Ein Anfang, der für Viele gleich wieder Abschied ist
Letzlich war es dann doch eine recht würdige Feier, heute in unserer Kirchengemeinde. Die Erstkommunion ist, wie regelmäßige Leser meiner Beiträge wissen, immer eine zwiespältige Sache für mich. Natürlich freue ich mich, wenn da 100 Kinder erstmals zum Tisch des Herrn eingeladen werden. Und ich liebe geradezu das Bild, wenn all die Mädchen dort in weißen Kleidchen und die Jungs in ihren ersten dunklen Anzügen und Krawatten vorn im Altarraum stehen, die Paten mit Kerze neben sich, alle mit angemessen ernstem Blick, der dokumentiert: Hier geht es um etwas wirklich Wichtiges. Weniger erfreut bin ich beim Anblick vieler der mitgekommenen Verwandten, die man sonst nie in der Kirche sieht – den ein oder anderen vielleicht mal an Weihnachten – und von denen einige den Eindruck machen, gar nicht zu wissen, wo sie da sind, um was es geht und überhaupt: was redet der da vorn immer von Erlösung? Sei’s drum, wenigstens hat dieses Mal kein Handy geklingelt, und man muss auch für solche Fortschritte dankbar sein.
Rund 100 Kinder, verteilt auf zwei Messen, gehören nun also vollkommen zu unserer Kirche, und unwillkürlich musste ich bei ihrem Anblick daran denken, wie ihr Lebensweg weiter aussehen wird. Für einen beträchtlichen Teil von ihnen war’s das mit dem heutigen Tag. Es gibt eine Menge Geschenke, wahrscheinlich viele Geldscheine, wenn’s gut läuft auch ein Kreuz für die Kinderzimmer-Wand. Vielleicht ein Dutzend von ihnen wird sich den Messdienern anschließen und für die nächsten zwei, drei Jahre so den Kontakt zu ihrer Gemeinde halten. Der ein oder andere übernimmt vielleicht hin und wieder eine Aufgabe beim alljährlichen Gemeindefest. Vielleicht nehmen auch einige zukünftig mal an einem Sommercamp teil. Die wenigsten werden in Zukunft regelmäßig die Heilige Messe besuchen.
In fünf, sechs Jahren sind die meisten dann zum ersten Mal verliebt. Nichts interessiert sie dann weniger als Kirche, denn die ist „uncool“. Und die Empfehlung, vor der Ehe keinen Sex zu haben, werden nicht einmal die, die es sich vorgenommen haben, durchhalten. Unsere Gesellschaft, unsere Medien, das Internet, die Freundinnen und Freunde lassen keinen Raum für solch extravagantes Verhalten. Einzelne werden vielleicht ungewollt schwanger und suchen den Rat von Freunden oder Pro Familia zu ihrer „Notlage“. Wer hört auf die Kirche? Zwischendurch gibt es vielleicht noch mal ein Gebet, vor der Abschlussarbeit in Mathematik zum Beispiel. Oder die Messe am Heiligen Abend vor dem Geschenkeverteilen. Die meisten werden vermutlich irgendwann heiraten. Dann könnte die Kirche kurz interessant werden, weil es so schön feierlich ist und Fotos am Altar gern ins Album geklebt werden. Und so weiter. Erst später wird der Glaube dann wieder interessant, wenn ein naher Angehöriger stirbt oder wenn man selbst krank wird oder in Not gerät. Und je näher das eigene irdische Leben rückt, desto intensiver werden die Versuche, zu begreifen, dass es ja doch irgendwie weitergehen könnte und dass da „noch jemand ist“.
Das ist er, der Kreislauf des geistlichen (Er-)Lebens in einer Wohlstandsgesellschaft. Die Kirchen wissen das. Warum tun sie bloß nichts, um diese scheinbaren Unabänderlichkeiten zu durchbrechen?
Liegt der Normalo-wohlstandsmensch im Zuständigkeitsbereich der Kirche? Nur der Elende oder Arme ist doch vom barmherzigen Gott beachtet und geliebt. Ganz viel Trost soll das geben. Wer lehrt uns eigentlich bei all diesen täglichen Verführungen und Verlockungen Mäßigung? Und wenn da einer ruft: „Mäßigt euch!“ wie macht er das? Mit dem Moralfinger! Den kann man sich aber auch in die Ohren stecken, dann hört man das Rufen von diesen Spaßbremsern nicht. Und wenn es sinnige Geschichten gibt, die ein Exempel erzählen, wann greifen solche? Doch nur bei kleinen Kindern, oder? Wer erzählt denn die Märchen, Fabeln, Mythen und Legenden? Die beinhalten ja die Botschaft meistens von Mäßigung, Teilen, Barmherzigkeit etc. Die Kirche kennt viele solcher Botschaften, aber wer will sie von ihr hören, wo Kirche doch für suspekt, dogmatisch, antiquiert und verstaubt gehalten wird. Ist Moral antiquiert und verstaubt? Verstaubt wie das Familienbild mit Oma und Opa, die abends solche Geschichten erzählten, beim Kerzenschein, verstaubt wie das Märchenbuch. Einsame Kinder an Computern suchen sich Trost und Erfüllung irgendwie anders. Frustrierte Jugendliche verschaffen sich Luft nicht durch sinnige Fragen. Die Halt- und Seelenlosigkeit unserer heutigen beliebigen, mechanistischen, materialistischen, darwinistischen Welt gebietet nur noch das: Maximaler Lustgewinn, man lebt ja nur einmal und das Leben ist kurz und ungerecht. Kann die Kirche diese Sinnkriese auffangen, oder braucht es dazu Buddha, Krischna, Lama? Ist der Yogi der bessere Lehrer auf der Suche nach Sinn als der Pastor?
Was davon erhalten die Kinder auf ihren Weg nach der Kommunion oder Konfirmation? Geldscheine, Geschenke, eine nette Feier im Abgang so lala, einen Kirchenbesuch ohne Wissen wofür.
Kirche, das sind wir. Liebe zu unseren Kindern, das sind wir. Unser Schatz ist nicht die Feier und die Geschenke, sondern unsere Zeit für unsere Kinder und unsere Nächsten. Das wird uns als das Teuerste verkauft, höchster Luxus – Zeit – und ist doch nur ganz billig. Einfach innehalten und lauschen, hinsehen, zuwenden. Du bist genauso wichtig wie dieser und jener und wie ich. Nicht der Schnellste, Beste oder Neueste ist wichtiger, sondern der Augenblick, die Nichtigkeit, das Verborgene.
Heute ist Sonntag, ein Tag zum Innehalten.
Sehr geehrter Herr Droste,
entschuldigen Sie bitte, was wollen Sie prinzipiell zum Ausdruck bringen und was wollen Sie mit Ihren etwas kryptischen Formulierungen sagen? Geißeln Sie die ohnehin schlimme Gesellschaft, oder was möchten Sie?
„Wir sind kein weiße Kinder,
mir sinn Engelcher, du Arschloch.“ (Prof. Lützeler)
Fahrplan
Taufe – Erstkommunion – Firmung – Trauung – Letzte Ölung – Himmel oder Hölle – Ewigkeit.
Ich glaube, von mir behaupten zu können, ein gläubiger Christ zu sein. In der Kirche war ich aber zuletzt zu einer Trauerfeier. Mit und in der Institution Kirche fühle ich mich immer weniger daheim.
Bitte fragen wir uns einmal: Was macht denn DIE KIRCHE, abgesehen von Steuern einnehmen, Kindergärten, Krankenhäuser und andere soziale Einrichtungen betreiben?
Wenn ich einmal vergesse, was einige (viel zu wenige) Pfarrer(innen) vor Ort leisten, dann ist das Erscheinungsbild der Kirche vor allem durch negative Schlagzeilen beherrscht (Kindesmissbrauch, Gewalt in Kinderheimen…). Dann beispielsweise eine Bischöfin mit Alkohol am Steuer und ein Protzbioschof. Wenn man es auf die katholische Kirche fokussiert, dann auch noch durch Finanzskandale im Vatikan und so weiter. Ach ja, und dann verteidigt man in Rom auch noch das Verbot der Verhütungsmittel, der Abtreibung und den Zölibat.
Ich will jetzt gar nicht im einzelnen aufführen, welche Position zu diesen Streitthemen ich selbst einnehme, aber ich möchte die Frage stellen: Wo bleibt da der Kern des christlichen Glaubens? Für mich ist das „Liebe Deinen Nächsten“, und ich bitte alle Leser dieses Kommentars, sich einmal zu verdeutlichen, wie viele Dinge in unserem täglichen Leben, die wir heute für selbstverständlich halten, sich daraus herleiten lassen. Menschenwürde, Toleranz, eingentlich auch Frieden (den haben wir aber leider bestenfalls punktuell).
Mit solchen, für uns elementaren Werten werden die Kirchen kaum noch in Verbindung gebracht.
Ich habe den Eindruck, der Klerus lebt gedanklich noch im 18. oder 19. Jahrhundert. Anders kann ich mir nicht erklären, dass man sich häufiger zu den Unterschieden zwischen evangelischem und katholischen Glauben äußert als zu denen vom Islam.
Ich habe aus gegebenem Anlass vor drei Monaten Dr. Felix Genn, dem Erzbischof von Münster, geschrieben. Der Brief mündete in dem Satz, ich würde mir wünschen, aus seinem Mund einmal den Satz „Ich bin ein Christ, und das ist auch gut so“ zu hören. Ich habe bis heute keine Antwort erhalten.
Eine Kirche, die viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist, die keine klare Kante in den wirklich wichtigen Fragen mehr hat, wird als solche nicht mehr gebraucht. Und für Altenheime und Kindergärten gäbe es auch noch die AWO. Wenn, wie hier in meiner Nachbarschaft, im evangelischen Kindergarten mit Rücksicht auf die andersgläubigen Kinder kein Nikolaus und keine Weihnachtsfeier mehr stattfindet, dann ist er als solcher überflüssig.
Und um zu Klaus Kelles Ausgangspunkt zurückzukommen: Wenn ich heute Kinder im normalen Erstkommuniosalter hätte, fiele mir die Entscheidung, ob ich sie dort teilnehmen liesse oder nicht, schwer. Wahrscheinlich würde ich warten, bis sie ein Stück älter sind, Ihnen dann -soweit noch nicht geschehen- vorleben und erklären, was christlicher Glaube und Kirche aus meiner Sicht sind und bedeuten, und sie dann selbst entscheiden lassen.
Hallo Uwe aus Do,
weitestgehend stimme ich zu.
Aber Ihre Aussage, die Kirche lebt noch im 18. und 19. Jahrhundert, muss widersprochen werden.
Die Kirche und Ihre Institutionen sind in allen wesentlichen Elementen zu hochmodernen und komplexen Wirtschaftsunternehmen geworden, die über immense Gelder verfügen. Die Kirche denkt und handelt wie Wirtschaftsunternehmen und sie wird auch von führenden Ökonomen beraten .
Was Ihre Aussage zu Bischof Genn angeht, auch da stimme ich zu. Die Bischöfe bewegen sich auf einer anderen übergeordneten Ebene und sie überlassen die Auseinandersetzung mit den vielfach irritierten Gläubigen den nachgeschalteten Referenten. Glaubensarbeit in seiner klaren Begrifflichkeit findet auf einer anderen Basis statt. Wann haben die Gläubigen einmal die Chance, einen Bischof zu erleben, ihn zu hören und mit ihm zu diskutieren. Ich selbst wohne in der Nähe von Kevelaer und habe mehrfach Bischöfe und andere hohe Würdenträger dort erlebt. Was ich dort im Umgang mit den Gläubigen erlebt habe, die an den Straßen stehend, auf die Bischöfe gewartet haben, hat mich betroffen gemacht. Gerade aber Diskussionen würden ein Miteinander fördern und sie könnten auch dazu führen, Irrtümer und Missverständnisse auszuräumen. Kurz gesagt: Dialog findet nicht statt.
Hallo Herr Streubel,
mit den komplexen Wirtschaftsunternehmen haben Sie natürlich Recht. Ich meinte hauptsächlich die Art und Weise, sich selbst, den Glauben, nach außen zu vertreten. Und da bleibe ich dabei: Das ist aus dem (vor)vorigen Jahrhundert.
Früher waren die Kirchen proppenvoll, heute sind sie leer.
Er ist schuld?
Wenn die Kirche? kein Kommentar.
Wenn wir, wer hat uns so gemacht?
Warum kann ich das Vaterunser nicht mehr?
Liebe User,
in den Grundzügen muss man den Formulierungen von Herr Kelle zustimmen. Fakt ist aber auch, dass bei allem Verständnis, deutlich die Differenziertheit fehlt. Die Gründe, warum sich leider immer mehr Christen von ihrer Kirche abwenden, sind sehr vielfältig und auch nachvollziehbar. Es hilft leider nicht, wenn in der Kirche von Demut, Armut, Bescheidenheit, Toleranz, Enthaltsamkeit, Nächstenliebe, der Notwendigkeit des Zölibats und anderen moralischen Werten gepredigt und von den Kanzeln und Ambos eingefordert werden. Leider fehlt es, wie so oft, an gelebten Vorbildern, ohne hier und jetzt präzise zu werden. Gäbe es Vorbilder im Sinne der Wertebegriffe, die von Christus vorgegeben wurden, würden sich sicher deutlich mehr Christen, denn sie gibt es noch, mit der Kirche identifizieren. Die Kirche muss durch gelebte Beispiele Orientierung vergeben und vorleben. Tut sie das?
Lieber Herr Streubel,
es gibt schon noch Vorbilder in unseren Kirchen, aber nach meiner Beobachtung werden es immer weniger.
Beste Grüße, Klaus Kelle
Lieber Herr Kelle,
vielen Dank für Ihren einschränkenden Kommentar, der mich aber bestätigt und in der Konsequenz und Logik, was das Fehlen von Vorbildern angeht, leider frustrierend ist.
Mich erstaunt zunehmend, ist die Sprachlosigkeit und das Wegducken der Kirchenfürsten. Wo gibt es Sie, diese Hengsbach’s und Frings und Andere, die ihren Mund aufgemacht haben und auch was zu sagen hatten.
Beste Grüße
ich stimme Ihnen im großen und ganzen zu Herr Streubel. Was der Kirche fehlt sind Vorbilder. Was der Kirche fehlt sind Priester, die mit Herz, Leib und Seele wirkliche Christusnachfolger sind und nicht nur der Masse schmeicheln und mit dem „Zeitgeist“ gehen. Was uns fehlt sind heilige Priester. Das große Problem ist jedoch, dass diese Priester in unserer soooo „toleranten“ Umgebung und natürlich auch in Kirchenkreisen geächtet werden und als Fundamentalisten verschrien sind. Welcher Pfarrer predigt denn heutzutage noch von der Notwendigkeit des Zölibats? Welcher spricht von Sünde? Welcher von Umkehr, welcher von den Heilssakramenten von Beichte u.s.w? (Der Trend ist doch: Wir kommen alle alle alle in den Himmel.)
Was ist eigentlich jedoch die Ursache dieser Glaubenskrise?
Bei allen Diskussionen und Überlegungen haben wir Einen vergessen. GOTT .
Jesus sagt: Du sollst den Herrn deinen Gott lieben, von ganzem Herzen , mit ganzer Seele, mit deinem ganzen Gemüte und mit all deinen Kräften. Das ist das erste Gebot und wichtigste Gebot. (Das Zweite ist ihm gleich, Du sollst deinen Nächsten Lieben wie dich selbst.)
Wo findet in den heutigen Kirchen wirklich noch Anbetung statt? Wo ist die Ehrfurcht vor unserem Gott geblieben? Wo das Geheimnis? Wieso hat man die Tabernakel zur Seite gestellt? Wieso die Kniebänke /Kommunionbänke verschrottet? Wo ist das Heilige geblieben? Die Heiligenfiguren sind im Museum gelandet. Was ist mit der Liturgie? Welche Ideen, welcher Tanz, welche Neuheit, welcher Sketch steht wohl heute in der „Heiligen Messe“ auf dem Programm?
Der Mensch hat sich in den Mittelpunkt gerückt. Wo ist GOTT geblieben? Feiern wir die Hl. Messe als „unblutige Erneuerung des Opfertotes unseres Herrn Jesus Christus“? Oder ist sie nur noch Mahl ?
Wie ist es mit der Heiligen Kommunion? Glaube ich als Katholik (als Priester) überhaupt noch an die Realpräsenz von Jesus in der Hostie nach der „Wandlung“?
Wenn ich in die Kirche gehe, möchte ich Gott begegnen.
Wenn ich eine Vorstellung sehen möchte, gehe ich in`s Konzerthaus oder in die Turnhalle.
Liebe L.H., danke für alles, was Sie da eben gesagt haben.
Vergelts Gott!