Der Verzicht auf Wettbewerb ist schlecht für eine Gesellschaft

Der Bayerische Lehrerverband hat eine Idee. Schulnoten, so die Präsidentin Simone Fleischmann, seien nicht hilfreich. Und deshalb solle man „überdenken“, ob es überhaupt noch Noten oder lieber eine „differenziertere und individuellere Leistungsbewertung“ geben solle. Und Fleischmann wird konkret: Lernentwicklungsgespräche sollen zukünftig Schulnoten ablösen. Gespräche seien motivierend für die Kinder, und der Lehrer können dem Schüler in einem solchen Gespräch „Kritisches viel besser“ vermitteln. Und in Presseberichten lese ich, dass der Bayerische Elternverband diese Überlegungen ebenfalls begrüßt.

Nun, wenn Profis etwas überdenken und Vorschläge machen, nehme ich das grundsätzlich ernst. Wir alle wollen das Beste für unsere Kinder, und die Diskussion um Motivation und Leistung sind so alt wie die Menschheit. Es gab vor einigen Monaten in Nordrhein-Westfalen eine Diskussion darüber, ob man die alljährlichen Bundesjugendspiele an den Schulen nicht abschaffen sollen. Weil Kinder, die dabei nicht so gut abschneiden, traurig sind. Und die von der damaligen NRW-Landesregierung Rüttgers eingeführten Kopfnoten, die Benehmen und soziale Kompetenz der Kinder bewerten sollten, wurden von Rot-Grün danach gleich wieder abgeschafft, weil es ja für die Lehrkräfte unzumutbar sei, sich mit jedem einzelnen Kind individuell auseinanderzusetzen.

Nichts gegen Lernentwicklungsgespräche an sich, es ist immer gut, wenn Schüler und Lehrer im Gespräch sind. Aber ein Verzicht auf Wettbewerb ist aus meiner Sicht kontraprodaktiv. Das ganze Leben ist ein Wettbewerb. Nur wer sich im Wettbewerb mit anderen messen lässt, kann seine eigene tatsächliche Leistungsfähigkeit einschätzen. Und erlebt einen Ansporn. Und wer nicht so gut ist, kann das auch als Ansporn verstehen. Und jeder Mensch erlebt Siege und Niederlagen, das ganze Leben lang. Soll nicht die Schule in erster Linie auf das Leben vorbereiten? Man verliert doch nicht nur in der Schule? Man kann auch Misserfolg im Beruf haben oder privat beim Werben um einen möglichen Beziehungspartner. Ich habe nichts gegen Gespräche in der Schule – am liebsten unter Einbeziehung der Eltern. Aber ist halte eine Gesellschaft, die in allen Bereichen immer weicher und lascher wird, für langfristig kaum lebensfähig.

Im Münchner Merkur wird heute der bildungspolitische Sprecher der SPD, Martin Güll, zitiert. Er sagt: „Für viele Kinder und Jugendliche ist der Zeugnistag oft beschämend, wenn sie schwarz auf weiß durch wenige Noten bestätigt bekommen, den Anforderungen in der Schule nicht zu genügen.“ Ja, aber wenn der Schüler den Anforderungen nicht genügt, warum um alles in der Welt soll man es ihm nicht mitteilen, damit er sich mehr anstrengt?

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Dieser Artikel wurde 49 mal kommentiert

  1. Kerstin Volta Antworten

    Dass der Kuschelkurs letzten Endes ein Kurs in die falsche Richtung ist, wird noch immer nicht zugegeben.
    Ich sehe den natürlichen Drang des beweisens der eigenen Fähigkeiten als normal- und natürlich an. Wir haben verlernt, die Entwicklung durch den Druck von außen zu akzeptieren.

  2. Werner Meier Antworten

    Der Lehrerverband und Rot-Grün wollen Deutschland „verkindergarteln“. Soll ein Bewerber dann künftig seinem potentiellen Arbeitgeber allen Ernstes die „Lernentwicklungsgespräche“ vorlesen? In Zeiten, in denen sich auf eine Stelle Hunderte bewerben und ca. 2 Minuten pro Bewerbermappe zur Verfügung steht, sind solche „gutgemeinten Vorschläge“ dermaßen realitätsfern, dass man eher am Realitätsbezug der Schulen arbeiten sollte.
    Zu einer gesunden Psyche gehören auch Konflikte, Kränkungs- und Versagenserfahrungen und der konstruktive Umgang damit. Alle Kinder und Jugendliche in Watte packen zu wollen, kann sie der Realität entfremden und ihnen schwer schaden.

  3. Tinchen Antworten

    Hallo lieber Herr Kelle,

    in welche Richtung zielt dieses Vorhaben ab? Der einheitliche Mensch? Ein Gespräch zwischen jungen Müttern, lies mich aufhorchen. Die Mütter waren wütend, ratlos und verwundert, denn die Erzieherin sagte den Eltern: bitte achten sie daheim auf die Formulierung ihrer Fragen, vermeiden sie Fragen, wo das Kind mit einem Nein antworten könnte. Ein Nein, ist etwas negatives! Ich dachte so bei mir; was soll das noch werden? Menschen werden so erzogen, dass diese nichts hinterfragen, keine kritischen Gedanken, kein Widerspruch einlegen, eben nie Nein sagen! Das werden perfekte Sklaven! Wenn in den Schulen das durchgezogen wird, was Sie hier schreiben Herr Kelle, dann festigt das mein Denken noch mehr. Menschen denen man das eigenständige Denken abtrainiert, erzieht man zu Jasagern, wo das hinführt können wir uns an allen zehn Fingern abrechnen. Keine Noten, kein Wetteifern um gute Leistungen zu erzielen, da fehlt jeder Ansporn, jegliche Motivation. Ein geringes Bildungsniveau, führt dazu, dass Menschen gehandicapt sind Abläufe zu hinterfragen, sie begehren nicht auf, sie funktionieren ganz einfach auf Befehl! Die Richtung dieser Erziehung läuft auf ein Ziel welches sich „Diktatur“ nennt ab! Denn in einer Diktatur gibt es kein Wettbewerb, da gibt es nur „blinden Gehorsam-Planwirtschaft“
    Herr Timmermann, stellv. Vizepräsident in Brüssel sagte einmal: Monokulturelle Staaten gehören abgeschafft, ausradiert, neues soll entstehen!
    Herr Schäuble sagte einmal: wir sollen froh sein, dass diese Zuwanderung statt findet, wir brauchen sie, sonst generieren wir in Deutschland, EU, in eine Inzucht!
    Was in Europa, in Deutschland vor sich geht, ist ein Verbrechen an die Menschheit!

    lieben Gruß in die Runde von Tinchen 🙂

  4. S v B Antworten

    Jetzt ist dieser Unsinn also auch im ehemals so konservativ-vernünftigen Bayern angekommen. Dies ist u. a. sicher auch dem massenhaften Zuzug aus „fortschrittlicheren“ deutschen Landen zu verdanken. Zua’groaste bringen eben stets ihre ganz eigenen Vorstellungen und Ideen mit. Irgendwann musste es demnach so kommen.

    NON SCHOLAE SED VITAE DISCIMUS, so hieß es früher einmal. Diese einstmals als unumstößlich geltende, überaus weise Maxime scheint ihre Gültigkeit allmählich eingebüßt zu haben. Ein Jammer. Viele Mitbürger sind doch ohnehin schon zu veritablen Befindlichkeits-Gestörten mutiert. Wenn man in der Welt herumkommt, fällt einem dies in geradezu erschreckender Weise auf. Für mich ist die von Links-Grün favorisierte Reform der Beurteilung von Schülern nur ein weiteres Beispiel für die nicht mehr schleichende, sondern schon galoppierende, Entwicklung hin zu einer Wattebäuschchen-Konditionierung von Kindern und Jugendlichen. Der eingeschlagene Weg ist mit zweifelhaften Ideologien gepflastert, welche der langsam fortschreitenden generellen Dekadenz nur allzu dienlich sind.

  5. wkrüger Antworten

    Komplexe Thematik; jedoch mein Fazit: natürlich braucht es Noten, aber die Vergabe sollte transparent/nachvollziehbar sein. Und Benotung ersetzt nicht die individuelle Beschäftigung mit dem einzelnen Schüler.

    Ein paar kurze Denkanstösse, gespeist aus meiner psychologischen Praxiserfahrung:

    – Lehrer, Eltern, Kinder sind alle nicht perfekt, haben Stärken und Schwächen, Voreingenommenheiten, ein subjektives Urteil. Jeder mehr oder weniger. Die Bandbreite ist sehr groß. Es reicht von der dauerschimpfenden Mutter, für die immer die anderen schuld sind, wenn Jason sich prügelt bis zur genervten rumschreienden Lehrerin ohne individuelle Schüleransprache, die in jedem Problemfall einen Autisten vermutet. Für jeden Beteiligten gilt: das eigene Urteil auch mal hinterfragen, wenn man nicht weiterkommt.

    – Beispiel: experimentelle Schule, offenes Konzept, keine Noten, Kinder lernen was sie möchten; für manche (intrinsisch motivierte) Kinder kann das passen, oft werden hier aber seitens der Lehrer behandlungsbedürftige Schwächen übersehen (LRS, Rechenschwäche). Zeugnisse immer super formuliert; am Ende haben etliche Kinder viele Jahre mit Spielen verloren, obwohl sie in der Zeit einige Kulturtechniken hätten (mühsam) trainieren müssen, um sie durchschnittlich zu beherrschen.

    – Für Eltern sind die eigenen Kinder immer „sehr clever und intelligent“, das ist normal. Eltern brauchen aber eine angemessene Rückmeldung über den Leistungsstand des Kindes, um verantwortlich die schulische Laufbahn des Kindes planen zu können. Und um dem Kind auch gerecht zu werden (weder Über- noch Unterforderung ist angemessen).

    – Fazit: es ist traurig, wenn die in der Schule verbrachte Zeit nicht richtig genutzt werden kann, jedoch sollte man auch den Einfluss der Schule nicht überschätzen: den wichtigsten Einfluss haben die Eltern (positiv wie negativ), sagen alle Studien.

  6. Bettina Antworten

    Dies erinnert mich an einen Beitag in der Achse, über die Generation Schneeflöckchen. Jene besteht überwiegend aus jungen Frauen, die nach einer „Wikimannia“-Definition „unfähig sind, abweichende Meinungen seelisch zu ertragen.“ Deshalb fordern sie geschützte Räume (Safe Spaces) wie in manchen amerikanischen Universitäten. Es handelt sich um politische Panic Rooms, wo Sensibelchen vor verstörenden Ansichten Andersdenkender sicher sind. An bestimmten Lehrmaterialien oder bei manchen Vorlesungen kleben „Trigger Warnings“ . Sie warnen Studis vor schlimmen Inhalten, welche den inneren Frieden gefährden könnten.

    Der Begriff Snowflake kommt aus Großbritannien und bezeichnet laut einem Artikel des Magazins „Spectator“ „zensurwütige Heulsusen“, die das gelegentlich etwas anstrengende Realleben außerhalb behüteter Anstalten nicht zu wuppen vermögen. (Quelle Achse des Guten, Autor Wolfgang Röhl)

  7. Walter Lerche Antworten

    Die Realitätsverweigerer möchten Kindern deren Realität verweigern. Kaum noch darf ich als Erwachsener Dinge beim Namen nennen bzw. auf den Punkt sprechen, ohne dafür ausgegrenzt bzw. gemobbt zu werden. Die Mehrheitsgesellschaft verträgt die direkte Wahrheit nicht mehr. Alls soll umschrieben und drum herum geredet werden. Und kommt dann mal einer, der die direkte Sprache pflegt, dann tun sich die Realitätsverweigerer zusammen und ziehen über ihn her.

    Ich stelle mir das beim Sport vor, wenn der Wettkampf nicht mehr über erreichte Punkte Zeiten entschieden wird, sondern über Texte. Textlich hätten dann heute die Bahamas im Biatholon gewonnen, weil wenn sie dabei gewesen wären, das sehr anerkennensert gewesen wäre.
    Auch in der Bundesligatabelle könnte man Punkte durch Texte ersetzen.

    Um dann die Zeugnistexte besser verstehen und einordnen zu können, müsste man diese dann durch einen Computer auswerten lassen, so ähnlich wie Beurteilungen von Mitarbeitern gelesen werden. Dort findet man im Text verklausuliert die Noten wieder, aber nur, wenn man es weiß, wie das geht.

    Mir erscheint diese Entwicklung als ein Ausdruck zunehmender Dekadenz deutscher Gesellschaft.

  8. Judith Antworten

    In BaWü würde die verbindliche Grundschulempfehlung 2011 von Rot-Grün abgeschafft und überall Gesamtschulen aus dem Boden gestampft. Natürlich beinhaltet das Schulkonzept individuelle Leistungsbeurteilung und den Verzicht auf das alt bewährte Notensystem.
    Unsere Tochter kommt dieses Jahr in die 5. Klasse und wir sind ratlos, wo und wie es weitergehen soll. Wir sind froh, nicht in einer Stadt wie Tübingen zu wohnen, sondern in einen Kuhnest 15 km weiter, wo es wenigstens noch paralell ein 3-gliedriges Schulsystem zu Verfügung steht. Aber auch das ist verrückt, da jetzt schätzungsweiße 18 von 25 Kinder aus der Klasse meiner Tochter auf dem Gymnasium angemeldet werden. Fünf gehen auf die Gesamtschule und der Rest fällt für die Real- und Werkrealschule ab. So ungefähr sieht das in den 4. Klassen im Ländle aus.
    Deshalb, wenn ich grad schon schreibe: Ein Dank an Winnie und auch an seine roten und grünen Freunde, wie ihr euch das ausgedacht hast, unser Schulsystem und das damit verbundene Bildungsniveau an die Wand zu fahren!
    Und zum Schluß: Warum soll unsern Nachbarn in Bayern besser gehen?!

  9. Alexander Droste Antworten

    Ich bin vom Fach und deswegen entschieden gegen Noten, gegen Ellbogen und gegen Demütigung, Entmutigung, Demotivierung und Aussiebeverfahren. Sie verstoßen gegen das Grundgesetz Paragraph 1.

    Noten sagen wenig über den Schüler aus, über Begabungen und Fähigkeiten, umsomehr aber über die Fähigkeiten der Erwachsenen mit Kindern umzugehen. Mit Noten werden Neurosen gezüchtet.

    Wettbewerb gehört nicht in die Schule, zumindest nicht ein solcher einer gegen den anderen sondern füreinander. Sonst erzieht man Egomanen.

    Mit Noten spornt man Leistungen nicht an, allenfalls Täuschungstrategien und Korruption. Direkte pragmatische Beurteilung einer gestellten Übung oder Aufgabe im direkten Gespräch mit dem Schüler, der Schülerin motiviert, die Forderung einer Nachbesserung trainiert für‘ s Leben sowie die Anerkennung und Akzeptanz von Begabung und Nichtbegabung. Individuelle Förderung ist nötig und auch Forderung ohne Unter- oder Überforderung. Der Lehrer muss ein Künstler auf diesem Gebiet der Schülererziehung sein. Davon gibt es viel zu wenige. Und auch das ist wahr: Die Elternschaft sabottiert allzuoft die echten Bemühungen begabter Pädagogen. Am Ende haben die Schüler ihren Rucksack zu schleppen, den sie in der Schule fürs Leben aufgeschnallt bekommen haben. Vielen ist er zu schwer. Das sind dann die Problemfälle von morgen. Andere sind die „Versager“, die Ausgestoßenen, die man links liegen lässt. Die machen wirklich viel Probleme.

    Das hat nichts mit Kuschelpädagogik zu tun sondern mit Menschenkenntnis und Erkenntnissen der Hirnforschung.

    Herr Kelle, was würden Sie dazu sagen, wenn ich Ihnen für den obigen Aufsatz eine 4 gebe? Andere dagegen eine 2? Noten sind willkürlich. Man kann damit keine objektive Leistungsevaluation betreiben. Ganz definitiv nicht.

    Außerdem werden mit diesem System ganz eklatant Pädagogen von ihrer eigentlichen Aufgabe abgehalten. Zeit, Nerven und Kraft werden beim Schreiben von Kreuzchen und Strichen gebunden. Sie sind dann nicht mehr beim Schüler. Wenn man Schüler ins Leben begleitet, so geht man mit ihnen und würdigt sie nicht herab. Es werden lediglich diejenigen gewürdigt, die das Spiel verstehen mitzuspielen. Zumeist sind sie begabt wie oben erwähnt oder gut in Unterordnen. Wirklich gefördert werden die Schüler, wenn sie mit Aufgaben betraut werden, die ihre Persönlichkeit stärken, soziale Aufgaben und solche mit Verantwortung. Solche die zu einem Gelingen eines größeren Ganzen beitragen. Wenn sie dabei Schwiegkeiten zu überwinden haben und dabei den Ansporn haben nicht zu versagen. Auch solche, die an die Grenzen gehen, aber in einem behüteten Rahmen. Wie soll man das mit Noten bewerten? Die sind völlig untauglich.

    Modern ist Projektarbeit und Portfolio. Damit haben Schüler etwas vorzuweisen für spätere Qualifikationen und Bewerbungen. Um solche Aufgaben zu bewältigen, müssen sie durchaus etwas können und beherrschen. Das Notensystem steht dem nur im Wege.

    Das dreigliedrige Schulsystem ist ebenfalls untauglich, so wie es praktiziert wird. Es ist zu einem Sozialsortiersystem verkommen. Wenn wir eine Kooperative Gesellschaft wollen, dann brauchen wir soziale Kompetenz. Die erlangt man nicht dadurch, dass die Einen auf die Anderen herabsehen und sie demütigen. Wir bekommen eine soziale Gesellschaft durch Respekt vor der besonderen Begabung eines jeden Einzelnen und durch Achtung einer jeden Person. Das muss erlebbar sein. Dann wird die gesellschaft auch wirklich demokratiefähig.

    Weil ich Schulen kenne, wo das so ist, schreibe ich hier aus Erfahrung.

    • Klaus Kelle Antworten

      Lieber Herr Droste,

      „Herr Kelle, was würden Sie dazu sagen, wenn ich Ihnen für den obigen Aufsatz eine 4 gebe? Andere dagegen eine 2? Noten sind willkürlich. Man kann damit keine objektive Leistungsevaluation betreiben.“

      Eine gute Frage, Natürlich können Sie mir eine 4 geben – ich weiß, sie würden mich nie unter 3 rutschen lassen – aber im Lehrer-Schüler-Gespräch könnte der Pädagoge doch auch zu dem Ergebnis kommen, dass der Kelle es nie begreift. Wenn Menschen eine Bewertung vornehmen, ist die immer subjektiv. Insofern überzeugt dieses Argument wenig.

    • S v B Antworten

      Sorry, Herr Droste, aber nach den ersten Sätzen hatte ich den Eindruck, dass es sich bei Ihren Auslassungen um Satire handelt. Im weiteren habe ich jedoch erkannt, dass sie es ernst meinen. In Ihrem wohlmeinenden Artikel obsiegt einmal mehr die viel zitierte Gesinnungsethik, für die das so genannte Wishful Thinking so gerne die Grundlage bildet. Gesinnungsethik in allen Ehren, aber erfahrungsgemäß erlaubt sie nur in Ausnahmefällen, den realen Gegebenheiten entsprechend zu handeln.

      Es könnte allerdings sein, dass mein Saurierhirn nicht mehr fähig und/oder gewillt ist, in Ihren so feinsinnig ausgeklügelten Vorschlägen einen gangbaren Weg in die Erziehungs- und Bildungszukunft unseres Landes zu erkennen.

      • Alexander Droste Antworten

        … seit annähernd 100 Jahren erfolgreiche Praxis an reformpädagogischen Schulen weltweit sowie an Waldorfschulen mit der Einschränkung, dass auch dort der Erfolg stark von den Fähigkeiten der Lehrer und vom Engagement der Eltern abhängt. Die Schüler verlassen die Schulen mit Wissbegierde, Praxiserprobung und Selbstbewusstsein, Initiativkraft und Wahrnehmung der Personen und Notwendigkeit im Umfeld, sie sind flexibel und kreativ im Lösen von Problemen. Überwiegend, nicht generell. Man sollte ein Image nicht an den Ausnahmen festmachen, wie es leider oft geschieht.
        In den skandinavischen Ländern ist die Schule aus eben diesem System, wie ich es schilderte, so erfolgreich. Also kein bloßes Wunschdenken. Waldorfschüler z.B. treten selten als Macher oder Führer in Erscheinung, weil sie gelernt haben, dass sie Teil eines Gesamten sind, das nur in Gemeinschaft erfolgreich sein kann. Die durch das überwiegend herrschende Schulsystem gezüchtete Egomanie richtet gerade unsere Welt zugrunde.

        • Walter Lerche Antworten

          Ganz im Gegensatz zu Ihnen, Herr Droste, meine ich, dass unsere Welt am Mittelmaß, an der Mittelmäßigkeit dessen kaputt geht, was Sie mit Ihrem Dafürsprechen produzieren und für richtig halten.

          Für mich und meine Mitschüler seinerzeit waren Noten immer Ansporn.
          Mit textlichem Gesülze der Beliebigkeit hätte ich nichts anfangen können.

          Ich stelle mir vor, dass die Leistungsschwächeren gegen Noten sind, um „unentdeckt“ leicht einen beruflichen Weg nehmen können, wo sie weiterhin ihre Leistungsschwäche nicht reflektiert bekommen. Daraus könnte ich folgern, dass dafür das Lehramt ein geeigneter Ort sei, inzwischen sogar in Bayern.

          Da Sie mehrfach Ihre „Erfahrungen“ zu diesem Thema herausstellen, was nicht zwangsläufig bedeutet, dass Ihre Auffassung richtiger oder besser als die anderer wäre, setze ich mal dagegen, dass mir die Erfahrungen von Nicht-Lehrern (Nicht-Pädagogen, Nicht-Sozial…), also von Menschen, die vor dem Hintergrund ihrer Schulbildung ihren Lebensweg in der Wirtschaft, Forschung, Landwirtschaft, Selbstständigkeit, … erfolgreich bestreiten, wesentlich wertiger erscheinen.

          Bitte seien Sie mir nicht böse! Ich wusste gar nicht, wie sehr dekadent links-grüne Mehrheitsmeinung schon geworden ist.

        • S v B Antworten

          Dacht‘ ich mir’s doch. Reformpädagogik, Waldorfschulen, Namen tanzen. Apropos Schweden: eine meiner Nichten hat in einst in Schweden studiert und sich danach entschlossen, für immer in dem inzwischen gar nicht mehr so wunderbaren Land zu bleiben. Sie findet es enorm erheiternd, dass man in Deutschland so gerne nach Schweden schaut, wenn man nach neuen Lösungsmöglichkeiten für alte Probleme sucht, während man – nun halten Sie sich fest! – in Schweden Deutschland als das fortschrittlichste Musterland schlechthin betrachtet. So verrückt ist diese Welt.

        • labrador12 Antworten

          Lieber Herr Droste

          „skandinavischen Ländern ist Schule … so erfolgreich“
          wirklich?
          nehmen wir PIS:
          – nur Finnland ist vor Deutschland.
          – Dänemark und Norwegen sind knapp dahinter,
          – Schweden mit Abstand hinter Deutschland
          Also, wie argumentieren Sie den „Erfolg der skandinavischen Länder“, wie Sie es nennen.

          zu Finnland liefert „Bildung: Warum Finnland ein schlechtes Vorbild wäre“ ernüchternde Details

          ich sehe da eine Menge „bloßes Wunschdenken“ von Ihnen

        • Walter Lerche Antworten

          Als wenn man durch Wegfall der Schulnoten aus Berufs-Hatzern in 3. Generation lebenstüchtige Menschen machen könnte und die von Ihnen genannten „Problemfälle“ verhindern könnte. – Das Gegenteil ist wahrscheinlich.
          Ich werde gar nicht darüber fertig, was Sie als einen guten Weg beschrieben haben. Es erscheint mir so fern jeglicher Vernunft und Realität.

        • Tina Hansen Antworten

          Ich habe in meinem Leben zwei Absolventen einer Waldorfschule näher kennengelernt.
          Der eine war ein Freund meines damaligen Lebensgefährten, über 30, verheiratet und Vater einer kleinen Tochter, dabei Student der Kunstgeschichte im ca. 25 Semester. Die Anforderung, den letzten „Schein“ zu machen und dann eine Abschlussarbeit zu schreiben, überforderte ihn derartig, dass er sich in eine Existenz als Hobbykoch flüchtete, die ihm in erster Linie seine Eltern finanzierten. Seine Frau, fünf Jahre jünger als er, vereinbarte derweil Kindererziehung, Promotion und diverse Nebenjobs sowie den größten Teil der übrigen Haushaltsarbeit. Erst durch einen schweren Schicksalsschlag – die Frau ist jung bei einem Verkehrsunfall gestorben – fand der Mann einen mühsamen und späten Weg ins Berufsleben.
          Fall 2 war eine Kollegin an der Universität, die es in vier Jahren auf einer Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin nicht schaffte, ihre Dissertation auch nur anzufangen. Bildhübsch war sie, sprühend vor Charme, spielte Geige, nähte, kochte ebenfalls begnadet, wusste mit wenig Geld eine wirklich geschmackvolle Wohnung einzurichten, schleppte mich in wirklich sehenswerte Kulturfilme und gab Partys, auf denen die Tischdeko farblich auf die Speisen abgestimmt war. Als spät, aber dann doch öffentlich „aufflog“, dass sie vier Jahre lang praktisch nicht beruflich tätig gewesen war, sondern nur Gehalt bezogen hatte, wurde sie schwanger.
          Beide machten sich gerne mal über ihre eigene Waldorf-Prägung selbstironisch lustig.
          Solche Einzelfälle begründen natürlich keine Statistik, aber ich finde sie dennoch vielsagend.

    • labrador12 Antworten

      Lieber Herr Droste

      mir ging es nach dem Lesen der ersten Sätze ebenso wir SvB, aber da ich nicht so höflich bin, werde ich „Ich bin vom Fach“ etwas unter die Lupe nehmen. Ich wünsche Ihnen viel Spass, ich habe selbigen jedenfalls bereits:)

      – „Noten sagen wenig über den Schüler aus …“
      wie immer ein Körnchen Wahrheit in einem Meer von …

      – „Mit Noten werden Neurosen gezüchtet“
      Da haben wir den Grund, warum Sie von uns so oft missverstanden werden: Unsere durch Noten angezüchteten Neurosen :), Psychiater sind Sie anscheinend auch noch …

      – „Sonst erzieht man Egomanen“
      die 4 Kinder meines Bruders sind/waren in einer für Österreich sehr wettbewerbsorientierten Schule. Dort zählt man als Klassenbeste/r. Die 5 besten in der Unterstufe bekommen vom Abt Preise überreicht. Keines seiner „Kinder“ zeigt Züge eines Egomanen. Alle haben viel mehr für das Leben gelernt, als meine Neffen/Nichten in einer, typisch Wien, kuschelweichen Schule.

      – „Mit Noten spornt man Leistungen nicht an“
      kann ich so nicht bestätigen. Einer meiner Neffen, der es immer etwas gemütlicher anging, wurde im letzten Halbjahr vom Ehrgeiz gepackt und hat wider Erwarten mit Auszeichnung abgeschlossen.

      – „Täuschungstrategien“
      Immer dieser deutsche Ernst. Ich kenne bei uns Lehrer, die kommentieren und bewerten einen Schummelzettel. Sie erkennen an dessen Struktur ob ein Schüler den Stoff verstanden hat und ihn zusammenfassen kann 🙂 Ist im Unterrichtsgesetz so vielleicht nicht vorgesehen, aber …

      – Hirnforschung
      Ihre Invokation der Hirnforschung finde ich mutig, Allenfalls klingen Sie nach Gerald Hüther, ich dagegen vertraue Manfred Spitzer, Jordan B Peterson, Gordon Neufeld, …

      – „Noten sind willkürlich … keine objektive Leistungsevaluation … definitiv nicht.“
      wieder so eine Halbwahrheit:
      + natürlich kann man mit Noten Favoriten anschieben (siehe Eiskunstlauf oder Skispringen)
      + ja, der persönliche Geschmack beeinflusst die Note, da wie dort
      + aber bei Höchstweite und einem makellosen Telemark zückt auch der gemeinste Punkterichter mal eine 20, da wie dort
      + wie kann eine schriftliche Leistungsbewertung objektiver als eine Note sein, kommt doch beides vom selben Lehrer? (es geht um objektiv, nicht um detailliert!)

      – „Zeit, Nerven und Kraft .. beim Schreiben von Kreuzchen und Strichen“
      + Wie viel Zeit, Nerven und Kraft kostet das Schreiben einer differenzierten und individuellen Leistungsbewertung?
      + Vor allem, wenn sie wirklich individuell sein soll!
      + vor allem, wenn sie positiv formuliert sein muss (bei Arbeitszeugnissen: Er/Sie hat sich bemüht = Note 6).

      -„Modern ist Projektarbeit und Portfolio“
      + beide habe ich bisher nur als Beschäftigungstherapie für Eltern kennengelernt. Als ich in die Schule ging gab’s dafür Redeübungen. Der von mir wahrgenommene Effekt war gleich: Überforderung der Schüler und viel Arbeit für die Eltern, aber MODERN 🙂
      + einerseits werden die Schulen schon in der Unterstufe immer freier, andererseits verschult man die Universität immer mehr, verstehe das wer’s kann …

      – „Das dreigliedrige Schulsystem ist ebenfalls untauglich“
      + folgen Sie doch auf dem Unterberger Blog Bildung: Warum Finnland ein schlechtes Vorbild wäre dem gesetzten Link (ich werde den Link in einem eigenen posting setzen, weil das Freischalten dauert)
      + auch in der Reformpädagogik gab es ein „Sozialsortiersystem“. lesen Sie doch probehalber die Absolventenliste der früheren Odenwaldschule.

      – „besonderen Begabung eines jeden Einzelnen“
      + ja, jeder ist ein Genie, warum selektiert ein Bundesligaverein die „besten“ Spieler? Warum dürfen da nicht ihre besonderen Talente mitspielen, wie ungerecht? /Ironie off
      + so züchtet man Schneeflocken. Die haben in ihrer Schulzeit nie Widerspruch erlebt, da war immer alles super … und plötzlich an der Uni werden sie mit Widerspruch konfrontiert: Das endet in einer Katastrophe.

      • Alexander Droste Antworten

        Es macht mich traurig, dass

        wichtige Aussagen meinerseits gänzlich ignoriert werden ( Projektarbeit, fördern durch fordern, Nachbesserungsforderung, Portfolio, Selbstkontrolle und Feadback im Gespräch),

        Klischees der Lächerlichkeit bedient werden ohne Kenntnis der Tatsachen (kein Waldorfschüler z.B
        verlässt die Schule mit der Vorstellung, dass Kühe lila seien oder Milch kommt vom Supermarktregal),

        Alltagsleben außerhalb der Schule mit Schule vermischt wird.

        Es ist nicht so, dass Schüler an Reformschulen weniger können als an anderen. Im Gegenteil. Aber ich erwähnte auch, dass Qualität der schulischen Bildung und Erziehung mit den Fähigkeiten der Lehrkräfte und der Mitarbeit der Elternschaft steht oder fällt.

        Man muss wissen, dass Kinder und Jugendliche in erster Linie aus „Liebe zur Autorität“ arbeiten und lernen. Sie erkennen nicht den Nutzen des Lernens für’s Leben. Ein kompetenter, gerechter und liebevoll strenger Lehrer kann alles aus Schülern hervorholen, was als Begabung in ihm steckt. Dafür braucht er aber keine Noten.
        Kinder messen sich gerne miteinander. Dann fragen sie natürlich auch nach quantitativer Bewertung. Dann kann man so etwas wie Noten vergeben, aber immer mit der Maßgabe, dass jeder Mensch verschieden begabt ist und die Note nur so ein Orientierungswert ist. Das ist dann eine Interna.

        Weil im Berufsleben Noten öfter als wenig aussagekräftig erkannt werden, gibt es Bewerbungsgespräche und Assesmentcenter. Die Vorauswahl durch Schulnoten bewirkt u.A., dass Absolventen, die schwach in Mathe oder Englisch waren, daran gehindert werden Arzt zu werden, obwohl sie ideal geeignet dazu wären. Wenn ein solcher Schüler es dennoch geschafft haben sollte einen Studienplatz in Medizin zu ergattern, gerät er zur Blüte und wird angesehener Arzt. Einstein hatte eine fünf in Mathe und in Physik war er auch keine Leuchte. Besondere Begabungen müssen gemeinsam entdeckt und entwickelt werden ohne eine ganzheitliche Allgemeinbildung aus dem Blick zu verlieren.

        Noten sind überflüssig, wenn nicht existenzbedrohend.

        • S v B Antworten

          Na ja, wenn Sie schon Albert Einstein als Beispiel ins Feld führen, müsste es Sie eigentlich wundern, dass dieser so gänzlich ohne Reformpädagogik und Walddorf-Bildung zu bahnbrechenden wissenschaftlichen Leistungen gelangt ist. In diesem Zusammenhang könnte ich sicher auch meinen Vater nennen, der – wie peinlich! – gleich zweimal in der Schule hocken blieb, später jedoch sein Medizinstudium mit einem Prädikatsexamen abschloss. Diese beide Beispiele aus Zeiten, in denen der Unterricht – für heutige Verhältnisse – extrem autoritär ablief, und die Benotung von schulischen Leistungen vermutlich sehr viel strenger gehandhabt wurde als heute. Auch die elterliche Erziehung war zu jenen Zeiten (und dankenswerterweise auch noch später) sehr viel konsequenter als dies gegenwärtig der Fall ist. Also, Herr Droste, es ging doch!

          • Alexander Droste

            Bevor Sie weiter herablassend über „Walddorf“ urteilen, empfehle ich eine umfassende Beschäftigung mit derselben. Das ist alles andere als Ringelpitz mit Anfassen. Weiterhin ist das Montessori-System weltweit verbreitet und sehr erfolgreich. Ob Froebel oder Pestalozzi, Peter Peterson oder Freinet, alle lehnen autoritäre Pädagogik ab, nicht jedoch die individuelle Förderung. Die moderne Pädagogik setzt auf Binnendifferenzierung, was eine Folgerung aus der Ablehnung von Autoritarismus ist.
            Der hochgeachtete Pädagoge Bernhard Bueb, den ich persönlich kenne, löste vor 10 Jahren eine hitzige Diskussion mit der Streitschrift „Lob der Disziplin“ aus. Er leitete mehrere Jahrzehnte das Eliteinternat Schloss Salem. Er selbst sieht sich nah an der Reformpädagogik, lobt die Waldorfpäfagogik und sieht die Notwendigkeit klarer Regeln und deren Durchsetzung. Dennoch betont er, dass Schule ein geschützter Raum sein muss, in dem sich junge Menschen frei entwickeln können sollen. Auch er stellt das Notensystem in Frage, wenngleich er sie nicht so ablehnt wie ich.
            Das Ergebnis heutiger Probleme mit Schule liegt vielfach an desolaten Sozialstrukturen im familiären Bereich, die Experimente, die von der Politik verordnet werden und einem Laissez Faire – Stil vielfach überforderter Lehrer. Das wird ja hier insbesondere beklagt. Ich mache darauf aufmerksam, dass reformpädagogische und Waldorfschulen es bislang geschafft haben sich gegen den Zeitgeist zu stämmen.

            Im übrigen möchte ich auf jüngste Stellungnahmen der Herren Richard David Precht, Harald Lesch und Rangar Yogeschwar verweisen, die nicht viel übrig haben für das „modernste“und teuerste Schulsystem, das gleichzeitig hoch ineffizient und menschenunfreundlich ist.

            Das Argument, autoritäre Erziehung hätte eine förderliche Wirkung auf die Leistungsfähigkeit der Schülerschaft, zieht nicht. Allzuoft bewirkt sie das genaue Gegenteil. Angst ist der schlechteste Meister. Noten sind ein Relikt aus der autoritären Klosterschule. Mein Vater, der noch eine autoritäre Erziehung erlitt, betonte einmal, dass er „trotz Erziehung etwas geworden ist“: Verleger, Unternehmer mehrer Firmen, Aufsichtsrat und Geschäftsführer einiger davon und von vielen Vereinen und Ratsherr im Stadtrat Düsseldorfs. Die Noten in der Schule hat er als notwendiges Übel hingenommen. Im späteren Leben braucht man die sowieso nicht.

          • labrador12

            Lieber Herr Droste

            meinten Sie etwa Ranga Yogeshwar, den luxemburgischen Wissenschaftsjournalisten und TV-Moderator?
            Dann gehen Sie doch auf den Blog von Hadmut Danisch und suchen dessen (richtigen?) Namen.
            Da finden Sie zB den Eintrag „Der tragische Trugschluss des Ranga Yogeshwar“. Das hilft Ihnen hoffentlich die Kompetzenz dieses Herrn einzuschätzen.

            Der Rest ihres Postings scheint mir bestenfalls halb durchdacht.

            Ein Beispiel: Ich kenne natürlich nur einige wenige Schulen in DE. In Österreich habe ich einen besseren Überblick. Für keine der mir bekannten Schulen halte ich den Begriff „autoritäre Erziehung“ auch nur einigermaßen angemessen.

            Lassen Sie es mich ganz klar sagen: Wären Sie jünger, würde ich Sie fragen, was Sie geschnupft haben! Mir scheint, Sie gehören zu den Menschen, die heute die Probleme des letzten Jahrtausends lösen wollen.

        • Walter Lerche Antworten

          Als wenn man durch Wegfall der Schulnoten aus Berufs-Hatzern in 3. Generation lebenstüchtige Menschen machen könnte und die von Ihnen genannten „Problemfälle“ verhindern könnte. – Das Gegenteil ist wahrscheinlich.
          Ich werde gar nicht darüber fertig, was Sie als einen guten Weg beschrieben haben. Es erscheint mir so fern jeglicher Vernunft und Realität.

        • labrador12 Antworten

          Lieber Herr Droste

          Sie beschweren sich mit „wichtige Aussagen meinerseits gänzlich ignoriert werden (Projektarbeit … Portfolio …)

          obwohl ich genau oberhalb schrieb, ihren Punkt aufgreifend und im folgenden kommentierend:
          -„Modern ist Projektarbeit und Portfolio“
          + beide habe ich bisher nur als Beschäftigungstherapie für Eltern kennengelernt. Als ich in die Schule ging gab’s dafür Redeübungen. Der von mir wahrgenommene Effekt war gleich: Überforderung der Schüler und viel Arbeit für die Eltern, aber MODERN ?
          + einerseits werden die Schulen schon in der Unterstufe immer freier, andererseits verschult man die Universität immer mehr, verstehe das wer’s kann …

          entweder
          – Sie haben mein Posting ungelesen kommentiert
          – unter einem falschen Posting kommentiert
          – oder sie sprechen gerne mit sich selbst

          glauben Sie allen Ernstes, dass Sie uns so von der Vorzügen der Reformpädagogik überzeugen können?

  10. Bernd Minzenmay, Massarosa (It) Antworten

    Ein gröserer mittelständiger Betrieb in NRW verwendet seit 4 Jahrzehnten bei der Azubi-Auswahl immer noch dieselben Diktate und Rechenaufgaben. „Anfangs“ hätten 80 % die Prüfungen bestanden – heute „eigentlich keiner mehr“; wobei „anfangs“, im Gegensatz zur aktuellen Bewerberlage, die Mehrzahl weder mittlere Reife, noch Abitur gehabt hätte. Liegt das an eklatant fortschreitender Degenerierung unserer Bevölkerung – oder aber derjenigen unseres Bildungssystems u.a. mit Rechtschreibreform, Frühsexualisierung, Ganzsatz- und Ganzwortmethode, Notenabschaffung, Sitzenbleibe-Verbot, Inklusion pp.?
    Deutschland hat das teuerste Bildungssystem weltweit, aber auch das bei weitem ineffektivste. Finnland, Australien, Neuseeland usw. schaffen mit weit weniger Aufwand, gemessen an den einschlägigen Studien, den unseren weit überlegene Schulabgänger.
    Aber dafür bekommt an deutschen Unis jeder, der sich für einen Propheten seines Faches hält, gleich einen Lehrstuhl mit einem Gefolge einschlägiger wissenschaftlicher Mitarbeiter und hat kraft Amtes Anspruch darauf, für voll genommen zu werden.
    Buona notte Germania!

  11. St.Ex Antworten

    Alle bekommen die gleichen Noten und alle dürfen studieren und bekommen das gleiche Bafög. Danach haben alle Ansprüche auf vergleichbar dotierte Arbeitsstellen. Vielleicht auch auf die gleich hohen Wohlfahrtsbeträge. Auf jeden Fall sind die zustehenden Wohnungen – egal ob Eigentümer oder Mieter – genormt. Das die Renten auf identischem Niveau und unabhängig vom Arbeistsleben liegen versteht sich von selbst.
    Das gilt für alle. Vom Bbay bis zum Greis, vom einfachen Mann bis zum Manager. Nur die Mächtigen aus Wirtschaft und Politik, für die gelten Ausnahmeregelungen. Die dürfen weiterhin, so wie schon vor Ihnen Göring und danach Honecker in der Schorfheide jagen.

    • Tina Hansen Antworten

      Hmmmm… nun liegt mir der Kommunismus wirklich sehr fern, aber dass das DDR-Schulsystem neben den Monstern „Staatsbürgerkunde“ und „Wehrunterricht“ auch positive Seiten hatte, bestreiten eigentlich nur eingefleischte Ideologen. Es war ein deutlich autoritäreres System als wir es heute in der Bundesrepublik kennen, mit Frontalunterricht, natürlich mit Noten, mit Wettbewerben und sogar mit einer „Straße der Besten“, die besondere Leistungen veröffentlichte. Finnland hat in Sachen Bildungspolitik mit der DDR kooperiert. Vor einigen Jahren sprach ich mit einer Dame, die in einem ehemaligen Stasi-Untersuchungsgefängnis Führungen macht, sicherlich ebenfalls keine Kommunistin. Als ehemalige DDR-Bürgerin war sie glücklich, heute in Freiheit zu leben. Sie fügte jedoch auch hinzu: „Aber bei Margot Honecker haben die Kinder wenigstens noch alle lesen und schreiben gelernt… wenn ich da die Katastrophe heute sehe…“

      • S v B Antworten

        Das Schul- bzw. Erziehungs-System in der DDR hatte sehr wohl auch seine positiven Aspekte.

        Das „Kommunist!“ an St.Ex war selbstredend ironisch gemeint. Ich hätte dies vielleicht deutlich machen sollen.

        Inzwischen entdecke ich übrigens selbst hier im äußersten Südosten der Republik an den üblichen drehbaren Grußkartenständern immer häufiger Karten mit Glückwünschen zur – Jugendweihe! Erstaunlich, aber warum denn nicht? Ossis welcome! Jederzeit. Traditionspflege ist eben ein integraler Bestandteil sowohl des Selbstverständnisses als auch der Zukunftsperspektive jeder einigermaßen gesunden Gesellschaft. Auch wenn das progressive links-grüne Polit-Spektrum alles Vertraute, ja Liebgewonnene, allzu gerne „trashen“ würde.

  12. Andreas Schneider Antworten

    Aus eigener Erfahrung: bei meinem jüngsten Sohn eine ADHS-bedingte Lernschwäche diagnostiziert; der u. a. vorgeschlagenen Medikation durch Ritalin erteilten wir eine Absage. Eine kleine Ochsentour, die jede Menge Nerven und Haare kostete.

    In der Förderschule stieß im Alter von 13 Jahren ein neuer Lehrer zum Kollegium. Junior hat diesen „Schleifer“ verflucht – aber der führte ihn als Einzigen seines Jahrgangs zum Hauptschulabschluss. Vor 2 Wochen hat mein Sohn dann seine Berufsausbildung erfolgreich abgeschlossen; das Abgangszeugnis des Berufskollegs beinhaltet aufgrund des Notenschnitts die Mittlere Reife.

    Der „offizielle“ Förderweg hätte meinen Sohn nach dem Verlassen der Schule in ein weiteres Förderprogramm (hier des CJD) geführt, wo man ihn auf die Teilnahme an Berufspraktika vorbereiten wollte. In dieser Endlosschleife hinge er wohl heute noch fest. Seinem „Schleifer“ ist er heute unendlich dankbar.

    Hinsichtlich der Bewertungen ohne Schulnoten muss ich anführen, dass ich in meiner Zeit als Ausbilder den Zeugnissen allgemein weniger vertraute als einer praktischen Arbeitsprobe. Dennoch habe ich die Noten als Anhaltspunkt genommen – die geistigen Pfauenräder von schriftlichen Bewertungen zu lesen, habe ich mir im Stress des Arbeitsalltags erst gar nicht angetan. Was doch gerade den „lernschwächeren“ Schülern wie meinem Sohn helfen soll, verkehrt sich in der Praxis ins Gegenteil.

    Vor diesem Hintergrund sehe ich die bayerische Inititive mehr als kritisch.

  13. Dorothea Hohner Antworten

    Lieber, verehrter Herr Kelle,

    ausspreche Anerkennung für Ihre geniale Abhandlung……Kinder werden zu Tyrannen verzogen, Lehrer sehen sich einer tobenden Menge gegenüber, ich spreche noch nicht von den Kindern, es sind zunächst die Eltern. Diese Eltern haben nur noch „hochbegabte Kinder“, derweil sind diese dumm, wie ein Eimer…..das kann man an allen Erhebungen sehen, welche mittelständische Unternehmen herausgeben, Syntax, Grammatik, Othographie, Rechnen, alles Utopien von früher, alles im Argen, sie können es nicht mehr!
    Abitur ist durch links-rot-Grün/Innenverkuschelte Polidiotie zum Menschenrecht verkommen…kein Wunder, meist ungelernte Polidioten können es nicht leiden, wenn das Volk gescheiter ist, als die Politdilettanten. Dafür führen wir dann noch Genderunterricht in den Schulen ein, dann ist das Desaster komplett….und ja, Gott sei es geklagt, auch in Bayern. Ich fürchte, nein, ich hoffe nur, daß die CSU für eine derart versaute Polidiotie auch die Rechnung bekommt im Wahlergebnis. Grüßen Sie Ihre liebe Frau, und seien auch Sie gegrüßt,
    mit freundlichen Grüßen und Hochachtung

    D. Hohner

  14. Felix Becker Antworten

    Ja, der Verzicht auf Wettbewerb ist schlecht für die Gesellschaft! Doch „das Beste für sein Kind zu tun“, ist verständlicher Wunsch von Eltern. (Partei-)politisch bediente zunächst die SPD diesen großen Wunsch von Eltern damit, dass man (=SPD) aus diesem höchsterstrebenswertesten Ziel eine Erleichterung des Erreichens des Abiturs durch immer stärkere Absenkung der Abitur-Anforderungsprofile nachkam. Parteipolitisch zahlte sich das aus. Für viele derjenigen, die im Besitz des nun erleichterten Abiturs oder ähnlicher anderer Schulabschlüsse einen gewissen Anspruch auf beruflichen und finanziellen Erfolg ableiteten, „schlug“ die Realität aber besonders hart zu. So konnte z.B. die Polizei in NRW viele Bewerber zum Polizeidienst nicht einstellen, da viele Bewerber (im Besitz von „hohen“ Schulabschlüssen) noch
    nicht einmal den Abforderungen auf Rechtschreibung entsprechen konnten. „Rote Bildungspolitik“ beabsichtigt (in Erkennung des Problems) die Finanzierung von Hochschulen an die Zahl der Studienabsolventen zu knüpfen. Der eine oder andere Professor wird entsprechend benoten!
    Im Zuge der „roten Bildungsreformen“ wurde z.B. auch die Aufnahmeprüfung für einen Wechsel zum Gymnasium abgeschafft – in der Folge führten Universitäten Aufnahmeprüfungen für Abiturienten, die ein Studium beginnen wollten, ein – das war „früher“ undenkbar, da die Abiturienten damals Hochschulreife tatsächlich hatten. Natürlich kann man politisch mit so netten Versprechen wie „wir lassen kein Kind zurück“ punkten (Wahlergebnisse). Aber wenn dieses politische Versprechen damit durchgeboxt wird, dass Schüler mit einem IQ, der einem Normalmaß weiterführender Schulen bei weitem nicht entspricht, auf Verlangen von Eltern in einer weiterführenden Schule aufgenommen werden müssen(!!!), darf man sich nicht wundern, dass leistungsnormale (von leitungsguten ganz zu schweigen) nur ein Bruchteil dessen erlernen, was an sich möglich wäre. Aber so was darf man in Deutschland gar nicht mehr sagen, denn dann ist man nicht sozial, frönt einer Elitenbildung und unterbindet die Bildung von Sozialkompetenz – und das wäre dann undemokratisch! Und genau das ist m.E. unser Problem.

    • S v B Antworten

      Treffend analysiert, Herr Becker. Hier ein Literatur-Hinweis für Interessierte. Das Werk führt den Titel Die Intelligenz und ihre Feinde – Aufstieg und Niedergang der Industriegesellschaft (von Volkmar Weiss, im Ares Verlag). Zugegeben, ein schon vom physischen Gewicht her schwerer, noch dazu scharfeckiger 500-Seiten-Wälzer, den ich mir zur Zeit gerade „antue“. Er behandelt unter anderem die Ursachen und Auswirkungen verfehlter Bildungspolitik. Also durchaus passend zum Thema.

  15. Tina Hansen Antworten

    Noch eine kleine abschließende Anekdote an diesem grau-verregneten Sonntagabend: Als ich in den späten 70er Jahren in NRW eingeschult wurde, probierte man gerade die Ganzwort-Methode an den Kindern aus, weil es irgendwie als unmodern oder unzumutbar galt, Buchstaben lernen zu lassen. Als pfiffiges kleines Mädchen konnte ich nach einem halben Jahr meine Fibel auswendig; lesen konnte ich freilich überhaupt nicht. Meiner Mutter fiel dies schließlich auf. Sie hat mir dann Lesen und Schreiben daheim am Küchentisch nach der guten alten Methode beigebracht; ich bin ihr dafür sehr dankbar. Noten gab es erstmals in der dritten Klasse, und ich weiß noch, wie meine Freundinnen und ich nach dem ersten „richtigen“ Zeugnis gierten und aufgeregt und froh über eine schöne Zensur waren.
    Uns allen einen guten Start in die Woche!

  16. treu Antworten

    Je dümmer man die Menschen hält, je mehr man sie ablenkt und „unterhält“, desto leichter sind sie manipulierbar und regierbar. Das ist ein „Naturgesetz“ und danach handelt man. Der altbekannte Spruch des Königs zum Bischoff „Halt Du sie dumm, ich halt´ sie arm“ stimmt auch heute, nur die Protaganisten sind andere und mehr geworden.

  17. Walter Lerche Antworten

    Als wenn es die Rabauken interessieren würde, keine Noten mehr zu bekommen. Es würde sie bestärken, sie hätten gewonnen.
    Mit oder ohne Noten – maßgeblich für den Lernerfolg sind andere Faktoren, wie z.B. genetische Basis, Qualität der Lehrer, das Elternhaus, störungsfreier Unterricht. Die Bewertung durch Noten oder textliche Abhandlungen kommt danach, wenn es etwas zu bewerten gibt.

  18. Walter Lerche Antworten

    Die Deutschen vertragen die Wahrheit nicht. Sie vertragen sie weder indirekt durch die Blume noch direkt. Wer die Realität direkt, ohne Umschweife beschreibt, den will man nicht, der ist böse.
    Während Kinder neugierig und offen für das Leben sind, ist bei erwachsenen Pädagogen das Gegenteil eingetreten. Eigentlich finden sie ihr Leben schön, wenn nur die Realität nicht wäre. Die blöde Realität zerstört jeden Traum von einer Welt, in der alle gleich sind und sich lieb haben.

    Ich wünsche all denen, die für Mittelmaß im Schulabschluss eintreten, später dann von diesem Mittelmaß medizinisch betreut, ggf. operiert, geschützt, regiert werden. Obwohl das mit der mittelmäßigen Regierung haben wir schon, für diejenigen, die nicht zur Lobby gehören. Für die anderen arbeitet sie sehr gut.

  19. Gustav Jud Antworten

    Was hier über das deutsche Schulsystem geschrieben wird, haben wir auch in Österreich. Bei uns haben die sog. „Bildungsexperten“ das Sagen (wie diese zu „Bildungsexperten“ aufgestiegen sind, weiß der Himmel. Einer dieser „Bildungsexperten“ hat vor Jahren ein Buch mit dem bezeichnenden Titel „Der talentierte Schüler und seine Feinde“ gesxhrieben, ist dadurch schlagartig bekannt geworden und wurde heftig in „Expertenrunden“, welche vorgaben, sich mit Bildung zu befassen, herumgereicht. Im Philosophen und wirklichen Bildungsexperten Dr. Konrad Paul Liessmann hat der oben erwähnte „Bildungsexperte“ allerdings seinen Meister gefunden!
    Erwähnen möchte ich hier Liessmanns Buch „Geisterstunde – Die Praxis der Unbildung – Eine Streitschrift“ (Zsolnay – Verlag; auch als E-Book bei Amazon erhältlich).
    Und das weiter oben erwähnte Buch von Dr. Volkmar Weiss – „Die Intelligenz und ihre Feinde“ kann ich nur wärmstens weiterempfehlen.
    Schönen Gruß nach Deutschland!

  20. Karin Dahl Antworten

    Ich bin froh, dass die Beitröge überwiegend Kuschel- und Reformpädagik ohne Noten ablehnt. Es ist doch totaler Unsinn, junge Menschen vor der Realität, vor dem Wettbewerb, schützen zu wollen! Bettina hat es beschrieben, wie diese armen Seelen in Panikräume der Uni flüchten müssen, weil sie mit nicht zu verkraftenden anderen Meinungen in Literatur und von Lehrern konfrontiert werden. Und wenn sie in der Schule auf das Leben vorbereitet werden sollen, dann müssen Studis und Azubis ( obwohl dort noch Ausbilder vorhanden sind, die Leistung verlangen! Müssen!) bereits in Universität und Ausbildung sich Kontroversen aussetzen und dem Wettbewerb stellen können und dort weiter vertiefen.
    Mit verklausulierten Beschönigungstexten schlechter Leistungen werden Schüler nicht lebenstüchtig werden, Herr Droste.
    Bewertungen durch Lehrer, Kollegen Vorgesetzte, etc werden nie objektiv sein (können), egal ob Noten oder Texte. Ich wundere mich, dass Sie diese Erfahrungen nicht gemacht haben, wenn Sie doch vom Fach sind….
    In einem Punkt muss ich Ihnen zustimmen, Herr Droste, es hängt sehr viel von den pädagogischen und menschlichen Fähigkeiten der Beurteiler ab. Aber so spielt das Leben!
    Ich erlaube mir dieses Urteil, weil ich mich in diesem Feld auch betätigt habe. Nach meinem Studium der Wirtschaftswissenschaften und Berufsbeginn in einer internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, habe ich aus familienpolitischen Gründen ( halbe Stelle und Ferien mit den Kindern und abendliche Arbeit möglich, wenn die Kinder im Bett waren) die notwendigen Examen für für Berufsschule nachgeholt und dort die Wirtschaftsfächer bis zu meiner Pensionierung unterrichtet.
    Den Niedergang der Bildung ab Anfang der 70er Jahre haben drei Kolleginnen, die wie ich aus gleichen Gründen aus der Wirtschaft gewechselt hatten, und ich jahrelang miterleben dürfen. Wir waren immer fassungslos, wie durch neue Erlasse der Leistungsgedanke mehr und mehr ins Hintertreffen geriet.
    Gilt vll doch das Motto, dummes Volk beherrscht man besser!?
    Leistung zu fördern und zu forden muss nicht heißen inhuman zu handeln!

    • Alexander Droste Antworten

      Nun noch ein Statement von mir dazu, da ich ja direkt angesprochen werde. Es wird hier ganz konservativ an einem Relikt aus der grauen Vorzeit, der Klosterschule des Mittelalters festgehalten.

      Leistungen bekommt man durch sinnvolle Aufgabenstellungen und Motivation durch angemessenes Feedback. Dazu gehört selbstredend auch mal Druck. Aber was sagt eine 4 darüber aus, ob sich betreffender Delinquent gedrückt hat, von seinen Kameraden ausgegrenzt, schwierige Familienumstände erleidet, einfach zu faul oder zu unbegabt oder eventuell von der Lehrkraft vernachlässigt wurde? Eine 4 sagt aus: ausreichend um die nächste Stufe zu erklimmen. Eine Note mangelhaft besagt: Er kann es nicht. Eine 2 beflügelt zweifellos den Mittelmäßigen, eine 3 nicht unbedingt. Der Notendruck lässt auch so manchen begabten und fleißigen Schüler verzweifeln. Man bedenke, dass auch Kinder und Jugendliche ein Recht auf angemessenes „artgerechtes“ sprich altersgemäßes Leben haben und nicht zum Funktionieren für Erwachsene da sind.

      Übrigens habe ich meinen Schülern auch erlaubt mich zu beurteilen, zu kritisieren und zu bewerten. Die Urteile fielen unterschiedlich positiv oder negativ und natürlich subjektiv aus. Keiner jedoch hat eine Note vergeben. Sie haben ganz konkret benannt, was sie störte oder was sie gut fanden. Besonders wichtig war für alle, dass der Lehrer gerecht ist, dass er die Störer zur Ruhe bringt, dass er weiß wovon er spricht und dass er Humor hat. Meine Schüler waren aus Sympathie motiviert, nicht, weil ich ihnen gefällige Noten gab.

      Über Persönlichkeit sagt die Note nichts, über kleinere Erfolge nichts, über Möglichkeiten, die erlangten Fähigkeiten weiterzuentwickeln nichts! Auch eine 2 oder gar eine 1 kann das nicht. Da könnte stehen: Der Schüler/die Schülerin war sehr fleißig und hatte keine Freunde (kleiner Scherz), oder hat eine außerordentlich schnelle Auffassungsgabe, hatte ein Liebesverhältnis zum Lehrer (auch ein kleiner Scherz), konnte sich mit seinen/ihren besonderen Fähigkeiten auch bei Mitschülern fördernd einbringen etc. Das sagt dann etwas aus, wovon auch spätere Interessenten etwas haben.

      Heute gibt es Ärzte, die super viele Einsen hatten, weil sie gut auswendig lernen konnten und fleißig waren. Aber wie viele davon sind tatsächlich gute Ärzte, ein Beruf, für den man Sensibilität und Empathie für Patienten braucht und kreativ für individuelle Betreuung werden muss? Spielt ja auch keine Rolle, solange Ärzte nach Zeitschlüssel o.Ä. bezahlt werden. Der Arzt von heute ist ein Technokrat und kein Therapeut. Dafür genügt dann vielleicht auch eine 1 in Mathe.

      Warum bekommt ein Mensch riesige Hürden aufgebaut, wenn er sprachlich unbegabt ist, dafür aber technisch außerordentlich findig? Warum wird so etwas wie Kunst oder Sport benotet? Das ist absurd? Der kleine Dicke, der nicht über den Kasten springen kann, bekommt vielleicht eine milde 4+, obwohl er eine 1 im Kugelstoßen haben könnte, aber leider konnte das gerade in dieser Schule nicht angeboten werden. Das drückt auf die Gesamtnote, von der am Ende die zukünftige Existenz abhängen könnte, die da heißen könnte: Ausgesprochen begabter Psychotherapeut. Ein aufmerksamer Pädagoge erkennt seine soziale Ader und setzt diese gezielt ein um daran Schlüsselqualifikationen zu trainieren, wie z.B. „hilf doch mal deiner Mitschülerin bei folgenden Matheaufgaben …“ Vorausgesetzt, dass sich die beiden „grün“ sind. Der betreffende Schüler kann sie vielleicht selber noch nicht richtig. Aber mit der aufgetragenen Verantwortung entwickelt er im günstigen Fall den Ehrgeiz es zu können, damit er es vermitteln kann. Das ist dann intrinsische Motivation und die würde beim eventuellen Scheitern mit einer 4 nachhaltig zerstört.

      Eine 4 kann durch ein vorübergehendes Formtief auch einen relativ guten Schüler nachhaltig frustrieren. Übereifrige Eltern können normalbegabte Kinder durch ständiges „Nachhilfe, damit es doch noch eine 2 wird“ derart stressen, dass es Bulimie o. andere Störungen verursachen kann. Wichtiger ist doch, dem Schüler über das Formtief hinwegzuhelfen und herauszufinden, woran es liegt. Der Lehrer ist heute mehr als nur Pauker. Er ist auch Sozialpädagoge und Therapeut – wenn auch nur Schmalspurprofi in jenen Gebieten, gut genug aber, um über kleine Klippen zu helfen oder zur rechten Zeit professionelle Hilfe zu veranlassen. Lehrer sein bedeutet Beziehung und Selbsterziehung um es frei nach Herder zu formulieren. Wie will man denn dafür den Kindern eine Note verpassen? Wenn Kinder scheitern, dann ist das ein Zeugnis für die Erwachsenen!

      Natürlich will ich der Bequemlichkeit so mancher Schüler, Eltern oder Lehrer keine Legitimation erteilen dadurch, dass ich Noten ablehne. Sie sind aber realitätsfern und nichtssagend. Nirgends im Leben wird eine Note erteilt wie beispielsweise „Benehmen am Tisch oder in der Straßenbahn“. Ein Flegel bekommt Schelte, keine 5. Die Liebhaberin entlässt ihren Liebhaber nicht mit der Note 5, weil er sie nicht zum Höhepunkt gebracht hat. Oder der Werkstattmeister erteilt seinem Gesellen keine 5, weil der das Werkstück verbogen hat. Zweiterer hat eine Nachschicht einzulegen, damit der Auftrag erledigt werden kann. Wenn nicht, hat der ganze Betrieb darunter zu leiden. Das ist Leben und darauf sollen Kinder und Jugendliche vorbereitet werden.

      Wir sind eine Leistungsgesellschaft und benötigen klare Aussagen über Eignungen. Wir sind eine Konkurrenzgesellschaft, die antisozial und selektionistisch ist. Und das im steigenden Maße. Was ist mit denen, die zurückbleiben? Was ist mit denen, die durch ihr soziales Umfeld nicht über eine 4 hinauskommen? Wie kann man diesen Einschränkungen besser gerecht werden? An welcher Schule wird Persönlichkeitsentwicklung unterrichtet? Wie soll eine solche bewertet werden und wie kann eine Note etwas darüber aussagen, ob der Schüler/die Schülerin das Zeug hat über sich hinauszuwachsen? Was besagt dazu eine Mathe-2? Der Schüler kann Ingenieur werden, er hat eine Mathe-2. Der Schüler will aber Fremdsprachenkorrespondent werden, hat es aber nur zu einer Französisch-3 gebracht. Er konnte die Gedichtinterpretation nicht genügend. Dass er aber in der Sprache ausgesprochen redegewandt ist, steht nicht in der 3. Wo ist da die Chancengleichheit? Ein Astronaut ist ein solcher, weil er besondere Begabungen und Fähigkeiten hat, die sich aber für die Krankenpflege wenig eignen.

      Anderes Beispiel: In einem Stadtviertel leben hauptsächlich „bildungsferne“ Familien, in einem anderen Viertel Familien der „Oberschicht“. Nehmen wir an, in beiden Vierteln werden die Schüler jeweils an einer Realschule unterrichtet. Das Niveau des Unterrichts wird vom jeweiligen Kollegium an das jeweilige Publikum angepasst. Die Noten der Absolventen sind kaum miteinander vergleichbar. Der eine hat eine 2 für etwas, wofür der andere vielleicht gerade noch eine 3 bekommt. Jetzt bemüht man sich durch standardisierte Zentralprüfungen eine gerechte und vergleichbare Bewertung zu machen. Wie viel mehr forderte eine 2 bei dem Schüler der einen Schule Einsatz, Fleiß und Begabung im Vergleich zur 2 bei dem Schüler der anderen Schule. Wer würdigt das und womit? Die soziale Herkunft wird ihm quittiert, nicht aber die Note. Der Zweierschüler aus dem „Oberviertel“ wird im Zweifel bevorzugt, obwohl der aus dem „Unterviertel“ mehr geleistet hat. Die Note sagt also wiederum nichts aus. In der 2 steht nicht, dass der eine Schüler durch besonderen Einsatz seine Mitschüler mitziehen konnte und auch nicht, dass der andere zwar besonders begabt ist, aber seine Leistungen unterdurchschnittlich waren und er durch Blödeleien ständig seine Mitschüler abgelenkt hat.

      Ich bleibe dabei. Mit der Abschaffung von Noten wird nichts, aber auch gar nichts am Leistungsanspruch abgeschafft. Nur ehrliches Feedback und machbare Forderungen schaffen motivierte und engagierte Menschen jeden Alters. Erreichte Ziele wären es wert mit mehr als einer dummen Ziffer und einem einsilbigen Urteil gewürdigt zu werden, nicht erreichte Ziele sollen konkret benannt werden.

      • E. Li. Antworten

        Nun ja, ich habe eine etwas andere Sicht auf die Dinge und wundere mich.

        Zitat: „…Das Niveau des Unterrichts wird vom jeweiligen Kollegium an das jeweilige Publikum angepasst. Die Noten der Absolventen sind kaum miteinander vergleichbar. Der eine hat eine 2 für etwas, wofür der andere vielleicht gerade noch eine 3 bekommt…“

        Dies sind einige Sätze von vielen, bei denen ich nicht mitkomme.
        Das ist ja , meiner Meinung nach, genau das Problem. Das Niveau wird dem „Publikum“ angepasst. Das kann’s ja nicht sein. Aber das scheint heutzutage so üblich zu sein.

        Außerdem ist doch wohl eine 2 eine 2 , das gleiche Ergebnis kann dann für einen anderen nicht eine 3 sein. Der Unterschied besteht meiner Meinung darin, dass sich jeder Schüler unterschiedlich anstrengen muss, um das gleiche Resultat zu erlangen.

        Es gibt Grundschullehrer, die beklagen, dass viele Kinder nicht mehr „schulreif “ sind. In der Kita zuvor wird das Niveau auch schon an die Kinder angepasst, das Hauptaugenmerk liegt auf ‚Betreuung‘, auch wenn zunehmend wieder von Bildung geredet wird.

        Die Empfehlung für’s Gymnasium erhalten auch zunehmend Kinder, die das Niveau nur schwerlich erreicht haben.

        Es gab Zeiten, da gab es zusätzlich zu den Noten ein schriftliche Einschätzung. Und manch ein Lehrer kannte seine „Pappenheimer“ und durfte damals auch mal unter eine schlechte Arbeit einen Satz mit folgendem Wortlaut darunter schreiben: „Ich würde es mal mit Lernen versuchen!“

        Und warum, frage ich mich beim nochmaligen Lesen Ihres Beitrages, wird in der erwähnten Bildungseinrichtung während des Sportunterrichtes kein Kugelstoßen angeboten?

        Es stimmt schon, dass nicht jedes Unterrichtsfach für den zukünftigen Beruf gebraucht wird, aber die entsprechenden Voraussetzungen für eine Berufsausbildung legt schon in erster Linie die Schule. Und auch ein Schüler weiß, worauf es ankommt, wenn er eine Lehrstelle im „Traumberuf“ bekommen will. Es gibt schließlich auch Praktika, die genutzt werden.

        Und wenn schon die Grundtechniken bei etlichen Schülern (Schreiben, Rechnen, Lesen) zu wünschen übrig lassen, helfen auch wörtliche Einschätzungen nicht weiter.

        Meine Meinung

  21. Anne Sonnenschein Antworten

    Lieber Herr Droste,

    ich kann mich ihren Ausführungen nur anschließen. Arbeitgeber wundern sich über junge Leute, die sich mit sehr guten Noten vorstellen und dann nichts können. Inzwischen lassen sie diese Bewerber Probearbeiten und geben auf Noten nichts mehr.

    Und hier noch eine kleine Geschichte:Ein Schulleiter aus Singapur hat diesen Brief an die Eltern der Schüler verfasst:
    Die Prüfung Ihrer Kinder steht bevor. Ich weiß, daß Sie alle hoffen, daß Ihr Kind gut abschneiden wird. Aber denken Sie bitte daran, daß unter den Schülern bei der Prüfung ein Künstler sein wird, der Mathe nicht verstehen muß. Unter ihnen ist auch ein Unternehmer, dem die Geschichte der englischen Literatur egal ist. Unter ihnen ist ein Musiker, dessen Chemienote nicht wichtig ist.
    Wenn Ihr Kind gute Noten bekommt, ist das super. Aber wenn das nicht der Fall ist, dann rauben Sie ihm bitte nicht sein Selbstbewußtsein und seine Würde. Sagen Sie Ihrem Kind, daß es so okay ist. Es ist nur eine Prüfung. Ihr Kind ist für viel größere Dinge bestimmt. Sagen Sie Ihrem Kind, daß Sie es lieben und nicht verurteilen werden, egal, welche Note es bekommen wird.
    Sie werden sehen, wie Ihr Kind die Welt erobern wird. Eine Prüfung oder eine schlechte Note wird es nicht seines Talentes berauben. Und bitte glauben Sie nicht, daß Ärzte und Ingenieure die einzigen glücklichen Menschen auf der Welt sind.

    Mit freundlichen Grüßen
    Der Schulleiter

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