Herr Diez und die „opportunistischen Arschlöcher“

Wenn man sich mit dem imposanten Niedergang des Qualitätsjournalismus in Deutschland beschäftigt, kommt man um Georg Diez nicht herum. Der ist Autor bei „Spiegel Online“ und hat der Welt einst zwei Standardwerke über die Beatles und die Rolling Stones geschenkt. Was ihn allerdings zu einem Kritiker gesellschaftlicher oder politischer Entwicklungen befähigt, erschließt sich nicht so ohne Weiteres, wenn man eine Blick auf seine Texte wirft. Inhaltlich geißelt er alles, was irgendwie nicht links ist, stilistisch auf einem Niveau dargeboten, das viele mir bekannte Lokaljournalisten mühelos übertreffen. In seinem neuesten Text hat er sich nun also „die Reaktionäre“ vorgenommen. In der Sache bietet er wie üblich keine neuen Gedanken und Erkenntnisse. Vielmehr reiht er Plattitüden aneinander, die nur deshalb einer Betrachtung wert sind, weil sie in einem sogenannten „Qualitätsmedium“ erscheinen, das eine erhebliche Anzahl von Lesern erreicht.
Diez schreibt – zusammengefasst – dass Menschen, die seine Mainstream-Auffassungen nicht teilen, irgendwie doof sind. Das liest sich dann so: „Er verachtet die Vernunft, er widert sich vor der Wirklichkeit und ekelt sich vor der Empirie – und kann von jeder Bodenhaftung befreit loslegen.
Der Schneeball? Haha! Gender Gaga? Haha!“ Keine schlechte Sache für das aktuelle Buch meiner Frau („Gendergaga“), derart liebevoll beworben zu werden. Aber bemerkenswert beim Diez’schen Text ist, dass er vollkommen faktenfrei bleibt. Er belegt seine Sicht der Dinge….durch nichts. Quasi ein Text über sein Gefühl, wie er wohl sein muss, der böse, böse „Reaktionär“. Umso erstaunlicher, dass derselbe Herr Diez noch am 9. Januar in einem Beitrag „die ungeheure Freiheit des Denkens“ würdigte. Seit heute wissen wir, dass er damit keinesfalls die Freiheit des Denkens allgemein meinte, sondern lediglich die Freiheit des Denkens derjenigen, die so denken wie er. All die Wissenschaftler rund um den Erdball, die fundierte Kritik an der neuen Religion um den menschgemachten Klimawandel üben, gehören nicht dazu. Auch diejenigen, die davon überzeugt sind, dass Frauen heute alles aus eigener Kraft erreichen können, ohne dass der Staat Zwangsbeglückung in Form von Quoten und „Girl’s Day“ leisten muss, mag der Herr Diez nicht. „Es ist“, so schreibt er, „wie gesagt, ganz einfach, Reaktionär zu sein: Man muss nur sagen, dass weiß schwarz ist oder schwarz weiß, je nachdem.“ Gerade so, als sei am Berufsemanzentum unserer Tage oder an der durch kein demokatisches Gremium legtitimierten Verhunzung der deutschen Sprache irgendetwas Buntes.
Als der Journalist und Buchautor Matthias Matussek nach 26 Jahren beim „Spiegel“ das Nachrichtenmagazin verließ und zur „Welt“ wechselte, beschrieb er seinen Ex-Kollegen Diez in einem Interview als „eifernden Denunzianten“ und „Schienbeintreter“, dem er öfter gesagt habe, „dass er eine Niete ist“. Und weiter sagte Matussek: „Man nennt ihn ja den Thesen-Diez, er liest von Büchern eben meistens nur die Klappentexte und hat sofort eine angespitzte These.“ Gab es bisher vielleicht noch leise Zweifel an dieser Einordnung, so darf sie mit dem neuesten Diez’schen Beitrag als belegt gelten, jedenfalls wenn man den Kontext betrachtet, in dem er über „Dann mach doch die Bluse zu“ schreibt.
Seinen aktuellen Text über Menschen, die anders denken als er selbst, und die angeblich alternativlose Wahrheiten zu hinterfragen bereit sind (sollte eigentlich auch die Aufgabe von Journalisten sein), schließt er mit dem Urteil über diese Menschen: „Was für opportunistische Arschlöcher.“ Fast ist man geneigt, spontan zu antworten: Was für ein hirnloser Vollpfosten. Aber das mache ich natürlich nicht, sondern ich blättere nochmal beim großen Gesellschaftserklärer Georg Diez. In seiner Kolumne vom 2. Januar dieses Jahres beweint er „Das Ende des Meinungsmonopols“ und schreibt: „Die alten Gewissheiten der journalistischen Meinungsführer geraten ins Wanken: Nicht nur die ökonomische Basis ist bedroht, auch Glaubwürdigkeit und Deutungshoheit.“ Nun müsste ihm nur noch jemand erklären, dass dies genau in dieser Art mäßig begabter Mainstream-Gestalten im Journalismus begründet liegt, wie er selbst einer ist.

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Dieser Artikel wurde 8 mal kommentiert

  1. Hummel Antworten

    Es gibt leider einige (hoffentlich wenige) Spiegel-Online-Redakteuere, die sich vergeblich mit der Definition von Löchern beschäftigten. Vielleicht hängt das mit einer fehlenden Abstraktionsfähigkeit zusammen? Die klare Analyse von Klaus Kelle jedenfalls belegt jedenfalls, dass selbst „Löcher“ sich dem beanspruchten Meinungsmonopol entziehen, wenn sie mit der Realität konfrontiert werden! Dass diese Online-Redakteue dann ausfällig werden, gibt dem Namen „Spiegel“ einen unangenehmen Geruch!

  2. Eugen Ordowski Antworten

    Ich habe den Artikel gelesen. Da hat der Diez einen Eintopf zusammengebraut, der einfach ungenießbar ist.
    In seltener Überheblichkeit stempelt er alle Andersdenke zu Reaktionären.
    Diese Einstellung ist ja bekannt. Alle Dogmatiker argumentieren in dieser Weise.
    „Willst du nicht mein Bruder sein, so schlage ich dir den Schädel ein!“
    Ähnliche Worte kennt man ja von den Radikalislamisten.

  3. Bernd Wohlers Antworten

    Es gibt solche und solche Journalisten. Ich mag auch nicht jeden Schreiber, z. B. habe ich einige Herrschaften bei der Berliner Zitung gefressen, weil sie das Gefühl vermitteln, dass ein altehrwürdiges SED-Blatt wieder auferstanden ist und nichts dazugelernt hat. Nur so harte Schelte finde ich etwas daneben.

  4. Haio Forler Antworten

    Gerade Diez treibt jede Woche eine neue emotionale Sau durchs Dorf; man könnte glatt meinen, der verdient beim SPIEGEL sein Geld.

    Roma und Sinti würden „noch immer ausgegrenzt“, in Deutschland hieß es im SPIEGEL noch vor etwa 3 Wochen. Ich vermute fast, auch da steckt Diez dahinter.

    Nun sage mir doch bitte einmal jemand, an was sich denn Roma und Sinti gesellschaftklich beteiligten, von dem man sie AUSGRENZEN könnte? Vom Kegelclub? Vom Wanderverein? Vom Fraunhofer-Institut? Vom Karnevalsverein oder vom Mensa-Club? Von was könnte man sie ausgrenzen?

    Habe ich jemals einem Roma das Akkordeon aus der Hand geschlagen? Einem Sinti den Bettelkorb geklaut? Von was schreibt der Redakteur? VON WAS ? Habe ich je einen Sinti mit Spargelstecher-Ausbildung vom Spargelstechen, je einen Roma-Ingenieur vom Engineering abgehalten?

    Ausgrenzen? Läuft mir auf der Straße zerlumpt entgegen wie die von Claudia Roth beschworenen Verbuntungsfachkräfte, nervt mich morgens um 7 U-Uhr in der U-Bahn, schmeißt mir 3 Flüche hinterher weil ich ihm kein Geld gebe, und dann kommt so eine Edelfeder daher und will uns einreden, wir grenzen Roma und Sinti aus?

    Überschriften ohne jeglichen Sinn und Verstand.

    Und Diez mitten drin. Der Charme des Verlierers halt. Aber heute sind ja Nichtskönner automatisch Opfer der Gesellschaft.

  5. Henning Pettenberg Antworten

    Herr Kelle hat mir Herrn Diez „näher“ gebracht.
    ( bin kein SPIEGEL – Leser und habe den Namen zum ersten Mal gehört)
    Diese Erguß ist flüssiger als flüssig –
    schlicht: überflüssig.

  6. Wolfram Perrey Antworten

    Ich hatte, bis heute früh, noch nie etwas von diesem Herrn Diez gehört, geschweige denn gelesen! Aber, nach dem Artikel den ich heute früh von ihm im Spiegel zu lesen bekam wollte ich doch einmal in Erfahrung bringen um wenn es sich hier handelt, und vor allem, wie es möglich ist einen solchen geistigen Schwachsinn im Spiegel angeboten zu bekommen. Nun gut, das Herr Diez grundsatzlich jeglichen sachlichen Bezug zu seinen frei gewählten Themen schuldig bliebt ist geklärt. Jetzt bleibt nur die zweite Frage: Wie ist es möglich das er das auch noch beim Spiegel betreiben darf?

    • Klaus Kelle Antworten

      Kennen Sie schon Frau Stokowski? Sie ist seit kurzem ebenfalls Kolumnistin bei spiegel-online und unterbietet Herrn Diez sogar noch deutlich…

  7. Hardy Zwockel Antworten

    Alao übe die Frau Stokowski wird sich kein auch nur halbwegs gebikdeter Mensch Gedanken machen, sie probiert noch.
    Toll sind ja die Porträitfotos, die SPON von seinen Kolumnisten veröffentlicht:
    Stokowski: verbittertes Mauerblümchen, „keiner beachtet mich“!
    Georg Diez: Mit den neuesten Foto (seit November 2015) sieht man erst mal, wie lächerlich der Typ ist, früher versuchte er noch auf intellektuell zu machen, jetzt sieht er aus wie ein verkrachter Obdachtloser.
    Jacob Augstein: Reicher Erbe mit zwei Vätern (Walser und Augstein der Echte), ohne geerbtes Geld erfolgloser Zeitungsmacher mit dumm-zynischem Grinsen.
    Was will man von solchen Typen erwarten?
    Die ahben doch nur ihre Ideologie, sonst nichts!

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