GASTSPIEL Stefan Hartmann über das Kreuz des Kardinals mit dem Kreuz und seinen Bischöfen

„Ich fürchte nicht die Stärke des Islams, sondern die Schwäche des Abendlandes. Das Christentum hat teilweise schon abgedankt. Es hat keine verpflichtende Sittenlehre, keine Dogmen mehr.“

Dieser Satz des großen Publizisten und Islamkenners Peter Scholl-Latour (1924-2014) könnte die Kreuzprobleme von Kardinal Reinhard Marx, des amtierenden Münchener Erzbischofs und Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, etwas erklären helfen. Zusammen mit dem evangelischen bayerischen Landesbischof und EKD-Vorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm sah er sich Ende Oktober 2016 bei einer bischöflichen Pilgerreise ins Heilige Land verpflichtet, auf dem Jerusalemer Tempelberg das bischöfliche Brustkreuz abzulegen. Das Foto davon machte die Runde und war kein glücklicher Auftakt zum ökumenisch angelegten Reformationsjubiläum.

Der mediale „shitstorm“, dem die beiden Kirchenführer daraufhin ausgesetzt wurden, war gewaltig, das nachfolgende Fehlereingeständnis eher halbherzig. Kein Dogma der Christen ist so zentral wie das „pro nobis“ des die Menschen in Christus erlösenden Kreuzes, aber genau dieses Dogma wurde durch das Jerusalemer Zeichen relativiert. Vielleicht war dies indirekt ein Grund für den bekennend evangelisch-lutherischen neuen bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, mit einem „Kreuzerlass“ für Behörden des Freistaats ein öffentliches Gegenzeichen zu setzen. Aber nun verfällt derselbe Kardinal wenige Tage nach dessen Ankündigung über die „Süddeutsche Zeitung“ in eine mediale Schelte des Politikers, wirft ihm „Spaltung“, Unruhestiftung und Instrumentalisierung des Kreuzes für politische Zwecke vor.

Der CSU gegenüber distanzierte Teile des katholischen Milieus in Medien und Ordinariaten sekundierten ihm, ein Jesuit und ein Hochschulpfarrer schreiben einen offenen Brief, aber viele Gläubige sind irritiert und verärgert über das Vorgehen gegen ein politisches Glaubenszeichen, sei es nun mehr kulturell-ethisch oder religiös verstanden. Es folgt ein weiterer und noch heftigerer „shitstorm“, aber auch fundierte Unterstützung der Staatsregierung durch besonnenere Bischöfe. Hier liegt ein weiteres „Kreuz“ des Münchener Kardinals. Er meinte, eine Glaubensfrage wie die Zulassung evangelischer Ehepartner zur katholischen Eucharistie zum Gegenstand einer Mehrheitsentscheidung machen zu können. Dem widersprachen alle fünf bayerischen Bischöfe mit dem Kölner Kardinal Woelki in einem Brief an die Glaubenskongregation. Ein Brief, der auf merkwürdige Weise aus dem Bonner Sekretariat der Bischofskonferenz an den Kölner Stadtanzeiger durchgestochen wurde. Seither gibt es den „Kommunionstreit“ in einer gespaltenen Bischofskonferenz – der Auslöser dazu war die fehlerhafte Moderation des Kardinals mit den Kreuzproblemen.

Nun ist der aus Geseke in Westfalen stammende Münchener Kardinal Reinhard Marx zwar kein Bayer, aber der barocken Lebensweise durchaus nicht abgeneigt. Er leitet das weltweit wohl reichste Erzbistum mit einem sechs Milliarden Euro Besitz. Dagegen wäre nichts zu sagen, ein fähiger Generalvikar (Msgr. Peter Beer) verwaltet das Kirchenvermögen transparent und solidarisch gegenüber Hilfsbitten aus der Weltkirche. An „Macht“ scheint es also dem Erzbischof von München nicht zu fehlen, warum also die zeitgeistkonformen Machtdemonstrationen gegenüber der CSU-Staatsregierung und den etwas anders denkenden Mit-Bischöfen?

Viele Laien und Kleriker nicht nur in München und Bayern vermissen ein mehr spirituelles Profil beim Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. Bei aller Sympathie für seinen evangelischen Kollegen Bedford-Strohm sollte dieses Profil auch als katholisch erkennbar bleiben. Um der Einheit und des Friedens in der deutschen katholischen Kirche bedarf es also einer Besinnung und Umkehr – oder der Neuwahl eines Vorsitzenden, der wieder wie Erzbischof Zollitsch und Kardinal Lehmann nach außen die Einheit der Bischofskonferenz glaubwürdig vertreten kann. Der „Ball der Einheit“ wurde durch den besorgten Brief der sieben Diözesanbischöfe ins römische Feld gespielt, von dort aber wieder zurückgegeben. Die Lösung liegt allein vor Ort in der Erkenntnis, dass geistliche und pastorale Fragen nicht durch Machtdemonstrationen einer Mehrheit entschieden werden können, sondern einvernehmlich in Verbundenheit mit der Lehre der Kirche. Deshalb ist man noch lange nicht eine „Filiale Roms“, wie es ein weiteres unglückliches Wort des überforderten Kardinals mit den Kreuzproblemen zum Ausdruck brachte.

image_pdfimage_print

Dieser Artikel wurde 10 mal kommentiert

  1. Werner Meier Antworten

    Vielen Dank für diesen treffenden Kommentar. Ich habe auch den Eindruck, dass die beiden ach so „fortschrittlichen“ Multikultifans Marx und Bedford-Strohm sich dringend um ihre Hauptaufgaben kümmern sollten, statt sich schwerpunktmäßig für unbegrenzten Zuzug von Flüchtlingen und den Islam einzusetzen. Fragen aus den eigenen Reihen gäbe es genug.

    • S v B Antworten

      Im Netz kann man erfahren, dass der Multikulti-Verfechter Bedford-Strohm, trotz seiner oft beteuerten Affinität zum inter-kulturellen, bzw. inter-ethnischen, Zusammenleben, es anscheinend vorzieht, während seiner Aufenthalte in seiner „zweiten Heimat Südafrika“ in einem rundum von Elektrozäunen umgebenen und rund um die Uhr von Sicherheits-Personal überwachten Gated Estate wohnt. Wer allerdings selbst meint, sich in Südafrika in einer solchen, gegen unliebsame, kriminelle Elemente bestens geschützten, dazu meist top gepflegten, Anlage ängstlich verschanzen zu müssen, sollte sich hierzulande nicht als moralische Instanz gegenüber denjenigen darstellen, die dem unkontrollierten Zuzug „kulturfremder Fremder“ reserviert bis ablehnend gegenüber stehen. Falls die Angaben im Netz korrekt sind, bewohnt das Ehepaar Bedford-Strohm ein Haus innerhalb eines der besonders bei „den den Weißen“ Südafrikas sehr beliebten Gated Estates, von denen nicht nur unliebsame oder kriminelle Elemente, sondern oft auch die ganze Lebenswirklichkeit der weniger bemittelten, gar mittellosen – meist schwarzen oder farbigen – Bevölkerungsanteile des Landes ferngehalten werden. Man bleibt dort eben gerne unter sich. Ich fand’s bemerkenswert.

      • Heidi Bose Antworten

        Daumen hoch, gefällt mir.
        Die Kinder der Flüchtlingsklatscher hier gehen auch in Privatschulen oder Schulen mit geringem Migrantenanteil.

  2. Heidi Bose Antworten

    Wenn Jesus während der Inquisitionszeit gelebt hätte, hätten sie ihn vermutlich verbrannt. Und wenn er heute als Jude unter uns leben würde, würde er vermutlich exkommuniziert und ungeschützt den Muslimen freigegeben.
    Will Kardinal Marx mit der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in Bayern so lange warten, wie der Grossinquisitor Müller in Rom mit der Aufarbeitung in Regensburg: bis alles verjährt ist?

  3. colorado 07 Antworten

    Peter Scholl-Latour meint, das Christentum habe teilweise schon abgedankt. Recht hat er bezogen auf das hiesige , westliche Christentums. Aber in anderen Weltteilen blüht es auf und paradoxerweise auch dort, wo es verfolgt wird, wie z. B. in China.
    Und was Herr Marx und Herr Bedford Strohm anbelangt, so sitzen beide tatsächlich auf einem sinkenden Boot. Nur scheinen sie das nicht zu wissen, sonst würden sie nicht weiter dazu beitragen.

  4. Dr. Stefan Hartmann Antworten

    Wer dem Islam und den illegalen Einwanderern nicht entgegenkommt, wird vielfach als „Rassist“ bezeichnet – auch von Kirchenleuten. Trauriger Zustand der Diskussionskultur in unserem Land.

    • Alexander Droste Antworten

      Islam ist keine Rasse, also kann ich ihm gegenüber kein Rassist sein.
      Als Religion ist er mir fremd und bleibt es auch. Als Ideologie ist er mir verhasst.
      Bleiben die Einwanderer. Es gibt da nette und weniger nette. Von allen verlange ich ein Bekenntnis, zumindest aber die Akzeptanz unserer Gesellschaftsordnung, erworben in Jahrhunderten unter Schmerzen.

      Der Glaube ist Privatangelegenheit in einer säkularen oder laizistischen Gesellschaft. Das bedeutet aber nicht, dass er nicht gemeinschaftlich ausgeübt werden soll oder keinen Einfluss auf die Gesellschaft haben kann.

      Die Kirchen müssen eine Antwort auf die Fragen der Zeit finden. Sie stehen noch aus. Es fehlt dahingehend offenbar der Draht nach oben.

      Es ist daher kein Wunder, dass die verunsicherten Menschen sich einem System wie dem Islam anschließen. Hier glaubt man sich aufgehoben. Das Nachgeben der Kirchen hier ist fatal und ich interpretiere das als Resignation. Der Islam steht in weiten Teilen im krassen Widerspruch zur christlichen Lehre, die Rechtsauffassung der Muslime ist inkompatibel mit den Erringenschaften der Aufklärung.

    • Wolfgang Andreas Antworten

      Ein Wort von Kardinal Meißner, das sich unsere „Dummmenschen“, ich nenne sie nicht mehr „Gutmenschen“, hinter die Ohren schreiben sollten: „Ich kenne kein islamisches Land, das tolerant ist.Toleranz predigt der Islam nur dort, wo er in der Minderheit ist!“ – Ich bleibe mit Bertolt Brecht einig: „Die dümmsten Kälber suchen sich ihre Schlächter selber!“

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert