Warum wir allen Grund haben, diese deutschen Wochen zu genießen
Verloren, und doch kein Kater. Ich bin heute Morgen im Deutschland-Trikot zur Bäckerei gefahren, um Brötchen zu holen. Und meine Autofahne bleibt auch noch mindestens bis zum 14. Juli dran. Es ist so gut, mal wieder zu sehen, wie es sich anfühlt, in der Öffentlichkeit selbstbewusst Deutscher zu sein. Schade, dass wir das anscheinend immer nur bei Fußballturnieren hinbekommen. Sonst pfui, böse, wegen der Vergangenheit, Sie wissen schon.
Was mich immer wieder beschäftigt ist, warum viele unserer Landsleute sich in ihrem deutschen Selbsthass geradezu suhlen. Das gibt es sonst nirgendwo auf der Welt – vielleicht ein bisschen noch in Österreich, aber nicht so ausgeprägt wie hier bei uns.
Die Fußball-EM in Deutschland ist ein positives Aushängeschild für unser Land
Bis auf einen englischen Reporter, der zurecht mit Gelsenkirchen abrechnete, sind die Reaktionen aus ganz Europa super. Unsere Gäste fühlen sich wohl bei uns, wir sehen klasse Fußballspiele, und die wunderbaren Fans aus den anderen Staaten – die Zehntausenden Schotten mit ihren Dudelsäcken, die schon mittags in Münchner Brauhäusern dafür sorgten, dass kein Bier mehr in den Fässern war, die riesigen Menschenmengen orange gekleideter Holländer, die das Hüpfen von rechts nach links und umgekehrt kultiviert haben, all das hat die Sonne scheinen lassen in Deutschland.
Fußball ist eben doch völkerverbindend
Der Sport ist es. Wer zusammen mitfiebert, „Hop, Hop, Hop“ brüllt, Bier trinkt und sich in den Armen liegt, der ist einfach mal raus aus dem vielleicht harten Alltag, der führt keine Kriege und der hasst nicht Menschen aus anderen Ländern.
Und Deutschland ist zurück im Kreis der Fußball-Großmächte
Daran ändert die knappe Niederlage gestern Abend kurz vor Ende der Nachspielzeit nichts.
Natürlich hätten wir den Elfmeter bekommen müssen, das ist doch überhaupt keine Frage. Aber wenn ich gestern in den Sozialen Netzwerken von einer Verschwörung gegen Deutschland durch den Schiedsrichter lese, dann fehlen mir wirklich die Worte.
Kaum einer hat der deutschen Nationalmannschaft bei diesem Turnier etwas zugetraut. Wir haben uns aufgeregt über Rüdigers Finger und über violette Trikots. Aber das entscheidende ist doch: Wir haben eine phantastische Mannschaft, Julian Nagelsmann hat nahezu alles richtig gemacht. Und wir haben nach einem Schiedsrichterfehler kurz vor Abpfiff der Nachspielzeit gegen die beste Mannschaft des Turniers verloren. NA UND?
Ich bin total stolz auf die Leistung unserer Spieler, unserer Nationalmannschaft
Die Stimmung in den Stadien, wie gestern in Stuttgart, war und ist phantastisch. Und in den Kneipen und bei Public Viewings habe ich es selbst erlebt. Einmal bei „Tante Käthe“ im Prenzlauer Berg, einmal zu Hause und dreimal in Dallgow-Döberitz auf der Terrasse der Tanzschule bei Rostbratwurst und kaltem Hefeweizen. Fast alle trugen Deutschlandtrikots, die meisten in Schwarz oder Weiß, vielleicht 5 Prozent in Violett. Mehr als 500 Menschen standen auf und sangen vor dem Großbildschirm „Einigkeit und Recht und Freiheit…“ aus voller Kehle.
Alle, die für Schottland waren oder für Ungarn oder Spanien, alle die sich am Schiedsrichter hochziehen wollen oder an der Trikotfarbe oder an Toni Rüdiger, der übrigens einer unserer besten Spieler war: macht das ruhig! Trinkt stilles Wasser im Keller, grantelt vor euch hin! Irgendwas gibt es immer zu meckern.
Die große Mehrheit, alt oder jung, arm oder reich, Mann oder Frau, politisch rechts oder links, haben mit diesen lächerlichen Kindereien nichts am Hut. Sie, wir genießen diese deutschen Wochen. Und das ist auch gut so….
Stimmt, und was immer wieder vergessen wird, die Deutschlandflagge im Dritten Reich war nicht schwarz-rot-gold!
Die Deutsche Nationalmannschaft, die inzwischen auch wieder so bezeichnet wird, und welche die Nationalhymne mitsingen, ist nach 10 Jahren relativ schwacher Zeit wieder da, und hat neben Österreich und der Schweiz bei dieser EM positiv überrascht. Weiter so mit Julian Nagelsmann und einer guten Nationalmannschaft!
Na ja, der Genuss dieser deutschen Wochen hat aber auch einen bitteren Beigeschmack und liegt in der Parallele zum römischen Reich vor fast 2000 Jahren. Das Zitat, „Panem et circenses (Brot und Spiele)“ stammt vermutlich aus dem 1. Jahrhundert nach Christus, in dieser Zeit lebten in Rom wahrscheinlich über eine Million Menschen und unter den damaligen Bedingungen war es nicht möglich, so viele Menschen zu versorgen. An dieser Stelle gibt es die erste Parallele zu heute, Bund, Länder und Gemeinden sind mit der Erfüllung unserer Bedürfnisse überfordert. Weil die Versorgung nicht funktionierte, gab es damals und gibt es heute Proteste. Die römischen Kaiser konnte die protestierende Menschenmassen mit ihren Truppen und Polizisten in Rom nicht in den Griff bekommen. Solche Proteste kennen wir auch bei PEGIDA, Corona und Bauern, Rechtsruck und die Sympathie für alternative Parteien oder Kaufzurückhaltung bei Wärmepumpen sind auch eine Form von bürgerlichem Protest und Bockigkeit. Deshalb hatten die Kaiser damals mit „panem“ (Getreidespenden) die ärmeren Menschen versorgt und mit „circenses“; (Wagenrennen, Gladiatorenspiele) das Volk mit sehr attraktiven Dingen von der Misere abgelenkt und beschäftigt. Heute gibt es Bürgergeld und andere Geschenke. Zur Ablenkung und Beschäftigung führen wir einen Endkampf gegen die sogenannten Feinde der Demokratie. Obwohl die herrschende Kaste mit Deutschland, Heimat und Patriotismus wenig bis nichts anfangen kann, missbrauchen sie zusätzlich die Europameisterschaft als Ablenkung und zur Verbesserung der schlechten Laune im Land. Dieser Missbrauch erzeugt bei mir einen fiesen Nachgeschmack, besonders deutlich wird der Missbrauch in den lächerlichen Diskussionen über „Spielermaterial“, Hautfarbe oder ob das Sommermärchen schuld am Rechtsruck trägt. Der EM-Circenses ist für die herrschende Kaste als Handwerkzeug ganz nützlich, aber gleichzeitig hassen sie jegliche Form von handwerklicher Tätigkeit.
Leider stellte sich die Euphorie des Sommermärchens von Anfang an nicht ein, aber es gab schon das Bemühen, das Sportereignis zu feiern und den miesen Alltag für ein paar Wochen zu vergessen.
Nach dem Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft hat das Interesse spürbar nachgelassen.
Gestört hat mich die Chuzpe der Politiker, die keine Hemmungen haben, die EM dazu zu nutzen, sich ins rechte Licht zu setzen. Sie erreichen das Gegenteil. Das Selfie Baerbock, Faeser und Wüst war deplaziert und ist bei vielen Mitbürgern nicht gut angekommen. Auch der Nachtflug der grünen Außenministerin von Frankfurt nach Luxemburg war voll daneben.
Täglich flimmern diese „Volksvertreter“ in der Tagesschau oder irgendeiner Talk-Show über den Bildschirm, täglich muß man sich über ihre Unfähigkeit und Erziehungsversuche ärgern, dann will man sie nicht auch noch bei sportlichen Ereignissen im Wohnzimmer oder auf dem Handy haben.
Man merkt die Absicht und man ist verstimmt.
Liebe Frau Königs-Albrecht,
entschuldigen Sie, aber das ist nicht richtig, was Sie schreiben. Ich war bei den Spielen draußen, habe vier Mal Public Viewing erlebt, gerade beim Spiel gegen Spanien herrschte überall phänomenale Stimmung. Als der Ausgleich in der 89. Minute fiel, flippten die Leute – 80 Prozent trugen Deutschland-Trikots – komplett aus. 23 Millionen TV-Zuschauer, alle lauthals vor dem Bildschirm Nationalhymne gesungen.
Es herrschte überall eine tollte Stimmung, absolut vergleichbar mit 2006. Und auch heute fahren hier noch viele Autos mit schwarz-rot-goldenen Fahnen herum und Fahnen hängen an Wohnhäusern, obwohl unsere Mannschaft nicht mehr im Turnier ist.
Man muss nicht immer alles schlecht reden. Diese EM war und ist großartig.
Klaus Kelle
Zustimmung, Euer Ehren.
Mit dem kleinen Beigeschmack, daß die EUROPA-Meisterschaft zum großen ( überwiegenden ? ) Teil von Halb-Schwarzafrika bestritten wurde – in nahezu allen Mannschaften.
Aber was soll‘s ?!
„Panem et circenses“. Das Volk will unterhalten werden.
Beim „EUROVISION Song Contest“ dürfen schließlich auch Länder mitspielen, die, außer daß sie wissen, wo Europa liegt, nichts damit zu tun haben.
Zum Public Viewing kann ich nichts sagen. Ich kann nur von meinem Umfeld berichten. In einem Vorort von Düsseldorf sieht man nur selten eine Deutschlandfahne und hört auch keine Fans. Selbst im privaten Kreis gab es nicht die überschäumende Freude von damals.
Ich denke, das war und ist an anderen Orten anders, vor allem im Osten. Und das ist gut so.
Herzliche Grüße
Hildegard Königs-Albrecht
Ich hatte im Vorfeld keine Vorfreude bezüglich der EM und arge Bedenken, daß es Ausschreitungen und „Einzelfälle“ geben werde und mir überall die Regenbogenfahnen vor der Nase wehen würden. Ich hatte damit gerechnet, daß z.B. das Frankfurter Bahnhofsviertel rund um die Spieltage von der üblichen Drogenklientel „befreit“ wird, um den Fans und der Presse die üblichen Szenen zu ersparen. Man las von entsetzten Englandfans, die sich über die Zustände in Gelsenkirchen oder Frankfurt äußerten. Die Polizeipresse war ordentlich gebrieft, es gab kaum Berichte über Straftaten. Ein gewisser Funke sprang dann auch bei uns zuhause über, wobei ich so gut wie keine Fahne an Häusern oder Autos gesehen habe. Public viewing gab es hier nicht, höchstens private Fußballparties. 2006 fanden hier Autocorsos durch die Gemeinde statt, speziell am Kreisel am Ortsausgang. Dieses Jahr kein einziges hupendes Auto. Im Nachbarort wurde die Polizei gerufen, weil ein Bürger in seinem Garten eine Deutschlandfahne MIT Bundesadler gehisst hatte. Die Polizei rückte tatsächlich an und belehrte ihn, daß diese Fahne nicht statthaft sei, weil mit Adler sei das nur aus staatstragendem Anlass erlaubt, z.B. bei Staatsempfängen gemäß der Flaggenordnung. Bei ihm werde das jetzt ausnahmsweise geduldet, aber nur während der EM.
Wir haben alle Spiele der Deutschen Nationalmannschaft gesehen und waren über die Leistung positiv überrascht. Nagelsmann und im Hintergrund Rudi Völler kamen mit positivem Spirit und Teamgeist deutlich rüber. Gegen Spanien haben sie sehr gut gespielt. Daß Elfmeterschießen wurde haarscharf verpasst. Mir hat auch gut gefallen, daß Erdogan & Co. kaum mediale Aufmerksamkeit erhalten hat und der türkische Fanmarsch in Berlin aufgelöst wurde, als vermehrt Grüße des Wolfes gezeigt wurden. Die türkische Mannschaft ist raus, am Ende sind keine Überraschungen im Halbfinale. Der französische und englische Fußball hat uns anfangs überhaupt nicht gefallen. Kaum Tore. Den Titel wünsche ich den Spaniern, die spielen für mich den besten und schönsten Fußball.