Warten auf einen Anschlussflug

In Bulgarien sitzen derzeit sechs Soldaten der Bundeswehr fest. Sie sind auf dem Weg in den Nordirak, um kurdische Kämpfer an deutschen Waffen auszubilden, mit deren Hilfe der Massenmord durch islamistische Terrorbrigaden gestoppt werden soll. Während die Kurden auf Panzerfäuste, Gewehre und Munition warten, hofft unser kleiner Trupp auf ein neues Transportflugzeug, nachdem bereits zwei Transall der Luftwaffe wegen technischer Probleme ausgefallen sind. Eile haben sie aber nicht, denn die Waffenlieferung steckt ebenfalls fest – in Leipzig. Weil die Bundeswehr keine eigenen Transportkapazitäten zur Verfügung stellen kann, hat man ein niederländisches Flugzeug gechartert, um die Waffen aus Deutschland zu transportieren. Doch das hat – Sie ahnen es – technische Probleme.

Das Bild, das Deutschland derzeit militärisch abgibt, ist erbärmlich, und es zeigt ein jahrelanges Versagen der Politik – ganz egal, wer gerade das Sagen hat. Frau von der Leyen legt zwar gern beeindruckende Auftritte im Scheinwerferlicht hin und phantasiert von geregelten Arbeitszeiten und besserer Kinderbetreuung bei der Bundeswehr, aber die drängendsten Probleme liegen weiter brach. Von 109 Flugzeugen des Typs Eurofighter sind derzeit nur acht voll einsatzfähig. Acht! Und von 43 Marine-Hubschraubern sind ganze fünf einsatzfähig. Fünf! Es ist atemberaubend, in welchem Zustand sich unsere Armee befindet.

Das Ganze ist kein Zufall. Armee, Soldaten oder gar Schießen – damit wollen sich viele unserer gewählten Repräsentanten nicht die Finger schmutzig machen. Nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs eine verständliche Reaktion. Und nach dem Zusammenbruch des Sowjet-Kommunismus wuchsen in Europa und auch den Vereinigten Staaten erst recht die Hoffnungen auf eine neue friedliche Weltordnung, in der Kriege die absolute Ausnahme und deutsche Beteiligungen daran kaum noch vorstellbar wären. Doch die Wirklichkeit ist anders. Jeder kann es sehen, abends in den TV-Nachrichten. IS-Terror in Syrien und im Irak, islamistische Terroristen auch in Mali und anderen Gegenden Afrikas, Gewalt in der Ostukraine, in Nordkorea ein Irrer, der Atomraketen testen lässt. China, Vietnam und Japan in Daueranspannung um Inseln und Ölvorräte. Und in dieser zunehmend raueren Welt zünden wir hier Räucherkerzchen an. Arabische Staaten – auch welche mit zweifelhaftem Ruf – kämpfen an der Seite der USA, um den IS-Gewaltorgien ein Ende zu bereiten. England bereitet sich auf Luftschläge vor, Belgien und die Niederlande schicken ebenso Kampfflieger wie Australien. Und Deutschland? Immerhin: neben Zelten, Decken und Kopfschmerztabletten werden auch Waffen an die Kurden geliefert, damit die sich verteidigen können. Selbst das war in Deutschland umstritten. Und wir schicken sechs Ausbilder – sofern sie einen Anschlussflug finden. Und beim NATO-Manöver jüngst in der Ukraine war Deutschland auch dabei – mit drei Soldaten. Immerhin, die trafen rechtzeitig ein.

Unsere Armee muss fähig zur Landesverteidigung sein. Und sie muss bereit sein, im Rahmen internationaler Regeln und als Teil des westlichen Bündnisses Aufgaben zu übernehmen. Unsere Soldaten können das, daran habe ich keinen Zweifel. Die Männer und Frauen in Uniform, die unser Land auf den Balkan und nach Afghanistan geschickt hat, haben ihren Job erledigt – professionell und mit großem Engagement. Ohne Rückendeckung von großen Teilen der Bevölkerung, die lieber Frau Käßmanns naiven Vorstellungen vom totalen Frieden Beifall klatschen, statt unseren mutigen Soldaten wenigstens Respekt zu zollen. Und ohne Rückendeckung einer Politik, die ihnen die notwendige Ausrüstung verweigert und sich mit Lappalien aufhält. Soldaten, die sich selbst vom eigenen Geld Schutzwesten anschaffen – oder die Posse im Jahr 2006, als deutsche Soldaten in Afghanistan nicht mit ihren Kameraden aus anderen Ländern auf Patrouille ausrücken durften, weil an den Bw-Fahrzeugen die TÜV-Plaketten abgelaufen waren. Wenigstens das macht uns Deutschen keiner nach.

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Dieser Artikel wurde 19 mal kommentiert

  1. Dietrich Kantel Antworten

    Hi Klaus, bin natürlich sofort dein Leser, Kommentare nicht ausgeschlossen. Konnte aber leider keinen Abo-Link identifizieren 🙁

  2. Franz Wagner Antworten

    Danke. Hier einer, der nicht im vorauseilenden Gehorsam das Lied unsere Regierung bringt (die auch ich gewählt habe).
    Weiter so.
    F.W.

  3. Docmed40 Antworten

    Freue ich auf weitere Kommentare jenseits des veröffentlichen Mainstreams, geschrieben mit spitzer Feder!

  4. Papsttreuer Antworten

    Man kann über die Sinnhaftigkeit einzelner Militäreinsätze ja durchaus unterschiedlicher Meinung sein, auch darüber wie groß eine deutsche Armee denn sein muss. Der Zustand des Gerätes ist ebenfalls nur noch als lächerlich zu bezeichnen, ist aber am Ende nur ein Abbild dessen, was ich für den eigentlichen Skandal halte: Wie Politik, Medien und weite Teile der Gesellschaft mit unseren Soldaten umgehen, die den Kopf hinhalten für Entscheidungen, die sie selbst nicht treffen!

    Anstatt Parolen wie „Soldaten sind Mörder“ zu legitimieren schlage ich vor, beim nächsten Treffen eines Soldaten (freitags sieht man immer noch viele von ihnen mit der Bahn nach Hause fahren) einfach zu applaudieren, ihnen zu danken oder ihnen sonstwie den Rücken zu stärken – und sich anschließend stattdessen die von-der-Leyens dieser Welt vorzuknöpfen, die unsere Jungs weltweit im Regen stehen lassen, es sei denn es gibt schöne Pressefotos zu verbreiten!

  5. Helmut Schliebs Antworten

    Ja, es ist schon erschreckend, wie es um die Ausrüstung unserer Bundeswehr steht. Das alles haben aber Politik und die sogenannten „Gutmenschen“ verursacht. Und wer wird dafür zur Rechenschaft gezogen? KEINER! Der Steuerzahler steht ja immer bereit, wenn es mal hart auf hart kommt.
    Fotoshooting beim Kurdenchef kommt immer gut an, aber das reicht einfach nicht, Frau von der Leyen! Hier ist unendlich viel nachzubessern, was Vorgänger vermasselt haben: Ausrüstung erneuern und vor allem das Ansehen der Bundeswehr wieder zu dem machen, was ihr gebührt! DAS sollte sich Frau von der Leyen mal in ihre to-do-list schreiben!

  6. Verena von Buch Antworten

    Da bin ich also und freue mich auf und über Ihr Engagement, lieber Herr Kelle.
    Ich werde für sie die Werbetrommel rühren. Versprochen!

  7. Norbert Agradi Antworten

    Als Kind des letzten Krieges und Jugendlicher der Nachkriegszeit ,der aktiv gegen den Nato Doppelbeschluss protestiert hat, habe ich eine hohe Hemmschwelle, wenn es um den Einsatz von deutschen Soldaten geht.
    Ich bin auch weiterhin gegen aktive Kriegseisätze deutscher Soldaten.
    So habe ich die Verweigerungshaltung des Bundeskanzlers Schröder im Kosovo-Krieg mitgetragen.
    Wenn es aber zu einem Einsatz deutscher Soldaten kommt, ich hoffe nur bei Friedensmissionen,
    dann wünsche ich mir, dass sie mit dem bestmöglichen Material ausgerüstet und mit der
    gößtmöglichen Sicherheit in einen Einsatz geschickt und nicht durch schrottiges Material
    oder schlechte Betreuung zur Lachnummer werden, oder in Gefahr geraten.

  8. Peter Hirth Antworten

    Ein Wehr-Skandal erster Ordnung und Zeichen des Verfalls unseres Staates

    Als ehemaliger Soldat der Nato-assigned Forces mit einem Bereitschaftsgrad von bis zu 20 Minuten (Stand 1985) fühle ich mich besonders betroffen von dem Desaster, das ungeheure Verantwortungslosigkeit und Blauäugigkeit der Politik seit 1990 schleichend angerichtet hat. Nie hätte ich mir dieses Ausmaß träumen lassen. Aber niemand wird zur Verantwortung gezogen.

    Wofür gibt es eigentlich noch Inspekteure bei den Teilstreitkräften. Diese sind dem Verteidigungsminister für die Einsatzbereitschaft der ihnen unterstellten militärischen Kräfte verantwortlich, aber wohl von den Vorgaben der Politik korrumpiert und vom allgemeinen gesellschaftlichen Desinteresse an Verteidigungsfragen, bestärkt durch die Aufhebung der Wehrpflicht und friedensselige MeinungsmacherInnen, schon längst so demotiviert, dass sie ihren Aufgaben offensichtlich bereits seit Jahren nicht mehr gerecht werden. Weiland 1962 titelte noch der Spiegel „Bedingt abwehrbereit“; heute müsste es vielmehr heißen „einsatzunfähig“: Voller Erfolg also für die gesellschaftlichen Weichmacher.

    Aufmerksame, kritische Geister sehen und deuten aber heute schon die Zeichen, sei es die Bildungsmisere, sei es der BER oder jetzt dieser Wehrskandal, oder, oder, oder als untrügliche Zeichen des Verfalls aus den verschiedensten Perspektiven. Deutschland degeneriert und geht seinem Untergang geradewegs blind entgegen. Wehe uns, die das Jahr 2030 noch in Freiheit und Wohlstand erleben wollen. Recht viel früher wird der Herden-Deutsche den schleichenden Verfall wohl nicht realisieren. Er wird das Ausmaß des Verfalls erst bemerken, wenn er die Folgen am eigenen Leib erfährt und aus seinem hedonistischen Wohlstandsrausch erwacht. Das Schlimme ist, dass es dann zu spät sein wird, den Karren noch einmal flott zu bekommen, weil die Voraussetzungen dafür nicht mehr gegeben sein werden. Über diejenigen, die heute kritisch und mutig genug sind öffentlich zu warnen, fällt aber die veröffentlichte Meinung verunglimpfend her und macht sie mundtot. Armes Deutschland.

  9. Kurz Johann Rudolf Antworten

    Na ja dieses Lied wird nur gepfiffen damit man mehr Geld für den von den USA geforderten Mehraufwand für die Noch-Bundeswehr loseisen kann .Wie haben wir denn dann die Ausrüstung nach Afrika transportiert die unsere treuen Verbündeten in Timbuktu gebraucht haben ?.Da hat es eine Transall Lüftbrücke gegeben damit die Franzosen dort nicht ableiern ,man sollte nicht alles glauben was die Atlantikpresse so schreibt ,aber es ist immer wieder lustig lieber Klaus wie Du die Vorhaben der Atlantiker umsetzt und das als politisch unkorrekt tarnst in Wirklichkeit bist Du „eingebettet.

  10. Jürgen Backhaus Antworten

    Neulich wurde Herrn Putin die Äußerung unterstellt, er könne Kiew und Warschau militärisch innerhalb von zwei Tagen erreichen. Warum hat er nicht auch Berlin im gleichen Atemzug mit genannt? Bei dem derzeitigen Ausrüstungsstand der Bundeswehr dürfte das kein größeres Problem darstellen. Deutschland ist weltweit der drittgrößte Waffenlieferant, ist aber nicht in der Lage seine eigene Armee vernünftig auszurüsten, was in meinen Augen ein Riesenskandal ist und absolut fahrlässig. Wenn wir nichts unternehmen, haben wir irgendwann eine neue Streitmacht in unserem Land, aber das wird nicht die eigene sein! Gerne werde ich Frau von der Leyen meine Kenntnisse im Waffenbau zur Verfügung stellen, ich habe als Jugendlicher erfolgreich Steinschleudern aus Astgabeln hergestellt, die immer funktionsfähig waren. Ich denke das ich das bis zum heutigen Tag nicht verlernt habe.

  11. Rainer Schütze Antworten

    Sehr geehrter Herr Kelle,

    Ihre Kommentare Freitags in der RP habe ich immer geschätzt. Schade dass Sie nicht mehr dabei sind.
    Was die Bundeswehr angeht, so denke ich an einen Spiegel Artikel aus den sechziger Jahren: bedingt abwehrbereit. Adenauer und Strauss waren erzürnt und Augstein und Ahlers wurden verhaftet und mussten einige Zeit im Knast schmoren. Aber was ist heute? Eine mehr oder wenig desolate Armee.

  12. Peter Keul Antworten

    Ich vermute mal, das Gerät ist gar nicht kaputt. Unsere Regierung sucht nur nach einem Weg, sich da raus zu halten.

  13. Hans-Georg Streubel Antworten

    Von Januar 1968 bis Juni 1969 war ich bei der Bundeswehr. Die jüngste Berichterstattung kommt mir vor wie eine Zeitreise. Bereits 1968 war die Bundeswehr nur auf die Verwaltung des Mangels eingestellt. Es folgten in den Folgejahren eine Reform nach der anderen. Jeder der zuständigen Minister hat seine Ideen in die Bundeswehr eingebracht. Wohin hat das geführt? Die Bundeswehr ist damals so wie heute nicht in der Lage, ihren Auftrag zu erfüllen. Wer möchte das aber? Beispielgebend waren und sind die letzten Ereignisse. Und Frau von der Leyen nutzt die Bundeswehr für ihre eigene Karriereplanung, nicht mehr und nicht weniger.

  14. Alexander Droste Antworten

    Einerseits ist es schon ziemlich peinlich, wenn das Kriegsgerät Schrott ist. Andererseits wollte sich Deutschland von der Rolle einer Streitnation verabschieden; und wenn, dann mit humanitären Einsätzen an Militäreinsätzen beteiligen. Das finde ich persönlich vernünftig. Allerdings braucht es auch für humanitäre Einsätze brauchbares Gerät und auch den „Erzengel mit dem heißen Atem“, um die Missionen vor Aggressoren zu verteidigen. Auch im Katastrophenschutz werden wir eine effiziente Bundeswehr in den nächsten Jahren und Jahrzehnten mehr denn je brauchen! wir zahlen ja auch schon reichlich Steuern dafür.
    Daher tut Deutschland gut daran, sich nicht weiter lächerlich zu machen und auch bei humanitären Einsätzen voll funktionstüchtiges Gerät und motiviertes, streitbares Personal vorzuhalten. Als Vorbild kann man sich die friedfertigen Auerochsen nehmen, die eine effektive Phalanx bilden und so ihre Kälber vor Wölfen schützen. Einsatz „Aktion Auerochse“ – wäre doch mal was Anderes.

  15. Martine Jahns Antworten

    Ich schließe mich „Docmed40“ an. Freue mich auf dieses Blog und auf weitere Kommentare…

  16. Capote Antworten

    Zitat: ….oder die Posse im Jahr 2006, als deutsche Soldaten in Afghanistan nicht mit ihren Kameraden aus anderen Ländern auf Patrouille ausrücken durften, weil an den BW-Fahrzeugen die TÜV-Plaketten abgelaufen waren.

    Das ist ja nur die Spitze des Eisberges. Xenon-Lampen dürfen nur in Kraftfahrzeugen Verwendung finden, die mit einer vollautomatischen Leuchtweitenregulierung und einer Scheinwerferwaschanlage ausgerüstet sind und nicht mehr (mit allen Scheinwerfern zusammen) als 225 000 Lumen pro Steradiant, Licht pro Raumwinkel) abgeben können. Das Mehr an Licht wird also rechts und links der Strasse in die Landschaft gestreut, ist aber mit erheblichen Mehrkosten verbunden.
    Weiter, bei Halbleiterbeleuchtung (Leuchtdioden) dürfen die Leuchtmittel (Birnen) nicht tauschbar sein, sondern nur die gesamten Scheinwerfer. Wenn die Leuchtdioden also nach ca. 250 000 km den Geist aufgeben müssen Scheinwerfer und Rücklichter für mehrere tausend Euro komplett getauscht werden.
    Der neueste Coup ist, es müssen bei Neuwagen Reifendruckprüfsensoren Serienmässig eingebaut sein.

    Besserung der Bürokratie lastigen und durch-und-durch korrupten Republik ist nicht in Sicht, auch vom Wählerverhalten nicht.

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