Sonntagmorgen am Niederrhein

Die ältere Dame mit den weißen Haaren in der Bankreihe hinter mir ist bestimmt über 70, und der ältere Herr neben ihr zweifellos ihr Ehemann. Ich schätze, Goldene Hochzeit hatten sie schon vor Jahren, Schön, ich freue mich immer, wenn ich Paare sehe, wo dasKonzept tatsächlich so funktioniert, wie die christlichen Kirchen das empfehlen.

Kurz vor Beginn der Heiligen Messe, wie ich da noch glaubte, klopfte mir die Dame mit ihrer linken Hand auf meine linke Schulter. Sie beugte sich vor und raunte mir ins Ohr: „Das hat mich hier noch nie jemand gefragt…“ Das, damit meinte sie den Moment zwei Minuten vorher, als ich mit „Gotteslob“ und zwangsweise Maske („weil wir doch singen“) in meine angestammte dritte Bankreihe links in St. Mariae Geburt in Kempen Platz genommen hatte, mich umdrehte und die beiden älteren Leutchen fragte, ob ich ihnen vielleicht die Sicht versperre und nach rechts oder inks rutschen soll, damit sie den Altar besser sehen können. Sie waren offensichtlich völlig perplex, dass mal jemand einfach freundlich und höflich ist. In der Kirche.

Apropos, ich habe vor ein paar Wochen schon mal über diese sogenannten „Wortgottesdienstfeiern“ geschrieben, und das mir das nicht sonderlich gefällt, wenngleich es natürlich besser ist, WGFs finden statt als gar nichts. Aber eine Heilige Messe ist für mich eine Heilige Messe.

Einige von Ihnen haben mir damals geschrieben und widersprochen, dass viele der Wortgottesdienst_*feiernden sehr bemüht seien, dieses christliche Beisammensein schön zu gestalten. Und ich will das niemandem absprechen, wirklich. Aber ich frage mich, warum es bei ungefähr gleichbleibender Anzahl katholischer Priester und gleichzeitig deutlich nachlassendem Gottesdienstbesuch nicht möglich sein soll, weiter  ausreichend Heilige Messen anzubieten. Unwillkürlich dachte ich an Frau von der Leyen als Verteidigungsministerin, die Tausende Mitarbeiter in ihrem Ministerium hatte und gleichzeitig im Jahr 150 Millionen Euro für externe „Berater“ verballerte.

Katholische Priester sollen zölibatär leben, damit sie 24/7 für ihre Schäfchen da sein können. Ich habe mehrfach Ausnahmesituationen erlebt, wo ich schnell einen Priester brauchte – und jedesmal war einer da. Eigentlich keine Zeit, aber hier bin ich! Wunderbar, ich finde das wirklich großartig. Aber ich werde – bei allem Respekt vor den Laien, die sich sonntags viel Mühe geben – nun vorher genauer hinschauen, ob Messe ist oder nicht. Ich bin nicht freiwillig katholisch geworden vor 39 Jahren, um nun am Sonntag Wortgottesdienste zu erleben. Aber wenn man Herrn Bätzing als Vorturner hat, muss man sich auch nicht wundern…

Auf dem Weg zur Kirche begegnete ich übrigens drei Frauen, die mit Kinderwagen und Baby spazierengingen bei herrlichem Sonnenschein. Drei Mütter mit ihrem Kindern. Und man fragt sich: Wo sind eigentlich die Väter dazu? Ich meine, was haben sie am Sonntagmorgen so Wichtiges zu tun, dass sie ihre Frauen und Kinder allein an die frische Luft schicken? Noch müde? Aufmarsch beim Schüzenfest? Ich finde, manche Väter haben noch Verbesserungspotential. Als ich aus der Bäckerei kam mit den Frühstücksbrötchen kam mir ein junges Paar mit Kinderwagen entgegen. Sie lachten und scheinen wirklich sehr verliebt und glücklich zu sein. Na also, geht doch…

Ihnen allen einen schönen Sonntag!

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Dieser Artikel wurde 15 mal kommentiert

  1. H.K. Antworten

    Leider muß ich – wie könnte es auch anders sein – etwas Wasser in den Wein gießen.

    Als ich vor Jahren, nach mehreren „Zwischenstationen“ deutschlandweit in meiner jetzigen Wahlheimat landete, besuchte ich gleich zu Anfang „meine“ neue Gemeinde.
    ( Als junger Ministrant, später Gruppenleiter und relativ aktiv in der Heimatgemeinde, war klar, daß es jetzt entsprechend weitergehen sollte. )

    Die Kirche – hm – irgendwie – naja. Von Schönheit, Erhabenheit, „Heimeligkeit“ o.ä. keine Spur. Einmal zum Gottesdienst drin gewesen, alles irgendwie …
    Nee, das war es sicher nicht.

    Aber in NRW gibt es in vielen Städten ja nahezu an jeder gefühlt 3. Ecke eine Kirche. Also eine katholische.

    Nach einigem Suchen stellte sich heraus, daß ein Krankenhaus in der Nähe eine wirklich sehr schöne Kapelle hatte, die den Namen Kapelle gar nicht verdient. Sie erinnert – innen – irgendwie an eine bayrische Dorfkirche. Einfach zum Wohlfühlen.

    Der Pfarrer, noch relativ jung, gleichzeitig Krankenhausseelsorger, nett, eloquent, gute Predigten, ein „netter Typ“ könnte man sagen.

    Also wurde das „unsere“ Kirche.
    Zumindest an Weihnachten und Ostern rappelvoll, ansonsten relativ „gut besucht“. Tolle Orgel, alles bestens.

    Als mein Schwiegervater starb, suchte ich den Pfarrer auf und bat ihn, doch die Beerdigung zu übernehmen.

    Nein, das ginge nicht, da müßte er sich ja darauf vorbereiten, das koste ihn zuviel Zeit.
    Nach kurzer Diskussion verabschiedete ich mich – völlig frustriert – und wünschte ihm „für die Zukunft alles Gute“.

    Die Kirche habe ich seitdem nicht mehr betreten.

    Aber: wo Schatten ist, ist auch Licht – oder so ähnlich.

    Der ältere Pfarrer einer anderen Kirche in der Nähe, die ich ebenfalls kannte, hatte sofort Zeit, einen Termin auszumachen und wir führten ein kurzes Vorgespräch.

    Ein Pfarrer nach meinem „Geschmack“.

    Das Gespräch kurz darauf zusammen mit meiner Frau und meiner Schwiegermutter war dermaßen einfühlsam, daß ich ihn geradezu ins Herz schloß.
    Wir fühlten uns trotz aller Trauer wohl und gut aufgehoben.

    Dann kam die Planung.

    Beerdigung geht am xx. um 13:30.
    Requiem am selben Tag um 08:30 – in der „normalen, täglichen Messe“.

    Requiem um 08:30 – wie bzw. wann sollten da Verwandte und Freunde anreisen ? Gut, die Zeit bis 13:30 könnte man mit gemeinsamem Frühstück überbrücken.
    Requiem um 11:00 ?

    „Nein, geht nicht.“

    Hm.

    Na gut.

    Folge: Zum Requiem waren um 08:30 genau DREI Trauergäste da: Meine Schwiegermutter, meine Frau und ich …

    Kurz und ( nicht ) gut:

    Das Verhältnis ist doch einigermaßen abgekühlt.

    Warum ?
    Das „Gemeindebüro“ ist erreichbar „dienstags UND donnerstags von 09:30-12:00“.

    FÜNF Stunden in der Woche.
    Ansonsten nicht.

    Coronazeiten ? „Äääh – nein, bitte bleiben Sie zuhause“

    Über dem Kirchenportal prangt eine übergroße Regenbogenfahne.

    Im „Gemeindebrief“ wird eifrig gegendert.

    Palmsonntag um 11:15 keine Zeit ?
    Macht nichts, dafür gibt es ja eine Vorabendmesse.

    Palmzweige ? Ja klar ! Leider nur am Sonntag um 11:15.
    Pech gehabt.
    Kommentar eines älteren, ebenfalls leer ausgegangenen Herrn: „Und da wundern sie sich, daß es immer leerer wird“.

    Schön, daß „Kirche“ und Priester für die Menschen da sind – und nicht umgekehrt …

    Über die Erlebnisse mit einem Angehörigen in einem katholischen Krankenhaus ( mit muslimischen Krankenschwestern ) und seinen Tod dort könnte ich ein Buch schreiben …

    Wenn der Papst all das wüßte … ( Aber ich fürchte, der weiß noch sehr viel mehr … ).

    Wie sagte jemand trefflich ?

    „Mit dem lieben Gott habe ich kein Problem.
    Aber mit dem Bodenpersonal …“

    In dem Sinne: Allen einen schönen, sonnigen Sonntag.

    • Klaus Kelle Antworten

      Ich eigentlich auch nicht, aber wenn ich 13 Kilometer fahre und an der Eingangspforte aufgehalten werde, weil ich keine Maske dabei habe, dann muss ich eine Entscheidung treffen.

      • Tina Hansen Antworten

        Das ist nachvollziehbar und auch ich würde so handeln.
        Frage am Rande: Reicht in NRW inzwischen wieder die OP-Maske? Wir Niedersachsen schnüffeln zwangsweise immer noch mit FFP2 im Nahverkehr herum.

        Übrigens ein schöner sonntäglicher Beitrag… immer nur Krieg und Katastrophen hält ja auch kein Mensch auf Dauer aus.

        • Klaus Kelle Antworten

          @Tina Hansen,

          ich hatte keine Maske dabei, weil ich dachte, dass sei jetzt vorbei und schon in anderen Gottesdiensten war, wo das nicht mehr verlangt wurde. Hier war es anders. Aber ein freundlicher Herr hatte am Eingang auch Masken parat…

      • H.K. Antworten

        Schon bemerkenswert, daß in NRW jemand DREIZEHN km fahren muß, um zu „seiner“ Kirche zu kommen …

        In meiner Heimatstadt konnte ich als Junge beide Kirchen, in denen ich ein wenig geholfen habe, in 5 bzw. 10 Minuten per Fahrrad erreichen …

        • Klaus Kelle Antworten

          Die nächste kath. Kirche bei mir ist zu Fuß 3 Minuten entfernt, H.K., aber ich möchte da hingehen, wo ich mich wohl fühle – in Kempen zum Beispiel, wenn da Messe ist. In letzter Zeit fahre ich sogar immer häufiger 30 Kilometer nach Ratingen, um da wirklich gute Gottesdienste miterleben zu dürfen.

          • H.K.

            Das war keineswegs als Vorwurf gemeint.

            Ratingen ist nicht weit von Düsseldorf entfernt. Dort gibt es z.B. die Franziskaner, ziemlich zentral in der City.
            Die waren zumindest vor wenigen Jahren noch sehr gut.

            Oststraße.

            Mir sind nur gute 30 km pro Strecke dann doch etwas weit.

          • Klaus Kelle

            Ich gehe unter der Woche gern mal ins Apostelhaus dort, das im weiteren Sinne zu den Legionären Christi gehlrt. Ganz engagierte und wunderbare junge Leute. So wie ich ja auch…

      • gerd Antworten

        Momentan kann Sie keiner aufhalten ohne Maske in den Gottesdienst zu gelangen. Laut dem Bistum Münster, zu dem weite Teile des Niederrheins gehören, ist die Maskenpflicht für alle Gottesdienste aufgehoben. Selbst beim Gesang gibt es keine Maskenpflicht mehr. Das kann man mit einem Klick auf die Seite des Bistums erfahren. Niemand sollte natürlich dazu gezwungen werden keine Maske zu tragen. Wenn er es halt schön findet und die Nerven beruhigt…..

        • H.K. Antworten

          Wieso?

          Bei Händlern hat doch auch jeder einzelne das Hausrecht !

          Abgesehen davon: Vor ein paar Tagen rief mich ein Freund an und erzählte, er sei mittlerweile 4-fach geimpft.

          Leider hat es ihn trotzdem erwischt: Kein Geschmack, kein Geruch, keine normale Konzentration – long covid.

          Ich wäre eher vorsichtig. Aber das bin ich ja sowieso …

          Und da wir uns ja augenblicklich beginnen, mit dem Affenpockenvirus in mindestens zwei Varianten zu beschäftigen, wird es sicher nicht langweilig.

          „Herzlich willkommen zu unserer Sendung, in der wir gleich zu Beginn einen Mann begrüßen, der zu den bestbeschäftigten Talkshowgästen gehört – herzlich willkommen Prof. Prof. Prof. Dr. Dr. Dr. Dr. tv Karl Lauterbach !“

          • gerd

            „Bei Händlern hat doch auch jeder einzelne das Hausrecht !“

            Die Regelungen sind eindeutig von der Bistumsleitung geklärt. Maskenpflicht ist aufgehoben. Daran haben sich alle Priester und Verantwortlichen zu halten.
            Aber es ist ja schon vielsagend, dass heutzutage der Besuch eines Gottesdienstes mit dem Shopping im Supermarkt auf einer Stufe gesetzt werden.

          • H.K.

            Wenn man(n) etwas so oder so verstehen WILL, dann versteht man(n) es halt SO oder SO …

          • gerd

            „Ich wäre eher vorsichtig. Aber das bin ich ja sowieso …“

            Ihr Freund ist vier mal geimpft und hat sich trotzdem infiziert. War der etwa nicht vorsichtig genug? Wenn mehrere Impfungen nicht vor Corona schützen, wie soll das dann eine Maske zustande bringen, die Ihr Freund wohl auch brav getragen hat? Aber wenn man das nicht verstehen WILL…….

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