Silvesterabend 2019, 19.41 Uhr: Zu Fuß auf dem Rückweg durch unseren Ort von der Heiligen Messe zum Jahresabschluss. Eine Neonreklame verkündet „OPEN“ an einem Laden mit der Aufschrift „Pizza Taxi“, ein paar Leute sitzen in der schäbigen Bude…und essen Pizza und Salat. Ich will das nicht bewerten oder gar verbieten, schließlich bin ich kein Grüner. Geht mich auch nichts an. Aber es würde mich echt interessieren, was für Leute das da sind. Nächstes Jahr gehe ich rein und frage.

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Dieser Artikel wurde 16 mal kommentiert

  1. Dr. Michael Müller Antworten

    So etwas frage ich mich auch, wenn ich Leute sehe, die ihr Auto aussaugen, wenn wir am Sonntag Morgen zur Kirche gehen. Gottes Segen für 2020 für Sie und Ihre Lieben!

    • HK Antworten

      Können Sie sich vorstellen, daß es Menschen gibt, die sich enttäuscht von unserem „lieben Gott“ abgewandt haben ?

      Die Schicksalsschläge erlebt haben, die sie nicht verstehen, geschweige denn „verknusen“ können ?

      Die sich fragen „wo ist ER ?“ ; „Hat ER gerade Urlaub ?“ ; „Warum lässt ER dies zu ?“

      Ich habe mich das auch schon gefragt. Und ich schimpfe auch mit IHM. Ich mache IHM auch Vorwürfe. Ich rede mit IHM, wie mit einem besten Freund.

      Aber ich verstehe auch die, die an IHM verzweifelt sind.

      Ich habe in meinen über 5 Jahrzehnten soviel erlebt, daß ich mir die Frechheit erlaube, IHM zu sagen, daß er m.M.n. „Sch….“ gebaut hat.

      Aber ich bin fest davon überzeugt, daß ER DA ist und aufpasst, daß ich selbst nicht zuviel „Sch….“ baue …

      Manchen bedeutet Weihnachten, Neujahr und auch Ostern, Pfingsten etc. außer freien Tagen und verlängerten Wochenenden nichts mehr.

      Ich sehe das anders, aber ich versuche, diese Leute zu verstehen und nicht zu verurteilen.

      Keinesfalls nehme ich für mich in Anspruch, die Dinge richtig und absolut zu sehen. Alles subjektiv.

  2. S v B Antworten

    Entweder stehe ich total auf dem Schlauch, oder ich habe ihre Aussage sonst wie nicht verstanden, lieber Herr Kelle. Mir erschließt sich nämlich nicht, worauf man aus der besagten, eher flüchtigen, Beobachtung überhaupt schließen könnte. Vielleicht hätten Sie eben doch mal in den Pizza-Laden hineingehen sollen? Vielleicht hätte sich so ein – wenn auch kurzer, so doch erhellender, gar alle Anwesenden bereichernder – Austausch ergeben? Wer weiß? Das Leben hält für jeden von uns mitunter befremdliche, ja exotisch anmutende, Chancen bereit. Zumindest ab und zu sollten wir uns ruhig auf die eine oder andere von ihnen einlassen. Es könnte sich durchaus lohnen. Wirklich. – Prosit, auf ein chancenreiches 2020!

  3. Alexander Droste Antworten

    Da gebe ich Auskunft: Da haben welche Hunger und Lust auf Pizza. Sie haben wenig Ansprüche an Ambiente, Flair oder sonst was und die Pizza in der siffigen Bude ist ihnen gut genug. Bescheidenheit und Genügsamkeit wurden mal als hohe Tugenden angesehen. Außerdem ist das Angebot wahrscheinlich kostengünstig. Das sollte man dann auch nutzen.
    Nach eben solchen Kriterien entscheide auch ich gelegentlich, auch wenn ich höhere Standards nicht verachte. Es kann auch noch etwas bescheidener sein. Ein Pumpernickel mit Kräuterbutter mit dem Taschenmesser aufgetragen auf einer Parkbank neben einer Hauptstraße geht auch.

    Frohes neues Jahr allerseits.

  4. HK Antworten

    Ich erinnere mich gerne an meine sehr frühe Bundeswehrzeit mit nullkommanichrs auf der Schulter.

    Nach einem Nachtalarm mit Verpackung und all dem kicki incl. Waldnachtmarsch war man happy wie Bolle, morgens um 6 den Verpflegungstruck kommen zu hören, der heißen Kaffee und frische Brötchen brachte.

    WAS FÜR EIN GENUSS !!!

    Und: an Nächten wie dieser sind meine Gedanken nicht nur bei meiner Familie und mir, denen es verdammt gut geht, sondern insbesondere auch bei jenen, die über Weihnachten und Neujahr allein sind, um die sich niemand, KEINE SAU, kümmert, und bei denen, die nicht einmal ein warmes Zuhause haben, wofür sie nichts können.

    Und der Zorn keimt dann wieder auf, wenn ich an die denke, die nichts, aber auch GAR NICHTS, für dieses Land geleistet haben und es vorn und hinten „hineingeblasen“ bekommen und sich bei all dem noch nicht einmal halbwegs benehmen können.

    Ich bin inzwischen nicht mehr zornig. Ich schäme mich für dieses Land.

  5. Alexander Droste Antworten

    Also da sitzen Leute an Sylvesterabend in einer billigen Pizzeria und mampfen.
    Einer interessiert sich dafür warum ausgerechnet so etwas an so einem Abend und wer das sein könnte.

    Jetzt wird es interessant: Jemand anderes fühlt sich belästigt und denkt an Lärmerzeuger zur Unzeit. Wiederum jemand anderes hat großes Mitleid mit den armen einsamen Pizzamampfern.
    Dann noch wird einer zornig bei der Vorstellung und flucht auf irgendwelche Ausländer, während er sich an seine Rekrutenzeit erinnert sieht.

    Leute, kommt zur Besinnung, wenigstens in dieser besinnlichen Zeit. Sonst kommt unsere Gesellschaft, Staat oder Land niemals aus dem gegenwärtigen Abwärtstrend.

  6. colorado 07 Antworten

    Lieber Herr Kelle,
    Jedem das Seine!
    Und wer`s nicht so mit dem lieben Gott hat, muss wissen, was er tut.
    Nur meistens weiß er`s nicht, und deshalb geht ihm auch etwas das Gefühl ab, was sich gehört und was nicht.
    Aber trotzdem: Freiheit über alles!

  7. S.T. Antworten

    Mir geht’s ähnlich wie Frau SvB. Auch ich habe den kurzen Text nach einer anderen Botschaft als der offensichtlichen abgesucht. Leider wurde auch ich nicht fündig. Mich hat der Text an das erschreckende wie fatale Statement dieser SPD-Elfie erinnert, die sich und uns letztens erst dümmlich-naiv in die Kamera fragte: Ich weiß gar nicht, was die Menschen für Sorgen und Ängste haben. Was haben die denn für Sorgen und Ängste? (sinngemäß)
    Und das Jesus-Wort kam mir in den Sinn vom Reichen und dem Nadelöhr…
    Jedenfalls stecken viele Ebenen und Deutungsmöglichkeiten drin in diesen wenigen Zeilen. Das ist ja die Crux jedes gesprochenen und geschriebenen Wortes.
    Das kleine Wort „schäbig“ impliziert allerdings schon auch eine Wertung, Herr Kelle, und ich höre zwangsläufig mit: Wie kann man nur in solch billigen Schuppen gehen?
    Der lustig gemeinte Einschub, man sei schließlich kein Grüner, entlarvt letztlich nur die Projektion. 😉
    So weit, so menschlich!
    Ich denke, die Menschen, die da saßen, sind vielleicht oder hoffentlich ganz zufrieden mit sich und ihrer Situation. Schließlich können sie es sich leisten, sie haben zu essen und sitzen im Warmen. Damit gehören sie schon zu den „Reichen“ dieser Welt. Je nachdem, welchen Maßstab man anlegt.
    Eine kurze Begegnung möchte ich Ihnen schildern:
    Gestern Nachmittag radelte ich zum Grab meiner Mutter. Auf dem Weg liegt ein großes Einkaufszentrum, welches schon seit ungefähr einer Stunde geschlossen haben musste. Eine Frau mit ihren drei, vier Kindern kam mir entgegen, sie gaben irgendwie ein sehr ärmliches Bild ab. Aber: Jedes der Kinder trug, teilweise glücklich hüpfend, ein bisschen Böllerei unterm Arm oder vor sich her und machte einen sehr zufriedenen Eindruck. Und die Frau!? Sie strahlte mich an. Ich weiß gar nicht, wie mir geschah. Das hatte im Rückblick etwas Weihnachtliches. Und: Danke, Herr Kelle, denn erst durch Ihre Zeilen ist mir das wieder gegenwärtig und wichtig geworden. Und ich hoffe, mir bleibt dieser kurze, einsichtige Moment im Gedächtnis und im Herzen! Er verdient es jedenfalls tausendmal mehr als der unselige Gottesdienst, in welchem wir zwei Stunden später waren. Es ging im Rückblick um die Jahreslosung des vergangenen Jahres: Suche den Frieden und jage ihm nach. Und was da unsere Pfarrerin an Tagesschau-Sprech abließ, hat mich derart zornig und wütend gemacht, daß ich es kaum aushalten konnte!… Warum ich das hier erzähle?… Weil auch ich mich auf den Weg ins Neue Jahr gemacht habe mit dem dringenden Bedürfnis, ein Gespräch mit ihr führen zu wollen! Gehen wir gerade jetzt und hier und immer wieder aufeinander zu – in und mit dem Wunsch, uns kennenzulernen, einander unsere Erfahrungen zu erzählen, Missverständnisse auszuräumen… und vor allem mit der nötigen wertfreien Offenheit, dem anderen sein Leben zu lassen, dafür darauf hoffend, daß auch er uns einfach nur sein lässt! Ich denke, dann wäre schon viel gewonnen.
    In diesem Sinne allen Mitlesern hier ein glücklicheres gesegnetes Jahr 2020!
    S. T.

    • S v B Antworten

      Haben Sie herzlichen Dank für Ihren tiefgründigen Kommentar. Alles erdenklich Gute für 2020!

  8. GJ Antworten

    Allen hier ein gutes neues Jahr. Werter Herr Kelle, ich habe Ihre kleine Geschichte gelesen und überhaupt nicht verstanden, was Sie damit sagen wollen. Da sitzen Menschen am 31.12. zur Abendessenszeit in einer Pizzeria und essen Pizza. Ende. Ja und? Andere sitzen zuhause. Wieder andere stehen um diese Zeit irgendwo auf einer Feiermeile. Wieder andere ziehen sich an Tagen wie Weihnachten oder Silvester einsam die Decke über den Kopf. Ehrlich gesagt, das und warum da irgendjemand in der Pizza saß, ist doch egal. Warum wollen Sie das wissen? Provozierend gefragt: Was geht Sie das überhaupt an? Bei uns auf dem Ort gibt es nur 2.500 Einwohner. Seit Jahren, so ziemlich genau seit 2016, ziehen sich die Nachbarn mehr und mehr zurück. An Silvester war die Straße wie ausgestorben. KEINER ging um Mitternacht vor die Tür, sofern sie zuhause waren. Mit unseren direkten Nachbarn hatten wir uns verabredet, vor Mitternacht auf eine Anhöhe oberhalb des Ortes zu gehen. Wir hatten 1 Flasche Sekt dabei, 4 Becher und für jeden eine Wunderkerze. Es kamen dort ca. 20 Menschen zusammen in einigen in sich geschlossenen Grüppchen. Einige böllerten, die anderen guckten zu. Was mir erschreckend auffiel: Die Menschen wünschten sich nicht gegenseitig ein gutes neues Jahr – also innerhalb der eigenen Gruppe schon, aber keinem anderen. Vor 4 Jahren war das anders. Da fielen sich fremde Menschen auf offener Straße um den Hals an Neujahr. Heute Mittag machte ich bei strahlendem Sonnenschein einen ausgiebigen Neujahrsspaziergang und nahm mir vor, jedem dem ich begegne ein frohes neues Jahr zu wünschen. Nur jeder 2. hat darauf zurückgrüßend reagiert. Es gibt Menschen, die einen noch nicht mal anschauen, den freundlichen Gruß ignorieren und stumm vorbeigehen, 2 schauten mich gar feindselig an. Zurück zur Pizza: Ich hätte Bedenken, dass ich angepöbelt werde, wenn ich da rein ginge und fragte, warum die da sitzen.

  9. S v B Antworten

    Welche Koinzidenz, liebe GJ! Auch ich habe heute Nachmittag ausnahmslos allen, die mir auf meinem ausgiebigen Spaziergang durch Feld und Wald begegneten, ein fröhliches „Gutes Neues Jahr!“ entgegen geschmettert. Obwohl der oder die andere zunächst etwas überrascht schien, haben letztlich alle sichtbar erfreut meine guten Wünsche erwidert. Ein schönes Neujahrstags-Erlebnis, welches ich, so Gott will, im kommenden Jahr zu wiederholen gedenke.

  10. Ruth Antworten

    Lieber Herr Kelle,

    ich verstehe Ihre Verwunderung über diese Gäste der Pizzabude nicht!

    Es können Menschen sein, die nach einem langen Arbeitstag, müde und abgeschafft, vom Schichtdienst als Busfahrer, Gepäckschlepper am Flughafen, Pflegepersonal im Krankenhaus, einfach noch eine Kleinigkeit essen wollen, bevor sie alleine in ihren 4 Wänden sitzen.

    Menschen, mit kleinem Geldbeutel, die sich wenigstens an diesem Abend eine Pizza gönnen, für die es für eine Silvesterparty eben nicht langt – oder die vielleicht um 21 Uhr ihre Nachtschicht beginnen müssen.

    • S v B Antworten

      So könnte es in der Tat gewesen sein. Gewissheit darüber hätte man sich allerdings nur durch einem persönlichen Besuch der so bescheidene Lokalität verschaffen können. Der Gedanke, die Zuversicht – um nicht gleich von einer Annahme zu sprechen -, dass sich selbst in der armseligsten Hütte wahrhaft Großes finden lässt, dürfte gerade Christen nicht fremd sein.

    • Klaus Kelle Antworten

      Liebe Ruth,

      klar, ist alles möglich. Und genau deshalb interessiert mich, es herauszufinden. Wir diskutieren jetzt schon zwei Tage über diese kleine Lappalie…

      • S.T. Antworten

        Lieber Herr Kelle,
        mitunter wird aber anhand solch kleiner Lappalien etwas deutlich und man erkennt wie durch ein Brennglas…
        Über Ihrem Blog steht „Denken erwünscht“. Und ich hoffe, das Weiter- und Mitdenken bleibt uns unbenommen. Vielen Dank Ihnen für diese Möglichkeit, denn das bringt uns alle nur weiter.
        Herzliche Grüße
        S. T.

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