Man hat den Eindruck, es gibt derzeit kein heißeres Thema auf diesem Planeten als Donald Trump. Seine Rüpeleien, sein forsches Drüberwegsetzen über alle Regeln, die Kleider seiner Frau und seiner Tochter, die Russland-Connection seines Schwiegersohns… Kein Witz, wenn ich an einem Tag wie gestern, einfach nur die Meldungen, Analysen, Beiträge und Fotos der Deutschen Presse Agentur zu diesen Themen nehmen würde, könnten wir unsere ganze Tageszeitung damit komplett gestalten. The Donald ist in aller Munde. Auch gestern Abend bei Anne Will im ARD-Talk. Privat schaue ich mir solche Sendungen in der Regel nicht mehr an, wenn nicht gerade meine Frau irgendwo dort bei diesen Maischbergers und Konsort_*Innen für Frauen und Kinder gegen Windmühlenflügel anstreitet wie einst der berühmte Don Quijote.

Aber die Sendung von Anne gestern war gut, sie hatte Niveau, sie brachte Erkenntnisgewinn und eine halbwegs ausgewogene Betrachtung der USA und ihres Präsidenten im neuen politischen Zeitalter. Wenn man vielleicht davon absieht, dass es in solchen Runden modern zu sein scheint, dass zu Beginn erst einmal alle versichern, dass sie Trump auch nicht gut finden. Sicher ist sicher!Man weiß ja nie. So schnell wird man heutzutage Rechtspopulist…

Die Umfragewerte für den Präsidenten sind in den USA im Keller, unter 40 Prozent Zustimmung. Das ist wirklich schlecht. Und Trumps barsches, an Unfreundlichkeit grenzendes, Auftreten bei EU und Nato muss uns zu denken geben. Was Angela Merkel gestern dazu in einem bayerisches Bierzelt sagte, ist absolut richtig. Wir können uns nun nicht mehr darauf verlassen, dass da jemand anderes für den ganzen Westen die Kastanien aus dem Feuer holt.

Aber versuchen wir – das ist nicht mehr üblich – auch einmal die andere Seite zu begreifen! Die Seite Trumps, die Seite der Vereinigten Staaten. Das ist nämlich durchaus kein Widerspruch. Wenn man die Nato-Staaten nüchtern betrachtet, muss man feststellen: Kein Nato-Land zahlt für das Militär so viel wie die USA. Während sich 20 Partnerländer, darunter Deutschland, schwertun, von 1,2% Verteidigungsbudget auf 2% abzuheben, wie beschlossen, leisten die Amerikaner deutlich mehr. O.k., Supermacht, globaler Anspruch, das kann man nicht mit Island vergleichen. Aber Trump thematisiert, dass man jenseits des Atlantiks die Vereinbarungen erfüllt hat und in Europa viel geschwätzt und kritisiert wird. Das ist doch wahr.

Über die Amtszeit Trumps kann noch lange nicht gerichtet werden. Dass die enttäuschten Clinton-Wähler ihre Phantomschmerzen pflegen, dass die beschimpften Mainstreammedien nachkarten, dass Europas Anti-Amerikaner alles geben – das ist nachvollziehbar. Aber wenn Trump „Jobs! Jobs! Jobs!“ in sein Land bringt und „America First!“ zelebriert, wie er es jetzt tut, dann wird das die Ideologen nicht beeindrucken, „sein“ Milieu aber durchaus. Eine aktuelle Umfrage im Heartland brachte gerade einen Zustimmungswert von 77 Prozent seiner Wähler für die bisherige Arbeit des Präsidenten. Das ist die Zahl, an der sich Trump und seine Leute orientieren. Impeachment? Abwahl in vier Jahren? Wovon redet Ihr? Es geht gerade erst los, und wie es ausgeht, ist noch lange nicht entschieden…

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Dieser Artikel wurde 4 mal kommentiert

  1. Alexander Droste Antworten

    Trump verkörpert wie kein anderer das Klischee vom grobschlächtigen, ungebildeten Ami. Gewiss ist es ein Klischee und wie alle Klischees ungerecht. Aber es ist ja auch nicht aus der Luft gegriffen.
    Nun macht Trump sein Land wieder groß, versucht es auf seine weise, mit Protektionismus und Großmannsgetue. Die Welt ist etwas komplexer, das wird er beizeiten akzeptieren müssen, wenn er merkt, dass Amerika die Luft ausgeht.
    Das Militär, der Krieg ist Amerikas wichtigster Wirtschaftszweig. Es wundert nicht, dass er mit Saudi-Arabien einen Hundertmilliardendeal in Waffen abgeschlossen hat. Es wundert nicht, dass ein Zwist in der Region angeheizt wird, indem man gegen den Iran aufhetzt. Ohne Krieg kein Waffengeschäft. Der Krieg der Amerikaner holt uns ein z.B. durch Migrationswellen. Es wundert nicht, dass Amerika groß wird indem Europa unter dem Streit um die Migrationsproblematik klein und kleiner wird. Das ist taktisches Kalkül. Eine Konkurrenz kann man durch Chaotisierung schwächen. Es wundert nicht, wenn die anfängliche Annäherung an Russland nun ins Gegenteil umschlägt, ist doch der bewaffnete Konflikt und ein Markt für „Danach“ wesentlich lukrativer und für Amerika als Insel doch relativ ungefährlich.
    Dass Europa jetzt nicht mehr auf Amerika bauen kann, kann unsereins ja nur recht sein. Dann können wir endlich einmal eine wirkliche Gemeinschaft aufbauen mit den verschiedenen Nationen und Mentalitäten. Mit einer neuen Verteidigungsstrategie und einem besseren Wirtschaftssystem.

  2. S v B Antworten

    Donald Trump finde ich, was sowohl sein Auftreten als auch seine Diktion angeht, extrem außergewöhnlich, um es milde auszudrücken. Seine raubeinige Art stört auch mich bisweilen. Was ich hingegen immer schätze – und zwar nicht nur bei Politikern, sondern auch bei Menschen, mit denen ich persönlich zu tun habe – sind Stellungnahmen, welche frank und frei erfolgen und die innere Überzeugung meines Gegenübers zweifelsfrei wiedergeben. Da weiß man schließlich, wo man dran ist. Ob einem das Gesagte immer in den Kram passt, steht dabei auf einem ganz anderen Blatt. Insofern schätze ich einen „rumpleligen“, „knötternden“ US-Präsidenten schließlich auch mehr als ein aalglattes, berechnendes, „diplomatisierendes“ Exemplar der Politikerkaste. Wie es scheint, bildeten und bilden die Letztgenannten leider viel zu oft die Mehrheit. Die politisch Verantwortlichen in der Weltpolitik müssen nun – vermutlich erstmals wieder nach sehr langer Zeit – lernen, mit einem neuen, sehr direkt auftretenden Polit-Typus wie es Donald Trump nun einmal ist zurecht zu kommen. Bei dieser noch ungewohnten Übung scheint mir die etwas infantile Reaktion vieler, die mit ihm zu tun haben, nämlich, dass man bitte möglichst schnell „raus zu kommen trachtet aus der Nummer“, die logische Konsequenz zu sein. Wie mir scheint, lässt die so oft beschworene Resilienz vieler Individuen heute eben doch gehörig zu wünschen übrig.

    Lasst Trump doch erst mal machen!

  3. Klaus Beck Antworten

    Bei Klonovsky ist nachzulesen, dass die von uns so frenetisch gefeierte Präsidentenikone Barack Hussein Obama während seiner zweiten Amtperiode von Zustimmungswerten in der Bevölkerung mit 40 % nur träumen konnte …

    Deutsches Fernsehen? Talkshows? Nachrichtensendungen? In der ZDF-Mediathek (bei uns zuhause spaßenshalber „Hitler-TV“ genannt) jeden Tag bis zu zehn Sendungen zu extrem bildungsrelevanten Themen wie z. B. „Hitlers Angriff aus dem All“, „Hitlers Tarnkappenbomber“ oder „Hitler und die Frauen“., neuerdings ergänzt mit trickreich variierten Themen um „Deutschlands neue Rechte“?

    Wenn ich mir hingegen im US-Fernsehen anschaue, mit welchem Patriotismus dort jede mittelgroße Sportveranstaltung mit „Please rise and take off your hats“ und dem leidenschaftlich-gemeinschaftlichen Singen der Nationalhymne (z. B. mit Jennifer Nettles, aber auch mit irgendeinem hiesigem Cop) gefeiert (!) wird, halte ich mich als politisch-gesellschaftlich deformierter „schön länger hier lebender“ Deutscher in der Beurteilung des demokratisch gewählten US-Präsidenten Trump wohlweislich zurück.

  4. colorado 07 Antworten

    Die USA ist unser wichtigster Verbündeter und wird es bis auf lange Sicht bleiben. Wer nun glaubt, Europa stünde ohne die USA besser da, ist nach meiner Meinung ein Phantast.
    Die forsche Art, die Frau Merkel gerade an den Tag legt, ignoriert die wahren Kräfteverhältnisse und ist dem hiesigen Wahlkampf geschuldet.
    Wenn sie im Übrigen meint, sie könne Europa zu mehr Einigkeit aufrütteln, sollte sie erst einmal darüber nachsinnen, wie viel Porzellan sie selbst zerschlagen hat, indem sie diverse europäische Verträge gebrochen hat. Sie hat doch durch ihre Alleingänge ( Energiebereich, Flüchtlingspolitik ) zur europäischen Zersplitterung beigetragen.
    Auch dass insbesondere Deutschland als europäische „Führungsmacht“ seine Natoverpflichtungen vernachlässigt hat, lässt den ausgerechnet von ihm kommenden Ruf nach einem starken Europa sehr fragwürdig erscheinen.

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