Öl nachschütten – gar nicht so einfach

Sind Sie ein Auto-Verrückter? Oder sind Sie wie ich jemand, der in einem Auto einen notwendigen Gebrauchsgegenstand sieht? Vier Räder, Motor, Dach, Heizung und Navi – mehr braucht man nicht zum Glücklichsein, wenn man viel unterwegs ist.

Bevor ich gleich aufbreche aus Potsdam ins schöne Bielefeld, um am Abend Spitzenfußball unter ganz normalen Leuten mitzuerleben, zeigt mir mein kleiner BMW an, dass ich Öl nachschütten soll. Klar, muss man hin und wieder machen. Aber welches?

Die Dame an der Kasse der ARAL meines Vertrauens hat keine Ahnung, sie ruft einen Kollegen, der hat auch keine Ahnung.

Gut, dass es noch einen weiteren Kollegen gibt, der zwar auch keine Ahnung hat, aber weiß, wo Mann gucken muss.

„Machen Sie mal die Motorhaube auf“, sagt er im triumphierenden Ton desjenigen, der sicher ist, dass da irgendwo ein Aufkleber vom letzten Ölwechsel zu finden sein muss. Ja, muss, gibt es aber nirgends. „Haben Sie ihr Buch dabei?“, will er wissen, und mein erster Gedanke, er will eine Widmung in „Bürgerlich, christlich sucht…“, was sich aber als falsch herausstellt. Er meint die BMW-Betriebsanleitung. Darin lesen wir gemeinsam fünf Minuten, dann klären sich die Dinge. Mit dem Buch zum Öldosen-Regal, durchschauen, 31,99 Euro. Fertig.

Zurück zu Hause, öffne ich die Motorhaube erneut, der Öltank ist leicht zu finden.

Leider lässt er sich mit der Kraft meiner Finger und Hände nicht öffnen. Ich hole aus der Küche so ein Ding, mit dem man hartnäckige Konservengläser zum Aufgaben zwingen kann. Leider funktioniert das zwar bei süßen Gurken, nicht aber bei Öltanks im BMW. Abstellraum, Werkzeugkiste.

Mit einer Zange, kann ich den Verschlussdeckel bewegen und öffnen. Erster Erfolg des Tages.

Ich schraube die Öldose auf, da ist eine Aluminium-Abdeckung drüber. Ohne Nippel zum Aufziehen. Ich nehme die Zange und haue mehrfach drauf, aber das Scheißding hält stand.

Also zurück ins Haus, Küche, Brotmesser! Mit Gewalt geht manches besser, Öl im Tank, Sonne scheint, Sonnenbrille auf und ab auf die A 2.

Aber, mal ganz ehrlich: Kann man das nicht alles ein wenig kundenfreundlicher gestalten, liebe Freunde von BMW und der Ölproduzenten?

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Dieser Artikel wurde 12 mal kommentiert

  1. Frank Steinwender Antworten

    Herr Kelle,
    die Metallfolie unter dem Schraubverschluß der Ölflasche dürfte Teil der Kindersicherung sein, welche die EU für Verpackungen von Chemieprodukten vorschreibt, wenn diese Produkte der breiten Öffentlichkeit verkauft werden. Die soll also nicht so ganz einfach zu überwinden sein.
    Wir wollen doch schließlich alle, daß unsere kleinen Wonneproppen nicht Papas Motoröl austrinken, nicht wahr? Die sollen ja behütet alt genug werden, um auf Tik-Tok Spülmaschinentabs fressen zu können.

    Gruß:
    FST

  2. GJ Antworten

    Lieber Herr Kelle, am Ende haben sie es geschafft. Nicht jeder ist Raketenforscher und Begabungen, handwerkliches Geschick oder musisch-/künstlerische Talente sind auf verschiedene Köpfe unterschiedlich verteilt. In meiner Verwandtschaft wurde da schon mal Kühlwasser statt Motoröl in einen Neuwagen geschüttet oder die falsche Spritsorte getankt. Oder eine hochwertige Alufelge am Bordstein verballert. DAS sind dann schon echte Vollkatastrophen nahe am Scheidungsgrund. Bei meinen früheren Autos, Golf I und Golf II, kannte ich mich in der technischen Bedienung einigermaßen aus, da konnte und musste man auch selbst Hand anlegen. Bei den heutigen elektronischen fahrenden Computern mache ich nichts außer zu tanken ( wenn überhaupt). Wenn der Mann und der Sohn diesbezüglich ausgebildete Kfz-Fachleute, Mechatroniker, Servicetechniker, Elektriker, Kraftverkehrsmeister u.a. sind, darf sich die Frau in diesen Bereichen locker zurücknehmen.

    Im übrigen finde ich es unschön, seinen Mitmenschen hämisch aufs Brot zu schmieren und darauf herumzureiten, wenn sie eine Schwachstelle irgendwo haben.

      • Günther M. Antworten

        Wenn Sie jetzt noch vom politischen Weltenerklärer Abstand nehmen, dann klappt’s vielleicht auch mit qualitativ besser informierten Landsleuten.

  3. Willi Stock Antworten

    Ach Herr Kelle,
    ein Auto ist nun mal inzwischen ein Wunderwerk der Technik, hochkomplex und doch immer seinem Herrchen zur Verfügung.
    Man hat sich angewöhnt, dass lange Startversuche bei Minusgraden unter experimentellem Einsatz des Chokes nicht mehr vorkommen, dass diverse Assistenten an die Einhaltung großzügiger Wartungsintervalle erinnern, dass Autofahren inzwischen der Gipfel menschlicher Mobilität geworden ist.
    Doch gibt es ein paar Dinge, die man doch noch wissen wollte – Ölsorte, Kraftstoff, Füllstände diverser Flüssigkeiten, regelmäßige (wenn auch großzügige) Inspektionsintervalle verschiedenen Umfangs.
    Schließlich wissen wir ja auch um unsere Bürgerrechte und -pflichten…

  4. Markus Antworten

    Herr Kelle,
    ohne jede Ironie und Häme:
    Haben Sie herzlichen Dank für diesen Beitrag!!!
    Es beruhigt mich, nicht der einzige zu sein, der von solchen Aufgaben derart herausgefordert ist.
    Und: Dass es Bielefeld gibt, bezweifele ich nicht. Aber Spitzenfußball in Bielefeld?
    VG aus München
    Markus H.

    • Achim Koester Antworten

      @Markus
      Spitzenfußball in München?
      Entweder Sie haben das Spiel am Samstag nicht gesehen oder sind ein realitätsfremder 60er Fan.
      Apropos: Leverkusen liegt immer noch näher an Bielefeld als an München.🤪

    • Klaus Kelle Antworten

      @Markus,

      naja, für unsere ostwestfälischen Verhältnisse schon. Immerhin reicht es noch für Duisburg…

      Waren Sie bei meinem Stammtisch vergangene Woche im Augustiner dabei?

      beste Grüße, Klaus Kelle

    • .TS. Antworten

      Mit einer Transportwischdatschwanze, sprich Elektroauto, wär das nicht passiert.
      Frohe Ostern!

  5. .TS. Antworten

    Tja, ist das noch Autofahren?

    Mir gefällt der Artikel, denn er beschreibt sehr schön wie es im Grunde uns allen geht:
    Wir wissen eigentlich gar nicht mehr was wir tun, benutzen im Grunde nur noch was uns in die Finger kommt, und das was wir noch tun das tun wir größtenteils dilettantisch.

  6. S v B Antworten

    Oje, das Öl…

    „Seit ich denken kann“ sind Autos für mich lediglich notwendige Übel. Ihr Stellenwert in meinem Leben war und ist dementsprechend, also sehr niedrig. Der im August fälligen Vorstellung beim TüV sehen mein antikes Schätzchen und ich darum „leicht“ besorgt entgegen.

    Vor einigen Jahrzehnten hatte ich mir erst- und letztmalig einen fabrikneuen Golf geleistet. Sehr bald schon stellte sich jedoch heraus, dass dieses vierrädrige Mistvieh während 1.000 (in Worten eintausend) gefahrenen Kilometern sage und schreibe einen ganzen Liter Öl in sich hinein soff! Auf meine umgehende Reklamation hin erwiderte der Händler lakonisch, dass sich diese Menge durchaus im Rahmen der Normalität bewege. Ihm diese tollkühne Behauptung abzukaufen, war ich absolut nicht bereit. Mit einiger Überredungskunst gelang es mir tatsächlich, dass der Neuwagen-Kauf rück-abgewickelt wurde. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ein Liter Öl auf jede 1.000 Kilometer – eine Zumutung! Schließlich handelte es sich um einen PKW und keine Reise-Fritteuse! Nee, kein Auto hat es je vermocht, mich zu beeindrucken. Im Gegenteil. Und werthaltig sind die Dinger bekanntlich nur in Ausnahmefällen. Bei einem Automobil handelt es sich also um einen ausgesprochen profanen Gebrauchsgegenstand – wie auch Herr Kelle in seinem Artikel richtig bemerkt hat.

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