieser Gegend, woher ich stamme, kommt es nicht so aufs politische Label an, wichtig ist die bürgerliche Gesinnung. Ich habe es genossen, im Gasthaus „Zum Löwen“ als jüngster Stadtrat (19) in ganz Nordrhein-Westfalen mit den Honoratioren unseres Ortes bei Herforder Pils und Räucherlachs zusammensitzen zu dürfen und über die große Politik zu reden: mit dem Doktor, dessen Praxis beim Haus meiner Eltern gegenüber auf der anderen Straßenseite lag. Mit dem Apotheker, zwei Häuser weiter, dem Industriekaufmann, dem Ford-Händler und anderen. In dieser Runde wählten die Nachbarn wirklich vielfältig: entweder die  CDU oder die FDP. Egal, die Hauptsache war: bürgerlich.

Guido Westerwelle habe ich nie persönlich kennengelernt, aber seine politische Karriere habe ich mit großer Neugier verfolgt. Seinen Weg über den Bundesvorsitz der Jungen Liberalen (Julis), Abgeordneter, Generalsekretär der FDP, Bundesvorsitzender und dann sogar Bundesaußenminister. Beruflich – na klar, bei dem Elternhaus – Jura, Zweites Staatsexamen, promoviert.

Das liberale Ausnahmetalent hatte ein Gespür für Themen, war ein begnadeter Talkshow-Diskutant und Wahlkampf konnte er besonders gut (Guidomobil, erinnern Sie sich noch?). Unvergessen sein „Projekt 18%“, das er mit einem legendären Talkshow-Auftritt bei Sabine Christiansen im Jahr 2002 krönte – mit einer 18-Prozent-Sohle unter seinen Schuhen. Das Paar Schuhe steht noch heute im Deutschen Schuhmuseum Hauenstein.

Immerhin, bei der Bundestagswahl 2009 fuhr Spitzenkandidat Westerwelle mit 14,6 Prozent für die FDP das beste Ergebnis seit 1949 bei einer Bundestagswahl ein. Guido Westerwelle wollte die Laufzeiten der Kernkraftwerke verlängern, er bezeichnete führende Gewerkschaftsvertreter  als „die wahre Plage in Deutschland“ und begann als Außenminister eine Debatte in der Nato mit dem Ziel, alle Atomwaffen aus Deutschand abziehen zu lassen.

Irgendwann ab 2003 begann er, die deutsche Öffentlichkeit in kleinen Schritten wissen zu lassen, dass er homosexuell ist und den Manager Michael Mronz liebt. Im Sommer dann das „Coming Out„, ausgerechnet auf der Feier zum 50. Geburtstag der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden, einer gewissen Angela Merkel. Die Titelzeile der BILD am nächsten Tag gehörte nur den Beteiligten.

Als Ärzte bei Westerwelle im Rahmen einer Knie-Untersuchung 2014 auffällige Veränderungen im Blutbild feststellten, stellte sich schnell heraus, dass der FDP-Politiker an einer akuten Leukämie litt. Chemotherapie und Stammzellentransplantation konnten die schreckliche Krebserkrankung nicht aufhalten. Am 18. März 2016 erlag Guido Westerwelle auf einer Krankenstation im Kölner Universitätsklinikum seinem Leiden.

Ein Liberaler, der sich um sein Land wirklich verdient gemacht hat. Ein Politiker, der nicht nur in seiner Partei unvergessen bleiben wird.

Blogs wie DENKEN ERWÜNSCHT sind ein wichtiger Faktor zur Meinungsbildung in der Bevölkerung, Unsere Arbeit mit diesem Blog wird AUSSCHLIESSLICH durch Spenden unserer Leserinnen und Leser finanziert. Bitte unterstützen Sie unsere journalistische Arbeit mit Ihrer Spende über PAYPAL hier oder durch eine Überweisung auf unser Konto bei der Sparkasse Krefeld DE40 3205 0000 0000 2711 22 !

image_pdfimage_print

Dieser Artikel wurde 17 mal kommentiert

  1. Björn Schulz Antworten

    Ich gebe zu, dass ich Guido Westerwelle zu Lebzeiten nie als Sympathieträger wahrgenommen habe.

    Aber mit seiner Deutschland attestierten „spätrömischen Dekadenz“ hat er sich quasi selbst ein Denkmal gesetzt.

  2. Christian Pagan Antworten

    In gewissem Sinne war Westerwelle ein großer Politiker. Aber man darf nicht verschweigen, dass seine Einstellung in großen Teilen einer christlich-konservativen Haltung (die zu befürworten ist) widersprach. Es ist gut, dass die FDP im Bundestag ist. Aber wenn die FDP stärkste Partei wird, bekommen die Unternehmen zu viel Macht, und sozial Schwache werden benachteiligt.

    • H.K. Antworten

      „ … Aber wenn die FDP stärkste Partei wird, bekommen die Unternehmen zu viel Macht, und sozial Schwache werden benachteiligt.„

      Von der „stärksten Partei“ ist die FDP soweit entfernt wie Claudia Roth vom Schwenken einer deutschen Fahne und dem Singen der Nationalhymne.

      Zumindest aber ist die FDP offensichtlich die einzige Partei, die in der Corona-Krise nicht nur meckert, sondern insbesondere für die zigtausend von der Pleite bedrohten Betriebe des Mittelstands konkrete Vorschläge macht.

      Leider will „Mutti“ mit ihrer „Experten“-Runde nichts davon wissen.

  3. Ketzerlehrling Antworten

    Im Gegensatz zu seinem Nachfolger Rösler oder gar Lindner war er ein echter Politiker. Liberal ist gut, aber nicht eindimensional. Und für die FDP zählen nun einmal nur Großunternehmen und Banken. Andererseits hat sich die FDP auch nie als Volkspartei oder als bürgerliche Partei verstanden und daraus auch keinen Hehl gemacht. Sie war und ist eine Klientelpartei, wie der grüne Khmer.

    • H.K. Antworten

      Das kann so sicher nicht stehenbleiben.

      Die FDP ist sicher nicht nur für „Groß“.Unternehmen und Banken da, sondern ganz besonders für den Mittelstand.

      Wenn es diesem Rückgrat unserer Wirtschaft schlecht geht, stehen mehr Menschen auf der Straße, als bei den Großunternehmen.

      Das, was ich Herrn Lindner ankreiden würde, ist seine Hasenfüßigkeit in Sachen Kemmerich und Thüringen.

      Ansonsten kommen von ihm vernünftige, sachlich, ruhig und fundiert vorgetragene Vorschläge.

      Bei Ihrer Meinung über Herrn Rösler kann ich Ihnen nicht widersprechen.

  4. Der Zeitzeuge Antworten

    In der Windmühle in Horn-Bad Meinberg, Ortsteil Fissenknick konnte man früher ebenfalls sehr gut speisen und sich mit den Gebrüdern Künnemeyer über ihr Spanplattenwerk „Hornitex“ unterhalten, bei den Gesprächen ging es allerdings nicht um Politik, sondern um Marktanteile und Expansion des Unternehmens, was für die Bürgerinnen und Bürger aus Horn-Bad Meinberg, die bei „Hornitex“ arbeiteten, erheblich wichtiger war.

  5. Christoph Friedrich Antworten

    Womit soll sich Westerwelle eigentlich „um das Land verdient“ gemacht haben?

    • H.K. Antworten

      Diese Frage stelle ich mir eher bei „Mutti“, die immer noch darauf wartet, den Friedensnobelpreis hinterhergetragen zu bekommen.

  6. Ruth Antworten

    Ich denke, Herr Westerwelle hat einen riesigen Fehler damit gemacht, den Posten des Außenministers anzunehmen. Er hätte sich von seiner Kompetenz besser ins Finanz- oder Wirtschaftsministerium engagieren sollen. Dort hätte er viel gutes für unser Land erreichen können.

    Leider ist dies aber inzwischen normal, die Postenvergabe für Minister wegen nach Laune statt Kompetenz vergeben.

    Durch die Fehlbesetzung hat die FDP bis heute viel an Vertrauen bei den Wählern verloren.

    • Der Zeitzeuge Antworten

      An guten Vorbildern hätte es nicht gefehlt, Jürgen Möllemann war in seiner Eigenschaft als Wirtschaftsminister und stellvertretender Bundeskanzler auch nicht schlecht.

  7. Nadine Antworten

    An Guido Westerwelle denke ich mit gemischten Gefühlen.

    Er war zweifellos ein begnadeter Redner, ich erinnere mich gern an seine Aussage „Wenn Sie eine Partei wollen, mit der Sie eins zu eins übereinstimmen, müssen Sie Ihre eigene gründen und für immer einziges Mitglied bleiben!“ Wie wahr!

    Aber die Rolle, die die FDP in der schwarzgelben Koalition von 2009-2013 gespielt hat, empfinde ich als verhängnisvoll. Im Februar 2010 beklagte Westerwelle noch die „spätrömische Dekadenz“, drei Monate später akzeptierte die FDP die sogenannte Griechenland- bzw. Eurorettung, bei der die Kanzlerin Verträge brach und den Weg in die Schuldenunion ebnete. Energisch auf Einhaltung der Nichtbeistandsklausel bestehen, notfalls die Koalition platzen lassen – das wäre der richtige Weg gewesen. Vielleicht hätte die FDP bei Neuwahlen ihr Superergebnis von 15 % noch übertroffen. Stattdessen flog sie 2013 aus dem Bundestag, und die AfD stand in den Startlöchern … Was für eine historische Chance hat die FDP hier verspielt! Heute sitzt sie auf den harten Bänken der Opposition, und Christian Lindner verkündet „Die Schuldenaufnahme der EU muss eine einmalige Ausnahme bleiben“! Natürlich, bis zur nächsten Ausnahme … Ein Jammer!

  8. Norbert Lohbreyer Antworten

    Leider hat er nur nach der BT-Wahl 2009 völlig versagt, als er gern Außenminister werden wollte. Von seinem wieder und wieder wiederholten Versprechen „kein Koalitionsvertrag ohne Einstieg in ein einfacheres, niedrigeres und gerechtetes Steuersystem“ blieb in der Koalition mit Merkel/Schäuble sowie Seehofer nichts übrig. Es war das letzte Mal, das ich FDP gewählt habe, und es wird das letzte Mal bleiben. Seinem zu bemitleidenden Nachfolger Rößler war es danach unmöglich den Abstieg der FDP in der Wählergunst herumzureißen, und die FDP flog völlig zurecht aus dem Bundestag.

    • H.K. Antworten

      „ … Es war das letzte Mal, das ich FDP gewählt habe, und es wird das letzte Mal bleiben.“

      Das sehe ich „alternativ“.

      Die in der derzeitigen Krise völlig überforderte und nichts, wirklich nichts geregelt bekommende CDU ist nicht nur angesichts ihres Versuches, Linke und Grüne links zu überholen, absolut unwählbar geworden und wird das auch nach Merkels Abgang auf lange Sicht bleiben.
      Gleiches gilt für die ehemalige große deutsche Arbeiterpartei, die in absehbarer Zeit zur „Kevin-allein-zuhaus“-Organisation um die 10 % werden wird.

      Die Mauerschützen- und Stasipartei übergehe ich einmal wg. „außer jeglicher Diskussion“.

      Die Grün*/:/_/innen mit ihren Tempolimit-, Vogelschredder-, Wirtschaft-vor-die-Wand-fahr-, Einfamilienhaus-abschaff- und Gender-Gaga-Phantasien sind nur für Kobolt-Schüffler mit Birkenstockschlappen wählbar.

      Die AfD ist mit sich selbst beschäftigt und aufgrund einiger sehr merkwürdiger Gestalten für viele ehemalige, durch „Muttis“ Linksgeblinke enttäuschter und politisch heimatlos gewordener Unionswähler auch nicht „erste Wahl“.

      Und, damit haben wir alle durch.

      Was bleibt für halbwegs bürgerlich orientierte, nicht Kobolt-umnebelte Wähler ?

      Die FDP.

      Ach ja:
      Der Vorsitzende dieser Partei antwortet sogar, wenn man dem schreibt. Das kann bei weitem nicht jede Partei von sich behaupten …

      • Alexander Droste Antworten

        Schauen Sie doch mal in Richtung neue Entwicklungen. Vielleicht können Sie unterstützend wirksam werden, damit daraus etwas Großes wird, das nicht durch und durch korrumpiert oder gar totalitär gesinnt ist, kaum extremistisch schräge Vögel braucht und einfach aus Menschen besteht, die für sich die Demokratie entdeckt haben, obgleich die meisten eher apolitisch waren. Einige sind erfahrene Hasen aus CDU und FDP in Thüringen, andere von SPD aus Hamburg etc.

        Unter dem Dachverband „Bürger für Deutschland“ werden zurzeit liberale Kleinparteien, Vereine und Einzelpersonen gebündelt und durchorganisiert. Das nimmt gerade Formen an. Herr Kelle ist seinerseits bestens im Bilde und kann sicherlich noch mehr dazu sagen.

        Nur mal so …

        • Nadine Antworten

          Danke für den Kommentar, Alexander Droste, ich habe mir den Dachverband angesehen. Interessant! Allerdings setze ich nur wenig Hoffnung auf neue Parteien. Das, was sich in Deutschland m. E. ändern müsste – Amtszeitbegrenzung, Volksabstimmungen, weniger Staat, Strafbarkeit von Steuerverschwendung, Fachkompetenz als Voraussetzung für ein Ministeramt, Schluss mit Politik aus Notausgang für verkrachte Existenzen, vielleicht ein anderes Bezahlsystem (wer in die Politik geht, sollte dort nicht mehr verdienen als vorher – Vorschlag von Markus Krall) – wird keine Partei durchsetzen. Welcher Politiker dreht sich schon selbst den Geldhahn ab? Denken Sie an Dirk Niebel, der Minister für Entwicklungshilfe wurde, nachdem seine Partei (ja, wieder mal die FDP) das Amt eigentlich hatte abschaffen wollen. Und gegen das größte Übel der Politik, dass Politiker die Folgen ihrer Entscheidungen nicht selbst tragen müssen, ist schon gar kein Kraut gewachsen … :/

  9. Hildegard Dr. Königs-Albrecht Antworten

    Nochmal zurück zu Guido Westerwelle. Eben habe ich bei Youtube einen Ausschnitt aus einer Rede vom 13.5.2011 gehört, der wie die Faust aufs Auge auch zu unserer gegenwärtigen Situation passen würde, in der wir seit vielen Monaten mit Verordnungen leben, die aus dem sog. Infektionsschutzgesetz hergeleitet werden und die unsere Grundrechte massiv einschränken. Dabei erfolgt keine transparente Information über die tatsächliche Lage, sondern Politiker und Medien arbeiten unisono mit fragwürdigen und sogar gefälschten Zahlen, um das Szenario der lebensbedrohlichen Pandemie aufrecht zu halten.

    Guido Westerwelle: „Die Freiheitsbedrohung in Deutschland kommt nicht mit Gewalt, sie kommt leise…. Freiheit stirbt immer zentimeterweise….für uns kommt zuerst der Bürger, dann der Staat…man kann mit dem Vorwand, man schaffe Sicherheit, jedes Bürgerrecht in Zweifel ziehen…wir wollen ein Volk von selbstbewußten Staatsbürgern…“
    Zum Selbsthören: https://youtu.be/GwZDX_qYCxQ
    Chapeau!

    • Alexander Droste Antworten

      Ja, diese Rede hat es in sich. Sie sollte als Endlosschleife im Bundestag an die Wände projiziert werden und als Dauerschleife bei jeder Werbepause in den Medien.

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert