„Der Putin, der Putin…und was ist mit uns?“ Ostdeutscher Schriftsteller Marko Martin hält Steinmeier den Spiegel seines Versagens vor

Der ostdeutsche Schriftsteller Marko Martin hat bei einer Feierstunde „35 Jahre Friedliche Revolution“ im Schloss Bellevue in Anwesenheit von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in ungewöhnlicher Klarheit ausgesprochen, was schief gelaufen ist seit dem Tag morgen vor 35 Jahren, als die Mauer fiel und das Ende der DDR eingeleitet wurde. Dabei kritisierte er die „Geschichtsvergessenheit in Ost und West“ und seine ostdeutschen Landsleute für ihre auch heute noch „nostalgische Erinnerung an den guten Zaren Gorbi, unter dem der Kreml damals nicht Panzer auffahren und auf Zivilisten schießen ließ“. Als Gorbatschow das dann später in Vilnius machen ließ, hätten sich die wiedervereinigten Bürger wieder in ihr „Lieblingshobby“ zurückgezogen: „Sich mit sich selbst zu beschäftigen und zu grummeln.“ So höre er immer wieder bei Gesprächen in Ostdeutschland „Der Putin, der Putin…und was ist mit uns?“

Martin erinnerte daran, dass es die konsequente Haltung des Westens und der Amerikanern war, die Freiheit und Sicherheit für Westdeutschland garantierten und der Sowjetunion letztlich ihre Grenzen aufzeigte.

Mit versteinerter Miene hörte der Bundespräsident in der ersten Reihe zu, als sich der Festredner mit der sogenannten „Entspannungspolitik“ der SPD in den 80er Jahren befasste.

Martin sprach von einer als „Geo- und Realpolitik kaschierten“ Verachtung osteuropäischer Freiheitsbewegungen. Und von Gerhard Schröder, dem „nach wie vor großsprecherischen Duzfreund des Massenmörders im Kreml“, dem gerade vom neuen SPD-Generalsekretär bescheinigt wurde, dass er „weiter einen Platz in der deutschen Sozialdemokratie“ habe. Steinmeier war von 1999 bis 2005 Chef des Bundeskanzleramtes unter Gerhard Schröder und gehörte damit zu den Architekten, der fahrlässigen Appeasementpolitik seines Kanzlers gegenüber Russland, die Deutschland in eine tiefe Abhängigkeit von russischen Energielieferungen geführt hatte.

„Bei allem Respekt, Herr Bundespräsident“, sprach Martin die Rolle der Steinmeier-SPD und der Merkel-CDU bei der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 an. Die hätten „gegen alle fundierte Kritik“ am Bau festgehalten. Die Pipeline sei nur insofern „eine Brücke“ gewesen, wie Steinmeier 2022 selbst gesagt hatte, „als dass es Putin zusätzlich ermutigte, dass die Deutschen – sonst Weltmeister im moralisieren – das lukrative Geschäft nicht sausen lassen würden.“

Dabei sei mit erstaunlicher Arroganz überhört worden, wie „hellsichtig in Osteuropa gewarnt“ wurde.

„Ich danke auch allen, die vielleicht eine andere Rede erwartet hatten…“, endete Marko Martin unter Beifall. Nur der Bundespräsident saß mit eingefrorener Miene in der ersten Reihe und rührte keine Hand…

Die kompletten Reden der Feierstunde können Sie hier ansehen

 

image_pdfimage_print

Dieser Artikel wurde 8 mal kommentiert

  1. Stefferl Antworten

    Eines vorweg: ich finde es prima, wenn jemand – gerade auf solchen Veranstaltungen – den Mut hat, den Politikern die Leviten zu lesen. Das bräuchten wir viel häufiger. Nur leider haben nahezu alle, die in der Öffentlichkeit stehen, Angst davor, künftig gecancelled zu werden. Deswegen lassen sie es.

    Aber auch hier zum Thema und meine Kritik an seinen Positionen: die Bewunderung für Gorbatschow halte ich für richtig und wichtig. Ich weiß nicht, warum man sich daran abarbeiten muß. Auch die Annäherungsbemühungen an ein reformiertes Rußland waren richtig und wichtig. Der Fehler war allerdings die fehlende kritische Distanz und die völlige Fehleinschätzung des KGB-Mannes Putin. Allerdings hat sogar der absolute Freiheitsfreund und Libertäre Boris Jelzin Putin komplett falsch eingeschätzt und maßlos unterschätzt. Hier wäre es aber die originäre Aufgabe von Geheimdiensten, Think Tanks, echten Experten usw. der Bundesregierung eine realistische Einschätzung/Warnung zu geben. Dies ist aber weitgehend unterblieben. Nach den Plänen Jelzins wäre Rußland ein weitgehend freiheitliches Land mit Marktwirtschaft geworden. Putin hat daraus ein autokratisches Land mit (gesteuerter) Marktwirtschaft gemacht. Daß die SPD am liebsten selbst eine Kolonne Moskaus geworden wäre und Teile der CDU ebenfalls (Merkel ist immerhin eine überzeugte Sozialistin und FDJ-Funktionärin gewesen), hat diesen kritischen Part eliminiert. In Bezug auf den Bau und Betrieb von Nordstream II jetzt neunmalklug daherzukommen und das ganze Projekt als von vornherein gescheitert zu beschreiben, zeugt mehr von Böswilligkeit, als von Sachverstand. Es war absolut richtig, dass Deutschland eine weitere Versorgungspipeline aufgebaut hat. Die Warnungen kamen nur aus Ländern, die eigene Interessen verfolgt haben. Polen und die Ukraine fürchteten um ihre Durchleitungsgebühren (bringt viele Devisen ein ohne dafür arbeiten zu müssen) und die Amerikaner wollen ihr Flüssiggas verkaufen. An einem wirtschaftlich starken Deutschland haben traditionell viele unserer Nachbarn auch kein Interesse. Hätten wir immer noch etwas preisgünstigeres Gas, bräuchten wir z.B. keinen Atomstrom aus Frankreich. Der Fehler bei Nordstream II war nur, dass die Diversifizierung der Energieversorgung vernachlässigt wurde und damit eine große Abhängigkeit geschaffen wurde.

    • Der heißeste November aller Zeiten Antworten

      „…dass die Diversifizierung der Energieversorgung vernachlässigt wurde…“

      ?

      Nun gut, Ihr Fokus liegt wohl eher auf der geisteswissenschaftlichen habermas’schen Verquirlung gewisser Koniferen und rückgratloser Amöben, …mich als springergestiefelte AfD-Glatze, ahahah… mit Ehrendolch „Alles für Deutschland“ zwischen den Zähnen interessieren eher die Wutpustel auf dem Gesicht von einem Bundesexkrement. SATIRE!

      …deshalb in Wiedervorlage:

      „…Der gemeinsame Prüfvermerk des Bundesumweltministeriums und des Bundeswirtschaftsministeriums vom 7. März 2022, wonach ein Weiterbetrieb der deutschen Atomkraftwerke aus Gründen der nuklearen Sicherheit nicht mehr vertretbar gewesen sei, war nach Ansicht eines Zeugen fehlerhaft und vor allem politisch motiviert. Vor dem 2. Untersuchungsausschuss, der die Umstände des deutschen Atomausstiegs untersucht, erklärte Uwe Stoll, ehemaliger wissenschaftlich-technischer Geschäftsführer der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) und Mitglied der Reaktor-Sicherheitskommission, der Prüfvermerk sei inhaltlich an vielen Stellen falsch gewesen….“

      [ Heute von der Achgut News Redaktion in „Falsche Angaben im Vermerk zum Atomausstieg“ (…aktuell aus dem Presseportal des Bundestages)]

      …und da steht noch wesentlich mehr drin!

    • Der heißeste November aller Zeiten Antworten

      Noch einmal achgut:

      „…die gegenwärtige Dunkelflaute… Eine ganze Woche kein Wind und keine Sonne… es mussten in Spitzenzeiten 20 Gigawatt importiert werden, zum Preis von bis zu 820 Euro pro Megawattstunde, was einem Kilowattstundenpreis von 82 Cent entspricht…“

      Gender-Statistiker Habeck:

      „Wir haben jetzt im Moment, in diesen Tagen ja keine besonders gute Windlage. Das passiert immer mal wieder im November, das ist quasi normal und schon – sind die Strompreise hoch. Weil die Erneuerbaren nicht da sind. Wenn die Erneuerbaren wieder da sind, gehen sie runter. Stoppen wir den Ausbau, werden tendenziell die Strompreise höher …“

      …in meiner Fortschreibung GRÜNER Logik:

      Wenn wir noch mehr Windräder hätten, fehlte um diese Jahreszeit noch mehr Strom !!

      Slogan der AfD-BW: Kernforschung statt Gender-Studies!

  2. H.K. Antworten

    Tja, das hat unserem obersten Deutsche und „Feine-Sahne-Fischfilet“-Fan aber so gar nicht in sein Weltbild gepasst, wie die „Zeitung mit den vier Buchstaben“ heute um 14:30 berichtet:

    „ … Für Steinmeier war das offenbar zu viel.

    Marko Martin zu BILD: „Der Bundespräsident ist wutentbrannt auf mich zugestürmt, hat sich kaum beruhigen lassen. Er hat mir mehrfach wütend vorgeworfen, ihn zu diffamieren.“

    Steinmeier, so Augenzeugen, sei auch von Umstehenden, wie Ex-Stasi-Unterlagen-Behörden-Chefin Marianne Birthler (76), nicht zu beruhigen gewesen. Schon während der Rede atmete Steinmeier schwer, kaute mit dem Kiefer, unterdrückte sichtbar seine Gefühle.

    Das Staatsoberhaupt habe hinterher sicht- und hörbar die Contenance verloren, dem Schriftsteller an den Kopf geknallt, er und „die Intellektuellen“ hätten keinen Schimmer davon, wie schwer der Job von Politikern sei, was er, Steinmeier, alles hinter den Kulissen versucht habe. Martin bestätigte dies gegenüber BILD.

    Der Schriftsteller am Tag danach: „Ich habe ihn ja immer für einen kühlen Beamten-Automaten gehalten. Zumindest darin habe ich mich getäuscht.“

    Eine Sprecherin des Präsidenten: „Der Bundespräsident hat sich auf der Veranstaltung zu 35 Jahre Friedliche Revolution mit einem der Impulsgeber, Marko Martin, über das Erbe von 1989 ausgetauscht.““

  3. Achim Koester Antworten

    Die rot/grüne Blase demaskiert sich immer mehr durch ihre Dünnhäutigkeit. Berechtigte Kritik empfindet der Grüßaugust schon als persönlichen Angriff, die von Faeser erfundene Delegitimation des Amtes unternimmt dieser ausgebuffte Sozi höchstselbst.

  4. Achim Koester Antworten

    @KK
    Leider ist es nicht korrekt, dass Steinmeier „keine Hand rührte“, im Gegenteil, er ging nach der Rede wutentbrannt auf Martin los und beschimpfte ihn, ihn diffamiert zu haben. Grottenschlechtes Benehmen, aber was soll man vom schlechtesten aller BP auch Anderes erwarten.

  5. Henner Majer Antworten

    Der MarcoMat mag eine unerwartete Rede gehalten haben, seine undifferenzierte Russenfresserei ist leider eine abgegriffene Stereotypie, wie sie zum 1.001-ten Mal hinausgeblasen wurde und keinen Innovationswert hat.

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert