GASTSPIEL von FRANK-CHRISTIAN HANSEL: Wie der linke Demokratierettungswahn an sich selbst implodiert
Es gehört zu den großen Ironien unserer Zeit, dass der Versuch, die Demokratie, als „Unsere Demokratie“ zu retten, zunehmend ihre eigenen Fundamente untergräbt.
Unter dem Banner des „Kampfes gegen Rechts“ entfaltet sich in Deutschland ein moralischer Absolutheitsanspruch, der das Politische in alle Lebensbereiche trägt und dabei die liberale Demokratie von innen aushöhlt.
Der freiheitliche Staat verlangt von seinen Bürgern nicht mehr als Gesetzestreue. Er fordert keine Gesinnungstreue, keine ideologische Zustimmung. Genau diese Zurückhaltung ist der eigentliche Schutzwall der Demokratie: Bürger sollen einander im Alltag als Gleiche begegnen, unabhängig von ihren politischen Ansichten. Dort, wo diese Gleichrangigkeit aufgegeben wird, wo Menschen aufgrund ihrer Gesinnung aus alltäglichen Räumen ausgeschlossen werden, beginnt der eigentliche Erosionsprozess der freiheitlichen Ordnung.
Was ursprünglich als legitimer Schutz vor tatsächlichem Extremismus begann, ist längst zu einem umfassenden moralischen Regime geworden. Ein staatlich geförderter Apparat aus „Zivilgesellschaft“, Medien und Aktivisten hat sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur Gewalttäter zu bekämpfen, sondern jede Form von Abweichung von der als einzig legitim definierten Meinung zu sanktionieren.
Die Methoden sind dabei subtil, aber wirksam
Man verweigert politischen Gegnern den Service im Restaurant, grenzt ihre Kinder in Kitas aus, kündigt ihnen die Bankkonten oder setzt Unternehmen unter Druck, die es wagen, ihnen Räume zu vermieten. All dies geschieht formal im Rahmen der Vertragsfreiheit, doch in Wahrheit entsteht eine informelle Gesinnungszensur. Die bürgerliche Gleichbehandlung wird durch eine moralische Vorauswahl ersetzt, bei der nicht mehr die Rechtstreue zählt, sondern die „richtige“ Haltung.
Noch bedenklicher wird es, wenn diese Praktiken in die Herzkammer der Demokratie, in die Parlamente selbst, vordringen. So erleben wir etwa nicht nur im Berliner Abgeordnetenhaus, dass frei gewählte Abgeordnete einer bestimmten Oppositionspartei von Gremien ausgeschlossen werden. Sie dürfen an Enquete-Kommissionen oder anderen parlamentarischen Prozessen nicht teilnehmen, obwohl sie vom Volk legitim gewählt wurden. Damit findet dieselbe Art von Ausgrenzung, die man aus dem gesellschaftlichen Alltag kennt, auch im Herzen der Demokratie statt.
Besonders bezeichnend ist, dass sich daran nicht nur die linke Seite des politischen Spektrums beteiligt, sondern auch die CDU, die sich eigentlich als bürgerliche Kraft verstehen sollte.
Indem sie solche Ausgrenzungen mitträgt, desavouiert sie sich selbst und untergräbt die Grundprinzipien parlamentarischer Demokratie. Wer den politischen Gegner aus den Gremien verbannt, verbannt letztlich auch die Demokratie aus sich selbst.
Am Ende steht ein bitteres Fazit: Der Versuch, die Demokratie durch moralische Reinheitsgebote zu schützen, führt zu ihrer schrittweisen Erosion. Was als Kampf für Toleranz begann, endet in einer intoleranten Gesinnungsordnung. Wer im Namen der Demokratie politische Gegner aus dem gesellschaftlichen Leben drängt, zerstört die Grundlagen der liberalen Demokratie selbst.
Die wahre Verteidigung der Demokratie würde darin bestehen, das Politische wieder auf seine angemessenen Sphären zu begrenzen und jedem Bürger unabhängig von seiner Gesinnung gleiche Rechte zuzugestehen.
Solange dies nicht geschieht, wird diese absurde Form des Demokratierettungswahns weiter an sich selbst implodieren – und die liberale Demokratie von innen her aushöhlen. Denn eine Ordnung, die nur noch „richtige“ Meinungen duldet und „falsche“ Gesinnungen systematisch ächtet, verliert den Kern dessen, was sie eigentlich ausmacht.
Die Ironie dabei ist, dass dieser Prozess nicht nur von den üblichen linken Akteuren vorangetrieben wird, sondern auch von Parteien wie der CDU mitgetragen wird, die eigentlich ein Gegengewicht im Sinne eines Bürgerblocks gegen die Linksfront bilden sollten. Indem sie sich diesem moralischen Druck beugen und selbst an der Ausgrenzung von Oppositionsvertretern im parlamentarischen Raum beteiligen, unterminieren sie die Grundlagen der Demokratie, die sie zu schützen vorgeben.
Letztlich führt diese Entwicklung zu einem paradoxen Ergebnis: Die Demokratie wird im Namen ihrer Rettung ausgehöhlt. Die offene Gesellschaft, die auf Pluralismus und Meinungsvielfalt basiert, verwandelt sich in eine Gesellschaft der Gesinnungsprüfung, in der nur noch jene als vollwertige Bürger gelten, die sich dem moralischen Mainstream unterwerfen.
Solange dieser Kurs nicht korrigiert wird, wird der Demokratierettungswahn unter dem Motto eines imaginären „Kampfes gegen Rechts“ weiter an sich selbst implodieren und die Fundamente der offenen Gesellschaft weiter erschüttern. Die größte Gefahr für die Demokratie kommt dann nicht von ihren vermeintlich erklärten Feinden, sondern von jenen, die sie im Übereifer „retten“ wollen und dabei ihre eigenen vorbeglichen Prinzipien preisgeben.
Frank-Christian Hansel ist Abgordneter der AfD im Berliner Abgeordnetenhaus.



Mit einem Satz:
Der Rechtsstaat wird von den Vertretern von „UnsereDemokratie“ Zug um Zug in einen Moralstaat transformiert; mit allen in dem Artikel beschriebenen Folgen und Konsequenzen.
Danke für diesen Gastbeitrag werter Herr Kelle!
„Die offene Gesellschaft, die auf Pluralismus und Meinungsvielfalt basiert“
Eine Gesellschaft die offen ist, ist nicht ganz dicht. Pluralismus und Meinungsvielfalt? In meiner niederrheinischen Heimat wird wird seid Kriegsende immer nur die CDU gewählt. Wenn so die Meinungsvielfalt aussieht……
Eine m. E. richtige Analyse, die nur zwei Fragen offenlässt: 1. Wie konnte es so weit kommen? 2. Kann man der Entwicklung Einhalt gebieten? Ich kann ehrlich gesagt beide Fragen nicht beantworten, obgleich es ja Gründe und Ursachen für die Entwicklung geben muss.
Zu 1. Eine Rolle spielt evtl., dass das Bildungssystem nicht mehr hinreichend Logik und rationale Argumentationen lehrt. Also Wenn-dann-Sätze, die eine Bedingung („wenn“) mit einer Folge („dann“) verknüpfen, aus der Mode kommen. An ihre Stelle sind nach meinem Eindruck ganz viel Gefühle und Moral/Ideologie getreten. „Die Politik“ fördert/akzeptiert Maßnahmen und Zustände, ohne dass deren reale Risiken und Gefahren diskutiert werden, evtl. nicht mal erkannt(?). Nur deshalb kann die „Seebrücke“ mit 320 „Sicheren Häfen“, quasi alle relevanten Städte, so entspannt „eine solidarische und menschenrechtsbasierte Migrationspolitik – kurz: Weg von der Abschottung und hin zu Bewegungsfreiheit für alle Menschen!“ [?!!] verlangen.
2. Demokratie hat sich von einer Staatsform, in der Mehrheiten entscheidend sind, zu einer Staatsform, in der (eng vernetzte) Minderheiten das Sagen haben, entwickelt. Und Letztere werden dann noch steuerlich gut unterstützt (u.a. durch Demokratie leben). Hier spielt natürlich auch eine Rolle, dass sich durch die Migrationsbewegungen des letzten Jahrzehnts in den Aufnahmeländern starke Migrantenverbände (nicht unbedingt gemessen an den Mitgliederzahlen, eher an der medialen Aufmerksamkeit, die ihnen zuteilwird) gründen konnten. Wie die Regenbogen-Queer-Community politisch so stark werden konnte: keine Ahnung. Heute ist ein Befragter, wenn man der Friedrich-Ebert-Stiftung oder der Heinrich-Böll-Stiftung Glauben schenken möchte, ja schon „sexistisch“ und „transfeindlich“, wenn er meint: „Frauen sollten sich wieder mehr auf die Rolle der Ehefrau und Mutter besinnen“ und „Transsexuelle stellen zu viele Forderungen“. Hier haben offizielle Politik und Gesellschaft wirklich eine 180-Grad-Wende vollzogen. Während die ersten Gastarbeiter zugegebenermaßen von den Einheimischen kritisch beäugt wurden und Homosexualität früher sogar bestraft wurde, sind Minderheiten, unterstützt von politischen Gruppierungen, in der Neuzeit in den Angriffsmodus übergegangen, indem sie der Bevölkerung gern Rassismus und Rechtsextremismus vorwerfen. Man darf kein ethnisch-historisch-sprachliches deutsches Volk identifizieren, Eigengruppen von Minderheiten und Migranten dürfen sich aber klar abgrenzen, die Initiative Schwarzer Menschen „Schwarzes Empowerment“ feiern (etwas unlogisch, eigentlich). Vielleicht tendieren Gegenbewegungen als Reaktion auf Zustände und Entwicklungen oft dazu, ins andere Extrem zu verfallen.
Ich denke seit Jahrzehnten ist die Bildung immer schlechter geworden, teils der Politik geschuldet, vor dem Hintergrund, „ein dummes Volk lässt sich viel leichter regieren“ und Eltern, die die Lehrer nicht mehr ihre Arbeit machen lassen. Und eine schlechte Bildung sorgt schon dafür das Ideologen leichtes Spiel haben.
Ändern kann das eigentlich nur die CDU, indem Sie endlich diese unsägliche Brandmauer einreißt.
„Ein staatlich geförderter Apparat ….hat sich zur Aufgabe gemacht, ….jede Form von Abweichung von der als einzig legitim definierten Meinung zu sanktionieren“.
Das ist Unsinn, verbreitet und vermutlich sogar geglaubt von den linken und rechten Extremisten. Wo soll denn die „einzig legitime Meinung“ definiert sein? Und welcher „staatlich geförderte Apparat“ soll das sein? Und wie und mit welcher Macht oder rechtlichen Grundlage „sanktioniert“ dieser Apparat denn?
„Man verweigert politischen Gegnern den Service im Restaurant, grenzt ihre Kinder in Kitas aus, kündigt ihnen die Bankkonten oder setzt Unternehmen unter Druck, die es wagen, ihnen Räume zu vermieten“.
Das sind private Einrichtungen – oder meinen Sie, das seien die erwähnten „Apparate“, die staatlich gefördert sind? Restaurants staatlich gefördert? Kitas zwar meist schon, diese bestimmen aber selbst, und wenn ein kath. Kindergärten mal keinen bärtigen Muslimelternteil aufnimmt, so ist das eine staatlich gefördert „Abweichung der als einzig legitim definierten Meinung“, wie Sie schreiben? Oder wenn etwa der als antisemitsich deklarierte Verein BDS Schwierigkeiten bei der Raumsuche hat, dann steckt ein „staatlich geförderter Apparat“ dahinter mit „informeller Gesinnungszensur“?
„Noch bedenklicher wird es, … dass frei gewählte Abgeordnete einer bestimmten Oppositionspartei von Gremien ausgeschlossen werden“. Es wurden nicht nur Afd-, sondern auch Linke „ausgeschlossen“, soll heißen, sie wurden von den jeweiligen Parlamenten nicht in manche Gremien gewählt. Sind Sie der Meinung, dass jegliche von Parteien vorgeschlagene Person irgenwie gewählt werden MUSS, um noch als Demokratie zu gelten oder wie stellen Sie sich das vor?
„Indem sie (die CDU) solche Ausgrenzungen mitträgt, desavouiert sie sich selbst und untergräbt die Grundprinzipien parlamentarischer Demokratie“. Ach ja, wenn Mitglieder einer vom Verfassungsschutz als extrem eingestuften Partei nicht gewählt werden, dann untergräbt das die Grundprinzipien der Demokratie? Und wenn solche extremen Parteimitglieder gewählt würden, das wäre dann gut für die Demokratie? Verfassungsfeinde wählen zur Unterstüztzung der parlamentarischen Demokratie – welche Art von Logik muss man da bemühen?
„….auch von Parteien wie der CDU mitgetragen wird, die eigentlich ein Gegengewicht im Sinne eines Bürgerblocks gegen die Linksfront bilden sollten“ Daher weht der Wind? Gegen die Linksfront wäre Ihr bisher kritisiertes Vorgehen plötzlich ok., aber gegen die Rechtsfront nicht. Das ist dann Ihre künftige Vorstellung richtigem „moralischem Mainstream“. Alles klar!
@Elena:
„Und welcher staatlich geförderte Apparat soll das sein? Und wie und mit welcher Macht oder rechtlichen Grundlage ‚sanktioniert‘ dieser Apparat denn?“ Hier wäre erst mal an die Justiz mit ihren Gerichtsurteilen zu denken, die selbstredend definiert, was erlaubt ist, was „Beleidigung“, „Volksverhetzung“, wo Hausdurchsuchungen sinnvoll sind, usw. Hinzu kommen die oft direkt wie indirekt staatlich unterstützten(!) vielen Meldestellen (u.a. die Antifeminismus-Stelle der Amadeu Antonio Stiftung) und „Hass & Hetze“-Initiativen, auch die Antidiskriminierungsstelle von Ferda Ataman, die längst dazu übergegangen sind, nicht justiziable Äußerungen zu brandmarken. Damit wird natürlich definiert, was man besser nicht sagen sollte.
„‘Man verweigert politischen Gegnern den Service im Restaurant, grenzt ihre Kinder in Kitas aus, kündigt ihnen die Bankkonten oder setzt Unternehmen unter Druck, die es wagen, ihnen Räume zu vermieten‘. Das sind private Einrichtungen – oder meinen Sie, das seien die erwähnten ‚Apparate‘, die staatlich gefördert sind?“ Auch private Einrichtungen mit ihren Beschäftigten (wobei Bildungseinrichtungen ja oft staatlich sind) atmen natürlich den politischen und gesellschaftlichen „Zeitgeist“ ein [E. Noelle-Neumanns Schweigespirale]. Bei Menschen nennen Psychologen das „Verinnerlichung“. (Kulturelle) Werte und Einstellungen von außen werden ins Selbstverständnis übernommen und zu ureigenen Werten erklärt. Und dann lässt man den FDP-Politiker Thomas Kemmerich eben in Weimar ohne Mittagessen. Freie Entscheidung des Restaurant-Geschäftsführers, klar. Im Übrigen würde sich Ferda Ataman mutmaßlich aufregen, wenn ein privater Club, eine Diskothek jemanden nicht hereinließe.
„Sind Sie der Meinung, dass jegliche von Parteien vorgeschlagene Person irgendwie gewählt werden MUSS, um noch als Demokratie zu gelten oder wie stellen Sie sich das vor?“ MUSS nicht, aber ungeschriebene moralische Gesetze legen schon nahe, dass man nicht eine Partei kategorisch grundsätzlich ausschließt. Wenn Kindergruppen ein unbeliebtes Kind nie einbeziehen würden, würden wir als Erwachsene doch mahnen: „Na, lasst Hänschen doch mal mitspielen.“
„Ach ja, wenn Mitglieder einer vom Verfassungsschutz als extrem eingestuften Partei nicht gewählt werden, dann untergräbt das die Grundprinzipien der Demokratie?“ Noch ist die AfD ja trotz Verfassungsschutz-Statements eine real existierende Gruppierung in den Parlamenten und vertritt viele Millionen Wähler. Warten wir ab, wie sich das BVerG, gesetzt den Fall, es kommt zu einem Verbotsverfahren – was ich stark annehme – , positioniert.
@EH
a) Ich: „welcher staatlich geförderte Apparat soll das sein?“
Sie: „Hier wäre erst mal an die Justiz mit ihren Gerichtsurteilen zu denken…“
Die Justiz sehen Sie als staatl. Institution, welche „jede Form von Abweichung von der als einzig legitim definierten Meinung zu sanktionieren“ hat? Die Justiz urteilt nach Gesetzen, welche von den Parlamenten, also von demokratisch gewählten Abgeordneten, beschlossen wurden. Daher definiert die Justiz _nicht_ „selbstredend“, „was „Beleidigung“, „Volksverhetzung“, wo Hausdurchsuchungen sinnvoll sind, usw.“ Das wird/wurde von den Parlamenten bestimmt. Was haben Sie für ein Verständnis von demokratischer Gewaltenteilung?
b) Sie: „Hinzu kommen die oft direkt wie indirekt staatlich unterstützten(!) vielen Meldestellen…“
Und die „staatlich unterstützten(!) vielen Meldestellen“ sollen was genau nicht mehr dürfen? Z. B. gegen Frauen gerichtete Anfeindungen nicht mehr aufnehmen oder weitergeben, oder nix mehr von sich geben dürfen? Oder nur das, was die Regierung vorgibt? Also ein Sprachrohr der Regierung, gefördert von eben dieser? Aussagen treffen dürfen dann Ihrer meinung nach nur noch die ebenfalls staatl. geförderten Parteien, sonst niemand.
c) „Auch private Einrichtungen ….atmen natürlich den politischen und gesellschaftlichen „Zeitgeist“ ein“ Und nu? Zeitgeist verbieten? oder nur den „richtigen“ Zeitgeist atmen lassen? oder was?
d) „… moralische Gesetze legen schon nahe, dass man nicht eine Partei kategorisch grundsätzlich ausschließt“.
Gesetze erlauben den Abgeordneten, jemanden nicht in ein Gremium zu wählen. Selbst der Autor nach fordert von Bürgern der Demokratie nicht mehr als Gesetzestreue. Zudem wurden auch schon Personen der wohl gemeinten Partei in Ämter gewählt, mit schlechten Erfahrungen. Sie meinen tatsächlich, die Moral gebietet es, auch Mitglieder einer als extremistisch deklarierten Partei in Gremien zu wählen? Moral hebelt dann etwa Art. 20,Abs. (4)GG aus?!
@ Elena:
Nur so viel (ich glaube, wir reden zum Teil etwas aneinander vorbei, kann im Eifer des Gefechts passieren):
a) „Die Justiz urteilt nach Gesetzen, welche von den Parlamenten, also von demokratisch gewählten Abgeordneten, beschlossen wurden.“
Uns beide unterscheidet wohl, dass Sie Gesetze und juristische Regeln für eindeutig, quasi objektiv, nur in eine Richtung interpretierbar halten. Ich bin demgegenüber der Ansicht, dass Artikel und Paragrafen IMMER eine gehörige Portion an Interpretationsbedürftigkeit und -fähigkeit auszeichnet – und hier spielt sicher auch der Zeitgeist, das Zeitalter, die gesellschaftliche Situation eine Rolle. Wären Gesetze eindeutig, bräuchten wir keine längeren, monatelangen Gerichtsverfahren. (Auch nicht den anlaufenden teuren Mammutprozess um den Magdeburg-Attentäter.) Und über Anklagen wegen „Volksverhetzung“, auch Klagen von Politikern wegen Beleidigung, wird in jüngster Zeit zum Teil heftig und kontrovers diskutiert.
b) „Und die „staatlich unterstützten(!) vielen Meldestellen“ sollen was genau nicht mehr dürfen? Z. B. gegen Frauen gerichtete Anfeindungen nicht mehr aufnehmen oder weitergeben, oder nix mehr von sich geben dürfen?“
Mir ging es um den konkreten Aspekt, dass inzwischen sehr viel Nicht-Justiziables (Äußerungen, die man nicht anzeigen kann, weil sie gegen keine Gesetze verstoßen), im Übrigen auch Fälle, zu denen es keinen Tatverdächtigen gibt, bei Meldestellen gesammelt und gezählt werden. Was die Amadeu Antonio Stiftung als „gegen Frauen gerichtete Anfeindungen“ definiert und auflistet, Sie evtl. auch, das weiß ich nicht, muss nicht für jeden Beobachter frauenfeindlich sein.
c) „‘Auch private Einrichtungen ….atmen natürlich den politischen und gesellschaftlichen „Zeitgeist ein‘ Und nu? Zeitgeist verbieten? oder nur den „richtigen“ Zeitgeist atmen lassen? oder was?“ Mit dieser Anmerkung kann ich ehrlich gesagt wenig anfangen. Es gibt keinen „richtigen“ oder „falschen“ Zeitgeist, sehr wohl aber sich verändernde zeitgenössische dominierende gesellschaftliche und politische Einflüsse auf private Institutionen. Im Falle von Kitas etwa offizielle Vorstellungen zur Sexualpädagogik, die für frühere Generationen undenkbar gewesen wären (Standards der Weltgesundheitsorganisation WHO z.B.). So viel über „Diskriminierung“ debattiert wie heute wurde vor 20 Jahren auch noch nicht, obwohl es Art. 3 GG bereits gab.
d) „Gesetze erlauben den Abgeordneten, jemanden nicht in ein Gremium zu wählen. Selbst der Autor nach fordert von Bürgern der Demokratie nicht mehr als Gesetzestreue. … Moral hebelt dann etwa Art. 20 Abs. (4) GG aus?!“ Sie fahren hier aber wirklich schwere Geschütze auf. Art. 20 GG besagt: („4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese [verfassungsmäßige] Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“ Wer soll denn hier konkret Ihrer Meinung nach Widerstand gegen wen leisten? Es geht doch bitte überhaupt darum, den zitierten GG-Artikel zu verneinen/in Frage zu stellen, sondern schlicht um die wichtige politische Frage, ob man einer Partei zweifelsfrei nachweisen kann, sie wolle die verfassungsmäßige Ordnung „beseitigen“, was schon ein harter Vorwurf ist.
sorry, am Schluss Wort vergessen: Es geht
doch bitte überhaupt nicht darum, …
Sorry für die späte Erwiderung!
zu a) Die Länge von Gerichtsverfahren ist eher der Strafprozessordnung geschuldet als der Gesetzgebung. Allerdings wird in Gesetzen oft ein Bereich der Strafen festgelegt. Das Gericht stellt die Schwere der Schuld fest und spricht danach das Urteil innerhalb des vom Gesetzgeber vorgegebenen Rahmens. Das hat nichts mit einer Un-Eindeutigkeit zu tun. „Kurze Prozesse“ widersprechen gewöhnlich demokratischen Anforderung. „Die Justiz“ definiert nicht! Definieren tut die Gesetzgebung.
b) Was die Antonio Stiftung als gegen Frauen gerichtet auflistet muss natürlich nicht für jeden Beobachter frauenfeindlich sein. Ja und? Deshalb soll die Stiftung dies nicht mehr sagen dürfen? Oder was schwebt Ihnen vor? Ich weiß nicht so recht warum Sie dies anbringen.
c) Sie haben doch geschrieben: „Auch private Einrichtungen ….atmen natürlich den politischen und gesellschaftlichen „Zeitgeist ein“. Und ich wusste damit nicht richtig was anzufangen und habe reagiert mit „Und nun“?
Und damit können Sie wiederum nichts anfangen. Erklären Sie doch bitte, was Sie damit aussagen wollen. Welche Konsequenzen fordern Sie oder was schwebt Ihnen denn vor in Sachen Zeitgeist?
d) Sie haben doch geschrieben: „…ungeschriebene moralische Gesetze legen schon nahe, dass man nicht eine Partei kategorisch grundsätzlich ausschließt“.
Nach den geschriebenen Gesetzen sind die Abgeordneten in ihrer Wahl frei. Wenn Sie nun dies als unmoralisch klassifizieren, erheben Sie Moral über die Gesetze. Das können Sie machen, ich habe darauf hingewiesen dass sich der Autor aber selbst widerspricht, wenn er selbst explizit ausführt, „der freiheitliche Staat verlangt von seinen Bürgern nicht mehr als Gesetzestreue. Er fordert keine Gesinnungstreue, keine ideologische Zustimmung“. Das es keine absolute gültige Moral gibt, ist Moral selbst ideologisch.
Der Autor fordert also Ideologisches, spricht sich aber gleichzeitig dagegen aus.
Hallo, Elena,
Danke für ihre letzte Antwort vom 24. Ich glaube, ich kann Ihre Argumentation zum Teil nachvollziehen, auch wenn ich anderer Ansicht bin bzw. andere Akzente setze. Ich möchte von mir aus aber den Thread nicht überstrapazieren und höre auf zu schreiben.
Viele Grüße und einen schönen Abend! EH
Hallo EH,
In Ordnung.
Vielleicht noch ein Gedanke: Die Forderung, Organisationen, die nicht staatlich sind, zu verbieten oder zu disziplinieren, sind ein Kennzeichen totalitären Systeme. Es gibt keine NGOs in totalitären Staaten, die NICHT die Regierungsmeinung verbreiten. Siehe Rußland, Iran, Arabien, Afghanistan, China…die Behauptung, NGOs seien undemokratisch, ist eher verwegen.
Sie fragen:
„Wo soll denn die „einzig legitime Meinung“ definiert sein? Und welcher „staatlich geförderte Apparat“ soll das sein? Und wie und mit welcher Macht oder rechtlichen Grundlage „sanktioniert“ dieser Apparat denn?“
Auf der formalen Ebene bin bei Ihnen. Es gibt formal keine definierte Meinung, kein staatlich geförderter Apparat und auch keine „Sanktionionen“.
Ja, formal HABEN sie Recht.
Nur… die gelebte Realität; die hat der Gastautor im Blick. DIE sieht so ziemlich genau so aus, wie beschrieben.
Und daran gibts kein vorbei kommen.
Auch nicht mit einer schön formalen Replik 😉
@Johannes
Was schrieb oben der Gastautor höchstselbst: „Der freiheitliche Staat verlangt von seinen Bürgern nicht mehr als Gesetzestreue. Er fordert keine Gesinnungstreue, keine ideologische Zustimmung. Genau diese Zurückhaltung ist der eigentliche Schutzwall der Demokratie“. Also keine moralischen Erwägungen, keine irgendwie gestalteten Wahlverhalten, moralisches Verhalten, usw. Man darf in der „gelebten Realität“ handeln wie es beliebt, solange gesetzestreu. Seltsamerweise fordert der Autor nach diesem Eingangssätzen genau das Gegenteil, nämlich ideologisch richtiges verhalten! Und Sie auch?
Sie geben sich die Antwort selbst. Und mitnichten fordert der Autor „ideologisch richtiges Verhalten“. Lesen Sie schlicht Ihr Zitat von demselben.
Na gut. Er kritisiert „falsches“ ideologisches Verhalten, nachdem er zuvor „nur“ Gesetzestreue von demokratischen Bürgern verlangt.
Herr Kelle bedauert, daß die CDU sich ganz diesem moralischen Absolutheitsanspruch der Gutmenschen aus dem linken Spektrum angeschlossen hat und dadurch dem demokratischen Rechtsstaat schweren Schaden zufügt. Die Folge ist das Erstarken einer Partei oder der Rückzug ins Private.
Der Kampf gegen Rechts und explizit der Konkurrenzpartei ist dem eigenen Unvermögen geschuldet, die mannigfachen Probleme „unserer Demokratie“ mit Vernunft und ohne Moralkeule anzugehen anzugehen.
Stattdessen werden immer neue Schreckensszenarien (menschengemachter Klimawandel am Kipppunkt, tödliches Virus, Kriegsgefahr) aufgebaut, um die Bevölkerung durch Angst und Schrecken zu erziehen und zu manipulieren.
Wir haben die Anfänge dieser Politik verschlafen, Merkel hat uns mit ihrer Alternativlosigkeit eingelullt. Die Corona-Krise zeigte den aufgeweckten Zeitgenossen, wo der Hase hinlaufen sollte. Die richtigen Figuren auf entscheidenden Posten weltweit(!), eine willfährige linke Presse, folgsame Medien und zaghafte Richter haben unseren Staat so verändert, daß selbst nach Auffliegen von Lügenkampagnen (RKI-Files) die Wahrheit nicht durchdringt, geschweige denn die Strippenzieher zur Verantwortung gezogen werden.
Game over. Wir werden noch weiter durch das Tal der Tränen stapfen müssen.
Gestern Abend gab es in ZDF-info eine hervorragende Dokumentation über Julius Caesar, sein Machtstreben, seine Intrigen, sein Scheitern, das letztlich aber doch zum Ende der 700-jährigen Demokratie führte. Die Parallelen zur heutigen Situation waren erschreckend.