Die Entscheidung des CDU-Bundesparteitages in Leipzig, Kanzlerkandidaten oder Vorsitzende per Urwahl von allen Mitgliedern wählen zu lassen, kann ich machtpolitisch nachvollziehen. Das ist wie mit der (notwendigen) Verkleinerung von Parlamenten, wo die Abgeordneten dafür stimmen müssten, sich zu einem Teil selbst abzuschaffen. Doch wer will das schon? Und das Wahlvolk ist für unsere moderne Politikergeneration oftmals genau so lästig wie es Mitglieder sind. Über die freut man sich, wenn sie Beiträge zahlen, Veranstaltungen besuchen um zu Klatschen oder Plakate in Wahlkämpfen zu kleben. Aber bei wichtigen Personalentscheidungen das Volk entscheiden lassen? So weit wollen wir es dann aber doch nicht treiben.

So wurde der Antrag auf Urwahl – von der Jungen Union und der WerteUnion unterstützt – locker abgebügelt mit irren Begründungen wie dem Kandidatendurcheinander in der SPD. Als ob das ein Argument wäre, dass die Sozis es nicht können. Die CDU könnte ja zeigen, dass sie es besser drauf hat.

Jeder kennt die Umfragen. In Partei und Wahlvolk liegt Friedrich Merz als möglicher Kanzlerkandidat Lichtjahre in Führung. AKK ist weit dahinter, möchte aber so gern ihre frühere Freundin im Kanzleramt beerben. Weit abgeschlagen auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, der aber den größten Landesverband führt mit einem Drittel aller Delegierten, die das möglicherweise 2020 entscheiden. Bei einer Urwahl wären AKK und Laschet einzeln eher Zwerge, auf einem Parteitag Favoriten. Wozu also die lästigen Mitglieder entscheiden lassen?

image_pdfimage_print

Dieser Artikel wurde 6 mal kommentiert

  1. HK Antworten

    Ich kann mir durchaus vorstellen, daß neben den dargestellten Gründen auch die bayrische Schwesterpartei eine entscheidende Rolle beim Abschmettern dieses Antrages auf Urwahl gespielt hat.

    Die CSU würde u.U. bei einem solchen Procedere stimmenmäßig komplett unter den Tisch fallen.

    Offen sagt das eher niemand – aber einen neuen Krach mit der Schwesterpartei will man offenbar um jeden Preis vermeiden …

  2. S v B Antworten

    Och, warum denn Angst vor einer Urwahl? Gab es nicht schon mal jemanden, der bzw. die, nach einer krachend verlorenen Urwahl in ein in mehrerlei Hinsicht enorm respektables Amt hineinkomplimentiert wurde….? Na also, geht doch!

  3. W. Lerche Antworten

    Ich habe gar nicht mitbekommen, dass die CDU einen Parteitag hatte. Wenn ich hier darüber lese, kommt mir das Ganze vor wie ein trauriges Kaspertheater.
    Der Plan von Merkel könnte sein, auf diese Weise dem Habek zum Kanzler zu verhelfen. Als Schriftsteller ziehe ich Heinrich Heine vor.

  4. Stefan Schmidt Antworten

    Ich blickte das erste Mal als Jugendlicher auf die Wahlen in den USA und dachte mir „was für ein heilloses Durcheinander, aber den Kandidaten einer Partei vorher durch Wahl zu bestimmen ist an sich gar nicht so übel“.
    Natürlich sollte man das System nicht übernehmen.

    Warum, so dachte ich mir, sollte der Parteivorsitzende natürlicherweise Spitzenkandidat sein?
    Und bei den Sozen laufen noch ganz andere Dinge schief….aber über Tote soll man ja nicht schlecht reden.

  5. GJ Antworten

    Nach diesem Parteitag halte ich einen grünen Kanzler/eine grüne Kanzlerin für überaus möglich und bin mittlerweile sicher, dass die BK genau darauf hingearbeitet hat und hinarbeitet.

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert