Das Thema Vorratsdatenspeicherung ist zurück auf der politischen Agenda. Die Polizei fordert so etwas seit langer Zeit, die EU auch, und nun scheint sich sogar die SPD endlich zu bewegen. Sofort sind die selbsternannten Retter unserer Bürgerrechte wieder da. Sie streiten gegen die Vorratsdatenspeicherung mit zwei Argumenten, die umwerfend sind. Das erste heißt: Ich will das eben nicht! Gerade so, als könnte man mit dem eigenen „Willen“ jedes lästige Gesetz und jede Verordnung außer Kraft setzen. Wenn es danach ginge, was ich persönlich so will, gäbe es manche Behörde längst nicht mehr. Aber danach geht es eben bei mir ebensowenig, wie bei den wackeren Anti-VDS-Kämpfern. Wenden wir uns also dem zweiten „Argument“ zu, das da heißt: Die VDS verhindert keine Anschläge! Toll, oder? Das Problem dabei ist: Niemand will die vorsorgliche Speicherung von Telekommunikationsdaten, weil sie Straftaten verhindert, sondern weil sie nach Straftaten die Ermittlungen erleichtert, um Straftäter ausfindig zu machen. Das ist ganz etwas anderes. Die Gegner der VDS argumentieren so, als würde man sagen: Wir sind gegen Grippeimpfung, weil damit keine Autounfälle verhindert werden können. Leider hat das Beides miteinander gar nichts zu tun.
Ich erkläre nochmal, um was es geht: Telekommunikationsunternehmen wie Telekom und Vodafone speichern zu Abrechnungszwecken die Daten aller in ihren Systemen geführten Telefonate. Wenn Sie mit Ihrer Telefonrechnung nicht einverstanden sind, können Sie Widerspruch einlegen. Dann bekommen Sie eine Übersicht der Verbindungen und können nachrechnen und nachschauen, wann sie mit wem wie lange telefoniert haben. Niemand käme deshalb auf den Gedanken, von einer Einschränkung der Grundrechte zu sprechen. Und nun geht es darum, ob die bei Telekom, Vodafone und anderen Anbietern sowieso vorhandenen Daten für eine begrenzte Zeit BEI DIESEN UNTERNEHMEN gespeichert bleiben. Ergibt sich dann für die Polizei im Rahmen einer konkreten Fahndung nach einer oder mehreren Personen die Notwendigkeit, deren Telefondaten zu überprüfen, geht der zuständige Staatsanwalt zu einem Richter und beantragt unter Darstellung des konkreten Verdachts, in diesen Telefondaten bei der ganz konkreten Fahndung Einsicht nehmen zu dürfen. Der Richter prüft dann und ggf. genehmigt er. Und dann darf die Polizei die Übersicht der geführten Telefonate bei einer konkreten verdächtigen Person in einem konkreten Fall einsehen. Wer das allen Ernstes für eine Einschränkung unserer Grundrechte in Deutschland hält, sollte mal ein paar Minuten kalt duschen.

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Dieser Artikel wurde 11 mal kommentiert

  1. Matthias Seifert Antworten

    Ich habe eine Telefon-Flatrate. Das rechnet sich. Viele Andere haben die auch. Sie noch nicht? Lassen Sie sich beraten.

    Da darf nur gespeichert werden, dass ich das gebucht habe und nicht, mit wem ich wie lange telefoniere. Und Sie meinen das solle gespeichert werden für den Fall, dass ich mal Terrorist werde?

    Kommen Sie mit unter die Dusche!

  2. Andreas Schneider Antworten

    Im Grunde stimme ich Ihnen zu, Herr Kelle.

    Dennoch liegt – wie zumeist – der Teufel im Detail. Wir hatten vor 3 Jahren massive Probleme mit der Telekom – ein eingelagertes (!), kaum benutztes Handy produzierte plötzlich Kosten von fast 700 €/Monat. Die Sache wurde niedergeschlagen: da gem. eines einige Jahre zurück liegenden OLG-Urteils die Verbindungsnachweise keine Rechtskraft besitzen (der Betreiber muss im Einzelfall nachzweisen sein, dass die berechnete Leistung auch tatsächlich erbracht wurde), kamen wir halbwegs schadensfrei aus der Nummer heraus. Die Herkunft der „Verbindungen“ wurde nie geklärt.

    Analog dazu sehe ich durchaus rechtliche Probleme im Zusammenhang mit der VDS: bei uns ging es um ein paar Euro. Wie schwerwiegend mag da eine mögliche Fehlbeurteilung im Rahmen eines Straftatbestandes wiegen?

  3. Alexander Geilhaupt Antworten

    Du weißt, ich bin ein großer Gegner der Vorratsdatenspeicherung und Du hast in einer Sache auch Recht: Ich will das nicht.

    Doch auch hier weise ich Dich gerne noch mal auf die Fakten hin, ganz ohne Ideologie.

    1. Die Vorratsdatenspeicherung hat keinerlei messbare Auswirkungen auf die Aufklärungsquote. Es ist zwar richtig, dass der eine oder andere Schwerstkriminelle aufgrund der Vorratsdaten schneller Ermittelt werden konnte. Aber das sind Einzelfälle. Und ob die Täter NUR wegen der VDS ermittelt werden konnte, ist die nächste Frage.

    2. Die Telefonanbieter speichern zwar angerufenen Nummern. Allerdings nur, wenn es für die Abrechnung relevant ist. Bei meinem Anbieter beispielsweise nur etwaige Sonderrufnummern. Die von Dir geforderte Vorratsdatenspeicherung soll jedoch viel mehr als nur gewählte Rufnummern speichern. Sämtliche Websites, die ich besuche, wem ich mit welchem Betreff wann eMails schreibe und natürlich meine Standortdaten.

    Eine weitere Frage ist, ob sich der Staat damit auf Dauer zufrieden gibt, nur bei schweren Straftaten auf die Vorratsdaten zurückzugreifen oder ob diese Hürde im Laufe der Zeit aufgeweicht wird.

  4. Papsttreuer Antworten

    Ich fürchte, da muss ich duschen gehen – Nicht, weil ich nicht will, dass meine Daten gespeichert werden: Ich bin in zu vielen Medien unterwegs um nicht anzunehmen, dass mit den von mir vorhandenen Daten nicht Missbrauch betrieben werden kann.

    Trotzdem habe ich etwas dagegen – ja, ich will nicht, dass meine Daten einfach so weitergeben werden. Ich will nicht, dass mein Internetanbieter das tut, ich will nicht, das Facebook das tut oder google oder twitter oder sonstwer. Das Geschäftsmodell einiger dieser Anbieter sieht die Weitergabe aber vor und so muss ich mich entscheiden, ob ich da mitmache oder die neueste Rabattmarkenersatzkarte lieber nicht nutze. Und warum will ich das in vielen Fällen nicht? Weil ich denen nicht vertraue.

    Und jetzt kommt mein – zugegeben – Todschlagargument: Warum sollte ich einer Bundesregierung, der Politik, mehr trauen als Facebook? Tue ich nicht, da sitzen keine hypermoralischen Übermenschen, sondern solche, die auch ganz egoistische Interessen haben. Oder anders: Die sind auch nicht besser als ich, und ich nehme nicht an, dass viele Leute so mir nichts dir nichts alle ihre Kommunikationsdaten geben würden, nur weil ich einen einigermaßen vertrauenserweckenden Eindruck mache, wenn ich frisch – egal ob kalt oder heiß – geduscht bin.

    Natürlich wollen wir alle, dass Terroristen und Gewaltverbrecher gefasst werden, aber ein solches Instrumentarium ausgerechnet dem Staat – auch unter den Bedingungen der Gewaltenteilung – in die Hand zu geben, dafür kann ich mich genau so wenig erwärmen wie für eine kalte Dusche.

  5. Klaus Kelle Antworten

    Lieber Papsttreuer,

    wenn ein Richter entscheidet, ob die Polizei auf die Daten zugreifen kann, dann ist das keineswegs „einfach so weitergegeben“. Und wem sonst willst Du die Instrumentarien geben, wenn nicht diesem Staat? Wer schützt Dich und deine Familie sonst vor dem Terrorismus? Die Grünen? Oder Pegida?

  6. Matthias Seifert Antworten

    Letztes Jahr um diese Zeit stellte sich heraus, dass Richter in Päckchen zu Tausenden ihre Anweisungen erteilt hatten, Privatadressen herauszugeben wegen angeblichen Downloads von Pornofilmen. Es ging um das „Verbrechen“ der Verletzung des Urheberrechtsschutzes. Vor Weihnachten gingen die Schreiben, in denen hohe Beträge gefordert worden, an die vermeintlichen Täter.

    Hinterher stellte sich heraus, dass es sich um Betrug handelte. Das Anwaltsbüro ist geschlossen, dem Anwalt wurde die Zulassung entzogen.

    Den Richtern werden nicht Einzelfälle vorgelegt, sondern oft Päckchen mit fünfstellige Zahlen von Fällen. Das sind natürlich dann alles Einzelfallprüfungen …

  7. Dieter Krüll Antworten

    Unsere Sicherheit sollte es uns wert sein. Nicht meine Sicherheit (mich trifft wahrscheinlich ohnehin nicht), sondern die Sicherheit des einen Toten, der Opfer von Terroristen wurde.
    Ich vertraue noch unserem Staat, Richtern und der Polizei. Rein vorsorglich sollten wir bei Wiedereinführung der Datenspeicherung die Strafen für vorsätzlichen und leichtfertigen Missbrauch der gespeicherten Daten extrem heraufsetzen. Beamte haben angeblich viel Zeit, die werden sich angesichts solcher Strafen dreimal überlegen, was sie mit den Daten tun.

    Dieter Krüll, Neuss

  8. Alexander Droste Antworten

    Ich will keine Verbrechen begehen, deswegen habe ich nichts gegen meine VDS. Ich verkehre mit Muslimen, Naturschützern und mit Leuten hier im Blog. Das mag verdächtig sein. In unserer derzeitigen Rechtssituation habe ich keine Vorbehalte. Sollte sich Deutschland zu einem totalitären System wandeln, dann schon, aber dann interessiert es nicht.
    Im Übrigen wird mit jedem Tastendruck am Komputer und mit jedem Einkauf per EC oder Kreditkarte eine Datenspur gelegt, mit der schwer Handel getrieben wird. Darauf habe ich keinen Einfluss, da die Datensammler im Ausland sitzen. Wen juckt da schon Datenschutz?

  9. heribert jopich Antworten

    ich habe nichts gegen VDS. Ich wundere mich nur, warum bei der Aufhebung des Datengeheimnisses bei Banken (Bankgeheimnis) nicht ein gleicher Aufschrei durch die Gesellschaft ging.!!! Hier kann nun fast jeder Mitarbeiter in Behörden bei mir Einsicht nehmen. Das soll gut sein und VDS schlecht??!!

  10. Rudolf Jahns Antworten

    Das ist doch wie beim Flugschreiber. Täglich finden Tausende von Flügen statt. Das interessiert noch niemanden, was da Maschine-zu-Maschine oder Mensch-zu-Mensch kommuniziert wird. Aber im Falle eines Unglücks kann die Auswertung dieser Kommunikation sehr hilfreich sein, ein weiteres Unglück dieser Art zu verhindern. Ich finde das auch im Bezug auf Terror-Anschläge sehr sinnvoll.

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