Ich weiß nicht, ob mir das jetzt schadet, aber ich bekenne frei heraus: Die AfD ist derzeit für mich die unterhaltsamste Partei in Deutschland. In Schleswig-Holstein, also da, wo die angeblich so sturen Norddeutschen leben, hat der Landesparteitag gestern bewiesen, dass rheinischer Karneval auch hier eine Chance hätte.

Die einstmals haarscharf bei der Wahl zur Bundessprecherin gescheiterte Doris von Sayn-Wittgenstein, die von ihrer eigenen Landtagsfraktion ausgeschlossen wurde und gegen die der Bundesvorstand ein Parteiausschlussverfahren betreibt, weshalb sie als Landesvorsitzende zurücktrat, ist seit gestern wieder AfD-Landesvorsitzende. Die „Gräfin“ erhielt 137 Stimmen, ihr Gegenkandidat Christian Waldheim 100 und ein weiterer Kandidat vier.

So weit so schlecht, wird „die Gräfin“ doch dem rechsextremen Flügel der AfD von Höcke &. Co. zugerechnet. Und das Parteiausschlussverfahren des Bundesvorstands wurde eingeleitet, weil die Doris einen rechtsextremen Verein in Thüringen unterstützt haben soll. Alles ein Lehrbeispiel dafür, wie man verhindert, dass die eigene Partei für andere Parteien Kooperationspartner werden könnte. Die Roten und Grünen im Land und die Merkel-Fans in der Union lachen sich schlapp, wenn sie das Kasperletheater an der Küste betrachten.

Immerhin: Kampgne kann die „Gräfin“. In den vergangenen Wochen tingelte sie emsig von Kreisverband zu Kreisverband und rührte die Werbetrommel für ihre Wiederwahl. In einem Bewerbungsvideo bezeichnete sie diejenigen, die eine andere Führung der AfD wollten, wörtlich als „Feinde in den eigenen Reihen“. Und sie zeigte auch gestern ehrliches Mitgefühl…allerdings nur mit sich selbst.

Der Bundesvorstand der AfD habe sie „zum Abschuss freigegeben“, sie werde als „rechts gebrandmarkt“, obwohl sie doch nur „uns unser Land zurückholen“ wolle. Und – mein Lieblingssatz: „Sogar in unserer Partei sind schon jene Kräfte am Werk, die am Tod unserer Nation mitwirken.“

Die Gräfin hat sich ihr Amt zurückgeholt. Aufsehen erregte ein junger Mann im schwarzen T-Shirt gestern mit der goldenen Aufschrift „DSW-Ultra“ und einem goldenen Krönchen. Das Lager des unterlegenen Realos Waldheim hat düstere Vorahnungen von einer „Nacht der langen Messer“ bei der nächsten Kandidatenaufstellung zur Landtagswahl in etwa zwei Jahren. Landtagsabgeordnete und die loyalen Mitarbeiter der Fraktion gehen davon aus, dass sie sich berulich werden neu orientieren müssen. Denn: „Die Gräfin macht keine Gefangenen…“

 

 

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Dieser Artikel wurde 5 mal kommentiert

  1. Konrad Kugler Antworten

    Ich habe mich über die Niederlage der Clinton gefreut, nicht über den Sieg Trumps.
    Während viele Narren an mentaler Vergiftung leiden, kann ich mich über einzelne Erfolge freuen.

    Wo sind die Definitionen für rechts, rechtsradikal und rechtsextrem zu finden? Ich möchte endlich genau Bescheid wissen.

    Wer verleiht die Prüfmarken?

  2. S v B Antworten

    Da ich die Dame – sagen wir mal – etwas eigenartig finde, wundert mich ihre Wahl zur Landesvorsitzenden nicht eben wenig. Was ist nur los im Lande Schleswig-Holstein? v. S.-W. ist ganz sicher eine absolute Fehlbesetzung in diesem Job. Mit etwas Nachsicht und Goodwill könnte man sie vielleicht noch mal „auf Probe“ in der Partei mitlaufen lassen, ihre also eine Art Galgenfrist zur Läuterung einräumen. Aber als Landesvorsitzende der AfD…nee, nee, nee! (Hui, das reimt sich ja, ein heißer Tip für Störer und Gegendemonstranten). Doch halt, wenn man bedenkt, wer für die gute alte CDU „da oben“ so alles tätig ist, könnte man auch leicht ins Grübeln geraten. Man denke nur an einen gewissen jüngeren Herrn, der unlängst abenteuerliche Koalitionsoptionen wie selbstverständlich ins Gespräch brachte. Ob’s am Ende doch an Schleswig-Holstein liegen sollte…?

  3. W. Lerche Antworten

    Die AfD ist gewiss nicht schuld, dass in Berlin seit Jahren „grün“ regiert wird. Die kleinste Fraktion im Bundestag, die kleinste Oppositionspartei hat das Sagen, mit und ohne politischem Theater am Rande.

  4. S.T. Antworten

    … das klingt mir doch allzu stark nach Verballhornung, nach gezielter Unterwanderung und damit Verächtlichmachung der gesamten Partei. Ein weiterer Baustein auf dem steinigen Weg, die AfD Otto-Normal-Verbraucher als weiterhin unwählbar madig zu machen.

  5. HB Antworten

    Die AfD macht mir keine Angst. Angst machen mir die anderen Parteien, die Folgen der Merkelpolitik und die geblendeten Mitläufer.

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