Ich will eine arme, eine barmherzige und eine ehrliche Kirche Christi
Es muss die Hölle gewesen sein für diese Kinder, die über Jahrzehnte Gewalt erlebten, die misshandelt und gedemütigt wurden, und von denen einige Dutzend sogar sexuell missbraucht wurden. Und das an einem Platz, wo man sie als Eltern am sichersten wähnte: Bei der Kirche. Im konkreten Fall bei einem weltberühmten Chor: den Regensburger Domspatzen.
Betroffene schilderten ihre Schulzeit – wohlgemerkt an einem katholischen Gymnasium – als «Gefängnis, Hölle und Konzentrationslager». Die körperliche Gewalt sei alltäglich und brutal gewesen. Viele Opfer schilderten die Jahre als die «schlimmste Zeit ihres Lebens, geprägt von Angst, Gewalt und Hilflosigkeit».
Man ist fassungslos, ich bin fassungslos als einer, der trotz der real existierenden Kirche an Gott glaubt und begeistert lese und höre, was uns Jesus Christus seit 2.000 Jahren gelehrt hat und lehrt. Das, was wir hier aus Regensburg und vielen anderen Heimen und Schulen erfahren, wo in jedem Raum ein Kreuz hing und hängt, ist erschütternd.
Trete ich deswegen aus der Kirche aus, was sicher jetzt wieder Viele tun werden, die das schon lange vorhaben? Nein, weil ich ja weiß, wie viele großartige Menschen sich auch heute noch für unsere Kirchen und für den Glauben engagieren. Aber an diesen gewaltigen Kirchenapparaten muss sich etwas ändern. Ich will eine Kirche, die arm ist. Ich will Bischöfe, die nicht im E-Klasse-Mercedes huldvoll winkend an den Schäfchen vorbeikutschiert werden, sondern ich will, dass sie in Sandalen herumlaufen. Ich will Priester, die zu denen gehen, zu denen sonst keiner mehr gehen will. Ich will Christen, die barmherzig und gütig sind, und nicht hilflose Menschen ausnutzen, ohne ernsthafte Sanktionen erwarten zu müssen. Ich will Geistliche, die im Straßenbild erkennbar und ansprechbar sind, die alte Leute im Seniorenheim besuchen oder Kranke in der Klinik. Ich will Christen, die sonntags nicht sicht- und hörbar „Halleluja“ rufen und es schon vergessen haben, wenn es um die eigene Ehe geht. Ich will eine glaubhafte Kirche, eine ehrliche, auch wenn sie viel kleiner ist als heute.
Ich hadere mit meiner Kirche wie noch nie wegen solcher gewissenlosen Verbrecher, von denen wir heute aus Regensburg gehört haben. Und das obwohl ich zutiefst überzeugt bin von meinem Glauben.
Die Eltern sind nicht unschuldig. Eltern haben die Fürsorgepflicht. Sie haben die Pflicht, die Kinder aus der Schule zu nehmen.
Ich hörte gerade heute im Bayerischen Rundfunk, dass als Beispiel für die ertragenen Misshandlungen Ohrfeigen genannt wurden. Vielleicht hätten meine Schwestern und ich unseren längst verstorbenen Vater ebenso der Kindesmisshandlung beschuldigen können, weil wir im Laufe unserer Kindheit und Jugend gar nicht mal selten so genannte Backpfeifen einstecken mussten. Oder gar meine selige Mutter, die es mitunter eben nicht bei der bloßen Drohung mit dem hölzernen Kochlöffel beließ. Schmerzhaft das alles, und gar nicht schön, doch durchaus im Rahmen des damals Üblichen. Trotzdem wage ich zu behaupten, dass die physischen Strafmaßnahmen in meinem Falle zumindest ganz entscheidend zu Aufbau und Stärkung meiner Resilienz beigetragen haben. Vielleicht hat sich daraus für mich auch eine Art Lebensmotto entwickelt, das da lautet: was mich nicht umbringt, macht mich stärker.
Neben anderen berichtete mir einer meiner besten Freunde (Italiener), dass es während seiner Schulzeit in einem katholischen Knabeninstitut in Italien des öfteren heftige Stockschläge auf die Hände gab. Er – und die anderen – haben diese so gar nicht freundlichen Gesten seitens der Priester ohne erkennbare psychische Schäden überstanden. Meine erste Grundschullehrerin, Frau G., ein älteres und daher vielleicht etwas nervenschwacheres Semester, pflegte abzustrafen, indem sie uns Winzlingen mit beiden Fäusten im Wechsel kräftig auf den Rücken boxte. Pfui! In noch früherer Zeit sollen die Züchtigungen im Schulwesen mitunter geradezu drakonisch gewesen sein. Heute schützt da wohl die Gunst der späten Geburt.
Es liegt mir fern, das alles schönzureden, aber irgendwie beschleicht mich der Verdacht, dass es uns heute manchmal an einer etwas „bodenständigeren“, sprich realistischen, Perspektive mangelt.
Der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen allerdings ist völlig anders zu bewerten. Dieser stellt eindeutig ein Vergehen dar, das im Falle Regensburg jedoch aufgrund der Verjährung nicht mehr gerichtlich belangt und adäquat bestraft werden kann. Leider.
Es bleibt zu hoffen, dass die betroffenen ehemaligen Domspatzen inzwischen gelernt haben, die traumatisierenden Erlebnisse ihrer Kindheit zu verarbeiten, um sie schließlich sehr bewusst und behutsam in die Vielfalt ihrer übrigen Lebenserfahrungen einzufügen.
Ansonsten schließe ich mich der Frage von Elisabeth Weiss an: warum haben die Eltern der Betroffenen (es waren wohl weit mehr als 500!) nicht gemerkt, dass es ihren Kindern nicht gut ging in ihrer Eigenschaft als Regensburger Domspatzen? War es am Ende gar der Stolz der Eltern darauf, dass gerade ihr Kind privilegiert war, ein Mitglied des weltberühmten Chors zu sein? Hat sie ihre eigene Eitelkeit am Ende über die SOS-Signale ihrer Kinder hinwegsehen und -hören lassen? Haben sich die Eltern nur allzu gerne in ihren Kindern – und deren Erfolg – gespiegelt? Möglich wär’s.
Auch ich ging aus meiner Kindheit, die gänzlich frei von körperlichet und sexueller Gewalt war, mit dem Motto „was mich nicht umbringt, macht mich stärker“ hervor; Grund war das zwischenmenschliche Chaos einer ach so modernen Patchwork-Familie. Gerade deshalb hege ich den unrealistischen Wunsch, dass Kindheit Schutzraum sein möge. Ein Internat ist dafür in meinen Augen nur im absoluten Ausnahme-Fall der richtige Ort, egal wie elitär die Einrichtung sein mag.
Danke für die Stellungnahme. Meine Kindheitserinnerungen sind ähnlich, ohne das ich katholisch erzogen worden wäre. Auch Protestanten huldigten dem Credo “ was uns nicht umbringt macht uns nur härter“ zu recht.
Sehr geehrter Herr Kelle,
Nicht erst heute haben wir von den Vorfällen in Regensburg erfahren. Was jetzt in den Medien plötzlich wieder in den Schlagzeilen ist, ist nichts neues.
Warum? Warum jetzt wieder?
Auch im Focus wurde gestern ein Riesenartikel zu dem Thema veröffentlicht. Warum jetzt? Das darin beworbene Buch von Herrn Probst ist bereits im Feb. 2017 erschienen. Warum also jetzt dieser Artikel?
Mir liegt es fern, diese scheinheiligen Kirchenvertreter in Schutz zu nehmen.
Doch was nutzt es, wenn jetzt ein Vertreter in Regensburg vor die Presse tritt und sich für irgendwas rechtfertigen muss, was zu einer Zeit geschah, als eben dieser Mann selbst noch ein Kind war?
Die Verantwortlichen die zwischen 1945 und 1990 Domspatzen – und nicht nur die – misshandelt oder missbraucht haben sind doch nicht mehr da, oder uralte Greise, die Fälle sind verjährt. Jetzt kann man niemanden mehr dafür zur Rechenschaft ziehen. Außer?
Worum geht es also jetzt? Um Geld!
Jetzt plötzlich nach 30 oder 40 Jahren melden sich plötzlich immer mehr Betroffene zu Wort und klagen an?
Und genau das hat einen faden Beigeschmack. Wenn ich missbraucht werde, weiss ich das sofort und nicht erst 30 oder 40 Jahre später, wenn ich die mediale Aufmerksamkeit habe.
Sicher kann man sagen, als Kind hat man sich nicht getraut, war scheu, wußte nicht an wen man sich wenden konnte. Da fragt man sich zunächst, haben all diese betroffenen Jungen solche Horroreltern?
So viele Eltern, denen das Wohl ihrer Buben so egal war? Die Veränderungen an dem Verhalten ihrer Jungen entgangen sind? Haben sie alle weggesehen oder waren sie alle solche Ignoranten? Sollten diese fürsorglichen Eltern nicht ebenfalls berechtigt kritisiert werden?
Wenn man sich schon nicht an die Eltern wenden kann, wenn man solche schrecklichen Sachen erlebt hat, dann klage ich es spätestens dann an, wenn ich volljährig bin, damit der Fall nicht verjährt, damit die Schuldigen bestraft werden können und auch verhindert werden kann, dass solche Machenschaften ungehindert über Jahrzehnte weiter gehen.
Jeder Betroffene der damals geschwiegen hat, trägt eine gewisse Mitschuld, dass dieser Missbrauch sich über Jahrzehnte weiterging.
Das selbst überführte Täter in der katholischen Kirche geschützt werden ist ebenfalls nichts neues. Die Herren werden dann bei vollen Bezügen halt an einen anderen Einsatzort versetzt. Keiner dieser „Würdenträger“ kommt ins Gefängnis, keiner musste sich je verantworten, keiner wurde aus der Kirche „rausgeworfen“.
Nicht nur in diesen schrecklichen Fällen, auch Tebartz van Eltz ist so ein Beispiel. Er gehört wegen Unterschlagung ins Gefängnis und nicht aus der Schußlinie genommen.
Das zeigt jedoch nur, komme was wolle, die Kirche schützt in erster Linie ihre eigenen Leute. Die Schäfchen sind da völlig unwichtig.
Und nochmal muss ich auf die Frage zurück kommen: wieso wird das alt bekannte Thema jetzt von den Medien wieder hochgekocht? Will man mal wieder verdeutlichen wie schlimm nicht nur Anhänger des friedlichen Glaubens sind, sondern mit dem Zeigefinger auf Christen zeigen, das berühmte „Ja aber .. ihr habt ja auch“, die katholische Kirche „ja aber auch“.
In diesem Sinne. Bahn frei für gesunden Menschenverstand.
Sehr geehrter Herr Kelle, Ihr Gottvertrauen in allen Ehren, aber Ihr Hoffen und Wünschen in Bezug auf eine Wandlung der Kirche ist ein naiver Wunschtraum, der nie Realität werden wird. Sein Sie doch bitte wenigstens in dieser Hinsicht kein Träumer! Und bei allem Respekt, wie heißt es doch so schön, Gott trägt man im Herzen, weshalb also weiter einer halbstaatlichen Institution angehören, die sich selbst schon lange von Gott abgewandt und ein Dasein führt, über das Jesus nicht nur spotten, sondern zutiefst empört wäre und das er mit aller Kraft bekämpft hätte? Nur weil auch andere den Schritt, mit diesem korrupten Gebilde zu brechen, noch nicht vollzogen haben? Das ist ein sehr schwaches Argument. Nehmen Sie mir es bitte nicht übel, aber man kann nicht aufrichtigem Herzen gegen etwas sein und es dennoch unterstützen. Das ist absurd und schizophren.
Vielen Dank für diesen Kommentar.
In der Tat, immer wenn ich die Bedfords Strohms und Käßmännerinnen einerseits und Kardinäle und Bischöfe ansererseits, wie sie (fürstlich allimentiert) aus Nobelkarossen steigen und Kreuze als scheinbar zu vernachlässigendes Requisit weghängen, frage ich mich, wie das Gottes Kirche sein soll, wie man dazu als gläubiger Christ seine Hand reichen kann, wozu soll bitte da die Entsprechung in der Schrift zu finden sein.
Ich glaube eher, dass Gottes Sohn sie aus seinem Tempel gejagt hätte.
Hallo Herr Kelle,
ich bin als Atheist geboren, bin aber mit ca.20 Jahren in die Evangelische- freikirche Gemeinde gegangen. Ich bin auch lange in einem Hauskreis gewesen wo Katoliken, Evangelikale und Freikirchler zusammen gekommen sind und wir hatten eine Gute Gemeinschaft. Beim studium der Bibel bin ich dann an einigen Stellen hängen geblieben und da hänge ich noch Heute. Ich habe meine Gemeinde verlassen und den Hauskreis. Aber ist es wichtig in einer Gemeinschaft zu sein? Ist Gott nicht in uns? Kann ich nicht mit meiner Familie Gottesdienst feiern? Sie Kennen doch bestimmt dan Kanon Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind…..
Mit der Kirchensteuer lebt es sich natürlich super bequem und toll, und noch mehr beamtenmäßig als bei jedem Beamte. Ich weiß aber nicht, ob Jesus damals gerne Kirchensteuern erhalten hätte?
Cui Bono. Es drängt sich geradezu auf so zu fragen. Wer das nicht selber „eigenhändig“ tut und nicht selber nach der Antwort sucht, der wird das heutige Geschehen niemal einzuorden Vermögen.
Ich klage an, was heute mit und in der Kirche geschieht: Kinder werden mit kaum einem Jahr in Einrichtungen gebracht. Die Kirche ist oftmals Vorreiter gewesen, bei der Errichtung der Krippen. Der Essener Bischof hat 24 Stunden Krippen eingeführt, bevor der Staat jetzt dann anfängt. Diese Kinder sind ihrer Geborgenheit und der Liebe ihrer Eltern beraubt. Und die „Mutter“ Kirche checkt nicht, dass sie für Mütter in dieser Zeit einstehen sollte. Das sind auch eine Gruppe der Armen.
Ich würde sagen: Und ich hörte eine andere Stimme aus dem Himmel sagen: Gehet aus ihr hinaus, mein Volk, auf daß ihr nicht ihrer Sünden mit teilhaftig werdet, und auf daß ihr nicht empfanget von ihren Plagen; denn ihre Sünden sind aufgehäuft bis zum Himmel, und Gott hat ihrer Ungerechtigkeiten gedacht. [Offenbarung 18; 4-5]
Das sind keine Kirchen sondern kriminelle Vereinigungen mit dem Deckmantel der Religion. Es geht dort nur um Macht über die Menschen. Und die Kirchen nutzen die Moral zur Rechtfertigung ihrer Taten und Lenkung ihrer Anhänger.
Der Islam ist nebenbei die nächte Stufe, won ein angeblicher Glaube offen zur Ermordung aller aufruft, die ihrem Geschätsmodell nicht folgen.
Glaubensfreiheit heißt für mich hauptsächlich: Frei vom Glauben zu sein. Glaube muss raus aus der Öffentlichkeit. Aus dem Fernsehen, Schulen, Gesetzen sowie aus dem Steuerrecht. Glauben darf jeder…..aber privat.