Der geschätze Kollege Jörges aus der Chefredaktion des „Stern“ gehört zu einer selten gewordenen Spezies. Er ist politischer Kommentator und leistet sich eine eigene Meinung ohne Rücksicht auf irgendwen. Als alle vor vier Jahren auf Bundeskanzlerin Merkel wegen der Euro-Krise einprügelten (also im übertragenen Sinne), empfahl er ihre Wiederwahl. Und jetzt rechnet er schonungslos mit ihrer Flüchtlingspolitik ab. Nicht mit der Frage Flüchtlinge oder nicht? Sondern mit dem Nicht-Erklären, dem Totalversagen, das eigene (Wahl-)Volk auf diesem Trip mitzunehmen. Warum hat sie uns nicht erklärt, was sie da tut, fragt Jörges. Warum zeigt Regierungssprecher Seibert im Berliner Raumschiff nahezu authistische Züge? Warum wird nicht miteinander geredet? Ich weiß es nicht. Aber ich zitiere mal aus dem aktuellen Jörges-Text:

„Warum hat die Kanzlerin nicht nach einem Jahr Bilanz gezogen, was schon geschafft ist? Wie viele Flüchtlinge kommen noch, wie viele leben noch in Notquartieren, wie viele absolvieren Sprach- und Integrationskurse, wie viele harren der Abschiebung, wie viele Kinder wurden in Kitas und Schulen integriert? Und: Wie wirkt das Abkommen mit der Türkei, wie die Verschärfung des Asylrechts? Bis heute gibt es keine für jedermann zugängliche Website, sie solche Daten bereithält. Sie können den Menschen sagen, dass sich die Aufnahme so vieler Flüchtlinge wie 2015 nicht wiederholen wird, sagte Merkel unlängst ihrer Fraktion. Müsste sie das dem Volk nicht selbst sagen?“

Ja, das müsste sie. Das Flüchtlings-Durcheinander ist nicht das Versagen unseres Staates und schon gar nicht ein Versagen der Deutschen, die großartig geholfen haben. Es ist ein Versagen der Politik, nein, ein Versagen der Regierung. Nicht vorbereitet, nicht fähig, entschlossen zu handeln, und vor allem nicht fähig, dem eigenen Volk zu erklären, was sie und wir da eigentlich tun.

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Dieser Artikel wurde 14 mal kommentiert

  1. Andreas Antworten

    Nun, möglicherweise gibt es eine es solche öffentlich zugängliche Seite nicht, weil bestimmte Antworten, bei der Allgemeinheit zur Verunsicherung führen könnten..

  2. S v B Antworten

    Ich nehme an, dass sich viele Bürger (gerade in den größeren Städten) auf das verlassen, was sie selbst wahrnehmen oder erleben. Darüber hinaus ist es Interessierten heute problemlos möglich, sich im Internet sehr viel umfassender und diverser zu informieren als dies in Prä-Internet-Zeiten der Fall war. Dieser Umstand ist also neu, und man gewinnt den Eindruck, er „taugt“ weder der Politik noch der sie flankierenden MS-Medien. Letztere besaßen ja in der Vergangenheit quasi das Monopol über jegliche politische Berichterstattung. Also doch irgendwie dumm gelaufen, die Sache mit dem Internet. Der Wind hat sich sehr wohl gedreht, aber die Zeit lässt sich – auch in dieser Hinsicht – nicht mehr zurückdrehen, lieber Herr Jörges (& Co.).

    • Josef Antworten

      Die kommunikative „Zurückhaltung“ der Regierung und hier v.a. der Kanzlerin ist doch unabhängig vom Übertragungsmedium. Die Kanzlerin blogt und nimmt zu allem Möglichen Stellung, ob zu den politischen Verhältnissen in der Türkei oder Afrika. Aber die Fragen, die die meisten Deutschen am brennendsten interessieren, übergeht sie permanent. Ehrlichkeit und Offenheit sind doch kein Ausdruck des Zeitgeistes, sondern berechtigte Anliegen des „Wahlvolks“ in einer Demokratie. Die Kanzlerin trifft Entscheidungen, die sich auf alle Lebensbereiche auswirken. Wer gibt ihr das Recht, diese Entscheidungen unter völligem Ausschluß der Öffentlichkeit zu treffen?

  3. Tina Hansen Antworten

    Nun, wenn ich Frau Dr. Merkel richtig „lese“, ist sie gerade im Begriff, die Kommunikation mit der Bevölkerung wieder aufzunehmen – freilich auf ihre ganz unverwechselbare Frau Dr. Merkel-Art. Irgendwo, ich weiß die Quelle nicht mehr, las ich in einem Kommentar, dass sie bei ihrer Ich-möchte-die-Zeit-zurückdrehen-Rede gewirkt habe wie eine Person, die merkt, dass sie eine schwere Ehe- oder Beziehungskrise zu lange ignoriert habe und nun entschlossen sei, die Aussprache zu suchen. Ob der enttäuschte, verunsicherte und auch stinkwütende „Partner“, der klassische CDU-Wähler, sich darauf einlassen möchte, bleibt abzuwarten.

    • Josef Antworten

      Sie hat ein paar Fehler eingestanden, die ihr keinen Schaden zufügen können. Mehr nicht. Ihre Reaktion auf das weinende Flüchtlingsmädchen fand ich da bezeichnend. Erst hat sie versucht, dem Mädchen in gestelztem Politikerdeutsch die juristischen Ablehnungsgründe für den Asylantrag zu „verdeutlichen“. Für das Mädchen erschien es wohl eher so, als wolle sie ihm die kalte Schulter zeigen. Als das Mädchen zu weinen begann, wurde die Situation für die Kanzlerin wohl zu brenzlig. Sie ging mit „tröstender Geste“ zum Mädchen, hat es hinterher sogar ins Kanzleramt eingeladen und für eine befristete Aufenthaltgenehmigung gesorgt: http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/merkel-video-kanzlerin-und-das-weinende-maedchen-13705652.html

  4. Franz Antworten

    „Warum hat sie uns nicht erklärt , was sie da tut?, fragte Herr Jörges.“ Vielleicht wusste sie selbst nicht so recht , was sie da tat, und hat es deshalb auch nicht erklären können. Die Grenzöffnung war möglicherweise eine Entscheidung „aus dem Bauch heraus“, so eine Gefühlswallung, die sich rational schwer erklären lässt. Jetzt , nachdem die Gefühle wieder von der Nüchternheit eingeholt sind, will die Kanzlerin korrigierend eingreifen. Hoffen wir, dass es nicht zu spät ist!

    • S v B Antworten

      Die Gefühlswallung oder auch Max Webers Gesinnungsethik in allen Ehren, aber beide stellen eine denkbar ungeeignete Ausgangsbasis für politisch brisante Entscheidungen dar. Letztere erfordern unbedingt Rationalität, das Durch- und Bedenken der Konsequenzen weit über den Tag hinaus. Bei meiner Wahl Frau Merkels hatte ich, nicht zuletzt aufgrund ihres Physikstudiums, die Fähigkeit sowie auch die Bereitschaft zu eben diesem rationalen Denken vorausgesetzt. Noch bei keiner ihrer bisher getroffenen „großen“ Entscheidungen vermochte ich diese jedoch so recht auszumachen.

  5. Claus Grugelke Antworten

    Es wird m. E. zu wenig darauf abgehoben, daß keineswegs A. M. die alleinige Entscheidungsträgerin bei den stattgefundenen, strategischen, für Deutschland fundamental sich auswirkend werden Fehlentscheidungen verantwortlich ist.
    Sie sieht sich erwiesener Massen nicht als Oberhaupt und Vertreter des deutschen Volkes, dessen gewählte Repräsentantin sie seien sollte, vielmehr ist die Nivellierung der nationalen Idenditäten ihr erklärtes Ziel. Dies wiederum führt zur herbeigesehnten „one world“ , gleichbedeutend mit selbstverständlich der besten aller denkbar möglichen Regierungsformen, („Demokratur“), für alle Deppen dieser Welt
    Man könnte es durchaus auch mal bemerken.

  6. PeWi Antworten

    Warum hat Sie uns das nicht erklärt, die Frau Merkel? Natürlich hat Sie uns das erklärt, nur diese Erklärung war emotional und nicht rational. Eine Regierungschefin ist verpflichtet, nicht aus dem Bauche heraus zu entscheiden, sondern rationale Sachentscheidungen zu treffen. Das macht sie nicht! Ich erwarte keine 100. Erklärung, sondern Handeln, handeln im Sinne der EU-Gesetze, handeln im Sinne Ihres Amtseides, handeln im Sinne der Staatsfinanzen, handeln im Sinne derer, die hier leben, das Land aufgebaut haben, es am Laufen halten und Steuern sowie Sozialversicherungsbeiträge zahlen, handeln in dem Sinne, dass unsere Sozialversicherungsbeiträge nicht einfach verschenkt werden. Sozialarbeiter und Co, die z.Z. sich darüber freuen können, einen Job erhalten zu haben, tragen absolut nichts für die Entwicklung des Landes bei. Sie leben von unseren Steuern und deren Arbeit wird überproportional aufgebläht. Eine Verschärfung des Asylrechtes? Wer träumt diesen Traum? Gerade sagt unsere liebe Frau Merkel, dass sie wiederum Massen von Nordafrikanern (wieweit hinunter reicht in ihrer Vorstellung Nordafrika) zu uns holen will. Dabei gibt es andere Wege, für diese Menschen etwas zu tun. Vorschläge gibt es genügend, zwar nicht aus den Reihen der Meinungsführerschaft, aber es gibt sie. Mit Frau Merkel wird die Schleuserindustrie und die Asylindustrie nachhaltig gestärkt. Mehr nicht. Abgeschoben wird sowieso niemand, vielleicht ein paar zum Schein. Das war es dann, schließlich laufen hier eine halbe Million Migranten herum, die eigentlich hier nicht mehr herumlaufen dürften. Die Zeit der Erklärungen ist lange vorbei.

  7. Eckhard K. Antworten

    Ach ja, in früheren Zeiten hätte der Regierungschef eine „Rede an die Nation“ zu einer solch politisch bedeutsamen Entscheidung gehalten. Damit hätte sie das „Wir“ in dem „Wir schaffen es“ schlagartig mit Leben erfüllt. Was ich mich immer wieder, zusammen mit den anderen Kommentatoren, frage: Warum hat sie in den ganzen Monaten nach der Grenzöffnung nie den Weg zum Bürger gesucht? Ist es doch ihre DDR-Sozialisierung?

  8. H. Urbahn Antworten

    Es tut mir Leid, aber das Einzige , was ich konstatieren kann, daß große Teile der Bevölkerung ihre eigenes Grundgesetz (Art.16a) entweder nicht kennen oder verachten und nur deshalb die illegalen Einwanderer unterstützen 8keiner von denen ist ein Flüchtling im Sinne des Art. 16a oder auch nur der UN-Flüchtlingskommission. dies zeigt sich ja an der Tatsache, daß unsere Regierenden samt der sie unterstützenden Presse von integrieren schwätzen. flüchtlinge wollen in ihr Land zurück und nicht hier einwandern. Ergo siehe oben: illegale Einwanderung

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