Deutschlands führender Internet-Erklärer Sascha Lobo, der mit der Frisur, schreibt viel Erhellendes und Kluges, wenn er sich nicht gerade an Donald Trump abarbeitet. In seiner aktuellen SPON-Kolumne berichtet er über eine Erfindung von Wissenschaftlern der Carnegie Universiy aus dem März 2015. Damit kann man die Iris einer Person aus zwölf Metern Entfernung scannen, ohne dass die betreffende Person es bemerkt. Wahnsinn, oder? Die steile These von Herrn Lobo: In fünf Jahren werden unsere Gesichter selbst die Personalausweise sein.

Ich weiß von den technischen Möglichkeiten nicht einmal ansatzweise so viel wie der SPON-Kollege, aber seine Gedanken zu diesem Thema sind beunruhigend. Die Zeiten, wo Polizeibeamte in großen Räumen voller Bildschirme, mit Kaffee-Pappbechern bewaffnet, ihre Mitmenschen in Stadtzentren beobachten, neigen sich dem Ende zu. Die Entwicklung läuft unaufhaltsam auf eine automatisierte, inhaltliche Auswertung von Bildern und Filmen hinaus. Und auf die automatisierte Mustererkennung menschlicher Verhaltensweisen. Lobos weitere Schlussfolgerung: „Die Kameras sind die Spitze eines umfassenden, intelligenten Überwachungssystems für mehr gesellschaftliche Kontrolle – Kontrolle auch über Sie.“

Faszinierend…so würde Mr. Spock aus der unvergessenen TV-Serie vom Raumschiff Enterprise jetzt sagen und eine Augenbraue hochziehen. Leser meiner Beiträge wissen, dass ich die staatliche Überwachung des öffentlichen Raumes wenig beängstigend finde. Koks-Dealer in Kreuzberg müssen sie fürchten, nach Frauen grapschende „Nafris“ auch, Handtaschendiebe sowieso. Aber Sie und ich? Wir begehen keine Straftaten im öffentlichen Raum – und hoffentlich auch sonst nicht. Nicht nur in Deutschland wurden versuchte Terroranschläge aufgeklärt, Täter ermittelt und hinter Schloss und Riegel gebracht – durch Videoüberwachung. Warum sollen also nicht Polizisten vor Videobildschirmen oder demnächst Computersysteme dabei zusehen, wenn ich durch die Fußgängerzone von Gummersbach gehe, um in einer Apotheke Aspirin zu kaufen? Sollen sie doch zuschauen, sollen sie mich doch dabei scannen. Das ist mir der Zugewinn an öffentlicher Sicherheit wert. Und – das belegen Umfragen in Deutschland auch – die große Mehrheit unserer Bevölkerung sieht das ebenso. Deutschlands Problem Nummer 1 derzeit ist die zunehmend fragile Sicherheit, nicht ein paar Kameras im Zentrum von Bielefeld.

Lobo wird mich für diese Haltung als naiv betrachten, denn er denkt an die Zukunft, an die Weiterentwicklung der Technik. Und an die Frage: Was, wenn sich die Verhältnisse in Deutschland mal grundsätzlich ändern? Wenn der Rechtsstaat versagt? Wenn böse Buben an die Schalthebel der Macht kommen und Schindluder mit den gewonnenen Daten treiben. Ist das auszuschließen? Ich fürchte nicht…

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Dieser Artikel wurde 15 mal kommentiert

  1. Uwe_aus_DO Antworten

    Ja, heute würde auch ich mir mehr Sicherheit wünschen, und die würde mehr Videoüberwachung mit sich bringen.

    Aber die Kameras, die einmal installiert sind, werden nicht wieder verschwinden

    Und schon heute haben wir bei google, facebook und Co. Datensammlungen, die mir Angst machen. Wenn dazu dann noch eine Regierung a la Erdogan oder Trump kommt…

  2. Erdolf Hürtler Antworten

    @Uwe_aus_DO

    Erdogan und Trump in einen Topf werfen zu wollen zeugt schon von einer beneidenswerten Gehirngrösse…

  3. Helga Antworten

    Herr Kelle, ich habe mir diverse Videos mit Rainer Wendt, dem Chef der Polizei-Gewerkschaft angesehen. Was er immer wieder betont , ist, dass man Täter identifiziert und laufen lässt, auch solche die schon hunderte, auch sehr gewalttätige Straftaten begangen haben. In erster Linie Migranten oder hier Geborene mit Migrationshintergrund. Ähnlich wie die jugendlichen Übeltäter im Gemüseladen, über die sie neulich berichtet haben. Dass man länger Hierlebende genauso liebevoll behandelt, ist mir noch nie zu Ohren gekommen.

    Was wir erleben müssen, ist, dass der Staat uns nicht wirklich schützen will. Ich möchte nicht wissen, wie man die Obdachlosenanzünder gerade pädagogisch verwöhnt.

    Aber der Punkt, den ich machen möchte : Unser Staat ist sehr, sehr streng nach innen, z.B. Beugehaft bei nichtbezahlten GEZ-Gebühren oder weil man Bußgeld nicht bezahlen will, wenn man seine Kinder von indoktrinierendem Unterricht fernhält. Migranten dürfen schwarz fahren, ziemlich übergriffig werden usw. und es hat kaum oder keine Konsequenzen, denn deren Würde ist, im Gegensatz zu unserer, unantastbar.

    Bei mir kommt eher der Verdacht auf, dass sehr viele „Ereignisse“ nicht ungelegen kommen und man diese geschehen lässt. Manche wiederum nicht, wie man es halt braucht, um den Unterdrückungsapparat nach innen aufzubauen. Dieser Amri war schon lange unter Beobachtung bis zu einem „Finale“ , vielleicht sogar einem inszenierten. Bei allen Attentaten stellte sich heraus, dass die Täter unter Beobachtung waren. Who knows, welche Strippen im Hintergrund gezogen werden. Wer kennt nicht die Witze über die platzierten Pässe?

    Strafbar macht sich ja nicht eine bestimmte Verbrecher-Klientel, sondern die, die ein kritisches Auge auf diese Entwicklung werfen und sich entsprechend äußern. Möglicherweise bekommen wir alles, was wir im Netz geäußert haben, bei Gelegenheit um die Ohren gehauen, denn seit einiger Zeit gibt es die orwellschen Gedankenverbrechen und die sind die echt Strafwürdigen.

    Irgendwie sind wir faktisch beim Recht des Stärkeren angekommen, ohne dass wir uns zur Wehr setzen können. Die Täter haben zuviele Kollaborateure im Innern, vor allem bei der „Deutschland , Du mieses Stück-Scheisse -Fraktion!“

    Ich sehe die Ausdehnung der Überwachung deshalb eher als Fake-Sicherheit an, denn unser Staat will uns ja gar nicht wirklich schützen.

    • Günter Munz Stuttgart Antworten

      Ähnliche Gedanken habe ich mir auch schon gemacht. Man bekommt schon das Gefühl, dass das Alles so geplant ist. Man kann es natürlich nicht beweisen, vor allem weil es ein langsamer Prozeß ist. Aber Ihre Gedanken sind nicht unbegründet. Vielen Dank für Ihre offenen Worte.

    • Tina Hansen Antworten

      Liebe Helga, Ihre Worte berühren mich sehr. Ich bin schon allein vom Naturell her keine Verschwörungstheoretikerin, aber dass „irgendwas hier nicht mehr stimmt“, spüre auch ich überdeutlich. Das Stichwort von den platzierten Pässen möchte ich aufgreifen, hinzu kommen z.B. Meinungsumfragen vor Wahlen, die in erstaunlichem Maße nicht mit den späteren Wahlergebnissen korrespondieren, und eine Presse, die mich von Tag zu Tag sprachloser macht. Mein neuestes Fundstück aus der Rubrik „Gedankenverbrechen“ stammt aus der Online-Ausgabe der ZEIT, die ich Naivling immer noch mit dem Namen der Gräfin Dönhoff verbinde, die unter dem Titel „Um der Ehre willen!“ den Männern des 20. Juli ein literarisches Denkmal gesetzt hat. Nun bedauert die ZEIT in einem groß aufgemachten Beitrag, dass der Islam in Teilen der westlichen Bevölkerung ein schlechtes Image habe, was einzig und allein an der Berichterstattung der westlichen Medien lege, die sich einseitig auf „Burkas und Bomben“ konzentrieren und damit den Rechtspopulismus anheizen würden. Bis hierher eine zwar abstruse, aber natürlich zulässige Meinung. Schockierend dagegen der Umgang mit missliebigen Kommentatoren. Ein Leser des islamfreundlichen Beitrags äußerte nämlich recht sachlich: „Der Islam besteht aus Auswüchsen die Gewalt, Mord, Totschlag und Unterdrückung billigen, glorifizieren oder als Gott gegeben hinstellen. Der Islam macht sich selbst eine schlechte Presse!“ Darauf die Reaktion des Hamburger Qualitätsblattes: „Bitte verzichten Sie auf überzogene Provokationen. Beiträge wie diesen werden wir andernfalls entfernen. Die Redaktion/dj“
      Das sind Momente, in denen mir Angst und Bange wird.

  4. Andreas Schneider Antworten

    Meine verspiegelte Sonnenbrille werde ich dann wohl in absehbarer Zeit nicht mehr aufsetzen dürfen…

  5. Steffen Antworten

    Es gibt schon für und wider – so falsch liegt da „Kollege Frisur“ nicht …

    Auf der einen Seite wäre mir, schon wegen der deutlich besseren Aufklärungsquote eine verstärkte Videoüberwachung nur all zu lieb, wie wohl sehr vielen Bürgern. Womöglich hilft sie, gesamt gesehen, weniger Straftaten zu vereiteln, aber zumindest die viel, viel bessere Aufklärung oder gar sogar die pure Aufdeckung von Straftaten ist ein Plus an gefühlter Sicherheit. Insofern ist geradezu haarsträubend, was der Berlinmüllersenat diesbezüglich an Beschwichtigungs- und sorry – Verarschungskompromissen bezüglich der von der Bevölkerung geforderten verstärkten Videoüberwachung an den Tag gelegt hat.

    Auf der anderen Seite liegt Herr Lobo nicht so falsch mit seiner Bedenkenträgerschaft. Eine hochgradige Automatisierung der Videoüberwachung ist ein kaum beherrschbares, beängstigendes Szenario. Jeder von uns hat schon vor seinem Computer, Tablet oder Smartphone gesessen und sich mehr als einmal über Abstürze, Bugs oder krude Algorithmen geärgert und verzweifelt die Haare geraubt. IT ist wie jede Technik fehlerbehaftet, weil hochkomplex und menschengemacht. Das ist auf dem heimischen Desktop vielleicht ärgerlich, aber womöglich nicht lebensbedrohend.

    Wo aber hochautomatisierte, menschenfreie IT-Paralleluniversen freien Deutungszugriff auf die per Sensor eingefangene selbst gewählte „Wirklichkeit“ haben wird es, womöglich höchst gefährliche Fehler geben, die nicht nur eine eklatante Beeinträchtigung des zu unrecht elektronisch Beschuldigten bedeuten, sondern auf der anderen Seite auch Straftätern Tür und Tor zur Ausnutzung von Known Bugs öffnen …

    „Visionen“ al al Minority Report oder Brazil sind so betrachtet leider nicht mal im Ansatz eine Fiktion, sondern ein in seiner inzwischen technisch ausgewachsenen Komplexität politisch völlig unterbelichtetes real existierendes Thema.

    Der IT Kenntnissgewinn der letzten 20 Jahren in der politischen deutschen Kaste reicht sowieso nur bis zum Fax … alles was danach kam findet faktisch nur in einer Lächerlichkeit statt, die einem kaltes Grausen in den Nacken treibt… unsere allerbest geföhnte Handtaschenverteidigungsfrau wollte bekanntlich allen Ernstes Stoppschilder im Internet aufstellen …. aber nun löst sie ja A400M Probleme indem sie mit dem Transporter am Vorposten des Bündnisses die Rollbahn blockiert und die verbogenen Gewehrläufe am Schreibtisch gerade biegt.

    Auch empfehlenswert:
    https://www.welt.de/wirtschaft/article143469940/Millionen-damit-Computer-uns-nicht-toeten.html

  6. Andreas Antworten

    ich würde mich nicht so auf die Kameras festlegen. Das was Frau Kahane und Ihre Schergen tun, ist doch wohl bekannt?
    Und das mit Unterstützung von Herrn Maas, bezahlt von Frau Schwesig?
    Und diesem Staat wollen Sie, Herr Kelle, mehr Überwachung zubilligen?

    • Walter Lerche Antworten

      Frau Schwesig bezahlt gar nichts, sondern sie bekommt. Wir bezahlen das. Zum 2. Mal bezahle ich für ein Regime, welches mir nicht traut, mir nichts Gutes will und sich aus dem Ergebnis meiner Arbeit ernährt und heimlich politisch überwacht.
      Wer kann sich sicher sein, davon ausgenommen zu sein?

      Aus wiederholter praktischer Lebenserfahrung weiß ich, dass diese Leute zurück bekommen, was sie tun.

  7. Alexander Droste Antworten

    Es ist schon niedlich: Man fühlt sich sicherer, wenn man überwacht wird. Dann darf man sich aber nicht beschweren, wenn man überreglementiert und bevormundet wird. Braucht man allgegenwärtiges Misstrauen? Oder braucht man gegenseitigen Respekt und Achtung, Selbstdisziplin und Fairness. Humanistische Werte werden sukzessive durch eine Freilandviehhaltung menschlicher Spezies ersetzt. Damit das auch gut funktioniert, werden Mechanismen vorgeschaltet, wie sie Helga trefflich beschrieben hat. Danke dafür. Erstmal wird Zoff gezüchtet, den man dann gewaltsam niederringt. Dann wird die Totalüberwachung absolut unabdingbar. Das Ende vom Lied, willfährige Konsumenten und Steuerzahler (Melkkuh) mit der Illusion von Freiheit. Fragt sich noch, wer der Bauer ist, der hier das Feld bestellt. Erinnert mich auch an einen Film von früher: „Die Zeitmaschine“.

  8. Walter Lerche Antworten

    Ich stelle mir vor, dass es in 15 Jahren möglich sein wird, unsere Identität aus 100 m Entfernung festzustellen und aus 90 m Entfernung unsere Gedanken zu lesen.

    Damit wird dann der Personalausweis wieder eingeführt werden, damit man im Zweifel (z.B. Frau Kahane) beweisen kann, dass man doch nicht so schlecht ist, wie man denkt.

    Und in 17 Jahren werden die Transponder-Chips so klein sein, dass wir sie unbemerkt verzehren. Dann wird man uns vom Mond aus erkennen, jedes innere Organ einzeln.

    Und in 20 Jahren werden aus Transpondern kleine U-Boot-Roboter, die von Berlin aus gesteuer in unserem Gehirn die Abgabe des Wahlzettels steuern.

  9. Konrad Kugler Antworten

    Vorab: Ich habe einmal bei einer Diskussion entschieden der Behauptung widersprochen, daß alle Politiker korrupt sind.

    Deutschland spinnt! Oder kann mir jemand erklären, warum die Politik das tut, was sie tut? Medien, die mit großem Aufwand einen Bundespräsidenten und zwei katholische Bischöfe abschießen (helfen), stellen sich auf die Seite der rechtbrechenden Regierung, kein Mucks dagegen, als ob sie von dieser bezahlt wären.

    Zu all den Horrormeldungen, die hier angesprochen werden, muß eine dazu gestellt werden. Die ist schon etwas älter und ihr Verfasser heißt Johannes. Der hat sich zwar etwas ungeschickt ausgedrückt, wenn er vom Zeichen des Tieres spricht, ABER: Man wird ohne dieses nicht mehr kaufen noch verkaufen können.

    Es ist offensichtlich, daß das Bargeld abgeschafft werden soll. [Ebenso wie über die Einführung der Euthanasie „nachgedacht“ wird.] Dann wird jeder, der nicht das Zeichen seines Wohlverhaltens auf seiner Bankkarte hat, werder kaufen noch verkaufen können.

    • Walter Lerche Antworten

      Das Szenario mit dem Bargeld sehe ich auch so.
      Eine Aussage dazu sollte zentraler Bestandteil von Wahlprogrammen sein.
      DAS wäre ein KO-Kriterium, ob eine Partei für oder gegen Freiheit und Anonymität der Privatsphäre ist.
      Und wenn es dennoch so kommt, dann soll das angeblich mit Vorteilen verbunden sein. Welchen Anteil davon bekommt die Bevölkerung?

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