GASTSPIEL DR. PATRICK PETERS: Wann ist ein Mensch wirklich tot?

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mag die großen Auftritte, auch wenn sie sich zu einem Skandal ausweiten können. So beispielsweise geschehen im Frühjahr: Spahn hatte gesagt, Hartz IV bedeute nicht Armut, sondern sei die Antwort der Solidargemeinschaft auf Armut.

Sei’s drum, kürzlich gab es den nächsten Aufschlag. Denn Jens Spahn hat sich zur Organspende geäußert und einen Vorschlag unterbreitet, die Anzahl der Organspender in Deutschland maßgeblich zu erhöhen. Künftig soll nach dem Willen Spahns jeder Deutsche automatisch ein Spender sein, solange er oder die Angehörigen nicht ausdrücklich widersprechen, wie es in anderen Ländern bereits der Fall ist (beispielsweise Niederlande und Spanien). Pro Jahr stehen etwa 10.000 Patienten auf der Warteliste für ein neues Organ. 2017 gab es dafür jedoch nur 767 Organspender, berichten Medien. Das geplante neue Organspende-Gesetz soll die Lage bessern.

Das hat das Zeug, ein weiterer Aufreger zu werden. Denn Jens Spahn scheint zu vergessen, auf welches gefährliche Terrain er sich beim Thema Organspende begibt – innerhalb der CDU gab es, einmal mehr, schon Krach deswegen.

Nicht, dass jemand (absichtlich oder unabsichtlich) missversteht: Der Autor dieser Zeilen ist kein Feind der Organspende. Jemand, der fürs Überleben ein Organ benötigt, soll dieses von einem Verstorbenen auch erhalten. Daher ist die Organspende eine wichtige Sache. Aber der Plan des Gesundheitsministers hat einen eklatanten Schwachpunkt – einen Schwachpunkt, an dem die breit angelegte Organspende in Deutschland schon lange scheitert.

Denn bis heute ist nicht eindeutig geklärt, wann ein Mensch wirklich tot ist. Und zwar tot im Sinne, dass es völlig ausgeschlossen ist, dass „intelligentes“ Leben irgendwie weiterhin beziehungsweise wieder möglich sein könnte. Nicht selten gibt es Berichte von vermeintlich Verstorbenen, die während der Entnahme wiedererwachten, weil der Tod nicht einwandfrei festgestellt werden konnte. Und genauso wenig kann man wohl ermessen, ob nicht – zumindest in manchen, nicht eindeutig geklärten Fällen – die Organentnahme eine mögliche Wiederbelebung verhindert haben könnte.

Das bedeutet: Es bedarf einer wissenschaftlich-medizinisch zwingend nachvollziehbaren und validierbaren Begründung, wann der Tod zweifelsfrei festgestellt werden kann. Es gibt diese Möglichkeiten, die in komplexen biochemischen Prozessen zu erklären sind. Selbst anerkannte Mediziner nennen dies als Problem, um die Organspende breit zu etablieren. Denn dann spricht nichts dagegen!

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Dieser Artikel wurde 10 mal kommentiert

  1. Alexander Droste Antworten

    Sind Spenden nicht eigentlich freiwillig? Droht nicht möglicherweise eine gefährliche Willkür? Ist diese Art von Bevormundung nicht menschenunwürdig auch nach dem Tod? Wird der Mensch durch solch einen Erlass nicht weiter degradiert zu eine Wahre?

  2. Leyh Antworten

    Organ Spende!
    Wie das Wort schon sagt – Spende!
    Ist eine Spende nicht freiwillig?

    Freiwilliger Zwang wie in der DDR!

    Ich habe einen Organspende Ausweis!

  3. Lesebrille Antworten

    Es bleibt der üble Verdacht, daß der eine oder andere am Organhandel beteiligte Doktor für zahlungskräftige Auftraggeber bereit sein könnte so manchem mutmaßlich lebensunwürdigem Patienten ein Ableben zu „spendieren“.
    Ich finde die Idee Spahns sittenwidrig, moralisch verwerflich und ein Zeichen geistiger Entartung.
    Punkt.

    • Alfred Werner Antworten

      Ganz richtig. Angenommen, Angela M. bräuchte umgehend ein Spenderhirn, grandios vergütet aus Steuermitteln, was wäre das Leben eines Erwin Kasulke noch wert ? Gott, bin ich heute wieder ein Schelm …

      • Leyh Antworten

        Den Gedanken sollte man mal zuende denken!
        Ein neues Gehirn für A. Merkel oder auch gleich für die meisten Bundesminister und Abgeortneten.

  4. Manfred Sachs Antworten

    Man möchte mehr Spendenorgane? Wie wäre es, wenn der Organspender bzw. dessen Angehörige großzügig entlohnt würde? Organspende – das klingt so herrlich altruistisch, großzügig und gemeinnützig. Ist es ja auch – allerdings recht einseitig: einzig der Organ-Abgebende geht leer aus, für alle anderen Beteiligten ist es ein recht lukratives Geschäft.

    Und noch etwas: Der Organismus des Spenders darf nicht tot sein, sonst wären es seine Organe auch – diese somit unbrauchbar – daher ja auch der Trick mit dem „Hirntod“ als „Äquivalent des menschlichen Todes“.

  5. Alfred Werner Antworten

    Da lese ich vor kurzem, dass Herrn Nicki Lauda innerhalb kürzester Zeit etwas sehr Seltenes zur Verfügung steht, nämlich eine Spenderlunge, auf die andere ewig warten müssen. Was schöpfe ich da ? Sehr richtig, Verdacht. Ich gönne Herrn Lauda diese Lunge absolut, aber so schnell ? Promibonus, an der Warteschlange vorbei, schnell einen ausgeschlachtet ? Für meine Zustimmung nicht sonderlich hilfreich ….

  6. Gerhard Heger Antworten

    Was ich immer befremdlich finde: derjenige, dem das Organ gehört, der soll spenden. Und die ganze Kette dahinter profitiert (monetär oder anderweitig). Warum hier nicht eine angemessene Vergütung? Der Chirurg arbeitet auch nicht umsonst.

  7. Wolfgang Andreas Antworten

    Es geht – wie immer – ums Geld, Herr Dr. Peters!
    Auch bei der Organspende; denn alles andere wäre ein Wunder! Alles, aber auch fast alles ist inzwischen bei uns so gestrickt. Sogar die EU macht uns dieses Strickmuster vor: Machst Du nicht was wir wollen, gibt´s kein Geld! Polen, Ungarn, wir werden es Euch schon zeigen! Gottesbezug raus aus der Europäischen Verfassung, sonst…! Doch zurück zum Thema: Frische Organe sind die besten. Sie garantieren den Erfolg für Transplanteur und die Krankenhauskasse. Muß man bei dieser Gemengelage nicht anfangen zu denken, muß man da nicht mißtrauisch werden, muß man da nicht zurückschrecken Herr Spahn & Co.? Nehmen wir die Profitgier aus der Transplantationsmedizin heraus und ihr sollt mal sehen, wie die sprichwörtliche Hilfsbereitschaft der Deutschen nach oben schnellt.

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