Die Zersplitterung des Parteienspektrums in Deutschland hat zur Folge, dass Parteien mit unter 30 Prozent Stimmanteil einen Regierungsauftrag einfordern können, so wie am Abend die hessische CDU, die zuvor eine Klatsche von minus zehn Prozent kassieren musste. Sie verlor fast gleich viel an Grüne und AfD. Frei nach dem Motto: Wer nach allen Seiten offen sein will, der ist nicht ganz dicht.

Die CSU in Bayern und jetzt die CDU in Hessen haben massiv verloren und sind die Gewinner der zwei jüngsten Wahlgänge. So lange niemand mit der AfD verhandelt – und die Union bisher ja auch nicht mit der SED – reicht es. Und viele Politiker in der Union wissen das und kalkulieren damit. Denn es geht nicht um Politik, sondern um die Arithmetik der Macht.

Um einen Politikwechsel organisieren zu können, müssen politische Kräfte zusammen mindestens 50,1 Prozent der Stimmen hinter sich versammeln. Sonst gibt es keinen Politikwechsel…

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Dieser Artikel wurde 6 mal kommentiert

  1. G. J. Antworten

    Genauso ist das. Krasse Verluste, minus 11% für die CDU. Bei Herrn Bouffier nicht die Spur einer Emotion Vielleicht die eine oder andere routinierte Worthülse. Die Grünen haben genug Zugewinn, dass am Ende einfach weiterregiert werden kann mit 1 Stimme Mehrheit. Vielleicht der eine oder andere Minister oder Staatssekretär wird ausgetauscht. Schuld ist Berlin. Fertig. Ein konservativer CDU-Kandidat äußerte sich allerdings dahingehend, dass die Personalie Merkel als Parteivorsitzende (nun endlich!) zur Disposition gestellt werden müsse. Oh – hat da etwa jemand endlich verstanden, was viele Wähler umtreibt? Frau Merkel wird das egal sein. Bouffier regiert weiter. Das allein zählt. Da wird munter weitergemacht. Bis die CDU die 20% durchbricht, nach unten.

  2. C. S. Antworten

    obiger Kommentar: „Krasse Verluste, minus 11% für die CDU“.

    Das hätte die CDU wohl gerne. Es sind aber gut 11 ProzentPUNKE. In Prozent: die CDU hat fast 30 % der Stimmen verloren, nicht nur 11 %.

  3. HB Antworten

    Wie ein Journalist einmal in einer Talkrunde sagte: „Es gibt in Deutschland viele Parallelgesellschaften, auch Politiker leben in einer.“

  4. S v B Antworten

    Also mir genügen 50,1% der Stimmen eher nicht, lieber Herr Kelle. Eine komfortable Mehrheit in Höhe von – na, sagen wir mal – plus/minus 66%, welche sich durchaus auch aus einer möglichst harmonischen Koalition „gesinnungsverwandter“ Parteien ergeben kann, wäre mir am liebsten. In diesem Falle wüsste man die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich; die Akzeptanz von Beschlüssen und Maßnehmen wäre dadurch deutlich erhöht. Wenn allerdings die konträren Gesinnungslager jeweils so um die 50% herum eiern, fühlt sich jede Seite gleichermaßen im Recht, was bekanntlich gerne zu ermüdendem politischem Tauziehen und ständigem Blockieren von Beschlüssen führt. Ein effizientes Regieren wird so enorm erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht. Also möglichst satte, komfortable Mehrheiten bitte. CDU/CSU, AfD und FDP – das wär doch mal was, oder?

  5. W. Lerche Antworten

    Meine Beobachtung ist, dass die CDU Angst vor satter eigener Mehrheit hat. Die absolute Mehrheit für die CDU wäre sehr schwierig für die CDU. Warum? Na dann müsste sie regieren und Weichen stellen, Entscheidungen treffen, Reformen durchführen. Ich erinnere an Helmut Kohls Zeit, als die CDU/CSU/FDP jahrelang auch im Bundesrat die Mehrheit hatte. Damals – jedenfalls mit Worten – wollte die CDU eine große Steuerreform. Vor dieser Zeit warf man der SPD vor, sie würde das blockieren. Als die CDU das endlich mit Mehrheit durchsetzen konnte, geisterte der Entwurf solcher Reform gefühlt jahrelang herum, wurde wegen Banalitäten künstlich aufgerieben, schob in – ich behaupte – mit Absicht vor sicher her bis…bis zu einer Landtagswahl (habe vergessen welche), bei der sie die CDU die Bundesratsmehrheit verlor. Wohlgemerkt, die FDP-„Steuersenkungspartei“ immer dabei. Und 1 Tag nach Verlust der Mehrheit profilierte sich – ich glaube – Lafontain damit, diese Steuerreform zu verhindern. Da war die CDU erleichtert, hatte sie doch einen Schuldigen, der sie an einer Reform hinderte. – DAS ist die CDU auch.

    Was die CDU mit einer Mehrheit von 60% machen würde, kann man in der Vergangenheit sehen.
    Für mich war dieses „verhinderte“ Steuerreform ein Schlüsselerlebnis, welches mir die Unschuld der CDU nahm.
    Also, ich erwarte nicht zu viel vom frischen Wind in der CDU sondern nur Nuancen von Änderungen. Das gilt – ohne Wertung – auch für alle anderen Konstellationen, solange die Interessen der gestern, heute und morgen Einfluss Nehmenden (das globale Großkapital, Versicherungen, Banken, Konzerne, sonstige Lobbyverbände) unverändert über die Politik dominieren.
    Wer glaubt denn was anderes?

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