„Nicht an ihren Worten, sondern ihren Taten sollt ihr sie erkennen“

Es hätte alles so schön sein können. Die Reise des Papstes zu den Gläubigen auf den Philippinen war ein Thriumphzug sondergleichen. Eine Heilige Messe mit sechs Millionen begeisterten Katholiken, ein Papst, der zu den Armen geht, zu denen, die kaum noch Hoffnung auf ein besseres Leben haben. Ein Pontifex, der im gelben Regencape Sturm und Regen trotzt. Was für gewaltige Bilder aus dem Fernen Osten verbreiteten sich da in Windeseile um die Welt. Und dann kam der Rückflug…
„Einige glauben, dass wir, um gute Katholiken zu sein, wie die Kaninchen sein müssen“, sagte Papst Franziskus, um dann Journalisten seine Vorstellungen von verantworteter Elternschaft zu erläutern. Man ist geneigt, sich kurz aufs Ohr zu klopfen und dann zu fragen: „Was hat er gesagt?“ Vergleicht er wirklich die Millionen, oft kinderreichen, katholischen Familien rund um den Globus mit „Karnickeln“? So einen rhetorischen Missgriff hat es in der Geschichte des Papsttums lange nicht mehr gegeben. Viele, gerade die Treuesten der Treuen, sind verstört und verärgert. Geradezu erleichernd zwischendurch die ironische Gelassenheit eines Internetbeitrages, den ich gestern dazu las: „Was? Wir müssen gar nicht wie die Karnickel „züchten“? Hätte ich das bloß früher gewusst, mein armer schmerzender Rücken….“
Die falsche Wortwahl auf dem Rückflug von Manila macht ein Thema greifbar, das besonders viele traditionsbewusste Katholiken umtreibt und zunehmend verärgert. Es geht um die Frage: Wie volkstümlich darf ein Pontifex öffentlich formulieren? Darf er Worte wie „Karnickel“ und „Schnickschnack“ verwenden, ohne die Autorität seines Amtes zu beschädigen? Schwer, eine Antwort darauf zu finden, denn ich gebe zu, auch mich hat die aktuelle Aussage, nennen wir es, befremdet. Dabei gibt es theologisch an Papst Franziskus nichts auszusetzen. Er lehrt, was zuvor Benedikt XVI. und davor Johannes Paul II und davor Paul VI. gelehrt hat. Alle diejenigen, die annehmen, der neue Stil im Vatikan werde zu den – im wesentlichen von Nichtkatholiken geforderten – so genannten Reformen führen, werden sich wundern. Dieser Papst ist Gegner der Abtreibung, dieser Papst verteidigt den Zölibat, und dieser Papst schätzt und ehrt die traditionelle Familie. Es gibt nichts, das darauf hindeutet, daran könnte sich etwas ändern. Es gibt lediglich ein unglücklich und missverständlich gewähltes Wort.
Vielleicht müssen wir, die wir aus Überzeugung zur katholischen Weltkirche gehören, uns mit dem Stil des neuen Papstes arrangieren, so lange die Lehre unverwässert bleibt. Franziskus kommt aus einem anderen Kulturkreis, er hat einen anderen Lebensweg hinter sich, als kirchensteuerfinanzierte Hochwürden hierzulande, die wegen First Class-Flügen ins Gerede kommen. Der Pontifex aus Südamerika geht einen anderen Weg. Er folgt dem, was Jesus Christus von seiner Kirche verlangt. Er geht zu den Armen, zu den Menschen an den Rändern der Zivilisation. Seine Worte und Gesten erreichen viele Menschen, die zum Beispiel der von mir verehrte, intellektuell wie rhetorisch brillante Benedikt nie hätte erreichen können. Und – noch einmal – die Botschaft von Franziskus für diese Menschen ist klar und unverwässert. Es ist eine Botschaft des Glaubens an Gott, der Liebe und des Mitgefühls. Darauf, und nur darauf kommt es letztlich an. Ich empfehle deshalb: sehen wir ihm seinen „Schnitzer“ nach. Er formuliert gern aus dem Stegreif, manchmal auch für meinen Geschmack zu flapsig. Aber er ist der richtige Papst zur richtigen Zeit. Und wir Katholiken glauben, dass ein Konklave eine solche Wahl nicht aus Zufall trifft.

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Dieser Artikel wurde 20 mal kommentiert

  1. Alexander Droste Antworten

    Hallo Herr Kelle,

    ich bin evangelisch lutherisch getauft, bin kein eifriger Kirchengänger, aber ich verehre diesen Papst, der meiner Auffassung nach als erster das Christentum würdig vertritt. Über seine Karnickel-allegorie hätte ich nur die Stirn gerunzelt, mehr nicht. Aber die Reaktion der Karnikelzüchter in Berlin haben mich zum lachen gebracht, wie lange nicht mehr. Nein, wer viele Kinder gerne hat, soll sie gerne haben. Es heißt ja auch nicht sinngemäß “ .. sie sollen nicht… “ sondern „… sie brauchen nicht … “ Wer sich davon vor den Kopf gestoßen fühlt, naja, den halte ich wiederum für übersensibel.

  2. Fritz - Ulrich Hein Antworten

    Werter Herr Kelle,
    ich stamme dem gleichen Bekennerkreis wie mein Vorschreiber an und musste über die Worte des Papstes auch grinsen. In den sozialen Medien fragte ich meine Gefolgschaft, ob jetzt die Kaninchen exkommuniziert werden. Aber ich glaube, dass der Papst diese Worte wählte, weil sich gerade in den Armenvierteln dieser Welt, die der Papst besucht, doch ein unregulierter Geburtenfortschritt zu sehen ist. Und bevor man jetzt zu so drastischen Maßnahmen greift, wie es China trieb und auch in oder auf dem engen Japan dazu kommt, dass man von Staats wegen die Geburtenrate kontrolliert. Über die Auswüchse und zu ergreifenden Maßnahmen, wenn man dem nicht Herr wird, mag ich garnicht nachdenken.

  3. Dieter Krüll Antworten

    Ich liebe diesen Papst und seine volksnahe und damit für jeden Normalbürger verständliche Sprache. Wer den Karnickel Ausspruch in Fernsehbildern und vollständig sehen konnte, sah, dass die eindeutig scherzenden Worte mit einem breiten Grinsen vorgetragen wurden. Muss ein Papst immer ernst und miesepetrig sein?
    Gleichwohl hatte die Aussage für mich einen ernsten Gehalt: Sexualität ist die natürlichste. menschlichste Sache der Welt. Die Kirche verlangt weder totale Enthaltsamkeit noch mindestens 5 Kinder pro Ehe. Der Papst hat vielmehr in seinem Statement ausdrücklich auf natürliche Wege der Empfängnisverhütung hingewiesen. Diesen Teil der Aussage hat die Presse aber weitgehend verschwiegen.

    Dieter Krüll, Neuss

    • Georg Antworten

      Sehr geehrter Herr Krüll,
      mir ist das nicht ganz eingängig, wie das gehen kann, einen Papst zu lieben. Das ist ein großes Wort. Sie meinten sicher Respekt und Achtung. Sie haben mit Ihrer Aussage Recht, nicht alles oder Detail bzw. Satzteile als Basis für eine Aussagenbewertung zu nehmen. Nach außen demonstrierte Volksnähe, bei allem Respekt, schafft aber keine Klarheit in den umstrittenen Positionen der Kirche. Da stimmen Sie doch zu?
      Was viele Menschen umtreibt, ist die antiquierte Position der Kirche zur Sexualität, der Verhütung, zum Umgang mit Geschiedenen und zur Familienplanung insbesondere. Erst wenn die Kirche ihre grundsätzliche Position einmal überdenkt, überarbeitet, verständlich, präzise und nachvollziehbar logisch den auf ein klares Wort = Orientierung wartenden katholischen Christen erläutert, wird die Kirche in vielen Fragen klar und eindeutig. Dies ist sie aber zur Zeit immer noch nicht, trotz aller Lippenbekenntnisse. Es gibt deutliche Defizite.

  4. Eugen Ordowski Antworten

    Hallo, Herr Keller,
    also, mir gefällt dieser Papst. Ich war mal, vor sehr langer Zeit, sehr katholisch. Heute bin ich Agnostiker.
    Seine Kommentare sind ehrlich und volkstümlich. Wir werden doch täglich mit gestanzten Sprechblasen überrollt. Auch seine Aussage, wer seine Mutter beleidigt, bekommt seine Faust zu spüren! Einfach wunderbar!
    Viele deutsche Katholiken wünschen sich, dass er die katholische Kirche in ihrem Sinne reformieren wird, warum sollte er dies tun? Der Zeitgeist wandelt sich stetig. Was heute modern ist, kann morgen schon im Mülleimer der Geschichte liegen. Wenn ich ein ehrlicher Katholik bin, sollte ich mich auch an die Regeln halten, für viele Katholiken bei uns, doch zu anstrengend. Will ich Fußball spielen, darf ich den Ball auch nicht in die Hand nehmen, außer , ich bin Torwart (Papst).

  5. Jürgen Backhaus Antworten

    Vielleicht etwas unglücklich formuliert, manch einer fühlt sich auf den Schlips getreten. Ich habe innerlich geschmunzelt als ich diesen Ausspruch aus dem Mund des Papstes vernahm. Im Grundsatz gebe ich ihm aber Recht, man sollte sich einmal fragen, wie viele Menschen unser Planet noch verkraftet, vor allem wenn alle einen nur annähernd ähnlichen Lebensstil hätten wie wir.

    • Eugen Ordowski Antworten

      Hallo, Herr Backhaus,
      Ich wäre da nicht so pessimistisch. Sie wissen ja, Not macht erfinderisch! Auf unserer Erde müssten keine Menschen hungern. Allein wir Deutschen werfen jährlich Lebensmittel im Wert von Milliarden Euros weg. Die Gründe für die Hungersnöte sind bekannt, aber was unternehmen die Mächtigen der Welt dagegen? So gut wie nichts!
      Wenn ich die Forschungsergebnisse, speziell in China, aber auch in anderen Ländern, betrachte, bin ich sehr optimistisch. Dort werden schon Treibhäuser gebaut, vertikal, also Hochhäuser, in denen die Pflanzen mit speziellem Licht bestrahlt werden, also ohne Sonne.
      Die Ergebnisse sind sehr erfolgversprechend.
      Ich glaube, die zukünftigen Generationen werden über unsere Sorgen wohl milde lächeln.

  6. Eugen Ordowski Antworten

    Ich muß nun doch noch etwas zu den „Karnickeln“ sagen. Weder im AT, noch im NT habe eine Aussage von Gott gefunden, wo er etwas zur Verhütung sagt. Viel später, haben mächtige Christen die geltenden Kirchengesetze erfunden. Ob das alles von Gott so gewollt war, wage ich zu bezweifeln.
    Eigentlich hat er nur 10 Gesetze postuliert, an diese kann sich jeder halten – auch Nichtchristen!

    • Georg Antworten

      Sehr geehrter Herr Ordowksi,
      verzeihen Sie, aber eine Bezugnahme und das Heranziehen von Texten aus dem AT und NT sind doch etwas eigenwillig, überhaupt nicht zeitgemäß und auch nicht hilfreich. Die Welt hat sich über die Jahrhunderte in den verschiedenen Epochen entwickelt. Die Menschen haben und mussten sich die jeweiligen Herausforderungen stellen. Dies gilt ebenso für die Sprachen der Welt, die sich angepasst, verändert und demzufolge auch entwickelt haben. Das Festhalten an Texten aus dem AT und NT und deren Verbreitung ist leider vor dem Hintergrund der Entwicklung der Menschheit in all den Facetten wenig sinnvoll,,nicht Identitätsstiftend

      • Eugen Ordowski Antworten

        Hallo, Georg,
        natürlich haben Sie Recht, die Welt hat sich geändert und wird es auch weiter tun.
        Aber auf was soll ich mich denn berufen, wenn nicht auf die Texte der heiligen Bücher der Religionen. Ob Christen, Juden oder Mohamedaner, alle tun es. Dass speziell die deutschen Christen mit den Kirchengesetzen aus Rom Probleme haben, ist nachvollziehbar. Sie halten sich in ihrer Mehrheit auch nicht daran. Da der Gott der Christen ja ein liebender und verzeihender Gott ist, wird er sicherlich ein Auge zudrücken, wenn seine Schäfchen sich beim Verhüten nicht ganz an die katholische Lehre halten.

        • Georg Antworten

          Sehr geehrter Herr Ordowski,
          auch die brutalen Leute des IS berufen sich auf die alten Texte und Handlungsweisen in den diversen alten Schriften, in dem sie die so genannten Ungläubigen verfolgen und töten. Ich bin mir darüber sehr bewusst, dass der Vergleich sicher ganz gewagt ist. Was will ich damit zu Ausdruck bringen? Das Berufen auf alte Schriften und Lebensformen führt in der heutigen aufgeklärten Gesellschaft zu mancherlei Fehlinterpretationen, eben weil diese Texte nicht mehr zeitgemäß und somit logischerweise nicht mehr realitätsbezogen sind; sie dienen auch in den seltensten aller Fälle als Leitfaden für das Handeln. Schon überhaupt nicht sind sie übertragbar auf die heutigen Lebensverhältnisse der Menschen. Wenn ich eine Kirche besuche und höre Predigten von der Geistlichkeit, die sich mit den Büchern alter Propheten beschäftigen, befällt mich immer ein Gefühl der Beklemmung. Ich hoffe sehr, Sie verstehen den gedanklichen Zusammenhang. Ich will es dabei bewenden lassen.

  7. Helmut Schliebs Antworten

    Guten Tag, Herr Kelle,
    dieser Pontifex gefällt mir richtig gut: Er ist einfach Mensch, nicht abgehoben und vor allem den Armen und Benachteilgten zugetan. Gleichwohl hält er fest an den Regeln, wie sie in der katholischen Kirche schon seit Jahrhunderten gelten. Ob das gut ist, sei dahingestellt.
    Mir haben dann beim Lesen Ihres Kommemtars die letzten 4-5 Sätze gefallen, nachdem ich zunächst dachte, was denn in Sie gefahren sein könnte…………

  8. Verena von Buch Antworten

    Dieser Papst hat Humor! Wer will, kannn ihn auch richtig deuten, und muss dann nicht beleidigt sein.

  9. Maria Schmidt Antworten

    Lieber Klaus Kelle,
    das “Kaninchen-Zitat” des Papstes ist ja gerade ein run. Ich habe das Glück, über eine Freundin das Original-Zitat und eine Erläuterung dazu bekommen zu haben, die ich gerne weitergebe. Ich fand das hilfreich.
    Beste Grüße!

    „Some think that — excuse the language — that in order to be good Catholics, we have to be like rabbits. No. Responsible parenthood. This is clear and that is why in the Church there are marriage groups, there are experts in this matter, there are pastors, one can search; and I know so many ways that are licit and that have helped this. “

    Papst Franziskus sagt also zunächst, was MANCHE AUßENSTEHENDE über die katholische Familenlehre denken und ENTSCHULDIGT SICH SOGAR IM VORAUS FÜR DIE SPRACHE, DIE ER HIERFÜR VERWENDET.
    Es geht also nicht um seine persönliche Meinung, sondern er geht auf das ein, was Außenstehende meinen, über die Lehre der Kirche zu wissen…
    Dann sagt er, dass diese Sichtweise der Außenstehenden falsch ist und betont die Bedeutung der „verantworteten Elternschaft“ (vgl. Humanae Vitae Kap 10), die genau das besagt.
    Und dann macht er noch indirekt WERBUNG, für alle Pastoren,Ehegruppen etc., die genau dieses leben und anderen zur Seite stehen.

  10. Felix Becker Antworten

    Gott sei Dank, dass endlich ein Papst daraufhinweist, dass angesichts der weltweiten Überbevölkerung die Pflicht zur Bewährung der Schöpfung ein weiteres Wachstum der Menschheit sich verbietet. Gott kann nicht gewollt haben, dass wir die Welt durch ungezügeltes Vermehren unserer Art zerstören.

  11. Sabine F. Antworten

    Als konservative Katholikin tun mir die Verwirrungen fast schon körperlich weh. Deshalb wiederhole ich Ihr Zitat: an den Früchten können wir alle, die beobachten, eine Menge erkennen.

  12. julia Antworten

    ist doch wurscht ob als Karnickel oder mit schafen verglichen zu werden….der Herrgott hat mal halt einen grossen tiergarten…..beim vergleich mit den affen regt sich auch keiner auf…bin weder kath. noch evang…..doch im schamanetum hat sowieso jeder ein totemtier

  13. Gast A. Antworten

    ier geht es nicht um past und/oder karnickel

    Hier geht es um eine ganz perfide Art der Destabilisierung unserer Gesellschaft auf allen Ebenen durch den Gebrauch der sogenannten Presse bzw. der breitenwirksamen Medien inkl. Internet!

  14. Albert Hochdörfer Antworten

    Hallo,

    ich suche den Evangelientext „Nicht an ihren Worten, sondern an ihren Taten sollt ihr sie erkennen“.
    Gelesen hab ich, es soll stehen in Johannes 2, 1-6. Leider finde ich unter 2 1-12 die „Hochzeit in Kana“
    Vielleicht kann mir jemand helfen.
    Herzliche Grüße
    Albert Hochdörfer

    • Yllunis Antworten

      Hallo Herr Hochdörfer,
      Bei den vier Evangelien gibt es Matthäus, Lukas, Markus, Johannes. Wenn Sie in Ihrer Bibel weiter Blättern finden Sie die Briefe des Petrus, anschließend die Briefe des Johannes. Diese sind unterteilt in 1.Johannes und 2.Johannes.

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