Nein, Frau Wagenknecht, es ist nicht nur „Glück“

Ein Facebook-Freund hat mir vorhin das neue Video der Linke-Politikerin Sarah Wagenknecht empfohlen, ich solle das „unbedingt anschauen“. Und das mache ich dann auch, weil Frau Wagenknecht zweifellos eine intelligente, beeindruckende Frau ist. Die aber eine ganz andere politische Agenda hat als ich.

Ihr aktuelles Video – sie produziert jeden Donnerstag eins – ist ein leidenschaftlicher Appell für den Frieden. Bloß keinen Krieg, bloß nicht wehren gegen einen brutalen Aggressor, sonst kommt der atomare Krieg. Den wollen Sie nicht und ich nicht, den will niemand, der halbwegs bei Verstand ist. Ist Putin das? Will er in die dann nicht mehr erscheinenden Geschichtsbücher eingehen als der Mann, der den Untergang der Erde eingeleitet hat? Weil er unbedingt „russische Erde“ einammeln musste und dabei Zehntausende Menschen – viele seine eigenen Soldaten – zu opfern bereit war, bevor der atomare Weltkrieg begann?

Irgendwo in dem Video sagt Frau Wagenknecht: „Wir haben zum Glück noch keinen Weltkrieg erlebt.“ Und das ist fundamental falsch: Wir haben nicht aus „Glück“ keinen großen Krieg erlebt, sondern weil wir uns vorbereitet haben, weil wir wachsam sind und uns als westliche Demokratien zum gegenseitigen Verteidigen gegen Kriegstreiber wie gerade Wladimir Putin zusammengeschlossen haben.

Hätte dieses Morden und Vergewaltigen stattgefunden, wenn Donald Trump US-Präsident gewesen wäre im Februar dieses Jahres? Wir wissen es nicht, aber es spricht einiges dagegen. Sicher ist aber: Russland hat die Ukraine angegriffen, weil die nicht in der NATO ist. Eine Tragödie, dass die frühere Bundeskanzlerin Merkel 2008 den Beitritt der Ukraine verhindern konnte. Wie viel Leid wären den Ukrainern jetzt erspart geblieben?

Es ist gut und folgerichtig, dass jetzt endlich auch Finnland und Schweden in die NATO streben, Georgien wäre auch interessiert, liegt geografisch aber nicht gut.

Die freie Welt lebt noch, und sie organisiert sich, damit sie eine freie Welt bleibt. In der NATO. Nein, es ist kein „Glück“, wie Frau Wagenknecht behauptet, es ist harte Arbeit und es waren kluge Entscheidungen der verantwortlichen Politiker in Nordamerika und Europa.

 

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Dieser Artikel wurde 8 mal kommentiert

  1. Walter Barth Antworten

    Lieber Herr Kelle,
    auch wenn Sie unsere ehem. Kanzlerin nicht sehr schätzen, aber das jetzige Leid der Ukrainer der Kanzlerin mit ihrer Entscheidung von 2008 anzulasten ist eine schwere Anklage. Für mich war sie sehr weitsichtig.
    Einen Beitritt zur NATO hätte Russland nie akzeptiert. Das hätte bedeutet, dass Russland die Krim mit dem sehr wichtigen strategischen Hafen aufgeben müsste.
    Mit der Krim hat Russland den einzigen eisfreien Hafen zu den westlichen Weltmeeren. Murmansk im Norden konnte nur mit dem Atom-U-booten ganzjährig benutzt werden. Petersburg hat einen Hafen aber keine Landverbindung zum russischen Festland. Daher ist die Krim von so starker strategischer Bedeutung.
    Im kalten Krieg war dies bei den großen Stabsrahmenübungen Bestandteil der Lage.
    Dies wird leider in den Medien nicht analysiert. Mir ist lediglich ein Beitrag vom SWR bekannt, den alle Kritiker von Fr. Merkel lesen oder sehen sollten. Dann wird vieles zum Krieg in der Ukrainer verständlicher.
    Auch gibt es einen Zusammenhang mit der Durchfahrt von Kriegsschiffen durch die Merrengen von Bosporus und Dardanellen, den das NATO Mitglied Türkei kontrolliert. Mit dem Ukraine-Krieg hat die Türkei bereits eine Durchfahrt von Kriegsschiffen durch die Meerengen verboten.
    Fazit: Die Krim ist für Russland lebenswichtig. Russland hat gehandelt bevor der milit. Arm der NATO zum Einsatz gekommen wäre.
    Hier der Link:
    https://www.swr.de/wissen/1000-antworten/warum-ist-die-krim-fuer-russland-so-wichtig-100.html

  2. S v B Antworten

    Gerne gestehe ich, dass mir leidenschaftliche Appelle für den Frieden – gerade in Tagen und Wochen wie diesen – die liebsten sind. Davon wird mich auch so bald niemand abbringen. Besagtes Video habe ich mir übrigens auch angeschaut. Wusste nicht einmal, dass Frau Wagenknecht regelmäßig dieses Format produziert.

    An dem von Wagenknecht gewählten Begriff Glück würde ich mich nicht festbeißen. Ist es nicht auch so, dass man, jedes Mal wenn man nach einer längeren Autofahrt wieder wohlbehalten zu Hause ankommt, von Glück reden kann? Vom Glück, dass einem ein Unfall erspart geblieben ist? Was ja keine Selbstverständlichkeit ist. Dabei verdankt man diesen glücklichen Umstand, Ihrer Lesart nach, zwar auch dem Zustand der Straßen, jedoch vornehmlich der klugen und besonnenen Fahrweise aller Verkehrsteilnehmer, die im Verlaufe der Reise dem eigenen Wagen mehr oder weniger nah gekommen sind. Wenn man’s bedenkt, sind es verdammt viele, die in besagten Fällen einen wichtigen Beitrag zu meinem Glück geleistet haben. Glück ist eine bedeutende Komponente im Leben eines jeden. Dass der Begriff im Laufe der Zeit überstrapaziert wurde und deshalb banal und abgegriffen klingen mag, ist bedauerlich. Ich könnte mir allerdings gut vorstellen, dass Frau Wagenknecht das Wort Glück sehr bewusst und in seiner ursprünglichen, also tiefsinnigen Bedeutung verstanden haben wollte. So möchte und muss wohl auch ich von Glück reden, dass es anlässlich der Kubakrise 1962 nicht zu dem akut drohenden und von allen so gefürchteten Atomkrieg kam. Bekanntlich stand es Spitz auf Knopf. – Übrigens, wussten Sie, dass selbst John F. Kennedy angesichts der brandgefährlichen weltpolitischen Lage seiner damaligen Geliebten gestanden haben soll, es wäre ihm „lieber, seine Kinder wären rot als tot.“ Kennedy!!!

    Wie heute Speiseöl und Mehl, war es seinerzeit übrigens der Zucker, der das Objekt einer von Vorsorge getriebenen Begierde war. Er war weithin ausverkauft, was meine Mutter regelrecht in Rage versetzte. Hamstern war eben nicht ihrs, ebensowenig wie’s meins ist – aber, wer weiß, wie lange noch?

  3. gerd Antworten

    „Die freie Welt lebt noch, und sie organisiert sich, damit sie eine freie Welt bleibt.“

    Ach, lieber Herr Kelle, die freie Welt lebt noch? Ganz weit im Westen der freien Welt liegt Kalifornien. Dort wird ein Gesetz auf den Weg gebracht, welches der Mutter erlauben soll ihr Kind durch einen Auftragsmörder bis zu 7 Tage nach der Geburt töten zu können. (Miami Standart, 24.3. 22) Und das ganz legal im Sinne des Gesetzes der sog. freien Welt. In der freien Welt darf auch künftig in Deutschland für die Tötung des eigenen Nachwuchses geworben werden. In der freien Welt wird meine Frau ihren Job verlieren, weil sie kein Gen-Experiment an ihrem Körper vornehmen lassen will. Es gibt nichts mehr zu verteidigen, weder in der freien Welt noch in der Ukraine. Was wir tun können ist auf Knien den Schöpfer zu bitten, diesen Kelch an uns vorüber gehen zu lassen. Aber das gottlose Gesindel der Politikerkaste wird uns mit Sicherheit in den Ruin treiben. Ohne Gott keine Freiheit und schon recht keinen Frieden.

  4. Martin Ludwig Antworten

    Lieber Herr Kelle, ich bin sehr häufig Ihrer Meinung, lediglich der Weg zur Meinungsfindung unterscheidet sich fundamental. So muss ich in diesem Fall zugeben, dass ich A. Merkel zwar für das Schlimmste halte, was diesem Land die letzten 70 Jahre widerfahren ist, ihre Entscheidung gegen den Beitritt der Ukraine zur NATO jedoch für richtig und wichtig halte.
    Mag sein, dass es nicht schriftlich in den Verträgen mit Russland fixiert wurde, fakt ist jedoch, dass es genügend Aussagen und Unterlagen gibt die beweisen, dass es definitiv verbindliche Zusicherungen gegen eine Osterweiterung der NATO gegenüber Russland gegeben hat! Somit verkennen Sie Ursache und Wirkung – wäre nämlich in allen Fällen (Polen, Tschechien, Ungarn, Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Albanien, Kroatiens, Montenegro und Nordmazedonien) so entschieden worden, hätte Russland keinen Grund gehabt diesen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu führen.
    Außerdem darf NIEMALS vergessen werden, dass die Ukraine 2014 unabhängige Beobachter der OSZE als Geiseln genommen hat, die dem Land schwere Verstöße gegen Menschenrechte vorgeworfen und nachgewiesen hatten. Die Geiselname selbst war ebenfalls eine Menschenrechtsverletzung. Steinmeier hat seinerzeit die Situation in der Ukraine als „sehr besorgniserregend“ bezeichnet und die systematische Verfolgung, Vergewaltigung und Ermordung von Russen in den Bezirken Donbass und Donezk durch Ukrainische Soldaten beschrieben. (Dies war mit Sicherheit auch ein Grund für sein Betretungsverbot in Kiew)

    In der SZ findet sich außerdem ein Artikel vom 25.02.2021, welcher die ausufernde Korruption in der Ukraine unter Presidänten Wolodimer Selenskij beschreibt. Dort wird über Milliardenzahlungen der EU an die Ukraine berichtet, welche unter Selenskij in dunkelste Kanäle fließen und dort versickern. Ich empfehle wirklich jedem diesen Artikel zu lesen und sich ein Bild über die vorherrschenden Zustände in der Ukraine zu machen. Ein solches Land hat weder in der NATO noch in der EU etwas verloren. Es gibt nunmal bestimmte Regeln und Vorgaben die eingehalten und erfüllt werden müssen um einen Beitritt rechtfertigen zu können. Wer all das mit Füßen tritt, der muss im Ernstfall die Konsequenzen seines Handelns tragen.
    Zuletzt sei angemerkt, dass ausgerechnet A. Hofreiter und weitere Politiker der GRÜNEN dem amtierenden Bundeskanzler untätigkeit vorwerfen und sich für die sofortige Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine aussprechen. Wäre es jedoch in der Vergangenheit nach genau diesen GRÜNEN-Politikern gegangen, hätte Deutschland keine Bundeswehr und keine Waffen mehr um Freunden im Ernstfall eben diese Waffen zu liefern oder Deutschland vor einer Bedrohung zu verteidigen. Es ist blanker Hohn, dass diese Abgeordneten nun von Verantwortung und Hilfe sprechen, die wir nichtmehr leisten könnten wenn diese Partei schon ehr an der Regierung beteiligt gewesen wäre.

    Ich sage keine Waffen für die Ukraine und zurück zu Dipolmatie und Verhandlungsgesprächen. Niemand kann ein Interesse an einem dritten Weltkrieg haben – selbst dann nicht, wenn man mit Deutschland nichts anfangen kann, die Existens des Staatsvolks verleugnet oder „Deutschland verrecke“ skandiert.

  5. Ruth Antworten

    Widerspruch zu: Sicher ist aber: Russland hat die Ukraine angegriffen, weil die nicht in der NATO ist.

    Nein, das ist ist in keinster Weise sicher.

    Leider bleiben die Gründe, die Probleme, die zwischen der Ukraine und Russland seit Jahren bestanden, völlig unerwähnt.
    Es wird so getan, als ob die Ukraine und ihre medienerfahrenen Politiker alles Unschuldslämmer sind – nie etwas falsch gemacht haben. Er Selensky wird gefeiert und hofiert – unfassbar ja fast beängstigend dieses Grundvertrauen, dass Medien und Politiker diesem Mann entgegenbringen.

    Ernste Zweifel an allem bekam ich in den letzten Wochen, als sich ein regelrechter Tourismus von Politikern -, ja selbst *Innen, Medien und ihrem ganzen Tross auf nach Kiew machten. Man fuhr mit der Bahn, quer durch die Ukraine bis Kiew, wurde unter Blitzlichtgewitter dann zu den Plätzen kutschiert, die man sehen sollte und die Kameras liefen und lieferten die von Selensky gewünschten Bilder. Alles per Live-Schalte dann in westliche Medien – erinnern diese Inszenierungen immer mehr als die Behauptungen vor dem Irak Krieg.
    Aus einem Land, in dem doch Krieg herrscht, beste Internetverbindungen, besser als in mancher deutschen Großstadt?

    Nein es sind zu viele Fragen offen.

    Wer hat ein Interesse daran, dass keine Rohstoffe mehr aus Russland bezogen werden sollen und wollte NordStream2 um jeden Preis verhindern? Wer will statt dessen Rohstoffe verkaufen? Wer hat also keinerlei Interesse daran, dass es zu einer friedlichen Lösung kommt?

    Putin ist sicher kein Engel, das ist Selensky jedoch auch nicht, und erst recht nicht Biden und sein Prachtbursche Hunter.

    Es wird Zeit die einseitige mediale Hetze zu hinterfragen.

    • H.K. Antworten

      Liebe Ruth,

      m.E. – und ich sagte es an anderer Stelle schon einmal – gibt es in einem Krieg nie auf der einen Seite nur „( Unschulds- ? )Engel“ und auf der anderen nur „Teufel“.

      Ob Herr Selensky der „wahre Engel“ ist und der Herr im Kreml „der Teufel“ bzw. das „personifizierte Böse“, kann ich von hier aus ganz sicher nicht beurteilen.

      Was ich aber sehr wohl beurteilen kann, ist, daß Rußland auf Befehl des Kremlherrn seinen Nachbarn Ukraine kriegsmäßig überfallen hat, ohne ihm etwa den Krieg zu erklären.

      Wie das völkerrechtlich zu beurteilen ist, können andere, weit schlauere Leute als ich wesentlich besser erklären, die „vom Völkerrecht kommen“.

      Was ich sehe und höre, ist, daß russische Soldaten ( angeblich auch weißrussische sowie Truppen unter „Wagner“ und „Kadyrow“ ) in ukrainischen Städten unterwegs sind, und das nicht, um einfach mal beim lieben Nachbarn ein Tässchen Wodka zusammen zu genießen und freundlich zu plaudern.

      Was ich sehe und höre ist, daß ukrainische Truppen sowie freiwillige Unterstützer aus zahlreichen Ländern dieser Welt die ukrainischen Städte zu verteidigen versuchen und eben keinesfalls in russischen Städten unterwegs sind.

      Was ich sehe und höre ist, daß Wohnhäuser, Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten etc etc bombardiert, beschossen und gesprengt werden – in der Ukraine, nicht in Rußland.

      Was ich sehe und höre ist, daß Kinder, Frauen, alte und kranke Menschen beschossen, vergewaltigt und gezielt gefoltert und getötet werden.

      Es mag sein, daß, wie Rußland betont, diese Greueltaten von ukrainischen Soldaten begangen werden und wurden.

      Glauben kann ich das eher weniger – daß ein ukrainischer Präsident sein eigenes Volk dermaßen traktiert und sein eigenes Land großenteils in Schutt und Asche legt, erscheint mir eher unwahrscheinlich.

      Unmöglich ist es sicher nicht – das sehen wir seit Jahren in Syrien, wo ein durchgeknallter Despot sein eigenes Volk mit Giftgas und Faßbomben umbringt.

      Daß Herr Selensky der reine, wahre und einzige „Engel“ ist, würde ich ganz sicher nicht behaupten.

      Aber ähnlich wie in Afghanistan, wo der Westen u.a. mit einem Regierungschef namens Karsai zusammenarbeitete, obwohl bekannt war, in welche korrupten und häßlichen Machenschaften er verwickelt war, gibt es auf ukrainischer Seite außer Herrn Selensky keinen auch nur andeutungsweise sinnvollen Ansprechpartner.

      Er ist – selbst bei größtem Argwohn und Mißtrauen – mit Abstand „das geringste Übel“.
      Und er ist ein Präsident, der trotz all seiner angeblich auf irgendwelche Auslandskonten verschobenen Millionen ( oder Milliarden ? ) sich kein schönes Leben in irgendeinem Protzpalast oder auf einer seiner zahlreichen Protzyachten macht, sondern in seinem Land bleibt, unter Lebensgefahr, soweit ich das beurteilen kann, und sein Volk motiviert – offenbar erfolgreich.

      Übrigens genauso wie die millionenschweren Klitschko-Brüder. Auch die könnten irgendwo in der Karibik ein angenehmes Luxusleben führen.

      Tun sie aber nicht.

      Anders als z.B. in Syrien oder Afghanistan wollen die Menschen nicht weg, sie wollen bleiben bzw. schnellstmöglich zurück in „ihr“ Land.

      Und wenn zumindest ich die Wahl zwischen Herrn Selensky und den Klitschkos einerseits und dem Herrn aus dem Kreml und seinen gefolgsamen Ja-Sagern habe, die ihre eigenen toten Soldaten noch nicht einmal zur Bestattung in die Heimat holen, sondern in mobilen Krematorien „entsorgen“, weiß ich, auf wessen Seite ich mich schlagen würde.

      Just my two cents.

      • Wolfgang Heppelmann Antworten

        Lieber HK,

        Sie sind mir zuvorgekommen, sonst hätte ich diesen Artikel so, oder so ähnlich geschrieben. Es erstaunt mich immer wieder, daß es doch noch einige hier gibt, die ohne USA- oder NATO- Schelte auskommen. Dafür meinen Dank.

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