Von der Gratwanderung zwischen Recht und Irrsinn

Mein Facebook-Freund Markus schrieb gestern Abend an mich gerichtet: „das ist der mit Abstand schlechteste, weil vermutlich emotionsgeladen geschriebene Artikel, den ich jemals von Dir gelesen habe.“ Was er meint, ist mein Tagebuch-Eintrag mit dem Tenor „Macht den Wilden Westen endlich dicht!“ Außer Markus haben mir auch andere reichlich eingeschenkt. „Das Recht auf Waffenbesitz ist ein elementares Menschenrecht“, schreibt Thorsten. „Es wäre grauenhaft, würden die Amerikaner den gleichen Fehler begehen wie die Deutschen, nämlich tragische Einzelfälle zur Regel zu stilisieren und daraus hysterische Horrorszenarien zu basteln“, schreibt Cornel. „Gegen Kriminelle mit Waffen gibt es kein besseres Mittel als Gesetzestreue zu entwaffnen!“, fügt Torsten (ohne h) mit einer guten Portion Zynismus an. Und sie alle haben irgendwie recht. Ich kann das so lapidar sagen, ohne dass mir ein Zacken aus der Krone fällt, denn im Grunde benutze ich all diese Argumente seit langer Zeit selbst. Und die harsche Kritik von Markus hat natürlich einen berechtigten Kern, denn 1) habe ich den Beitrag mehr aus der Emotion als der Ratio verfasst, und 2) ist er politisch höchst korrekt, was nicht mein vorrangiges Motiv für diesen Blog ist.

Versuchen wir also mal gemeinsam, uns der ganzen Thematik differenzierten zu nähern. Die Amerikaner haben aus ihrer Geschichte heraus ein gänzlich anderes Verhältnis zum Recht auf Selbstverteidigung und zu Schusswaffen. Dafür habe ich viel Verständnis. Im Grunde ist doch unsere deutsche Gesellschaft auch krank, wenn allein der Wunsch, sich bei einem Einbruch oder Raubüberfall selbst verteidigen zu können, als sonderbar (wahrscheinlich auch wieder rechtspopulistisch….gäääähhhnnn) betrachtet wird. Wenn der Deutsche überfallen wird, verhält er sich ruhig, wehrt sich nicht und hofft, dass alles schon nicht so schlimm werden möge. Alles rausgeben, demütig zu Boden gucken und hoffen, dass die Versicherung anschließend schon zahlt. Das ist der deutsche Weg. Anderswo auf der Welt würde niemand auf solche Gedanken kommen, geschweige denn so zu handeln. Und ja, auch ich hätte gern eine Waffe im Haus für den Fall, dass nachts jemand einbricht und meine Kinder, meine Frau oder mich bedroht. Im echten Notfall würde ich auch abdrücken.

In den USA kommt noch etwas anderes hinzu. Außerhalb der Ballungsgebiete sind die Entfernungen zum nächsten Sheriff’s Office oft sehr groß. Meine Facebook-Freundin Michaela, die in den Vereinigten Staaten, in Texas, lebt, schrieb, dass Waffen für sie Gebauchsgegenstände sind, die sie benötigen, um sich unangenehmes Getier wie Klapperschlangen vom Hals halten zu können. Und weiter: „Unser County (Landkreis) umfasst 4176 km² – ist also größer als das Saarland. Wir haben derzeit 50 Polizisten. Mehr brauchen wir nicht. Weil wir auf uns (und unsere Nachbarn) selber aufpassen. Unsere Autos und Häuser sind meist nicht abgeschlossen, manche lassen ihr Auto vor dem Einkaufszentrum einfach laufen, damit die Klimaanlage schön kühl bleibt. Wird mal irgendwo eingebrochen, redet die ganze Stadt darüber.“ Und auch Michaela hat recht, genau das ist das Amerika, das ich selbst kennengelernt habe und sehr mag. Also zur Klarstellung: Ich bin für Selbstverteidigung und ich achte auch das Recht, zu diesem Zweck eine Waffe besitzen zu dürfen. Ich würde es selbst in Anspruch nehmen, wäre es in unserem Land erlaubt.

Aber nun komme ich zu Präsident Obama und seiner gestrigen Trauerrede: „Diese Art von Gewalt passiert in anderen Ländern nicht. Nicht in dieser Häufigkeit. Ich musste solche Statements viel zu häufig abgeben.“ Hat er damit Unrecht? Jeder weiß doch, dass kaum eine Woche ohne Horrormeldungen aus den USA vergeht. Jugendgangs liefern sich Schießereien in den Ghettos der Millionenstädte, Kinder erschießen versehentlich ihre Geschwister, ein Dreijähriger hat vor einiger Zeit versehentlich seinen Vater erschossen, dessen Waffe auf dem Wohnzimmertisch lag. Polizisten erschießen Jugendliche, weil sie vermuten, dass die eine Waffe tragen. In High School-Shootings – passiert nicht jede Woche – laufen 18-Jährige in langen Ledermänteln mit automatischen Waffen durch die Klassen und ballern Lehrer und Mitschüler ab. Und jetzt traf es mal die Bibelstunde einer Kirche – neun Menschen sind tot. Täter war ein 21-Jähriger. Hätten Sie mit 18 oder 21 Jahren gewusst, wo und wie Sie sich in Deutschland eine Schusswaffe besorgen können? Ich nicht. Klar, wenn man beruflich im Schutzgeld- oder Drogengewerbe ist, dann wird es einfach sein. Aber wenn ich mit 18 schlecht gelaunt gewesen wäre und mir wäre die Idee gekommen, meinen Chemielehrer zu erschießen – es wäre schon daran gescheitert, dass ich in Deutschland eben nicht so einfach in ein Geschäft gehen kann und eine Uzi kaufen.

Hier setze ich mit meiner Kritik an. Ich will den Amerikanern weder ihre Waffen noch ihr Recht auf Selbstverteidigung nehmen (könnte ich auch gar nicht). Aber angesichts all der Toten kann man doch nicht zur Tagesordnung übergeben mit dem lässigen Hinweis, dass ja auch im Straßenverkehr viele Menschen sterben, ohne dass man Autos verbietet. Für Autos braucht man einen Führerschein, für eine Pistole nur genügend Dollars. Das ist ein entscheidender Unterschied. Wer sich selbst verteidigen will, braucht auch keine automatischen Waffen oder Handgranaten, es sei denn, irgendwelche Separatisten sind mit ihren Panzern auf Urlaubstour. Nach meiner bescheidenen Meinung sollten die Voraussetzungen für den Erwerb einer Waffe anspruchsvoller angesetzt werden. Es sollte überprüft werden, ob Waffen in Privathäusern vernünftig gelagert und vor dem Zugriff von Kindern sicher sind, so wie wir es ja auch in Deutschland vorschreiben. Was weiß ich, vielleicht gibt es auch noch bessere Ideen. Aber angesichts der vielen unschuldigen Opfer, der oftmals noch Minderjährigen, die an Schussverletzungen verrecken, geht eins jedenfalls nicht, und das ist die Haltung „Ein bisschen Schwund ist ja immer.“

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Dieser Artikel wurde 15 mal kommentiert

  1. Alexander Droste Antworten

    Hallo Herr Kelle,

    über die Amerikaner kann man sich immer wieder wundern. Einerseits darf (uns soll anscheinend) jeder eine Schusswaffe besitzen und auch benutzen. Wenn er damit jemanden trifft, wird eine Staatstrauer verhängt. Andererseits kann jeder jeden verklagen wegen Lappalien wie z.B. Raucher die Zigarettenhersteller, wenn sie Krebs bekommen, Adipöse die Fastfoodkette oder die Hausfrau den Mikrowellenhersteller, weil nicht in der Bedienungsanleitung explizit drinsteht, dass man Haustiere nicht darin trocknen kann. Es tummelt sich ziemlich viel Dummheit, Frustration und Brutalität in diesem Land, das bewaffnet doch ziemlich gefährlich ist.

    Sie machen sich lustig über die Deutschen und ihrem Umgang mit Gewalt und Verbrechen. Der Staat hat das Gewaltmonopol, also die Polizei und das Militär und ist doch recht hilflos angesichts der Entwicklung dieser Tage. Da wünscht man sich gewiss etwas mehr zivile Wehrhaftigkeit. Angesichts der Tatsache, dass es bei uns ähnlich viel Dummheit, Frustration und Brutalität gibt wie in den Staaten, wünsche ich mir die Waffenverfügbarkeit wie dort nicht herbei.

  2. Ulrich Antworten

    Warum wohl hat noch niemand von einem Amoklauf in einem US-Waffengeschäft gelesen? Oder auf einer Waffenbörse, wo die Kassen doch dank guter Verkaufszahlen auch im Gebrauchwaffenmarkt gut gefüllt sind? Weil auch Mörder feige sind und ihre Massenmorde genau dort verüben, wo es sicher und ungefährlich scheint: in Schulen und Universitäten, in Supermärkten, die draußen stolz „gun-free zone“ versprechen. Oder eben in Kirchen. Wenn ich an meiner Haustür ein Schild anbringe: „Täglich trainierender Großkaliberschütze mit Waffen daheim“ und beim Nachbarn stattdessen steht: „Pazifist! Garantiert waffenfreier Haushalt. Wir wehren uns auch nicht, wenn Sie uns überfallen und das viele Geld mitnehmen.“ – wo wird wohl eher eingebrochen? Die Einrichtung von gun-free-zones bietet Verbrechern eine gewisse Garantie, dass sie zumindest vor bewaffneten Besuchern sicher sind. Und die Überkorrekten lassen in ihre Shops und Restaurants auch keine uniformierten Waffenträger, also Polizisten im Dienst rein. Ja, geht’s noch?

    • St.Ex Antworten

      Genau Ulrich, in Kassel, Dortmund und auch auf kleineren Börsen hats noch nie Amokläufe gegeben. War ja auch früher (in Burbach) die Polizei mit einem Stand vertreten.
      Aber einen Amoklauf hat es 1964 hier ganz in unserer Nähe gegeben, in einer Schule, in einem Vorort von Köln. Da hat der Täter zwar Waffen eingestzt, eine zum Flammenwerfer aumgebaute Gartenspritze und eine selbstgebaute Lanze, Er hat zwei Lehrerinnen earstochen und viele Kinder schwer verbrannt.
      Damals hätte er noch, da über 18 Jahre, alle Arten von Langwaffen frei erwerben können. Aber wie man sieht, braucht es die gar nicht um seine Mitmenschen umzubringen, es genügen auch frei erwerbliche Chemiekalien – Kunstdünger, Zucker etc. um im richtien Gemisch Bomben zu bauen – oder sedsit Kain und Abel bekannt, ein einfacher Stein.

  3. Hans-Georg Streubel Antworten

    Wer heute tatsächlich noch der Auffassung ist, das amerikanische Lebensmodell als vorzeigenswert und lebensnah zu bezeichnen, sollte sich einmal intensiv mit den Realitäten beschäftigen.
    Was fällt den vielschreibenden Usern zum amerikanischen Lebensstil ein?
    Wodurch zeichnet sich dieser ach so gepriesene Lebensentwurf eigentlich aus?
    Nach welchen amerikanischen Wertbergriffen möchten wir in Deutschland leben?
    Ist Amerika wirklich noch ein Land der grenzenlosen Freiheit?
    Welche Unternehmenskultur gibt es in Amerika?
    Herrscht nicht schon längst bei uns die grenzenlose Gier nach dem Mehr in jeder Weise?
    Möchten sie ohne Krankenversicherung leben?
    Möchten sie bis an die Zähne bewaffnet durch Leben laufen, um Hab, Gut, Leib und Leben zu verteidigen?
    Möchten sie rund um die Uhr be- und überwacht sein?
    Möchten sie, dass auch in Deutschland Menschen staatlich sanktioniert zu Tode gebracht werden?
    Was zeichnet Amerika aus, um dort leben zu wollen?
    Es bleiben Fragen über Fragen. Jeder sollte einmal wertneutral überprüfen, ob wir in Deutschland in Teilbereichen nicht schön längst „in Amerika“ angekommen sind und entsprechende Verhältnissee haben. Ist das alles so erstrebenswert?

    • St.Ex Antworten

      „Möchten sie bis an die Zähne bewaffnet durch Leben laufen, um Hab, Gut, Leib und Leben zu verteidigen?“
      Ja, Herr Streubel, aber Sie suggerieren Antworten.
      Aber wenn sie schon so fragen, dann antwortete ich Ihnen auch so.:
      Wenn ich also wie Sie schreiben mein Hab und Gut verteidigen muß, weil der Staat mit all seiner Macht es nicht schafft das Gesindel in seine Schranken zu weisen, dann möchte ich schon gewappnet sein und das heißt, lieber eine optimale Waffe zur Hand zu haben, die ich auch einsetzten darf, als wie mit Wattebäuschen zu werfen.

    • Klaus Kelle Antworten

      Lieber Herr Streubel,

      es ist zwar nicht ganz das Thema, aber da ich die USA recht gut kenne, will ich trotzdem darauf eingehen.

      Natürlich ist in Amerika nicht alles gut oder besser als hier. Die USA haben erheblichen Nachholbedarf bei der Modernisierung ihrer Infrastruktur an Straßen, Stromleitungen etc…. In einigen Ballungsräumen – das ist unübersehbar, gibt es Probleme durch Alltagsrassismus und Gewalt. Und ja, es wäre schön, wenn alle Amis krankenversichert wären, was allerdings inzwischen rund 80 Prozent auch sind. Der Widerstand gegen Obamacare hat ganz konkrete Gründe, die aber in Deutschland selten genannt werden. So erhalten die jetzt neu Krankenversicherten in den USA von ihrer Versicherung eine Übersicht, welche Ärzte sie zukünftig noch konsultieren dürfen. Da möchte ich ja mal sehen, was bei einer solchen Regelung in Deutschland los wäre. Und – als Leser meiner Beiträge wissen Sie – ich halte die Existenz des Gefangenenlagers auf Guantana, eines Rechtsstaates für unwürdig, und der Irakkrieg 2003 war völkerrechtswidrig.

      Aber…. ich warne vor Schwarz-Weiss-Denken in Bezug auf die Vereinigten Staaten. Das ist nach wie vor eine unglaublich dynamische und innovative Gesellschaft, die immer wieder totgesagt wurde, und dennoch nach wie vor die Wirtschaftsmacht Nummer 1 auf diesem Planeten ist mit einem erstaunlichen Boom auch bei den Arbeitsplätzen. Wissenschaft, Technologie, Erfindergeist wie nirgendwo. Das hochgelobte China erwirtschaftet seine Wachstumsraten damit, dass dort billig zusammengeschraubt wird, was man in den USA und im Westen insgesamt entwickelt. Über Russland braucht man in dem Zusammenhang überhaupt kein Wort verlieren. Ohne Bodenschätze und Atomraketen wäre das ein Dritte-Welt-Land.

      Ergo: Wir müssen den Amis nicht alles nachmachen und wir müssen auch nicht so werden wie die. Gerade Deutschland und Kerneuropa haben selbst viel beigetragen zur Weltkultur und Industrie. Aber eine Überheblichkeit gegenüber den USA ist sicher auch nicht angebracht.

      • Hans-Georg Streubel Antworten

        Lieber Herr Kelle,
        mir ist natürlich bewusst, dass ich am Thema vorbei argumentiert habe. Klar ist aber auch für mich, ohne jemals in Amerika gewesen zu sein, dass die dort gelebte Kultur sicher nicht erstrebenswert und vorteilhaft ist. Ich will und kann mich auch nicht damit anfreunden, nach amerikanischen Strukturen leben zu müssen. Es ist schon schlimm genug, dass in Banken und anderen großen Unternehmen amerikanische Verhältnisse herrschen. Eine Mentalität des ungezügelten Kapitalismus, mit allen für die Menschen negativen Begleiterscheinungen, ist das alles so erstrebenswert und somit lebenswert? Erläutern Sie mir, welche Eigenschaften Sie meinen, wonach wir leben sollten und was aus Ihrer Sicht erstrebenswert ist? Die klassische Familie wird zum Auslaufmodell. Immer mehr haben zu wollen, ohne Rücksicht auf andere zu nehmen, wird zur Maxime. Ich will es dabei belassen, ohne das Thema völlig zu verfehlen.

        • Klaus Kelle Antworten

          Lieber Herr Streubel,

          vielleicht sollten Sie einmal hinfliegen. Nicht in die schillernden Metropolen, nicht in die Broadway-Theater oder die Kasinos von Las Vegas, sondern in eine Kleinstadt, in den Mittleren Westen, da, wo Amerika ist. Die Eigenschaften, die ich meine, sind ein wesentlich ausgeprägteres Verständnis von persönlicher Freiheit, sind ein ansteckender Optimismus und das Bewusstsein, dass jedes Problem und jede Krise lösbar sind, wenn man sich anstrengt. Ich meine die Bereitschaft, junge Menschen mit Ideen zu fördern und Ihnen Chancen zu bieten, aus ihrem Leben eine Erfolgsgeschichte zu machen. Und wenn sie scheitern, bekommen sie eine zweite Chance – auch von Banken übrigens.

          Unsere älteste Tochter ist vor einer Woche von einem einjährigen Schüleraustausch aus Minnesota zurückgekehrt. Sie hat uns gesagt, wenn ihre Familie und ihre besten Freunde nicht hier leben würden, wäre sie nicht nach Deutschland zurückgekommen. Also muss ihr wohl irgendetwas dort gefallen haben.

          Beste Grüße, Klaus Kelle

          • Alexander Droste

            Lieber Herr Kelle, der letzte Absatz Ihres Plädoyer war wundervoll. Ich kann da Ihnen nur zustimmen. Und überall in der Welt kann man Menschen begegnen, bei denen man gerne bleiben möchte. Auch die Schwierigkeiten, mit denen jene Menschen zu kämpfen haben, beflügeln sie zu großartigen Leistungen. Ob in Syrien, Pakistan, Russland, Mexiko oder USA. Wir in Deutschland urteilen nur zu gerne von oben herab über andere Völker und Menschen. Doch so weit kennen Sie mich ja schon, ich stehe weitgehend auf der Seite der Verfehmten und versuche ein Interesse für deren Sorgen zu wecken. Daher danke ich Ihnen im Namen der Amerikaner, die als einfache Leute ebenso liebenswürdig sind wie wir. Vor den Industrie – und Finanzmagnaten müsen wir aber gehörig auf der Hut sein. Misstrauen ist geboten. Genauso ist ein mechanistisches und darwinistisches Welt- und Menschenbild hier wie dort energisch zu hinterfragen. Hierin steckt eine große Gefahr. Und diese Sorge treibt uns um, die wir „den Amerikaner“ als Symbolfigur ausgemacht haben.

  4. St.Ex Antworten

    „Macht den Wilden Westen endlich dicht“ – ja was soll das denn heißen. Was hat Selbstverteidigung, Notwehr etc. Mit dem Wilden Westen gemein? Es steht doch im BGB unter Selbstverteidigung, Selbsthilfe, unter § 227. Oder gilt das BGB nicht mehr, seit wir, wenn etwas Schlimmes passiert ist, Lichterketten bilden und Betroffenheit suggerieren?
    Ich denke es muß beileibe nicht jeder wie Clint Eastwood als Inspector Callahan – Dirty Harry, einen S & W Mod. 29 in Kaliber .44 Magnum sein eigen nennen und auch nicht wie mein Großvater mütterlicherseits, der einen geladenen Revolver in seinem Schlafzimmer in einer Mauernische, nur verdeckt von einem Vorhang aufbewahrte. Letzterer war übrigens tatsächlich Ortsvorsteher und nach dem Kriege von den Amerikanern wieder in Amt und Würden gesetzt, also auch nach der heutigen politischen Correctness ein ordnungsgemäßer Bundesbürger.
    Ich verlange weiter, dass es mir überlassen bleiben muß, ob ich im Fall des Falles mich und mein Hab und Gut verteidigen will oder, aus welchen Gründen auch immer – vielleicht auch aus Angst – lieber den Ganoven das verlangte aushändige. Wenn jemand keine Angst hat und meint in der Lage zu sein den bösen Buben Paroli bieten zu können, dann soll er es tun (dürfen). Natürlich unter Beachtung der Gesetzlichkeiten – und die sind kompliziert – nicht das Gesetz, dass ist eindeutig, aber was wir in unserem Staat inzwischen daraus gemacht haben ist hanebüchen. Mit kommt es vor, als wenn die bösen Buben beim Raubüberfall mehr Rechte hätten und von Gutmenschen, Presse und Gerichtbarkeit besser geschützt würden, als der Überfallene.

    Ich halte es – prinzipiell – mit John Wesley Hardin, einer aus dem sogenannten Wilden Westen, der gesagt haben soll, ein Mann, der sich nicht nach dem Naturgesetz, dem Gesetz der Selbsterhaltung richtet, dass der es nicht wert ist, dass er lebt. Es gibt aber auch andere, die halten noch die andere Wange hin wenn sie geschlagen werden, aber das sind Märtyrer. Für beides muß man m. E. berufen sein und beide Möglichkeiten müssen m. E. in einem Rechtsstaat gewährleistet sein.

  5. Michaela Merz Antworten

    Lieber Klaus Kelle – Vollautomatische Waffen und Handgranaten sind auch in den USA reglementiert. Man kann nicht in den nächsten Waffenladen laufen und sich eine vollautomatische UZI und drei Handgranaten kaufen. Vollautomatische Waffen, also solche, die mit einem Druck am Abzug mehrere Patronen verschießen, können in den USA nur dann erworben werden, wenn man sich zuvor einer aufwendigen und teuren BUNDESstaatlichen Überprüfung unterzogen hat (es gibt allerdings ein paar komplizierte Ausnahmen). Der Besitz von Handgranaten ist illegal (6 U.S.C. § 5801) . Natürlich ist es unsäglich traurig, wenn ein Mensch seine Freiheit und sein Recht auf Waffen dazu verwendet, anderen Menschen Leid zuzufügen. In einer freuen Gesellschaft besteht jedoch immer die Gefahr, dass Freiheiten missbraucht werden. Das liegt leider in der Natur der Sache und hat nichts (oder nicht nur) mit Waffen zu tun. Wie man nach allen Erfahrungen der Vergangenheit allerdings dafür Argumentieren kann, dass man ausgerechnet dem Staat mehr vertrauen sollte (und dieser dann z.B. die Waffen besser reglementieren kann) verschließt sich mir. Ich erlauben mir auch darauf hinzuweisen, dass auch die Bürger in Deutschland bzw. im deutschen Reich vor Jahrzehnten noch relativ ungehindert Langwaffen besitzen durften, ohne dass deswegen jede Woche irgend ein „Zwischenfall“ stattgefunden hätte.

  6. Felix Becker Antworten

    Hm, im Zuge unserer „Umerziehung“ nach 1945 haben wir in vielerlei Hinsicht m.E. „das Kind mit dem Bade ausgeschüttet“. Wir sind nun und zwar mit deutscher Gründlichkeit (deren Aberziehung gelang nicht ganz) Pazifisten geworden: Mehrheitlich lehnen wir sogar eine Verteidigung unserer Bündnispartner (trotz Verpflichtungen) -wie eine Umfrage jüngst ergab- ab, auch wenn diese militärisch angegriffen würden; bei Amokläufen (wie vor einigen Jahren in Erfurt) formulieren ad hoc „schärfere Waffengesetze“ – obwohl die Leichen der Amokopfer noch nicht ganz erkaltet waren; Teile unserer Gesellschaft wollen die Waffenindustrie abschaffen und dieses „unmoralische“ Geschäft „politisch-pazifistisch korrekt“ anderen überlassen.
    Ja, in der Tat die Polizei rät bei Einbrüchen, uns um Gottes Willen nicht zu verteidigen – und wollen einige so „kleinere Einbrüche oder Diebstähle“ straffrei stellen. Und so „böse Leute“ wie Schützenbruderschafts- oder Schiessvereinsmitglieder sollen doch „ihr aggressives Tun“ lassen!
    Leider werden wir mit allen Finessen im Waffenrecht niemals verhindern, dass Menschen andere umbringen. Dies zeigt uns z.B. der Flugzeugabsturz aus jüngster Zeit – wohl verursacht von einen „Kranken“.
    Unsere pazifistische Übertreibung stößt in erzeugt in manchen Bereichen leider das krasse Gegenteil: Man schaue sich nur mal ein paar „Gewaltvideos“ an und beobachte mit welcher Begeisterung sich nicht nur junge Mitbürger daran abreagieren und wie dieses Abreagieren auch auf Schulhöfen abläuft. Das ist so krass, dass man mit „Streitschlichtungen“ versucht dagegen zu arbeiten.
    Wir können nun „im Lichte eines m.E. naiven Pazifismus“ regeln was wir wollen,
    es wird immer Menschen geben, die ihre noch so schlimmen Ziele auch umsetzen.
    Als Jäger bin ich verpflichtet meine Waffen sicher unterzubringen – und das ist auch gut so. Brotmesser und andere „Mordwaffen“ sind aber in unserer Küche frei zugänglich und auch das ist gut so. Ein Einbrecher, der sich gewaltsam und illegal Zutritt in unser Haus verschafft hat muss damit rechnen, dass ich mich nach Lageabschätzung auch wirksam verteidigen werde!

    • St.Ex Antworten

      Womit verteidigen Herr Becker, mit dem Brotmesser?
      Das Brostmesser in der Küche werden Sie vielleicht noch habhaft werden, aber Ihre Schußwaffen sind – treu und brav wie Sie sind – sicher in ihrem Tresor verschlossen. Die Zeit wird ihnen der illegale Einbrecher nicht lassen aus dem einen Tresor die Waffe und aus dem anderen die Munition zu holen, zu laden und dann noch ihre Verteidigung anzukündigen und nach einem Warnschuß Ernst zu machen.

      Da hat ihr Einbrecher die größeren Chancen, der setzt ihnen gleich das mitgebrachte Butterflymesser an den Hals und verlangt die Tresorschlüssel.
      Sie sehen, die Waffen nützen Ihnen also nichts, weshalb Sie sie gleich abgeben sollten.
      Damit wäre der political Correctness Genüge getan und der Beruf des Räubers wäre auch nicht mehr so gefahrvoll.

  7. St.Ex Antworten

    Ich gebe Ihnen Recht Herr Kelle, wer sich selbst verteidigen will braucht keine automatischen Waffen. Nur damit wir uns richtig verstehen und den Begriff automatische Waffe gleich definieren: Einigen wir uns auf vollautomatische Waffen, also Waffen die solange schießen wie der Abzug gedrückt wird und Munition im Magazin ist. Die erwähnten Handgranaten sollten wir bei diesem Thema mal außen vor lassen. Die sind üblicherweise nur in den Händen von Militärs oder Ganoven.
    Das Recht auf Selbstverteidigung billigen Sie den (amerikanischen) Bürgern ja weiterhin zu – wieso, stand oder steht das zur Debatte? Ich denke darüber braucht es überhaupt keine Erwähnung. Die Frage ist sicherlich wie – auf welche Art kann und darf ich zur Selbsthilfe greifen. Auch das ist alles seit langem gesetzlich geregelt; das BGB ist schließlich über 100 Jahre alt. Auch damals gab es schon Schußwaffen, sogar sogenannte Radfahrerrevolver (Velodog) angeblich zur Abwehr von streunenden Hunden. Obwohl es also damals Kurzwaffen ohne behördliche Bevormundung zu erwerben gab, war das offensichtlich mit Mord und Totschlag durch Schießsportler – auch die gab es damals schon – oder Amokläufen noch kein Thema. Das ist es erst in der Neuzeit, wobei es mich wundert, dass man dabei offensichtlich den Focus nur auf die Schußwaffen legt. Ich glaube das die Gefährlichkeit der Schußwaffen erheblich überbewertet wird. Es gibt in der Kriminalgeschichte Beispiele für Morde mit Messern und „Hackebeilchen“ da sieht der neuzeitliche Irre mit seiner „Pumpgun“ alt aus. Also ich denke die allgemeine Aversion gegenüber Schußwaffen ist eine Folge der durch Presse und Politik seit einigen Jahren gesteuerte Kampagne. Warum das so ist sollten wir versuchen zu ergründen.
    Mir fällt auf, dass im Fernsehen jeden Abend auf zig-Kanälen „geballert“ wird. Wohlgemerkt „geballert“, nicht geschossen. Scheinbar haben die im Film auch andere Muniton, da fliegen nur so die Funken und bei einem Treffer geht alles sofort in Flammen auf. Der getroffene Gegner wird durch das auftreffende Geschoß mehrere Meter nach hinten geworfen (das hat unser Physiklehrer vergessen uns zu erklären, wie das 9 Gramm schwere Geschoß einen 80Kg schweren Menschen umwerfen kann???) und Munitionsnachschubsorgen kennt man in den Filmen auch nicht. Wenn dem unbedarften Zuschauer so was und ähnliche Horrormärchen ständig vorgesetzt werden muß man sich nicht wundern, wenn es der geneigte Zuschauer irgendwann anfängt zu glauben. Noch schlimmer die verkorksten Charaktere die sich und der Umwelt einmal zeigen wollen was für ein Mann sie sind und dann folgerichtig im Kindergarten oder in der Schule ihre Macht demonstrieren.
    Also ich glaube das das Mittel zum Zweck, hier die Schußwaffe zum Amoklauf etc. eine Folge der seit Jahren stattfinden „Gehirnwäsche“ ist. Die öffentlichen Aufrufe zur Ächtung der Waffen, begrenzter Personenkreis, Altersgrenzen für Erwerb und Umgang, Aufbewahrung, Transport und ähnliches unterstreicht nur die postulierte Gefährlichkeit und fördert nur mehr die Begehrlichkeit in den Augen der Unbedarften.

    Ich glaube nicht, dass das Problem mit dem besseren Zahlenschloss am noch besseren Tresor des Sportschützen usw. zu beheben ist. Ich glaube das Problem liegt in unserer Gesellschaft wo jeder nur noch sein „eigenes Süppchen kocht“. Es könnte natürlich auch sein, dass man nur eine „Sau“ braucht, die man durchs Dorf treibt um damit von anderen Problemen abzulenken.

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