Als die Polizei heute morgen um sechs Uhr ein Haus im fränkischen Georgendmünd stürmte, um mehrere deutzend Waffen dort sicherzustellen, eröffnete der Bewohner ohne Warnruf das Feuer auf die Beamten. Vier Mitglieder eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) wurden verletzt, einer schwebt noch in akuter Lebensgefahr, nachdem es am Abend schon aus Polizeikreisen geheißen hatte, der Mann sei verstorben. Bei dem Schützen handelt es sich um einen 49-jährigen Mann, der sich selbst als „Reichsbürger“ bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine sektenähnliche Veranstaltung von über das Bundesgebiet verstreuten Kleingruppen von Menschen, die offensichtlich nicht ganz klar im Kopf sind, lehnen sie die Bundesrepublik als legitimen Staat der Deutschen ab und vertreten ihre Weltsicht, dass das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 bis heute bestehe.

Schon Ende August hatte ein anderer „Reichsbürger“ namens Adrian Ursache in Sachsen-Anhalt für traurige Furore gesorgt. Als Polizisten zur Zwangsräumung beim ihm anrückten, eröffnet der frühere „Mister Germany“ von 1998 ebenfalls das Feuer auf Spezialkräfte. Die schossen sofort zurück und verletzten Ursache schwer. Zwei Vorfälle in jüngster Zeit, die deutlich machen, dass es sich bei diesen „Reichsbürgern“ nicht um harmlose Spinner handelt, wie sie eine demokratische Gesellschaft ertragen muss, sondern um terroristische Strukturen. Fast albern in diesem Zusammenhang der Auftritt des erfolgsverwöhnten Popsängers Xavier Naidoo am Tag der deutschen Einheit 2014 vor „Reichsbürgern“ in Berlin, darunter auch einige NPD-Funktionäre. Da spulte der Musiker die vielfach bis ins Detail wiederlegte Platte von der großen Verschwörung am 11. September 2001 ab, als islamistische Terroristen mit entführten Passagierflugzeugen die Vereinigten Staaten angriffen. Die USA seien ganz besonders gefährlich und setzten sogar Drohnen ein. Nun hört man oft, dass Drohnen ganz schlimme Waffen seien, vergisst dabei aber, dass das hauptsächlich von Leuten bemängelt wird, die bedauern, dass es wieder einmal die Amerikaner sind, die technologisch so weit vor allen anderen Staaten laufen.

Die „Reichsbürger“ sind nach Einschätzung deutscher Sicherheitsbehörden eine Gruppe von wenigen hundert Leuten in Deutschland. Wenn sie sich selbst gemalte Nationalfahnen an ihr Haus hängen und mit dem Farbkopierer Monopoly-Geld für sich selbst und ihre Nachbarn drucken, geht das den Staat nichts an. Wenn sie in ihrem Wahn zu Gewalt greifen, müssen sie als das bekämpft werden, was sie sind: Terroristen, die eine aktuelle Gefahr für unser Land darstellen.

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Dieser Artikel wurde 9 mal kommentiert

  1. Andreas Schneider Antworten

    Über ein „entschiedenes Handeln“ des Staates sollte es im Falle gewalttätiger Extremisten nichts zu diskutieren geben, so auch im Falle dieser mörderischen Vollpfosten. Die mediale Aufbereitung lässt mich jedoch ahnen, dass die Gewalttat in Georgendmünd den üblichen Kreisen als Vorwand dienen wird, den „Kampf gegen Rechts“ weiter zu intensivieren und dafür auch die „notwendigen Mittel“ kurzfristig bereit zu stellen. Die Bekämpfung der Kriminalität wird, so befürchte ich, einmal mehr nachrangig gegenüber ideologischen Befindlichkeiten behandelt werden.

  2. Alexander Droste Antworten

    In anderen Wirrköpfen bestehen noch die Grenzen von 1945. Wieder andere halten weiter an alter Blockpolitik fest. Manche träumen von der einen Weltmacht. Einer davon wird alsbald zur mächtigsten Person der Welt gewählt. Demgegenüber sind diese Provinzewiggestrigen wirklich harmlos.

  3. Walter Lerche Antworten

    Von diesem Phänomen „Reichsbürger“ habe ich erst jetzt erfahren. Irgendwie interessant, dass es so etwas überhaupt gibt und geben kann im aufgeklärten Deutschland. Und irgendwie habe ich das Gefühl, nicht umfassend über die Medien darüber informiert zu werden, gerade nur so viel, wie ich darüber zu denken habe.
    Vermutlich gibt es auch hierzu wie bei allem nicht nur schwarz-weiß, sondern viele Grautöne dazwischen. – Jedenfalls kann ich dieses Phänomen nicht ernst nehmen, weil ich es vielleicht nicht verstehen kann. Es klingt so unwirklich.
    Bei Gewalttätern und Kriminellen bis hin zu Terroristen mag ich nicht nach Herkunft unterscheiden, sondern erwarte, dass der Staat seine Pflichten erfüllt.

    Wenn unser Staat gegenüber allen Gefährdern seine Pflicht erfüllen würde, bräuchten die Medien in seinem Auftrag nicht solches Primborium darüber zu machen.

  4. F. Giroud Antworten

    Zu den Fakten:
    Das Bundesverfassungsgericht hat in den 1970er Jahren festgestellt, dass das Deutsche Reich nicht untergegangen ist, sondern in der Tat in den Grenzen von 1937 fortbesteht. Da es aber keinerlei Organe ( Parlament, Regierung etc.)hat, ist es nur de jure, nicht de facto existent . Weiter: Großadmiral Dönitz hat am 8.05.1945 auch „nur“ für die Wehrmacht ( und Waffen-SS ) kapituliert. Das hatte mit dem Deutschen Reich als völkerrechtlichem Subjekt nichts zu tun.
    Darauf berufen sich diese „Reichsbürger“.

    • Alexander Droste Antworten

      Wenn bei einer Hochzeit einer der Ehepartner den Namen wechselt, ist damit der Ehepartner auch nicht aufgelöst, hat aber durch die Heirat einen neuen Rechtsstatus und einen anderen Namen. So ist es bei der Gründung eines Staates auf Grundlage seines Vorgängerstaates. Anderes, einfachereres Beispiel: Ein Mensch will seinen Namen und seinen Beruf ändern. Er legt sich einen neuen Namen zu und geht einem neuen Beruf nach. Seine Wohnung bleibt dieselbe. Es braucht nur einen kleinen Verwaltungsakt. Man kann sogar sein Geschlecht ändern ohne sich in Luft aufzulösen. Die Person bleibt dieselbe, ändert allenfalls ihren Namen von z.B. Helmut in Helga. So könnte ein Gleichnis als Gegenargument herhalten. Den Verwaltungsakt haben die Alliierten für uns übernommen, da nach dem Sturz der alten Regierung keine mehr vorhanden war. Die Weltgemeinschaft hat der Rechtmäßigkeit zugestimmt. Damit ist die Bundesrepublik Deutschland mit neuer Verfassung (Namen und Rechtsstatus) rechtskräftig bei Auflösung des (dritten) Reiches gegründet. So einfach. Und dennoch völlig inakzeptabel für Provinzewiggestrige.

      • F. Giroud Antworten

        Das Reich ( ein „3.Reich “ hat nie existiert, da auch während der Hitler-Diktatur die Weimarer Verfassung juristisch nicht außer Kraft gesetzt wurde) ) ist nicht aufgelöst worden, so hat es das Bundesverfassungsgericht bestätigt.
        Das heißt ja nicht, dass die Bundesrepublik Deutschland kein völkerrechtliches Subjekt ist ( natürlich ist sie das ) und insoweit haben selbstverständlich ihre Gesetze und Verträge mit anderen Staaten Geltung.
        Bisher hielt ich die „Reichsbürger“ nur für Spinner. Das Urteil muß ich inzwischen zumindest teilweise revidieren.

  5. Alexander Droste Antworten

    „Ausnahmsweise: „Reichsbürger“ wird nach Gesetzen des Deutschen Reichs hingerichtet

    Nürnberg (dpo) – Es ist eine historische Ausnahme: Weil er die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkennt, soll der „Reichsbürger“ Wolfgang P., der am Mittwoch in Georgensgmünd einen Polizeibeamten tödlich verletzte, gemäß den Gesetzen des Deutschen Reiches (1871-1945) hingerichtet werden. Das teilte das Landgericht Nürnberg-Fürth mit.

    „Eigentlich ist die Todesstrafe seit 1949 abgeschafft“, erklärt ein Sprecher des Landgerichts. „Weil aber der mutmaßliche Täter der festen Überzeugung ist, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht existiert und somit immer noch die Gesetze des Deutschen Reiches gelten, wollen wir aus Respekt vor seiner Weltanschauung eine Ausnahme machen.“

    Die Deutschen Reichsgesetze sind eindeutig.
    Statt eines in solchen Fällen vom Rechtsstaat vorgesehenen Strafverfahrens werde man dem selbsternannten „Reichsbürger“ einen kurzen Prozess machen, wie es im Deutschen Reich üblich war (vgl. z.B. Hinrichtung von Rudolf Ernst Lindau am 10. Januar 1934 und Johannes Becker am 12. Juli 1935; beide wegen Erschießung eines Polizisten).
    „Wahrscheinlich droht Herrn P. dann im Falle eines Schuldspruchs die Enthauptung durch die Guillotine“, so der Gerichtssprecher. „Es sei denn, er möchte ganz puristisch mit dem Handbeil hingerichtet werden.“
    Die Richter des Landgerichts hoffen, dass dem „Reichsbürger“ die Enthauptung nach dem Recht des Deutschen Reiches eine Lehre sein wird und er in Zukunft ganz genau überlegt, ob die Rechtsordnung der Bundesrepublik nicht doch erstrebenswerter ist.“

    Quelle: Der Postillon
    Das einzige seriöse Nachrichtenmagazin. „Wir berichten, bevor wir recherchieren.“

  6. Konrad Kugler Antworten

    @ Alexander Droste,

    Ihr Beitrag ist das einzig Erfreuliche in diesem Moment.

    Hat schon einer die Frage untersucht, ob nicht die Mißdeutung Deutschlands durch linke Volltrottel – in Dresden: „Deutschland du mieses Stück Scheiße“ unter einer so bedruckten Plane versteckt – geschützt von ihren linken und grünen Schutzpatronen letztlich Auslöser der Suche nach Sicherheit dieser maximal Verwirrten ist?

    Ich selbst folge dem Apostel Paulus, der sagte, daß jede Regierung von Gott kommt. Jedes Volk hat also die Regierung, die es verdient. Es sieht so aus, als ob die Kirche auch den Papst bekommen hat, den sie verdient. [Die Revoluzzer können sich auf ihn berufen, das ganze aber Reform taufen.]

    Es gibt nichts Verqueres, das nicht eine Gegenreaktion auslöst.

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