Darf man den Bundeskanzler „Arxxxloch“ nennen?

Im politischen Zirkus geht es oftmals kernig zur Sache. Und viele wissen, dass das auch die Würze im politischen Allerlei ist, die Menschen motiviert, dranzubleiben und zuzuhören. Ich erinnere mich noch an meine Wehrdienstzeit, die ich zum überwiegenden Teil in der Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne im lippischen Augustdorf verbracht habe. Wenn ich wusste, dass eine große Debatte im Deutschen Bundestag anstand, nahm ich ein kleines Transistorradio mit zum Dienst, um dann um 10.30 Uhr – „NATO-Pause“ – bei einem Kaffee und einem Stück Bienenstich in die Debatte reinzuhören. Wenn sich der knorrige SPD-Fraktionschef Herbert Wehner und Oppositionsführer Helmut Kohl von der CDU rhetorisch gepflegt aufs Maul hauten. Herrlich, war das damals in der guten alten Zeit, nicht zu vergleichen mit den blutleeren Akteuren späterer Zeiten.

Nun hat die Grünen-Abgeordnete Paula Piechotta aus Leipzig ein klein wenig überzogen.

Im Podcast „Ostgrün“ behauptete sie am 23. Dezember, Scholz sei europapolitisch isoliert. Und dann weiter:

„Ich würde sagen, die SPD kennt Olaf Scholz sehr lang. Alle in der SPD wissen, dass Olaf Scholz ein Arschloch ist.“

Das ist schon harter Tobak, jedenfalls nichts, dass gewählte Repräsentanten in Deutschland übereinander sagen sollten.

Viele SPD-Politiker äußerten sich sofort empört, Fraktionsvize Detlef Müller ließ auf X schreiben: „Man bezeichnet den Bundeskanzler einfach nicht als „Arxxxloch“. Grundlagen der Erziehung und des Anstandes.“ Und der Bundestagsabgeordnete Martin Rosemann assistierte, Piechottas Aussage sei „eine unglaubliche Entgleisung“.

Und klar, Sie ahnen es, die Grüne entschuldigte sich erwartungsgemäß brav, auch auf X: „Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, lieber Olaf Scholz, meine Worte haben euch offensichtlich beleidigt, dafür entschuldige ich mich. Ich möchte gern noch einmal wie o.g. betonen, dass es nicht meine persönliche Auffassung ist, dass Olaf Scholz so zu bezeichnen ist.“

Aufregung hochgeploppt und gleich wieder runtergefahren

Das ist Alltag im politischen Zirkus in Berlin. Und leider ist es auch wie immer, dass der eigentliche Kern der richtigen weiteren Aussagen Piechottas völlig untergeht. Denn sie sagte auch: „Macron lädt in Notre Dame Selenskyj und Trump ein – und Scholz ist nicht mal vor Ort. Das ist schon dramatisch.“ Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der designierte US-Präsident Donald Trump seien Anfang Dezember bei der Zeremonie zur Wiederöffnung der Kathedrale in Paris gewesen. Man habe sich zusammengesetzt und mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ausgetauscht. Warum war eigentlich Scholz nicht dazu eingeladen? Piechotta nannte den SPD-Kanzler „einen unterdurchschnittlich guten Regierungschef, der überproportional viel in Europa kaputt gemacht“ habe. Und da hat die Grüne absolut recht.

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Dieser Artikel wurde 15 mal kommentiert

  1. Libkon Antworten

    gab’s ne Anzeige? oder ist Schwachkopf mehr Wert als Arschlöcher? was sagt eigentlich Fischer ( mit Verlaub Herr….) dazu.
    ist der Staatsschutz informiert?

  2. S v B Antworten

    Ich wüsste nicht, dass Herbert Wehner, der als „gerade auch verbal außergewöhnlich engagierter“ Redner seiner Partei (SPD) galt, das A…-wort oder vergleichbare Ausdrücke jemals in den Mund genommen hätte. Soweit ich mich entsinne, war der Grüne Joschka Fischer der Erste, der sich traute, diese Vokabel im Hohen Hause „salonfähig“ zu machen; mit seinem berühmt berüchtigten Ausspruch „Herr Präsident, Sie sind ein A…“. Löste diese unterirdische Diktion damals allenthalben noch Schnappatmung, sprich höchste Empörung aus, quittiert man Ähnliches heute lediglich mit einem Schulterzucken und geht unmittelbar danach zur Tagesordnung über. Wer könnte je angenommen oder auch nur gehofft haben, dass die zunehmende Verrohung von Gesellschaft und Politik – in Ton und Umgang miteinander – ausgerechnet vor dem Hohen Hause Halt machen würde? Nicht nur, aber auch in diesem Zusammenhang weist die Entwicklung Deutschlands schon seit längerem dramatische Abwärts-Trends auf. Einzig denjenigen, der in den vergangenen Jahren, bzw. Jahrzehnten brav und unbeirrt seinen Kopf tief im Sande stecken ließ, kann diese traurige Erkenntnis überhaupt noch schrecken.

    Off topic, aber doch nicht ganz…
    Interessant, was Elon Musk, der gegenwärtig wohl beste Freund und Verfechter der freien Rede, in der „Welt“ von sich gibt. Das Riesengeschrei der Empörung war natürlich zu erwarten. Aber – wo der Mann recht hat, hat er recht. Und diesmal wohl in allem.

    • Günther M. Antworten

      Keine weißblauen – sondern Geschichtchen vom „Onkel Herbert“:
      10. März 1950:
      Wolfgang Hedler, der wegen antisemitischer Äußerungen aus der nationalkonservativen DP geflogen war, versuchte sich trotz eines Ausschlusses Zugang zum Bundestag zu verschaffen.
      Daraufhin schritten mehrere SPD-Abgeordnete ein, darunter auch der nicht als zaghaft bekannte Herbert Wehner.
      Hedler fiel im anschließenden Handgemenge durch eine Scheibe und eine Treppe hinunter und zog sich eine Platzwunde zu.

      14.05.1972 – DER SPIEGEL 21/1972
      Der Bonner SPD-Fraktionsvorsitzende Herbert Wehner beschimpfte den Münchner Genossen Günther Müller, dem es die eigene Partei nie so ganz recht machen konnte, zuweilen als „freischwebendes Arschloch“.

      29.09.2017 – WELT
      In den 60er-Jahren traf es Franz Josef Zebisch.
      Damals war es üblich, dass die SPD-Fraktion ihre Sitze im Plenarsaal alphabetisch verteilte.
      Zebisch beschwerte sich bei seinem Fraktionschef Wehner über die Anordnung – schließlich musste er mit seinem Nachnamen stets ganz hinten Platz nehmen.
      Daraufhin Wehner:
      „Sie können sich ja in Genosse Arschloch umbenennen.“

      * Neben „Übelkrähe“ und „Hodentöter“ gab es noch so einige!

      • S v B Antworten

        Na ja, zumindest im zuerst beschriebenen Fall fiel kein Schimpfwort. 😉

        Im zweiten Fall erfährt das böse Wort eine deutliche, ja fast schon charmante Abschwächung durch das zugesprochene Attribut der Schwerelosigkeit.

        Im dritten und letzen Fall erfolgte keine direkte Benennung des Wehnerschen Parteikollegen. Handelte es sich doch einzig um den gut gemeinten Vorschlag Wehners an seinen Parteikollegen, sich notfalls umzubenennen, um das Anrecht auf einen Sitzplatz in den vordersten Reihen des Plenarsaals zu ergattern.

        Also alles wohl halb so schlimm. In Anbetracht der geschilderten Fälle könnte übrigens auch die Fischersche Höflichkeitsformel „Mit Verlaub…“ als „irgendwie abmildernd“ aufgefasst werden.

        Trotz und alledem – das besagte A-Wort (oder Vergleichbares) würde mir selbst unter größtem Frust und Zorn nicht über die Lippen kommen. In den Sinn unter Umständen allerdings schon.

        Ach übrigens, hat nicht vor einigen Jahren auch Peter Tauber (CDU) einmal all diejenigen Parteikollegen, die die gegen Merkel wären, mit A-löcher bezeichnet…?

        Offenbar kann auch von Politikern nicht prinzipiell erwartet werden, dass sie angestaute Aggressionen wenigstens einigermaßen unter Kontrolle haben. Wie’s scheint, sind zumindest einige von ihnen phasenweise deutlich emotionsgesteuerte Wesen; und das mit allen sich daraus ergebenden Vor- und Nachteilen.

        Und Übelkrähe? An diesem recht sanften, ja humorigen Schimpfwort gibt’s, wenn überhaupt, nur wenig auszusetzen, oder? Wer weiß, am Ende wird es gar mein nächster Nick?

  3. Tina Hansen Antworten

    Hm, wie bereits ein oder zwei Mal erwähnt, kreuzte sich mein Lebensweg mal mit einem der wirklich ranghohen Bundesbeamten und sozialdemokratischen Parteifunktionäre, deren Namen in der Öffentlichkeit kaum bekannt sind und die zugleich über beträchtliche Macht verfügen. Zu den Weggefährten gehörten u.a. Scharping, Nahles, Faeser. Hervorragend vernetzt also. Nie werde ich den nachdenklichen Blick und die untypisch vorsichtige Formulierung vergessen, als die Rede auf Olaf Scholz kam. Zitat: „Der ist kein Menschenfreund.“

    • S v B Antworten

      „Respekt“ – zeugte diese Äußerung doch zumindest von von Stil und Kontenance. Vielleicht hatte der Mann damit sogar recht? Also auf geht’s, liebe Tina Hansen, zum Beweise-Sammeln…

  4. GJ Antworten

    Die Szene, als er Frau Esken nach seinem „erfolgreich“ verlorenen Misstrauensvotum eiskalt im Bundestag stehen ließ, sagte für mich alles aus, was man wissen muß. Es deckt
    sich mit meiner
    Einschätzung, die ich
    bereits vor etlichen
    Jahren hatte.

    • S v B Antworten

      Komisch, und ich hatte eher das Gefühl, dass er die sich nähernde Frau Esken nicht einmal wahrgenommen hatte. Insofern würde es sich gerade nicht um einen Affront gegenüber seiner Parteikollegin handeln. Soviel wie die Medien, die eine beabsichtigte Brüskierung Eskens durch Scholz erkannt haben wollen, habe ich jedenfalls in dem „Vorfall“ nicht erkennen und auch nicht hinein interpretieren können. Denke, dass Scholz sich deshalb gar keiner Schuld bewusst war, dies im Grunde also gar nicht sein konnte. Er hat Esken schlicht nicht gesehen. Achten sie mal genau darauf, wo Scholz hinschaut, bzw. nicht hinschaut. Am besten, wir fragen ihn selbst. 😉

  5. Achim Koester Antworten

    Zur Weiterbildung empfehle ich den Grünen die Lektüre der Bücher von Walter Moers „Das kleine Arschloch“. Kann man im Internet sehen und kaufen.

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