Während meiner Ausbildung zum Redakteur musste ich einmal zu einem Prozess in Gütersloh gehen, um anschließend darüber zu berichten. Ein Mann im mittleren Alter hatte mit dem Auto jemanden überfahren, der an den Folgen des Unfalls verstarb. Der Fahrer war ein Familienvater, hatte Frau und zwei kleine Kinder. Und er hatte Alkohol getrunken. Ich weiß die Details nicht mehr so genau, aber ich glaube, er kam von einer Firmenfeier. Er war zur Tatzeit nicht volltrunken, hatte drei, vier Bier getrunken. So weit, so schlecht. Ich erinnere mich noch gut an diesen Tag im Gericht, weil ich bis dahin nicht viele erwachsene Männer hatte weinen sehen. Vor der Urteilsverkündung flehte der Angeklagte den Richter geradezu an, tränenüberströmt, ihn nicht ins Gefängnis zu schicken. Das Urteil: Sieben Jahre Haft, ohne Bewährung.

Gestern gab es in Köln auch ein Urteil. Zwei Männer – beide 20 Jahre alt – hatten im März vergangenen Jahres in der Kölner Innenstadt ein „spontanes Wettrennen“ veranstaltet und waren mit über 100 km/h durch die City gerast. Sie überfuhren eine rote Ampel – nicht knapp, sondern das Rotlicht war bereits sieben Sekunden aktiviert – und einer krachte mit seinem Auto in ein Taxi. Der Fahrgast darin starb an schweren Kopfverletzungen, vier weitere Personen wurden verletzt. Nun der Prozess vor dem Kölner Amtsgericht. Die beiden Männer wurden wegen „einer absolut jugendtypischen Tat“, bei der sie spontan gehandelt hätten, zu 12 und 16 Monaten auf Bewährung verurteilt. Dann gingen sie nach Hause.

P.S. Die Täter werden wohl ihren Führerschein abgeben müssen. Für ein Jahr….

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Dieser Artikel wurde 21 mal kommentiert

  1. Andreas Schneider Antworten

    Eine schleichende Erosion der Rechtsstaatlichkeit, zumindest des Rechtsempfindens. Was helfen solche populistischen (mir fällt dazu nichts Besseres ein) Aktionen wie ein „Blitzermarathon“, dem zumeist wenig gravierende Verstöße zum Opfer fallen, wenn solche „Urteile“ gefällt werden?

    Das Folgende mag vielleicht „off topic“ sein. Dennoch lässt sich ein Bogen zum hier Geschriebenen schlagen: https://www.facebook.com/NickHeinMMA/photos/a.362016187218061.86049.164793013607047/962042023882138/?type=3&theater

  2. urs ernst Antworten

    in Deutschland lässt es sich gut leben, vorausgesetzt ich habe einene ausländischen oder besser noch gar keinen Pass . das ist die real existierende 2-Klassen-gesellschaft. schade um unser schönes Land und schade , dass genau die , die so unterschiedlich richten und die , die mit an toleranz grenzender gleichgültigkeit durch leben gehen, den rechtsruck unserer gesellschaft vorantreiben, den uns unsere nachbarn mit ein paar jahren vorsprung bereits deutlich vorleben. auf „zu lasch “ folgt immer “ zu hart“ genau wie auf ebbe die flut folgt. aber wozu aus dr geschichte lernen ?

  3. Alexander Droste Antworten

    Gut, dass man Gerichtsurteile anfechten kann.

    Anderes kann man aus z.B. Ägypten erfahren, wo ein in D. arbeitender ägyptischer Arzt für vier Jahre in den Folterknast verbannt wurde, weil er an einer Gedenkfeier teilgenommen hatte. Seine Berliner Verlobte rechnet damit, ihn nie mehr lebend wieder zu sehen. Quelle: SPON

  4. Rudolf Jahns Antworten

    Es gibt doch, lieber Klaus Kelle, jeden Tag Beispiele zum Vorgehen der Justiz über die man sich wundert. Heute berichtet die RP über einen „in Deutschland wohnsitzlosen jungen Mann“, der nun wegen Einbruchs etc. verurteilt wurde, nachdem seine Komplizen aus Albanien bereits verurteilt sind. Nach einem Verfahren, das anderthalb Jahre(!) dauerte. Wo sonst muss die Justiz derartig aufwendig arbeiten? Und das auch noch bei bedingungsloser Einreise von Ganoven aus aller Welt! (Achtung! Bevor jemand aufschreit, ich meine nicht rechtschaffene Schutzsuchende, nur, wir wissen ja gar nicht, wer da kommt.) Bei uns sind landesfremde Banden unterwegs und werden nach begangenen Verbrechen auch noch auf Kosten des Steuerzahlers in Gefängnissen untergebracht, von denen sie in ihren Heimatländern nur träumen können.
    Es ist was mächtig faul im Staate Deutschland!!! Und die Abgeordneten sitzen paralysiert im Bundestag ohne zu reflektieren, was da gerade ihren Wählern widerfährt. Können die – zumindest die von der CDU/CSU – nicht mal aufstehen und sagen „Stop! Das ist unsere Sache und nicht die von Frau M.!“? (Siehe heutiges HB Interview mit Herrn Papier.)

  5. Jürgen Backhaus Antworten

    Leider haben Mühlen unseres Gesetzes zu langsam gemahlen. Wäre die Gerichtsverhandlung unmmittelbar nach der Tat gewesen, hätte das Urteil m. E. ein anderes Maß gehabt. Ein Schlag ins Gesicht der Angehörigen des Opfers und ein Freibrief für jugentliche Raser. Eine weitere Verhandlung über einen Raserunfall mit einem Todesopfer steht ja noch aus. Lassen wir uns überraschen!

  6. Pingback: Justiz in der Schieflage –Denken erwünscht – der Kelle-Blog - Wertewandel

  7. Susanne Antworten

    Was ist los mit der Justiz in Deutschland? Ich weiß nicht, wann Sie Ihre Ausbildung gemacht haben, aber es gab auch früher schon ähnliche Urteile wie dem heutigen von Köln. Z. B. wurde Otto Wiesheu, nachedem er besoffen eine Autounfall verursachte, bei dem ein Mensch starb und ein anderer schwer verletzt wurde, zu 12 Monaten Bewährungsstrafe, NICHT nach Jugendstrafrecht, welches ja meist strafmindernd wirkt. Ihr erwähnter Familienvater aus Gütersloh hat einfach Pech gehabt. Und das Urteil gegen die beiden Jugendlichen scheint mir nicht außergewöhnlich mild. Könnte natürlich sein, weil Otto Wisheu ein bekannter CSU-Politiker war, die Justiz deshalb besonders nachsichtig war?

  8. Alexander Droste Antworten

    12 Monate auf Bewährung für Totschlag, 6 Jahre ohne für Betrug inklusive vollständiger Vermögensverlust der nächsten Verwandschaft, Konkurs aller verbundenen Unternehmen inklusive öffentlicher Pranger. Da sieht man auch, wo die Prioritäten in der Strafverfolgung liegt. Geld geht über Menschenleben.

  9. S v B Antworten

    Die Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig hat die verzögerte, viel zu lasche oder gar gänzlich fehlende Aburteilung jugendlicher Straftäter vor ihrem Ableben immer und immer wieder beklagt. Ihre Kompetenz in dieser Sache war unumstritten.

    Wir werden mit dieser auch mir völlig unverständlichen Beurteilung von Straftaten langsam aber sicher in Richtung „lawless country“ abdriften. Welche „message“ wird so in der Bevölkerung verbreitet und schließlich von dieser verinnerlicht? Egal was ich tue, es ist doch alles gar nicht so schlimm! Oder? Eine Verhaltens- und Gewissensschulung, die ja den Hauptsinn einer Verurteilung gerade von jungen Straftätern bildet, findet auf diese Weise nicht mehr statt. Mit tragischen Folgen für unsere ganze Gesellschaft.

  10. Bernd Ulrich Antworten

    Migranten-Rabatt seitens der deutschen Justiz gab es schon früher: Ich erinnere an den Unfall auf der Wiehltalbrücke am 26. August 2004 : Zwei Brüder nordafrikanischer Herkunft fuhren im Drogenrausch ohne Führerschein mit abgefahrenen Reifen bei Regen in einer Autobahnbaustelle zu schnell. Sie rammten einen voll beladenen Tanklaster, der brennend in die Tiefe stürzte. Der Fahrer verbrannte bei lebendigen Leibe. Wie später aus abgehörten Telefonaten hervorging, machten sich die Burschen über die Todesschreie des LKW-Fahrers noch lustig. Bei dieser Abhörmaßnahme stellte sich auch heraus, daß die beiden ihren Lebensunterhalt mit Drogenhandel verdienten. Diese Erkenntnis durfte allerdings im Prozess nicht verwendet werden. Die Instandsetzungskosten der Autobahnbrücke beliefen sich auf über dreißig Millionen Euro. – Die Urteile: Für den Fahrer gerade mal 22 Monate Haft, für den Bruder eine kleine Geldbuße von ca 2.000 Euro. Gut nachzulesen in den damaligen Zeitungsberichten.

  11. Walter Lerche Antworten

    Vor dem Gesetz ist jeder Mensch Gleich, nicht aber vor dem Richter. Auch eine dringend notwendige Justizreform würde nichts verbessern, wenn die Personen bleiben. Gibt es eigentlich eine Statistik über die Anzahl von Richtern, Rechtsanwälten, Ingenieuren und Fachärzten? Wenn inzwischen das „Ansehen“ eines Rechtsanwalts in Deutschland höher ist als das eines Kinderarztes, wenn immer mehr junge Leute Jura studieren, wenn dafür durch immer mehr unklare und widersprüchliche bzw. unausgereifte Gesetzestexte, durch zusätzliche Projekte wie die (kosten-)freie Wahl eines Rechtsanwaltes für Asylbewerber, wenn permanent für die überproportionale Steigerung des Geschäfts und des Auftragsaufkommens für heutige und künftige Juristen gesorgt wird, dann sehe ich hier eine fatale Entwicklung, die uns leider nicht mehr sondern weniger Gerechtigkeit bringen wird, auch solche Fälle wie hier angezeigt.

    • Susanne Antworten

      Genau Herr Lerche! Man sehe sich ganz aktuell etwa die Verteidigung im NSU Prozess an, alle Angeklagten haben ihre kostenfreien Anwälte (André Eminger, Holger Gerlach, Carsten S., Ralf Wohlleben) und Beate Zschäpe vom Mörderverein NSU erdereistet sich sogar, noch einen fünften (!!) Anwalt bezahlt zu bekommen. Wird nicht mehr lange dauern, und sie bekommt ihn auch. Wir Steuerzahler sind die Dummen. Muss sowas sein? Stellen Sie sich vor, Zschäpe wäre Ausländerin – wieviele Anwälte stünden ihr dann zu?!

  12. Peter Antworten

    Sorry – habe ich nicht aufgepasst? In Kelles Bericht stand doch nichts ueber die Nationalitaet der Taeter?!

  13. Walter Lerche Antworten

    Genau Frau Susanne! Wenn Zschäpe Ausländerin wäre, dann hätte sie a) nichts mit Verbrechen zu tun und b) würde dieser Prozess so schnell verlaufen, so dass wir darüber über die Medien nichts erfahren würden. –
    Alternativ dazu ergibt sich folgende Rechnung für uns Steuerzahler: 4-5 Anwälte für 1 x Zschäpe gegen 1.5000 Mill. Asylanten x 1 Anwalt + 500.000 Gutachten.
    Ich erinnere mich, dass Frau Zschäpe nur einem Verteidiger vertraut und 3 ablehnt. Ich unterstelle dem Gericht, dass es weiß, was es tut.
    Anders als Sie würde ich den Fall Zschäpe nicht „pauschalisieren“ und mit den Exzessen islamischer, unwürdiger Neukultur in Deutschland „relativieren“. Sie sprechen Sich gegen Vergleiche aus und dann führen Sie sie!
    Wo Sie aber diesen Zschäpe-Prozess nennen, fragen Sie sich nicht auch, warum der so lange dauert? Was tun die eigentlich dort! Zudem sorgte zuvor ein Untersuchungsausschuss unter Führung von Herrn Edaty, ist Ihnen sicher bekannt. Für mich persönlich sieht das ganz danach aus, als ob man sich dort sehr viel Mühe gibt, geheim zu halten, wer dort noch alles von rechtsstaatlicher Seite mitgemischt hat. Vielleicht werden wir das in 30 Jahren erfahren, wenn überhaupt.

  14. Susanne Antworten

    Herr Lerche, ich weiß jetzt nicht, wo ich verglichen und pauschalisiert haben sollte, wie Sie mir unterstellen. Ich habe Sie doch bestätigt, dass die Justiz versagt. Und an einem Beispiel festgemacht. Sie schrieben doch selber zur Justiz: „sehe ich hier eine fatale Entwicklung, die uns leider nicht mehr sondern weniger Gerechtigkeit bringen wird“. Was also sollte an meinem Beispiel falsch sein, verstehe ich nicht. Wenn Sie da nun meinen, dass das Gericht „weiß, was es tut.“ Hier weiß es schon, aber sonst kein Gericht deutschlandweit? Warum sollte gerade dieses Gericht wissen was es tut, alle anderen aber nicht? Dieses Gericht bringt also im Gegensatz zu allen anderen, sowie Ihrer Behauptung, mehr Gerechtigkeit?
    Aber zu a) Sie meinen also, bei Ausländern würden schon von der Polizei keine Morddelikte verfolgt werden oder wenn doch, dann von der Justiz keine ANklage erhoben oder was? zu b) wäre das nur in einem Mordprozess speziell mit diesen (wie auch immer) Umständen so, dass wir nichts erfahren würden? Denn über andere Prozesse gegen Ausländer wissen wir ja was, etwa über deren harmlose Urteile, von denen hier ja berichtet wird. Wenn Sie mir dies erklären würden.
    Wo habe ich denn den Fall Zschäpe, wie Sie behaupten, pauschalisiert und mit Exzessen unwürdiger Neukultur relativiert? Und wo habe ich verglichen? „fragen Sie sich nicht auch, warum der so lange dauert?“ Ja doch, habe ich irgendwas verpasst, das gegenteil behauptet oder was?
    Den Rest Ihres Textes versteh ich nicht, ein Untersuchungsausschuss, der ja was aufklären soll, soll jedoch geheim halten, „wer dort“ (also im Untersuchungsausschuss?) rechtsstaalich mitgemischt hat?

    • Walter Lerche Antworten

      Ich sehe in Ihrem Kommentar Hinweise, die den Zustand in Deutschland verdeutlichen. Vielleich habe ich mich nicht ausreichend verständlich ausgedrückt, Sie können das gewiss besser. Wer diese Texte liest, kann sich gewiss sein Bild machen und weiß, was gemeint ist.

  15. Hans D Antworten

    Zitat aus einem Film: “ Die Gerechtigkeit wohnt in einem Stockwerk, zu dem die Justiz keinen Zugang hat“.

  16. Matthias Antworten

    Wenn man sich das Strafmaß ansieht, sind Steuerhinterzieher die schlimmsten Verbrecher in Deutschland. Uli Hoeness war 1,5 Jahre im Knast, der türkischstämmige Totschläger, der auf dem Alex in Berlin einen jungen Mann totgeschlagen hat, hat 12 Monate dafür bekommen. Die Werte sind schon seit langem verschoben und nicht mehr nachvollziehbar.

  17. Johannes Peerenboom, Kleve, Niersstr. 35 Antworten

    Justitia: Jesidin (Kleve) lernt Türken(Hannover) über Internett kennen, Eltern strikt dagegen,Jesidin fährt m. Pkw Ri. A 3, Bruder wird von Eltern hinterhergeschickt, zurückholen, Rennen B 220, 70 Zone Überholvebot, Gegenverkehr Beide wollen in die Schlange, Bruder touschiert Jesidin-Pkw, der schleudert in Gegenverkehr, zwei Kradfahrer aus Holland, TOT am Ort, Polizei trifft ein, sieht 2 Personen, die sich streiten, 2 Tote auf der Fahrbahn, Zeugen erklären, 2 Beteiligte unberührt…Jesidin wird von Pol. zum Frauenhaus Wuppertel gebracht, Jesidin fährt sofort z. Türken, der weist sie zurück wegen des VU, Jesidin lebt weiter ohne Verfahren, Bruder wird zu 21 Mon. auf Bewä. verurteilt,beide wohlauf….Fam. lebt weiter von Hartz IV, 2 Kreuze am VU-Ort, das wars….

  18. Daniel Ludwig Antworten

    Die Frage die sich in diesem Fall ebenso wie in dem Fall um das Berliner Autorennen am KaDeWe stellt: Handelt derjenige der mit extrem überhöhter Geschwindigkeit durch den Ort rast nicht sogar vorsätzlich? Wenn ja würde dies Totschlag und nicht „nur“ fahrlässige Tötung bedeuten. Dann wäre man bei einem anderen Strafmaß. Es gab in der Schweiz mehrere Urteile die in diese Richtung gehen. Siehe auch http://www.strafjournal.com/blog/2016/berlin-bedingter-toetungsvorsatz-raserfaelle

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